Hans Bernecker: Konsolidierungswoche mit verbesserten Vorzeichen
Mails/Nachrichten vom 28.01.2002, Bernecker & Cie.
--------------------------------------------------
Guten Morgen, meine Damen und Herren,
wir gehen in eine weitere Konsolidierungswoche hinein, aber mit etwas verbesserten Vorzeichen. Kurzfristig besteht Raum für weitere 1 - 1,5 % Indexgewinn für die Blue Chips und sogar 2,5 - 3 % für die Neuen Märkte. Das signalisiert aber lediglich die Markttechnik. Dagegen steht die unverändert hohe Volatilität dieser Sektoren, die geprägt ist von den unterschiedlichen Quartalsergebnissen. Hier ist wirklich alles noch möglich, und Sie sahen das auch am Freitag. Insgesamt stört mich ferner:
Die großen hochkapitalisierten Titel sind nach wie vor ein Problem. Also Microsoft und General Electric am Big Board und für die Europäer gelten sinngemäß SAP und Nokia als Gegenbeispiel. Wenn jedoch weitere Gewinnwarnungen herauskommen wie bei JDS Uniphase, herrscht mehr Unsicherheit als Klarheit. Damit werden Sie noch eine ganze Weile leben müssen. Ich halte daher an den in der letzten AB gegebenen Auffanglimits unverändert fest. Es mag sogar sein, daß ich in einem oder anderen Fall weiter reduzieren muß. Sie achten bitte auch auf den Nasdaq 100 Tracking Stock als Leitlinie.
Alle Wirtschaftsprognosen müssen neu geschrieben werden. Machen Sie sich den Spaß und lesen Sie die offiziellen und inoffiziellen Konjunkturprognosen für 2002, die im November/Dezember für Schlagzeilen sorgten. Speziell in Sachen USA. Nichts hat sich bisher als richtig erwiesen, sondern das, was leicht zu erkennen war: Schocks sind menschlich und psychologisch, aber selten von langer Dauer und deshalb wirtschaftspolitisch bzw. konjunkturpolitisch wenig relevant. Richtig wäre es also auch, wenn das Steuersenkungsprogramm von Bush endgültig scheitert. Es ist nämlich überflüssig. Man konnte das aus den Greenspan-Äußerungen schon indirekt entnehmen. Ferner bleibe ich bei meiner Ansicht: Es gibt keine sinkenden, sondern demnächst steigende Zinsen. In der nächsten AB werde ich dieses Thema abzugrenzen versuchen. Nur an eines glaube ich nach wie vor nicht: An die Gewinnprognosen der Manager und der Analysten. Sie liegen total daneben. Das kann ich Ihnen sogar mit einem Chart belegen, den ich vielleicht in der nächsten AB abbilde. Machen Sie sich dazu Ihre eigenen Gedanken.
Auf dem Terminkalender für diese Woche steht folgendes an, deshalb vorab: Heute sind nur American Express, Texaco und Xerox dran. Morgen folgen Altana, IDS Scheer, Techem und Zapf Creation (beide MDAX), anschließend TF1 Paris, die ich Ihnen schon empfohlen hatte, ferner AT&T, Coca-Cola, Gillette und Honeywell. In diesen Zahlen stecken Konjunkturindikatoren, weshalb ich darauf hinweise. Am Donnerstag ist übrigens die Dt. Bank mit Angaben zum Führungswechsel aufgerufen. Schließlich Babcock Borsig, Norddeutsche Affinerie und Software, wobei ich für letztere Ihre Aufmerksamkeit erbitte. Gleiches gilt für Epcos und bedingt auch für Dyckerhoff. Das Ganze gibt ein anschauliches Bild über die verschiedenen Marktsegmente und ist deshalb wichtig.
Eine Pleite ist zu melden, in die ich ebenfallls verstrickt bin: Schneider Tech geht in Insolvenz. Noch im Dezember hatte der Vorstand alles anders gesehen. Darauf bin ich reingefallen. Mithin waren die Zukäufe falsch und führen zu einem dicken Verlust. Da aber wohl keine größere Position existiert, tröste ich mich damit. Übrig bleibt jetzt nur Loewe als einziges Technikunternehmen im Sektor Unterhaltungselektronik, die m. E. ein unveränderter Kauf sind und plötzlich auch in den MDAX aufrücken.
Die Themen der Woche sind schon jetzt skizziert: Altana will nach New York, und für mich stellt sich die Frage einer erneuten Aufstockung, die ich kürzlich schon diskutiert hatte. Damit rücken auch alle anderen mittleren Pharmatitel in den Vordergrund. Es hat zudem den Anschein, daß sich auch in den USA eine Stimmung für die großen Pharmatitel abzeichnet. Sie wissen, daß ich dieses Segment seit Monaten ebenso skeptisch beobachte wie es ein Beispiel dafür ist, wie eine ganze Branche ihre Überbewertung abgebaut hat, jetzt normal bewertet ist, aber mit dem Handicap lebt, daß die Attraktivität der Blockbuster nachläßt. Dennoch erwärmt sich eine ganze Reihe großer Investmentadressen dafür. Speziell Goldman Sachs mit einer neuen Pfizer-Empfehlung. Warten Sie bitte die nächste AB ab.
