In Deutschland grassiert die Armut

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mod:

In Deutschland grassiert die Armut

 
25.09.02 15:43
»Jeder elfte Bundesbürger ist arm.

Zu diesem Schluss kommt der gemeinsame Armutsbericht der Hans-Böckler-Stiftung, des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.


Danach ist die Zahl der Armen seit Mitte der 80er Jahre konstant. Die Quote der "Einkommensarmen" lag 1998 im gesamten Bundesgebiet bei 9,1 Prozent. Die Rate fiel in den alten Ländern mit 8,7 Prozent etwas niedriger aus als in den neuen (10,7 Prozent).

Als einkommensarm gelten dem Bericht nach Bürger, deren Einkommen weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens der Bevölkerung betrug. Pro Person waren dies in den alten Bundesländer 1.038 Mark monatlich, in den neuen Bundesländern 855 Mark.

Am stärksten von der Armut betroffen sind Arbeitslose, große Familien, allein Erziehende und Migranten. Altersarmut sei mit einer Quote von rund vier Prozent "nicht das Problem", sagte der Mitverfasser der Studie, Walter Hanesch. Er wertete es als positiv, dass es wegen der hohen Fluktuation bei den Betroffenen keine "verfestigte Armut" in Deutschland gebe. Dennoch müsse die Bundesregierung mit einer aktiveren Politik gegen die Armut vorgehen.

Auch die stellvertretende DGB-Vorsitzende, Ursula Engelen-Kefer, sprach sich für eine "breitere Initiative" der Regierung aus. Die positive Wirtschaftsentwicklung sei kein Grund für eine Entwarnung. Trotz der erfreulichen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt könne man den Abbau der Armut nicht dem "Selbstlauf" überlassen.«

(AP, 04.10.2000)




mod:

Jeder Vierzehnte Haushalt ist bei uns überschuldet

 
25.09.02 15:46
Jeder Vierzehnte Haushalt ist überschuldet

"Markt im Dritten", NDR 21.01.2002
Guido:

...

 
25.09.02 15:48
jawoll @mod - ich hab auch schon kein Geld mehr *g*
Hiob:

Und das wird nicht besser, sag ich mal.

 
25.09.02 15:48

Versucht heutzutage mal eine Immobilie zu verkaufen. Da trefft ihr zur Hälfte auf Leute, die zwar gerne wollen, aber weit davon entfernt sind, das Geld dafür aufbringen zu können. Und das mitten im Ländle, in Stuttgart!!!
mod:

Friedrich-Ebert-Stiftung: Verdeckte Armut in Deuts

 
25.09.02 15:48
Verdeckte Armut in Deutschland

Ergebnisse eines Forschungsberichts im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung
Als verdeckt arm werden jene Personen definiert, die zwar Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) haben, diesen Anspruch aber nicht geltend machen.
Es handelt sich also um Personen, die unterhalb des sozio-kulturellen Existenzminimums leben, obwohl sie Anspruch auf laufende Leistungen zum Lebensunterhalt hätten. Datengrundlage für die folgenden empirischen Ergebnisse ist das Sozio
ökonomische Panel (SOEP). Bei dem SOEP handelt es sich um einen repräsentativen Datensatz für die Bundesrepublik Deutschland, der in jährlichem Abstand seit 1984 erhoben wird.

Ausmaß verdeckter Armut
Die empirischen Auswertungen haben ergeben, daß verdeckte Armut in erheblichem Ausmaß vorhanden ist. Im Jahr 1991 lebten 3,7% der Bevölkerung in Deutschland in verdeckter Armut. Dies waren annähernd 3 Millionen Personen, die mit einem Einkommen unterhalb des sozio-kulturellen Existenzminimums leben mußten.
In Ostdeutschland war ein höherer Anteil der Bevölkerung von verdeckter Armut betroffen (5,6%) als in Westdeutschland (3,2%).

