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Aus der FTD vom 30.1.2003
Für MLP läuft die Zeit im Dax ab
Von Dirk Benninghoff, Frankfurt
MLP droht der Ausschluss aus dem Deutschen Aktienindex (Dax). Nur eine Rally zum Wochenschluss kann den angeschlagenen und von Kurseinbrüchen gezeichneten Finanzdienstleister noch vor dem Abstieg aus dem Leitbarometer retten.
Der Arbeitskreis Aktienindizes der Deutschen Börse will am Freitag auf Basis der dann gültigen Schlusskurse über die neue Zusammensetzung aller Kursbarometer beraten. Das Gremium wird viel zu tun haben, denn noch nie in der deutschen Börsengeschichte stand eine derart umfangreiche Neuordnung bevor.
Entscheiden über Index-Auf- und Absteiger will der Arbeitskreis zwar erst am 11. Februar. Dennoch gelten die Beratungen als Richtlinie für die Änderungen, die am 24. März wirksam werden. Während der Dax weiter aus den 30 Werten mit der höchsten Marktkapitalisierung besteht, schrumpft der MDax um 20 auf 50 Aktien. Auf der Ebene der Nebenwerte wird der TecDax mit 30 Aktien angesiedelt, der sich aus bisher im MDax notierten Hightech-Titeln sowie Nemax-50-Werten zusammensetzt. Darunter bleibt der SDax.
Rascher Kursabfall
MLP ist bei der Marktkapitalisierung binnen zwei Wochen von Rang 46 nahe Platz 60 gefallen. Kommt ein Titel bei Marktkapitalisierung oder Börsenumsatz nicht unter die ersten 45, kann es kurzfristig aus dem Dax ausscheiden. "Bleibt es bei der Platzierung, ist der Abstieg wahrscheinlich", sagt Rainer Gerdau von Dresdner Kleinwort Wasserstein (DrKW).
Favorit auf die MLP-Nachfolge ist Beiersdorf. Nach Marktkapitalisierung und Börsenumsatz gibt es an der Dax-Qualität keine Zweifel. "Aber der Unsicherheitsfaktor liegt in der Eigentümerstruktur", heißt es bei DrKW. Um den Kosmetikkonzern ranken sich Gerüchte um eine Übernahme, die die Marktkapitalisierung extrem drücken würde. Georg Elsässer von HSBC Trinkaus & Burkhardt glaubt dennoch an den Aufstieg: "Bislang gibt es nur Gerüchte. Darauf kann der Arbeitskreis seine Entscheidung nicht aufbauen."
Außenseiter mit Chancen
Außenseiterchancen haben T-Online , Degussa und Continental . Die Internettochter der Telekom wäre das erste Unternehmen des Neuen Marktes, das in den Dax aufsteigt. Equinet-Experte Martin Possienke glaubt aber nicht daran.
Die Börse werde den TecDax nicht eines seiner raren Schwergewichte berauben. Zudem liegt T-Online bei der Marktkapitalisierung wie Conti hinter Beiersdorf zurück. Gegen Degussa spricht die ungeklärte Eigentümerstruktur, die vom Ausgang des Fusionsfalls Eon/Ruhrgas abhängt.
Zu den Gewinnern der neuen Indexwelt zählen Nemax-Unternehmen, die in den MDax rücken. Derzeit sind dies nach Expertenmeinung Medion , Thiel Logistik und Teleplan - alles Dienstleister und daher nicht dem TecDax-Bereich zugeordnet. Die Investorenbasis sei ungleich breiter als am Neuen Markt, argumentiert HSBC. Das Trio könnte "wiederentdeckt" werden - so wie viele TecDax-Werte vom Neuen Markt.
Weiterer Gewinner könnte EADS sein. Mit der Notierung im neuen Qualitätssegment Prime Standard ist der Luft- und Raumfahrtkonzern ein Fall für den MDax. Zwar ist die Aktie in Paris notiert. Doch künftig ist der MDax - anders als der Dax - auch für ausländische Firmen offen.
In Sachen Börsenwert würde EADS im MDax weit vorn liegen, trotz schmaler Umsätze in Frankfurt. Gerdau kann sich EADS in Zukunft dennoch "gut im MDax vorstellen". Dafür müssten aber Umsätze aus Paris abwandern.
© 2003 Financial Times Deutschland