Wie geht es mit dem Euro weiter? 0,8652 war das Tief am Freitag. Schlußkurs etwas besser. Die nächste Auffanglinie liegt bei 85 Cents, ist aber reichlich dünn. Die eigentliche Widerstandslinie liegt erst bei 0,8265 und wäre der bisherige Tiefstand. Wird dieser unterschritten, na ja, Sie wissen schon. Vielleicht haben Sie es noch nicht gemerkt:
In Paris erschienen letzte Woche zwei bemerkenswerte Gutachten von unabhängigen Experten, bei denen man aber fühlen kann, wer dahinter steht. Ausführlich wird begründet, warum die EZB ihre Politik der Stabilität aufzugeben habe und warum sie dem Ziel einer Wachstumspolitik bei einer angemessenen Bandbreite für die Inflationsrate zustreben sollte. Gleichzeitig verlangt Paris sehr unmittelbar, daß Herr Duisenberg sein Mandat Mitte dieses Jahres aufgibt, wie er es vor vier Jahren mündlich um Mitternacht versprochen hatte. Ein Zeuge dieser Zusage ist ein persönlicher Freund von mir und hat es mir so bestätigt. Etwas verdichtet formuliert:
Paris will möglichst umgehend die EZB-Führung übernehmen. Die vorbereitenden theoretischen Arbeiten können Sie dem genannten Gutachten entnehmen. Ergänzend plädiert Paris übrigens, wie Sie der französischen Presse entnehmen können, was hier fast nie zitiert wird: Die Osterweiterung der EU
ist nicht bezahlbar. "Die, die es wollen, sollen es finanzieren, wir nicht".
Das sind einige Kernsätze für diese Woche, und morgen geht es mit definitiven Dingen weiter.
Herzlichst, Ihr
Hans A. Bernecker
--------------------------------------------------
Served by sonne02.bern-stein.de on 28.1.2002 10:27:50 for 80.129.67.79
WebText © 2000 by Bernecker & Cie + 1STEIN GmbH + + + eMail: info@bern-stein.de
Mails/Nachrichten vom 28.01.2002, Bernecker & Cie.
--------------------------------------------------
Guten Morgen, meine Damen und Herren,
wir gehen in eine weitere Konsolidierungswoche hinein, aber mit etwas verbesserten Vorzeichen. Kurzfristig besteht Raum für weitere 1 - 1,5 % Indexgewinn für die Blue Chips und sogar 2,5 - 3 % für die Neuen Märkte. Das signalisiert aber lediglich die Markttechnik. Dagegen steht die unverändert hohe Volatilität dieser Sektoren, die geprägt ist von den unterschiedlichen Quartalsergebnissen. Hier ist wirklich alles noch möglich, und Sie sahen das auch am Freitag. Insgesamt stört mich ferner:
Die großen hochkapitalisierten Titel sind nach wie vor ein Problem. Also Microsoft und General Electric am Big Board und für die Europäer gelten sinngemäß SAP und Nokia als Gegenbeispiel. Wenn jedoch weitere Gewinnwarnungen herauskommen wie bei JDS Uniphase, herrscht mehr Unsicherheit als Klarheit. Damit werden Sie noch eine ganze Weile leben müssen. Ich halte daher an den in der letzten AB gegebenen Auffanglimits unverändert fest. Es mag sogar sein, daß ich in einem oder anderen Fall weiter reduzieren muß. Sie achten bitte auch auf den Nasdaq 100 Tracking Stock als Leitlinie.
Alle Wirtschaftsprognosen müssen neu geschrieben werden. Machen Sie sich den Spaß und lesen Sie die offiziellen und inoffiziellen Konjunkturprognosen für 2002, die im November/Dezember für Schlagzeilen sorgten. Speziell in Sachen USA. Nichts hat sich bisher als richtig erwiesen, sondern das, was leicht zu erkennen war: Schocks sind menschlich und psychologisch, aber selten von langer Dauer und deshalb wirtschaftspolitisch bzw. konjunkturpolitisch wenig relevant. Richtig wäre es also auch, wenn das Steuersenkungsprogramm von Bush endgültig scheitert. Es ist nämlich überflüssig. Man konnte das aus den Greenspan-Äußerungen schon indirekt entnehmen. Ferner bleibe ich bei meiner Ansicht: Es gibt keine sinkenden, sondern demnächst steigende Zinsen. In der nächsten AB werde ich dieses Thema abzugrenzen versuchen. Nur an eines glaube ich nach wie vor nicht: An die Gewinnprognosen der Manager und der Analysten. Sie liegen total daneben. Das kann ich Ihnen sogar mit einem Chart belegen, den ich vielleicht in der nächsten AB abbilde. Machen Sie sich dazu Ihre eigenen Gedanken.