In absoluten Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, daß in Ostdeutschland rund 891.000 Personen und in Westdeutschland über zwei Millionen Personen mit einem Einkommen unterhalb der Sozialhilfeschwelle auskommen mußten. Im Vergleich der Jahre 1991 und 1995 nahm die verdeckte Armut leicht von 3,7% auf 3,4% ab, so daß 1995 knapp 2,8 Millionen Personen in verdeckter Armut lebten. Setzt man die Anzahl der verdeckt Armen ins Verhältnis zu den Empfängern von laufender Hilfe zum ebensunterhalt, zeigt sich, daß auf 100 HLU-Empfänger rund 110 verdeckt Arme kommen. Während in Westdeutschland die verdeckte Armut konstant blieb, sank sie in Ostdeutschland von 5,6% auf 4,2%. Es hat also eine Annäherung des Ausmaßes der verdeckten Armut innerhalb von vier Jahren stattgefunden. In Westdeutschland lebten 1995 über zwei Millionen Personen in verdeckterArmut; in Ostdeutschland waren es rund 651.000 Personen.

Alter
Betrachtet man die verdeckte Armut nach Altersgruppen, lassen sich die 7 bis 17jährigen als besondere Problemgruppe identifizieren. Im Jahr 1995 lebten in Deutschland 5,4% der Personen in dieser Altersgruppe unterhalb des sozio-kulturellen Existenzminimums. Dagegen trugen ältere Personen ab 60 Jahre kein überdurchschnittlich hohes Armutsrisiko. Während in Westdeutschland nur geringe Veränderungen der Armutsquoten von 1991 zu 1995 festzustellen sind, ist in Ostdeutschland deutlich mehr Bewegung zu erkennen. Besonders auffällig in Ostdeutschland ist, daß die Armutsquote der bis 6jährigen von 4,2% auf 6,0% anstieg, während sie bei den Personen ab 60 Jahre von 5,4% auf 2,2% abnahm.
In Ostdeutschland kann also von einer ``Infantilisierung der Armut'' gesprochen werden.

Staatsangehörigkeit
Die Armutsquote der ausländischen Bevölkerung in Deutschland ist mehr als doppelt so hoch wie die der deutschen Bevölkerung. Hinzu kommt, daß die Armutsquote der Deutschen rückläufig und die Armutsquote der Ausländer angestiegen ist. Im Jahr 1995 lebten 3,2% der deutschen und 7,3% der ausländischen Bevölkerung unterhalb des sozio-kulturellen Existenzminimums.

Haushaltsgröße
Die Armutsquoten steigen nahezu parallel mit der Haushaltsgröße an. Ausnahme sind die Single-Haushalte, die ein recht hohes Armutsrisiko mit 4,2% im Jahr 1995 aufwiesen. Am stärksten von verdeckter Armut sind die Personen in Haushalten mit fünf und mehr Personen betroffen. Hinzu kommt, daß bei diesem Personenkreis das Armutsrisiko von 1991 bis 1995 sowohl in West- als auch in Ostdeutschland angestiegen ist. In Westdeutschland stieg die Armutsquote von 4,6% auf 6,8%. In Ostdeutschland stieg die Quote der verdeckten Armut von 11,6% auf 15,2%. Für Deutschland insgesamt wurde bei den Personen in Haushalten mit mindestens fünf Personen eine Armutsquote von 5,5% im Jahr 1991 und 8% im Jahr 1995 berechnet.

Haushaltsformen
Betrachtet man die verschiedenen Haushaltsformen, so zeigt sich, daß sich die Struktur der von verdeckter Armut betroffenen Personen in Ostdeutschland an die in Westdeutschland angenähert hat. Die beiden großen Problemgruppen sind eindeutig die Paare mit Kindern unter und ab 16 Jahre (damit sind Paare gemeint, die mindestens ein Kind unter 16 Jahre und mindestens ein Kind über 16 Jahre haben) und die Alleinerziehenden. Im Jahr 1995 betrug die Armutsquote der Paare mit Kindern unter und ab 16 Jahre 8,4%. In Ostdeutschland war die Quote mit 13,5% fast doppelt so hoch wie in Westdeutschland mit 7,1%. Die Quote der verdeckten Armut bei den Alleinerziehenden betrug 1995 7,5%. Auch bei diesen Personen lag die Armutsquote in Ostdeutschland mit 10,8% höher als in Westdeutschland mit 6,7%. Paare ohne Kinder wiesen mit 0,7% das geringste Armutsrisiko auf.

