Eingangs ist es zu begrüßen, das Herr Knop persönlich mit dem Amazon-Lenker Jeff Bezos hat sprechen können, da dies ein Beleg für seine journalistische Reputation ist. Ich möchte jedoch davor warnen, dessen Objektivität zu überschätzen. Nicht nur, das Bezos ein fürstliches Gehalt bezieht, nein er ist auch größter Einzelaktionär Amazon's – z.Zt. 29%. Insofern ist vielleicht sogar ein gesundes maß an Skepsis angebracht, da gerade die jüngste Vergangenheit (Enron, Worldcom) belegt, dass solche Aussagen nicht immer dem Anlegerschutz gedient haben. In der Tat bedürfen auch die Hinweise aus den Hause Amazon einer gewissen Prüfung und Korrektur. So wird darauf hingewiesen, dass man in der Vergangenheit die Kosten im Bereich des Marketings und der Investitionen gesenkt hat. In der Tat sind die Kosten der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit vom vierten Quartal 2001 bis dato um 11,4% gesenkt worden. Erstaunlich ist jedoch, dass deren Anteil am gesamten Quartalsumsatz von 19,1% auf 22,2% gestiegen ist. Dass der Brutto-Gewinn im genannten Zeitraum stetig gesunken ist und zwar vor Abzug der Verwaltungskosten, sei hier nur am Rande erwähnt.
Ganz besonderen Wert legt Jeff Bezos offensichtlich auf den Cashflow und zu Recht weißt er darauf hin, dass dieser mit 57 Mio. USD positiv gewesen sei.
Dies ist nun der Punkt, wo ich ihm bewusste Anlegertäuschung vorwerfe. Ja, im dritten Quartal 2002 ist der Cash-Bestand Amazom’s um 57,2 Mio. USD gestiegen. Da aber seine Langfristigen Verbindlichkeiten sowie die kurzfristigen gegenüber seinen Lieferanten gleichzeitig um 98 Mio. USD gestiegen sind, der Cashflow aus der allgemeinen Geschäftstätigkeit ein Minus von 198,3 Mio. USD betrug und ich die Herkunft der so genannten 'Other Adjustments, Net' in Höhe von 163,2 Mio. USD nicht nachvollziehen kann, denke ich, das allerhöchste Vorsicht geboten ist.
Bezos sagt ferner: man schaut, was man am Anfang einer Periode auf dem Konto hat und was am Ende. Gut, tun wir das. Zu Beginn des vierten Quartals 2001 betrug die Position „Cash“ 822,4 Mio. USD, am Ende des dritten Quartals 2002, 327,6 Mio. USD und das obwohl im genannten Zeitraum, weitere Schuldtitel in Höhe von über 230 Mio. USD emittiert wurden.
Dass nun 865 Mio. USD liquide Mitte für Sicherheit sorgen sollen, ist gelinde gesagt absurd, da diesen kurzfristige Verbindlichkeiten in höhe von 711 Mio. USD gegenüberstehen. Selbst Lieferanten scheinen einen gewissen Argwohn zu haben, da von den so genannten liquiden Mitteln, 135 Mio. regelrecht verpfändet sind und somit in dieser Position nichts mehr zu suchen haben.
Darüber hinaus schreibt Herr Knop, dass Amazon an der Börse mit rund 7,2 Mrd. USD bewertet wird. Die Frage nach der Börsenkapitalisierung von Enron und Worldcom, 12 Monate vor deren Insolvenz ist bezeichnend genug, zumal wir es bei Amazon mit einem Unternehmen zu tun haben, das eine negative! EK-Quote von 88% aufweist. Ich habe während meiner Bankausbildung gelernt, dass sich die Geschäftsführung eines solchen Unternehmens – zumindest nach HGB – der Konkursverschleppung strafbar macht.
Der Punkt der Aktienentwicklung ist nun wirklich gut. Christian Knop schreibt, die Aktie von Amazon sei in den letzten 12 Monaten um 170% gestiegen. Stimmt! Ein schwacher Trost, für die vielen Kleinanleger, die sie bereits vor 36 Monaten gekauft haben. Denn bis zu den alten Hochs muss die Aktie noch mal um 505% steigen. Das ist nun mal die Krux mit der Prozentrechnung. In absoluten Zahlen: die Aktie fiel von 115 USD auf 7 USD um jetzt bei 19 zu stehen.
Zu guter letzt weisen Sie darauf hin, man müsse Jeff Bezos zugute halten, er hätte den Privatanlegern noch nie die Amazon-Aktie zum Kauf empfohlen. Mit gutem Grund: wie glaubhaft wäre eine solche Empfehlung aus dem Mund eines Mannes, der alleine in diesem Jahr Anteile am eigenen Unternehmen in Höhe von über 72 Mio. USD verkauft hat und zwar gegen den Rat der meisten Analysten.
Herr Knop haben Sie vor oder nach dem 04.11 mit Jeff Bezos gesprochen? An diesem Tag hat er noch einmal 0,4 Mio. Aktien verkauft!