Auf dem Terminkalender für diese Woche steht folgendes an, deshalb vorab: Heute sind nur American Express, Texaco und Xerox dran. Morgen folgen Altana, IDS Scheer, Techem und Zapf Creation (beide MDAX), anschließend TF1 Paris, die ich Ihnen schon empfohlen hatte, ferner AT&T, Coca-Cola, Gillette und Honeywell. In diesen Zahlen stecken Konjunkturindikatoren, weshalb ich darauf hinweise. Am Donnerstag ist übrigens die Dt. Bank mit Angaben zum Führungswechsel aufgerufen. Schließlich Babcock Borsig, Norddeutsche Affinerie und Software, wobei ich für letztere Ihre Aufmerksamkeit erbitte. Gleiches gilt für Epcos und bedingt auch für Dyckerhoff. Das Ganze gibt ein anschauliches Bild über die verschiedenen Marktsegmente und ist deshalb wichtig.
Eine Pleite ist zu melden, in die ich ebenfallls verstrickt bin: Schneider Tech geht in Insolvenz. Noch im Dezember hatte der Vorstand alles anders gesehen. Darauf bin ich reingefallen. Mithin waren die Zukäufe falsch und führen zu einem dicken Verlust. Da aber wohl keine größere Position existiert, tröste ich mich damit. Übrig bleibt jetzt nur Loewe als einziges Technikunternehmen im Sektor Unterhaltungselektronik, die m. E. ein unveränderter Kauf sind und plötzlich auch in den MDAX aufrücken.
Die Themen der Woche sind schon jetzt skizziert: Altana will nach New York, und für mich stellt sich die Frage einer erneuten Aufstockung, die ich kürzlich schon diskutiert hatte. Damit rücken auch alle anderen mittleren Pharmatitel in den Vordergrund. Es hat zudem den Anschein, daß sich auch in den USA eine Stimmung für die großen Pharmatitel abzeichnet. Sie wissen, daß ich dieses Segment seit Monaten ebenso skeptisch beobachte wie es ein Beispiel dafür ist, wie eine ganze Branche ihre Überbewertung abgebaut hat, jetzt normal bewertet ist, aber mit dem Handicap lebt, daß die Attraktivität der Blockbuster nachläßt. Dennoch erwärmt sich eine ganze Reihe großer Investmentadressen dafür. Speziell Goldman Sachs mit einer neuen Pfizer-Empfehlung. Warten Sie bitte die nächste AB ab.
Wie geht es mit dem Euro weiter? 0,8652 war das Tief am Freitag. Schlußkurs etwas besser. Die nächste Auffanglinie liegt bei 85 Cents, ist aber reichlich dünn. Die eigentliche Widerstandslinie liegt erst bei 0,8265 und wäre der bisherige Tiefstand. Wird dieser unterschritten, na ja, Sie wissen schon. Vielleicht haben Sie es noch nicht gemerkt:
In Paris erschienen letzte Woche zwei bemerkenswerte Gutachten von unabhängigen Experten, bei denen man aber fühlen kann, wer dahinter steht. Ausführlich wird begründet, warum die EZB ihre Politik der Stabilität aufzugeben habe und warum sie dem Ziel einer Wachstumspolitik bei einer angemessenen Bandbreite für die Inflationsrate zustreben sollte. Gleichzeitig verlangt Paris sehr unmittelbar, daß Herr Duisenberg sein Mandat Mitte dieses Jahres aufgibt, wie er es vor vier Jahren mündlich um Mitternacht versprochen hatte. Ein Zeuge dieser Zusage ist ein persönlicher Freund von mir und hat es mir so bestätigt. Etwas verdichtet formuliert:
Paris will möglichst umgehend die EZB-Führung übernehmen. Die vorbereitenden theoretischen Arbeiten können Sie dem genannten Gutachten entnehmen. Ergänzend plädiert Paris übrigens, wie Sie der französischen Presse entnehmen können, was hier fast nie zitiert wird: Die Osterweiterung der EU
ist nicht bezahlbar. "Die, die es wollen, sollen es finanzieren, wir nicht".
Das sind einige Kernsätze für diese Woche, und morgen geht es mit definitiven Dingen weiter.
Herzlichst, Ihr
Hans A. Bernecker
--------------------------------------------------
Served by sonne02.bern-stein.de on 28.1.2002 10:27:50 for 80.129.67.79
WebText © 2000 by Bernecker & Cie + 1STEIN GmbH + + + eMail: info@bern-stein.de