Erwerbstätigkeit
In Deutschland lebten im Jahr 1995 2,7% der Erwerbstätigen in verdeckter Armut. Mit anderen Worten: Über 900.000 Personen gehörten zu der Gruppe der ``working poor''. Personen, die arbeitslos sind, weisen deutlich höhere Quoten der verdeckten Armut auf als solche, die nicht arbeitslos sind. Im Jahr 1995 waren 5,6% der arbeitslos gemeldeten Personen in Deutschland verdeckt arm, aber lediglich 3% der nicht arbeitslosen Personen.

Globale Armutslücke
Die globale Armutslücke gibt den Betrag in DM pro Jahr an, den die Kommunen hätten aufbringen müssen, wenn alle Haushalte in verdeckter Armut ihre Ansprüche auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt geltend gemacht hätten. Im Jahr 1995 belief sich dieser Betrag auf ca. 4,478 Milliaren DM.

Der Artikel ist eine Zusammenfassung ausgewählter Ergebnisse des Forschungsberichts "Verdeckte Armut in Deutschland" des Instituts für Sozialberichterstattung und Lebenslagenforschung (ISL) im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung, Frankfurt am Main 1998


mod:

Bericht "Armut und soziale Ungleichheit in Berlin"

 
25.09.02 15:55
Bericht "Armut und soziale Ungleichheit in Berlin"

12,8 % der Berliner Bevölkerung gelten nach den Definitionen der OECD und der EU als arm. Zu diesem Ergebnis kommt der erste Berliner Armutsbericht, der heute von der Senatorin für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz Dr. Heidi Knake-Werner der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Damit sind in Berlin über 435.000 Menschen von Armut betroffen. Das ist jeder achte Berliner. In den östlichen Bezirken ist der Anteil der von Armut Betroffenen mit 10,6 % um rund ein Viertel geringer als in den westlichen Bezirken mit 14,2 %.

Der Bericht belegt darüber hinaus das regional unterschiedliche Ausmaß der Armut in den Berliner Bezirken sowie die erhöhten Armutsrisiken besonders betroffener Personengruppen. Armut hängt eng zusammen mit Arbeitslosigkeit, der Anzahl der Kinder und dem Bildungsstand. Zudem sind alleinerziehende Frauen sowie Migrantinnen und Migranten einer größeren Gefahr von Verarmung ausgesetzt.

Die Senatorin für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz Dr. Heidi Knake-Werner betont: "Seit längerem wird in Politik, Wissenschaft und von Verbänden eine systematisch angelegte und fachlich fundierte Berichterstattung über Armut und Unterversorgung gefordert. Dem kommen wir mit dem jetzt erstmals für Berlin erstellten Bericht nach, der unsere bisherige Sozialberichterstattung vervollständigt. Wir wollen damit zugleich in Berlin eine Debatte einleiten, wie die Analyse von Armut und sozialer Ungleichheit weiter vertieft und verbreitert werden kann." Dass in Berlin die Thematik nicht schon früher aufgegriffen wurde, hat nach Ansicht der Senatorin mit Schwierigkeiten zu tun, die Tatsache von wachsender Armut in einem reichen Land anzuerkennen.

Senatorin Dr. Knake-Werner erklärt: "Die vorliegenden konkreten Ergebnisse benennen viele gravierende Probleme. Sie bieten damit eine wichtige Grundlage für eine Politik, die darauf gerichtet sein muss, die weitere Verarmung von Teilen der Berliner Bevölkerung aufzuhalten und so eine soziale Spaltung der Stadt zu verhindern. Dazu brauchen wir vor allem ein Zusammenwirken unterschiedlicher Politikbereiche, angefangen bei der Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze, der Verbesserung der allgemeinen und beruflichen Bildung und einer Familienpolitik, die Beruf und Kinderbetreuung besser in Einklang bringt. Dies ist ein ganz entscheidendes Handlungsfeld zur Bekämpfung von Armut, denn Kinder sind inzwischen in unserer wohlhabenden Gesellschaft zum Armutsrisiko Nr. 1 geworden.

Um die Gefahr, in Armut abzugleiten, gerade bei Familien mit Kindern zu minimieren, brauchen wir Rahmenbedingungen zur besseren Vereinbarkeit von Elternschaft und Erwerbstätigkeit. Hierzu gehören vor allem mehr Einrichtungen zur Ganztagsbetreuung von Kindern. Ebenso müssen Teilzeitarbeitsverhältnisse künftig besser rechtlich und sozial abgesichert werden. Diese Maßnahmen würden auch entscheidend dazu beitragen, vielen allein Erziehenden eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen und damit ihre oftmals schwierige finanzielle und soziale Situation zu verbessern.

