"Gewinnwarnungen" nerven nicht nur Anleger
Bei einer Sturmwarnung ist alles klar. Jeder weiß, ein Unwetter zieht auf. Bei einer "Gewinnwarnung" stutzt der Laie. Denn statt eines Geldregens droht das Gegenteil: ein Gewinneinbruch oder gar der Rutsch in die roten Zahlen. Professor Horst Dieter Schlosser ist der sinnentstellende Gebrauch des Begriffs, der derzeit bei börsennotierten Unternehmen Konjunktur hat, ein Gräuel. Der Germanist von der Frankfurter Johann-Wolfgang-Goethe-Universität hat ihn auf der Liste -- als Kandidat für das "Unwort 2001".
"'Gewinnwarnung' ist schon mehrfach vorgeschlagen", weiß Schlosser als Sprecher der Unwort-Jury. "Selbst Banker können es nicht mehr hören." Die wörtliche Übersetzung des englischen "profit warning" sei verwirrend, sagt der Sprachwissenschaftler. "Wie kann -- so fragen sich Laien -- vor einem Gewinn gewarnt werden?" Als Alternative plädiert er für "Verlustwarnung", wenn das Ergebnis im Minus landet. Oder:"Wie wäre es mit Mindergewinnwarnung", fragt der Professor ironisch.
Viele der Begriffe, die Vorstände von Börsen-Unternehmen auch bei öffentlichen Auftritten gern gebrauchen, sind außerhalb der Fachwelt nur schwer zu deuten. "Wer versteht das noch?", stöhnen Aktionärsschützer. Dabei lässt sich, was weltoffen klingen soll, einfacher und verständlicher sagen. Da reden Manager bei Aktionärsversammlungen vom "Break-Even-Point", statt ihren Anteilseignern zu sagen, dass das Unternehmen rentabel werden soll. Oder "Mergers and Acquisitions" werden angekündigt, wenn Fusionen und Firmenkäufe geplant sind.
Vor allem die so genannte "Neue Ökonomie", die längst keine Erfolgsgeschichte mehr schreibt, hat eine eigene Sprachwelt kreiert. Die Verwirrung ist inzwischen so groß, dass der Duden helfen musste -- mit einem Wörterbuch der New Economy. "Es hat sich seit dem Start im April 2001 gut verkauft", sagt Verlagssprecherin Angelika Böhm. Mehrere zehntausend Interessenten haben sich trotz der Krise der jungen Wirtschaft den Sprachhelfer zugelegt.
Auch im Internet können sich Rat Suchende unter www.neweconomy-duden.de Hilfe holen. Das Angebot wird genutzt: "Heißt es nun das oder der E-Commerce?", will ein Internetnutzer wissen. Andere nutzen die Seite, um Kommentare abzugeben oder neue Begriffe samt Erklärungsversuch vorzuschlagen. Unter www.deutsche-boerse.com/listingcenter bietet die Deutsche Börse seit Oktober auch ein "Börsen-Einmaleins" sowie ein Lexikon als Übersetzungshilfe an. Es soll "die häufigsten Fragen zum Going und Being Public" beantworten, kündigte das Unternehmen sein Internet-Angebot zum Thema "Börsengang und die Zeit danach" in perfektem Fach-Jargon an.
Nicht erst seit der Börsen- und Konjunkturflaute hat Schlosser zusätzlich zum Sprachwirrwarr einen Trend zur Beschönigung ausgemacht. "Gewinnwarnung" als Umschreibung für Hiobsbotschaften sei nur ein Beispiel dafür. Dabei schließt der Professor nicht aus, dass sich das seltsame Warnen vor Gewinnen in der Alltagssprache einbürgert: "Wenn jeder weiß, was gemeint ist." (Simone Rothe, dpa) / (jk/c't)
Viele Grüße

aus dem Ruhrpott
Bei einer Sturmwarnung ist alles klar. Jeder weiß, ein Unwetter zieht auf. Bei einer "Gewinnwarnung" stutzt der Laie. Denn statt eines Geldregens droht das Gegenteil: ein Gewinneinbruch oder gar der Rutsch in die roten Zahlen. Professor Horst Dieter Schlosser ist der sinnentstellende Gebrauch des Begriffs, der derzeit bei börsennotierten Unternehmen Konjunktur hat, ein Gräuel. Der Germanist von der Frankfurter Johann-Wolfgang-Goethe-Universität hat ihn auf der Liste -- als Kandidat für das "Unwort 2001".
"'Gewinnwarnung' ist schon mehrfach vorgeschlagen", weiß Schlosser als Sprecher der Unwort-Jury. "Selbst Banker können es nicht mehr hören." Die wörtliche Übersetzung des englischen "profit warning" sei verwirrend, sagt der Sprachwissenschaftler. "Wie kann -- so fragen sich Laien -- vor einem Gewinn gewarnt werden?" Als Alternative plädiert er für "Verlustwarnung", wenn das Ergebnis im Minus landet. Oder:"Wie wäre es mit Mindergewinnwarnung", fragt der Professor ironisch.
Viele der Begriffe, die Vorstände von Börsen-Unternehmen auch bei öffentlichen Auftritten gern gebrauchen, sind außerhalb der Fachwelt nur schwer zu deuten. "Wer versteht das noch?", stöhnen Aktionärsschützer. Dabei lässt sich, was weltoffen klingen soll, einfacher und verständlicher sagen. Da reden Manager bei Aktionärsversammlungen vom "Break-Even-Point", statt ihren Anteilseignern zu sagen, dass das Unternehmen rentabel werden soll. Oder "Mergers and Acquisitions" werden angekündigt, wenn Fusionen und Firmenkäufe geplant sind.
Vor allem die so genannte "Neue Ökonomie", die längst keine Erfolgsgeschichte mehr schreibt, hat eine eigene Sprachwelt kreiert. Die Verwirrung ist inzwischen so groß, dass der Duden helfen musste -- mit einem Wörterbuch der New Economy. "Es hat sich seit dem Start im April 2001 gut verkauft", sagt Verlagssprecherin Angelika Böhm. Mehrere zehntausend Interessenten haben sich trotz der Krise der jungen Wirtschaft den Sprachhelfer zugelegt.
Auch im Internet können sich Rat Suchende unter www.neweconomy-duden.de Hilfe holen. Das Angebot wird genutzt: "Heißt es nun das oder der E-Commerce?", will ein Internetnutzer wissen. Andere nutzen die Seite, um Kommentare abzugeben oder neue Begriffe samt Erklärungsversuch vorzuschlagen. Unter www.deutsche-boerse.com/listingcenter bietet die Deutsche Börse seit Oktober auch ein "Börsen-Einmaleins" sowie ein Lexikon als Übersetzungshilfe an. Es soll "die häufigsten Fragen zum Going und Being Public" beantworten, kündigte das Unternehmen sein Internet-Angebot zum Thema "Börsengang und die Zeit danach" in perfektem Fach-Jargon an.
Nicht erst seit der Börsen- und Konjunkturflaute hat Schlosser zusätzlich zum Sprachwirrwarr einen Trend zur Beschönigung ausgemacht. "Gewinnwarnung" als Umschreibung für Hiobsbotschaften sei nur ein Beispiel dafür. Dabei schließt der Professor nicht aus, dass sich das seltsame Warnen vor Gewinnen in der Alltagssprache einbürgert: "Wenn jeder weiß, was gemeint ist." (Simone Rothe, dpa) / (jk/c't)
Viele Grüße

aus dem Ruhrpott