Geldwäsche durch Anwälte strafbar
Strafverteidiger müssen bei der Annahme von Honoraren aus dem illegal erlangten Vermögen
ihrer Mandanten mit einer Verurteilung wegen Geldwäsche rechnen.
Nach einem am Mittwoch verkündeten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) machen Anwälte sich
strafbar, wenn ihr Honorar aus bestimmten schweren Straftaten stammt und sie die Herkunft des
Geldes kennen. Sie müssen in solchen Fällen künftig entweder ihr Mandat niederlegen oder sich
vom Staat als Pflichtverteidiger bestellen lassen - mit entsprechend geringerem Honorar.
Diese Konsequenz bedeutet dem BGH zufolge keinen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung,
weil die Annahme krimineller Gewinne als Honorar "dem Berufsbild eines Strafverteidigers nicht
entspricht". Der BGH verwarf damit die Revision eines Frankfurter Anwaltsehepaars, die zur
Finanzierung ihres Honorars von ihren Mandanten Bargeld in einem Koffer entgegengenommen
hatten.
Honorar aus Anlagebetrug
Die beiden Anwälte hatten 1994 zwei Mitverantwortliche eines der größten Anlagebetrugsfälle in
der Geschichte der Bundesrepublik vertreten. Ihre Mandanten hatten als Führungsmitglieder des
so genannten "European Kings Club" Anlegern sichere Gewinne von mindestens 71 Prozent
jährlich versprochen. Beim Zusammenbruch des betrügerischen Anlagesystems mit knapp 100.000
Geschädigten auch aus Österreich und der Schweiz belief sich der Schaden auf etwa 500 Mio. DM.
Aus diesen Geldern zahlten die Angeklagten ihren Anwälten Honorare von je 200.000 Mark. Die
Verteidiger wurden vom Landgericht Frankfurt zu jeweils neunmonatigen Bewährungsstrafen
verurteilt.
Nach Angaben des 2. BGH-Strafsenats hat der Gesetzgeber keine Ausnahmeregelung für Anwälte
vorgesehen. "Die Vorschrift trifft die Strafverteidiger nicht anders als die Angehörigen anderer
Berufe", sagte der Senatsvorsitzende Bernd-Dieter Bode bei der Verkündung. Bisher sei allerdings
keine nennenswerte Zahl von Ermittlungsverfahren bekannt geworden. Die Möglichkeit, gegen
einen Anwalt wegen Geldwäsche zu ermitteln, verletze nicht das geschützte Vertrauensverhältnis
von Mandant und Strafverteidiger, erklärte der 2. Strafsenat weiter. Denn nur bei einem
Anfangsverdacht gegen den Anwalt dürfe ermittelt werden. Geldwäsche kommt nicht nur bei
Geldern aus schweren Straftaten in Betracht, sondern auch bei Diebstahl, Untreue und Hehlerei.
Pflichtverteidigung weniger lukrativ
Der BGH wies den Einwand zurück, Strafverteidiger müssten sich künftig mit der weniger
lukrativen und aus der Staatskasse bezahlten Pflichtverteidigung begnügen, während der Anwalt
als Wahlverteidiger sein Geld vom Mandanten bekommt. Angeklagte, die nur über Vermögen aus
Straftaten verfügten, sind den Angaben zufolge mittellosen Angeklagten gleichzustellen. Für sie
sei im Gesetz die Pflichtverteidigung vorgesehen. Die Pflichtverteidigung sei keine Verteidigung
"minderer Güte", zumal dem Wunsch des Beschuldigten auf einen Anwalt seines Vertrauens
weitgehend entsprochen werden müsse.
In einem anderen Punkt müssen die verurteilten Anwälte möglicherweise sogar mit einer höheren
Strafe rechnen. Der BGH hob einen Teilfreispruch des Frankfurter Landgerichts auf: Die Anwälte
hatten in ihren eigenen Namen Kaution für die beiden Hauptangeklagten in Höhe von jeweils
500.000 Mark gestellt. Da das Geld aber ebenfalls aus den illegalen Gewinnen stammte, lässt der
BGH das Landgericht Frankfurt nun prüfen, ob sich die Verteidiger zusätzlich strafbar machten,
weil der Eindruck entstanden sei, die hinterlegten Gelder gehörte ihnen und könnten deshalb
nicht gepfändet werden.