Allein die Verbesserung der Einkommenssituation durch Transferzahlungen nützt den von Armut betroffenen Menschen nur scheinbar und nicht nachhaltig. Was wir brauchen, sind Hilfen und Angebote, die den Betroffenen Möglichkeiten eröffnen, für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen und sie so von staatlichen Leistungen unabhängig zu machen, anstatt Abhängigkeiten immer weiter zu verstetigen. Da in Berlin die Arbeitslosigkeit immer noch sehr hoch ist und das Arbeitsplatzangebot unzureichend, ist auch eine aktive Arbeitsmarktpolitik nach wie vor nötig. Darüber hinaus bleibt die Schaffung von 6.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen für Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger pro Jahr unser ehrgeiziges Vorhaben, das wir nur mit personalintensiver Beratung und Begleitung erreichen können.

Der sicherste Schutz vor Verarmung ist eine gute schulische und berufliche Bildung. Eine Anhebung des Bildungs- und Qualifikationsniveaus gerade der Migrantinnen und Migranten in Berlin ist deshalb auch die Grundvoraussetzung dafür, die soziale Situation vieler ausländischer in Berlin lebender Familien zu verbessern. Ohne die Erhöhung der Sprachfähigkeit vieler jugendlicher Berlinerinnen und Berliner ausländischer Herkunft wird ihre berufliche Integration nicht gelingen können. Damit bleiben sie dauerhaft der Gefahr von Verarmung ausgesetzt.

Wir müssen allen in unserer Stadt aufwachsenden Kindern und Jugendlichen Chancen für eine gute schulische und berufliche Ausbildung bieten, damit sie sicheren Lebensperspektiven entgegensehen.

Die von der Sozialverwaltung zusammengestellten Daten unterstreichen die Notwendigkeit, die Verteilung der Einkommen und die unterschiedlichen Lebensqualitäten auch in Zukunft zu analysieren und daraus Schlussfolgerungen für die Gesellschaftspolitik zu formulieren," so Senatorin Dr. Heidi Knake-Werner.

Nassie:

Die neue Armut in Deutschland

 
25.09.02 15:56
lernt jeder von uns kennen wenn er versucht in Urlaub zu fliegen.
Alles überfüllt und auch kein Parkplatz zu kriegen.
Was geht es uns doch schlecht !!
mod:

Die sozialen Verlierer in Deutschland

 
25.09.02 16:00
Die sozialen Verlierer

Der neue Armutsbericht des DGB

Mit dem im Rowohlt-Verlag veröffentlichten Armutsbericht der Hans-Böckler-Stiftung, des DGB und des Paritätischen Wohlfahrtsverbands* wurden aktuelle empirische Befunde zur Einkommensarmut in der Bundesrepublik vorgelegt. Im Folgenden stellt einer der Autoren, Prof. Dr. Walter Hanesch, ausgewählte Ergebnisse vor.

Ausgehend von dem im Verfassungsrecht verankerten sozialstaatlichen Gebot, dem Bürger eine Teilhabe an der gesellschaftlichen Normalität zu gewährleisten, haben wir in unseren Analysen einen relativen Armutsstandard zugrunde gelegt, bei dem das Einkommen in Relation zum durchschnittlichen Lebensstandard betrachtet wird. Als einkommensarm gelten danach Bürger, die mit ihrem bedarfgewichteten* Pro-Kopf-Einkommen unter der Armutsschwelle von 50 Prozent des durchschnittlich bedarfsgewichteten Pro-Kopf-Einkommens liegen. In beiden Fällen wird das verfügbare Haushaltseinkommen zugrunde gelegt. 1998 lebten im gesamten Bundesgebiet 9,1 Prozent der Bevölkerung oder rund jeder elfte Bundesbürger in Einkommensarmut.

Kein wirksamer Schutz

Dabei lag die Quote der Einkommensarmen im alten Bundesgebiet mit 8,7 Prozent etwas niedriger und in den neuen Bundesländern mit 10,7 Prozent etwas höher als der Bundesdurchschnitt.
Seit der Veröffentlichung des letzten Armutsberichts (1994) hat sich der Anteil der armen Bevölkerung in Ost wie in West nur wenig verändert. In Ost wie in West ist Armut dabei in der Regel kein Dauerzustand, da die meisten der Betroffenen eher kurzzeitig mit Armut konfrontiert sind.

Durch staatliche Abgaben und Transferleistungen wird zwar die Armutsquote um zwei Drittel vermindert; insofern trägt die staatliche Umverteilung (Sozialhilfe, Renten, Kinder-, Wohngeld etc.) entscheidend dazu bei, die Zahl der Armen zu begrenzen. Bis heute ist es jedoch nicht gelungen, die Armutsquote wesentlich zu verringern oder gar völlig zu beseitigen. Auch das — nach erfolgter staatlicher Umverteilung — letzte Netz der Sozialhilfe bietet letztlich keinen wirksamen Schutz, Einkommensarmut zu vermeiden. Zumal es viele Menschen gibt, die Sozialhilfe nicht in Anspruch nehmen.

Zu wenig Geld trotz Job

Einkommensarmut ist aber nicht allein ein Problem der Arbeitslosen: In der Bundesrepublik existiert das Problem der Armut trotz Erwerbstätigkeit in erheblich größerem Umfang, als dies vielfach angenommen wird. So liegt die Armutsquote der Personen, die in Erwerbstätigenhaushalten leben, nur geringfügig unter der allgemeinen Armutsquote (bei getrennter Betrachtung 1998 im alten Bundesgebiet 8,4 Prozent gegenüber 9,5 Prozent und in den neuen Bundesländern 3,2 Prozent gegenüber 4,6 Prozent). Dabei hängt das Armutsrisiko stark von der Höhe des individuellen Verdienstes ebenso wie von der Erwerbskonstellation im Haushalt ab. Probleme entstehen vor allem dann, wenn in Familien mit minderjährigen Kindern nur ein Partner mit niedrigem Einkommen erwerbstätig ist.
Arbeitslose und ihre Angehörigen gehören allerdings zu den Gruppen, die von Armut am meisten betroffen sind. Die Armutsquote in Arbeitslosenhaushalten liegt mehr als dreimal so hoch wie für die Gesamtbevölkerung — bei getrennter Betrachtung 1998 im alten Bundesgebiet 32,1 Prozent gegenüber 9,5 Prozent und in den neuen Bundesländern 11,2 Prozent gegenüber 4,6 Prozent. Die soziale Absicherung bei Arbeitslosigkeit reicht bei vielen Haushalten nicht aus, um einen Abstieg bis unter die Armutsgrenze zu verhindern. Die Gefährdung ist vor allem dann groß, wenn die Arbeitslosigkeit länger andauert und im gemeinsamen Haushalt kein Partner einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Unsere Analysen lassen daher keineswegs den Schluss zu, dass es Arbeitslosen in der Bundesrepublik „zu gut“ geht.

Risikogruppen

Unsere Untersuchungen bestätigen die These, dass die Armut in der Bundesrepublik vor allem eine Armut von Familien ist. Mehrere Kinder zu versorgen wird deshalb zu einem finanziellen Problem, weil der Einkommensbedarf steigt, aber wegen der Kindererziehung eine Vollzeitstelle beider Elternteile nur schwer möglich ist. Durch den bestehenden Kinderlastenausgleich werden die zusätzlichen Ausgaben für Versorgung und Ausbildung in Familien mit Niedrigeinkommen nicht ausreichend kompensiert. Vor besonderen Schwierigkeiten, Beruf und Kindererziehung miteinander zu vereinbaren, stehen dabei allein Erziehende. Ihre Armutsquote beträgt etwa dreimal so viel wie die der Gesamtbevölkerung (1998 altes Bundesgebiet: 30,1 Prozent gegenüber 9,5 Prozent; neue Bundesländer: 13,4 Prozent gegenüber 4,6 Prozent). Für Paare mit mehreren Kindern erreicht sie ähnliche Größenordnung (altes Bundesgebiet: 24,7 Prozent; neue Bundesländer: 22,7 Prozent jeweils bei drei und mehr Kindern).
Schließlich sind ausländische wie auch deutsche Migranten in überdurchschnittlichem Umfang von Einkommensarmut betroffen: Die Armutsquoten der Ausländer wie auch der Spätaussiedler liegen zwei bis dreimal höher als die Quote der Gesamtbevölkerung (1998 altes Bundesgebiet: 20,4 Prozent bei ausländischen und 14,1 Prozent bei deutschen Migranten). Türkische Migranten, aber auch Asylbewerber und Flüchtlinge sind vom Armutsrisiko besonders bedroht. Migranten sind nicht nur in stärkerem Maße arm, sie verbleiben auch häufiger und länger in Armut.
Zwar signalisiert die relativ konstante Armuts- und Niedrigeinkommensquote keine gravierenden Veränderungstendenzen in den Einkommensrisiken der Bevölkerung der Bundesrepublik.