© 2001 Financial Times Deutschland
Strafverteidiger müssen bei der Annahme von Honoraren aus dem illegal erlangten Vermögen
ihrer Mandanten mit einer Verurteilung wegen Geldwäsche rechnen.
Nach einem am Mittwoch verkündeten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) machen Anwälte sich
strafbar, wenn ihr Honorar aus bestimmten schweren Straftaten stammt und sie die Herkunft des
Geldes kennen. Sie müssen in solchen Fällen künftig entweder ihr Mandat niederlegen oder sich
vom Staat als Pflichtverteidiger bestellen lassen - mit entsprechend geringerem Honorar.
Diese Konsequenz bedeutet dem BGH zufolge keinen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung,
weil die Annahme krimineller Gewinne als Honorar "dem Berufsbild eines Strafverteidigers nicht
entspricht". Der BGH verwarf damit die Revision eines Frankfurter Anwaltsehepaars, die zur
Finanzierung ihres Honorars von ihren Mandanten Bargeld in einem Koffer entgegengenommen
hatten.
Honorar aus Anlagebetrug
Die beiden Anwälte hatten 1994 zwei Mitverantwortliche eines der größten Anlagebetrugsfälle in
der Geschichte der Bundesrepublik vertreten. Ihre Mandanten hatten als Führungsmitglieder des
so genannten "European Kings Club" Anlegern sichere Gewinne von mindestens 71 Prozent
jährlich versprochen. Beim Zusammenbruch des betrügerischen Anlagesystems mit knapp 100.000
Geschädigten auch aus Österreich und der Schweiz belief sich der Schaden auf etwa 500 Mio. DM.
Aus diesen Geldern zahlten die Angeklagten ihren Anwälten Honorare von je 200.000 Mark. Die
Verteidiger wurden vom Landgericht Frankfurt zu jeweils neunmonatigen Bewährungsstrafen
verurteilt.
Nach Angaben des 2. BGH-Strafsenats hat der Gesetzgeber keine Ausnahmeregelung für Anwälte
vorgesehen. "Die Vorschrift trifft die Strafverteidiger nicht anders als die Angehörigen anderer
Berufe", sagte der Senatsvorsitzende Bernd-Dieter Bode bei der Verkündung. Bisher sei allerdings
keine nennenswerte Zahl von Ermittlungsverfahren bekannt geworden. Die Möglichkeit, gegen
einen Anwalt wegen Geldwäsche zu ermitteln, verletze nicht das geschützte Vertrauensverhältnis
von Mandant und Strafverteidiger, erklärte der 2. Strafsenat weiter. Denn nur bei einem
Anfangsverdacht gegen den Anwalt dürfe ermittelt werden. Geldwäsche kommt nicht nur bei
Geldern aus schweren Straftaten in Betracht, sondern auch bei Diebstahl, Untreue und Hehlerei.
Pflichtverteidigung weniger lukrativ
Der BGH wies den Einwand zurück, Strafverteidiger müssten sich künftig mit der weniger
lukrativen und aus der Staatskasse bezahlten Pflichtverteidigung begnügen, während der Anwalt
als Wahlverteidiger sein Geld vom Mandanten bekommt. Angeklagte, die nur über Vermögen aus
Straftaten verfügten, sind den Angaben zufolge mittellosen Angeklagten gleichzustellen. Für sie
sei im Gesetz die Pflichtverteidigung vorgesehen. Die Pflichtverteidigung sei keine Verteidigung
"minderer Güte", zumal dem Wunsch des Beschuldigten auf einen Anwalt seines Vertrauens
weitgehend entsprochen werden müsse.
In einem anderen Punkt müssen die verurteilten Anwälte möglicherweise sogar mit einer höheren
Strafe rechnen. Der BGH hob einen Teilfreispruch des Frankfurter Landgerichts auf: Die Anwälte
hatten in ihren eigenen Namen Kaution für die beiden Hauptangeklagten in Höhe von jeweils
500.000 Mark gestellt. Da das Geld aber ebenfalls aus den illegalen Gewinnen stammte, lässt der
BGH das Landgericht Frankfurt nun prüfen, ob sich die Verteidiger zusätzlich strafbar machten,
weil der Eindruck entstanden sei, die hinterlegten Gelder gehörte ihnen und könnten deshalb
nicht gepfändet werden.
© 2001 Financial Times Deutschland