Keine Entwarnung

Dies darf jedoch kein Anlass zur Entwarnung sein. Zum einen ist der Umfang der Einkommensarmut in Deutschland auf einem Niveau, das — insbesondere im Vergleich zu den skandinavischen Ländern — keineswegs gering ist. Zum anderen wird in den letzten Jahren intensiv über einen Umbau des deutschen Sozialstaatsmodells diskutiert. Dessen Realisierung könnte zur Folge haben, dass künftig eine Armutsprävention durch sozialstaatliche Leistungen an Bedeutung verliert.
Betrachtet man die Praxis der Arbeits- und Sozialpolitik, ist der Stellenwert, den Armut in der Politik hierzulande erhält, nach wie vor gering. Ausgehend vom Problem der Einkommensarmut sind vor allem der Ausbau der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik, die armutsfeste Ausgestaltung der Einkommenssicherung beim Lohnausfall sowie eine konzeptionelle Neudefinition der Ausgleichsleistungen für besondere „Lasten“ gefordert.
Um den strukturellen Ursachen der vor allem arbeitsmarktbedingten Verarmungsrisiken entgegenzuwirken, bedarf es neuer Arbeitszeitmodelle wie auch gezielter Qualifizierungs- und Beschäftigungsangebote für arbeitsmarktpolitische „Problemgruppen“. Weitere Maßnahmen reichen von der Schließung der Lücken im System der Sozialversicherung über eine stärker bedarfsorientierte Ausgestaltung steuerfinanzierter Transfers für besondere Bedarfslagen bis zu einer Neugestaltung der Sozialhilfe in Richtung einer bedarfsorientierten Grundsicherung.
Zur Überwindung „kinderbedingter Armut“ sollte für einen kinderorientierten Familienleistungsausgleich gesorgt und die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert werden. Eine bessere Einkommenslage von Migranten kann am ehesten durch deren Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt sowie durch den ungeteilten Zugang zu sozialen Rechten und Leistungen erfolgen.

Im europäischen Kontakt

Vor dem Hintergrund von Globalisierung und europäischer Integration darf auch das Armutsproblem nicht nur im nationalen Kontext betrachtet werden. Im europäischen Vergleich bewegen sich in der Bundesrepublik die Höhe der Armutsquote wie das Risiko, in Armut zu verbleiben, im mittleren Bereich. Die Übersicht zur Politik gegen arbeitsmarktbedingte Armut in den Mitgliedsländern der Europäischen Union hat gezeigt, dass in den betrachteten Ländern (Dänemark, Frankreich, Niederlande, Großbritannien) eine erhebliche Bandbreite an Lösungsmustern im Hinblick auf die Einkommenssicherung bei Arbeitslosigkeit wie auch in Bezug auf die (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt existiert. Vor allem das Konzept des „aktivierenden Sozialstaats“ bestimmt dort die Politik der Armutspolitik sehr nachhaltig.
Keineswegs muss das Konzept des europäischen Wohlfahrtsstaats, wie es bisher in den skandinavischen und kontinentaleuropäischen Ländern realisiert war, über den Haufen geworfen und durch das angelsächsische Modell des liberalen Sozialstaats ersetzt werden. Die Erfahrungen in Ländern wie Dänemark und den Niederlanden haben gezeigt, dass eine konsequente Politik zur Überwindung der Beschäftigungskrise nicht in Widerspruch treten muss zum Gebot einer Teilhabe an gesellschaftlicher Normalität für alle Bürger. Walter Hanesch

Literaturhinweis
Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V. (Hrsg.):
Sozialbericht 2000
Gute Kindheit — schlechte Kindheit. Armut und
Zukunftschancen, Oktober 2000.
Bezug über: AWO Bundesverband-Verlag, Postfach 41 01 63, 53023 Bonn, Telefon 02 28/6 68 50,
Fax 66 85-2 09,
E-Mail:verlag@awobu.awo.org
Internet: www.awo.org
Happy End:

In Deutschland grassiert die geistige Armut

 
25.09.02 16:04
siehe mod ;-))

PS: Welche Stichwörter haben wir denn in google eingegeben -
"Armut, Deutschland"?
flexo:

Hahaha, Engelen-Kefer

 
25.09.02 16:07
normal verbinde ich die immer mit Uwe Barschel - ich weiß leider nicht warum...
mod:

ca.2,8 Mio überschuldete Haushalte in Deutschland

 
25.09.02 16:08
IFF - Forschungs- und Projektbereich Überschuldung  
 
Die Überschuldung privater Haushalte ist zu einem zentralen sozialen Problem unserer Zeit geworden. Die Zahl überschuldeter Haushalte wird in der Bundesrepublik auf gegenwärtig rund 2,77 Mio geschätzt (Gutachten der GP-Forschungsgruppe "Überschuldung in Deutschland zwischen 1988 und 1999", München 2000).

Das IFF nimmt sich dieser Problematik insbesondere in Form von wissenschaftlichen, rechtsvergleichenden Studien, Gutachten und Servicebriefen an. Dieses Spektrum wird ergänzt um die vom IFF - mit Unterstützung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) - entwickelte Schuldner- und Haushaltsberatungssoftware CAWIN. Das IFF kooperiert auf nationaler wie internationaler Ebene eng mit Universitäten, Forschungsinstituten, Organisationen, Verbraucher- und Schuldnerberaterverbänden etc. zusammen.
www.iff-hamburg.de/...ent=http://www.iff-hamburg.de/2/2_5.html


Spitfire33:

Das Wunderland

 
25.09.02 16:21
Mittwoch, 25. September 2002     Berlin, 16:15 Uhr
         

 WELT AM SONNTAG

TAGESINHALT

POLITIK

Arbeitslosigkeit in USA nach Anschlägen sprunghaft gestiegen
Rekordzahl bei Anträgen auf staatliche Hilfe

Washington - Nach den Terroranschlägen ist in den USA die Arbeitslosigkeit sprunghaft gestiegen. Wie das Arbeitsministerium in Washington am Donnerstag mitteile, erreichte die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung im September den höchsten Stand seit fast zehn Jahren. Nach einer Umfrage der Firma Challenger, Gray and Christmas wurden im vergangenen Monat in den Vereinigten Staaten 248.332 Stellen gestrichen.

Die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung nahm in der letzten Septemberwoche um 71.000 auf 528.000 zu. Damit wurde das höchste Niveau seit Juli 1992 erreicht. Selbst die Erwartungen der Analysten wurden übertroffen: Sie hatten im Durchschnitt mit einem wöchentlichen Anstieg auf lediglich 475.000 gerechnet. Im Durchschnitt für den gesamten September stieg die Zahl der neuen Anträge um 29.500 auf 453.000. Dies ist der höchste Stand seit Dezember 1991. Der starke Anstieg sei auf die Nachwirkungen der Anschläge zurückzuführen, sagte eine Ministeriumssprecherin.

Der Stellenabbau im September stieg der Studie zufolge um 77 Prozent gegenüber dem Vormonat an. Im Vergleich mit September 2000 lag die Steigerung sogar bei 421 Prozent. Von den Anschlägen besonders hart getroffen sind die Fluglinien, aber auch die Tourismusbranche und der Einzelhandel. US-Präsident George W. Bush bereitet derzeit ein Hilfspaket für die Wirtschaft mit einem Volumen von bis zu 75 Milliarden Dollar (82 Milliarden Euro / 161 Milliarden Mark) vor.

Am Freitag sollen in den USA die offiziellen Arbeitslosenzahlen für September veröffentlicht werden. Bereits vor den Anschlägen hatte die Arbeitslosenquote in den Vereinigten Staaten im August mit 4,9 Prozent den höchsten Stand seit Juli 1998 erreicht. AFP



mod:

Eine Grafik sagt mehr als 1000 Worte:

 
25.09.02 16:31
In Deutschland grassiert die Armut 797645boerse-go.de/charts2002/a202020/ezo084.gif" style="max-width:560px" >
Happy End:

mod, nicht die Arbeitslosenquote ist entscheidend

 
25.09.02 16:37
sondern der jeweilige Netto-Verdienst und die entsprechende Kaufkraft!
ecki:

@mod: Nach der Wahl ist vor der Wahl, gell? :-)

 
25.09.02 16:43
Das du immer wieder das gleiche Arbeitslosenbild bringst. In der Ami-Statistik fliegt man nach 6 Monaten raus. Ich weiß nicht, wie hoch die Arbeitslosigkeit in Deutschland wäre bei gleicher Methodik. ABer bestimmt deutlich unter 2 Mio. Den Spruch von Churchill zur Statistik kennst du ja bestimmt.

Grüße
ecki  
mod:

ecki, seit dem 1.1.02 nach einem Jahr. o.T.

 
25.09.02 16:45
Thomastrada.:

@ecki

 
25.09.02 16:46
No Sports? ;-)

Gruß,
T.
mod:

ecki,

 
25.09.02 16:49
Du hast ein sehr schlechtes Gedächtnis:
- die obige Grafik zeige ich das 1.Mal,
- das mit dem halben und einem Jahr haben wir
  schon einmal diskutiert,
- das habe ich Dir auch schon einmal gegenüber erwähnt ......

Viele Grüsse
m.
ecki:

Echt? Dann habe ich vielleicht deine damalige

 
25.09.02 16:51
Antwort verpasst? Entschuldige.

Und was kommt bei gleicher statistischer Methode für Deutschland raus? Also - Langzeitarbeitslose > 1 Jahr?

Im übrigen ist natürlich jeder einer zuviel. :-(

Grüße
ecki  
mod:

ecki,

 
25.09.02 17:01
nicht so wichtig, keine Ursache.
Natürlich hast Du Recht, direkt sind die
Quoten nicht vergleichbar, aber jeder in den USA weiss,
dass nach einem Jahr der soziale Abstieg droht.
Deshalb bemühen sich die meisten ganz schnell,
während hier sich viele erst einmal ausruhen.
Was besser ist, weiss ich nicht,
dagegen wissen wir, was besser für die notwendigen
sozialen Sicherungssysteme ist.

Viele Grüsse
m.
ecki:

Die Hängematte sollte gestrafft werden.

 
25.09.02 17:12
Das sehe ich auch so. Die Hartz-Vorschläge können hoffentlich etwas in dieser Richtung bewegen. Ein ausforsten des bürokratischen Dschungels würde aber wahrscheinlich noch mehr bewegen können.

Im übrigen muss sich vor allem eine Differnz zur Sozialhilfe ergeben, wenn man was tut. Die haben bei uns nämlich eine Steuerquote von 100%, wenn sie versuchen sich teilweise selbst zu finanzieren. Das nimmt vielen von denen den Antrieb, 100%ig.

Grüße
ecki  
mod:

sorry, HE, ich hab Dein Posting übersehen

 
25.09.02 17:35
Du schreibst oben:

"nicht die Arbeitslosenquote ist entscheidend   Happy End  25.09.02 16:37  
sondern der jeweilige Netto-Verdienst und die entsprechende Kaufkraft!"

Meine Antwort:
Zur Arbeitslosenquote siehe bitte:
Seite 30 bis 35:
www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/vwl1/lv/vwa/makro/VWAMAK02.pdf

Viele Grüsse
m.  


Happy End:

Da steht genau, das was ich gesagt habe

 
25.09.02 17:44
International wird Arbeitslosigkeit sehr unterscheidlich erfasst, speziell für die USA wird z.B. aufgeführt: Mini-Arbeitsverhältnisse reduzieren die Arbeitslosigkeit

Also - wo ist der Widerspruch zu meiner o.g. Aussage?
 
mod:

HE, die

 
25.09.02 18:07
Arbeitslosenquote misst nicht mehr als
"den prozentualen Anteil der arbeitslos Gemeldeten
an der Anzahl der Erwerbspersonen".

Das Problem der Erfassung und
das der Vergleichbarkeit sind zwei andere Paar Schuhe.
Im Übrigen, bei uns mindern auch die alten 630-Mark-AN
die Arbeitslosenquote.  
Happy End:

Dann sind wir ja einer Meinung ;-) o.T.

 
25.09.02 18:11
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