Fünf Tage entscheiden (von Heiko Thieme)

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zit1:

Fünf Tage entscheiden (von Heiko Thieme)

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16.01.02 13:12
Thieme in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung  

14.01.2002
Fünf Tage entscheiden
Die Anleger an der Wall Street sind nervös. Nach einem erfreulichen Auftakt ins neue Jahre brachte die erste volle Handelswoche rundum rote Zahlen. Der Dow Jones-Index konnte nicht einmal an einem einzigen Tag ein positives Ergebnis vorlegen und endete bei einem Wochenminus von über 2,5 Prozent. Gleichzeitig wurde am Freitag auch die Marke von 10 000 Punkten wieder knapp unterschritten, die kurz vor Weihnachten mit großer Mühe wieder überwunden worden war. Auch der Index Standard & Poor's 500 tat sich ähnlich schwer, obwohl es hier am Donnerstag zu einem minimalen Tagesgewinn kam. Beide Indizes liegen nach dem enttäuschenden Wochenergebnis knapp unter ihren Endständen vom Vorjahr. Lediglich der Freiverkehrsmarkt konnte seinen Jahresanstieg trotz eines Wochenverlusts von fast zwei Prozent noch behaupten.

Eigentlich gab es guten Grund zum Feiern, als am Dienstag, dem fünften Börsentag im Neuen Jahr, der Standard & Poor's 500-Index über dem Schlußstand vom Vorjahr endete. Laut einer Analyse, die auf 1950 zurückgeht, kommt es nach einem positiven Jahresbeginn mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zu einem positiven Jahresabschluß mit Kursgewinnen. In den vergangenen 52 Jahren endete der S & P-500 nach den ersten fünf Handelstagen 32mal im Plus, und nur viermal kam es anschließend im Gesamtjahr zu einem Indexverlust. In den 18 Jahren, in denen der S & P-500 wie dieses Mal in den ersten fünf Börsentagen mehr als ein Prozent zulegte, gab es nur einmal, nämlich 1973, einen Jahresverlust. Damals wurde die Börse von dem eskalierenden Ölpreis im Jahresverlauf vollkommen unvorbereitet getroffen und mußte einen Verlust von über 17 Prozent einstecken.

In den Jahren, in denen die ersten fünf Tage im Minus endeten - seit 1950 waren es 20 - , fiel die Börse in 50 Prozent der Fälle auch im Gesamtjahr. Dieser sogenannte Fünf-Tages-Indikator findet inzwischen selbst unter Skeptikern Beachtung, da seine Trefferquote besonders bei einem positiven Jahresbeginn beeindruckend ist. Kaum ein Marktstratege weist über einen so langen Zeitraum eine fast 90prozentige Treffsicherheit bei seinen Prognosen auf. Kommt es in diesem Jahr zu einer Wirtschaftserholung, verbunden mit besseren Unternehmensgewinnen, so wäre dies auch eine fundamentale Begründung für ein insgesamt positives Börsenjahr. Allerdings tauchten am Freitag Fragezeichen über ein schnelles Ende der Rezession auf, als Notenbankchef Alan Greenspan, in einer von den Anlegern mit Spannung erwarteten Rede in San Francisco, vor zu viel Optimismus warnte. Immerhin hat sich die Börse seit den Terroranschlägen vom 11. September bereits spürbar erholt. Sie hat ein allgemeines Haussesignal gegeben, als alle wichtigen Börsenindizes in relativ kurzer Zeit einen Anstieg von über 20 Prozent vorlegten.

Beim Freiverkehrsmarkt beträgt der Kursgewinn seit Ende September sogar mehr als 40 Prozent, wobei es bei etlichen bekannten Technologiewerten zu einer Verdoppelung kam. So gesehen war es sicherlich verständlich, daß Alan Greenspan vor erneuten Übertreibungen an der Börse warnte, die um die Jahrtausendwende zu selten erlebten Exzessen geführt hatten. Eine gewisse gemäßigte Erwartungshaltung ist realistischer als von phantastischen künftigen Börsengewinnen zu schwärmen. Auch hier hilft ein Blick in die Börsengeschichte, die normalerweise einen Jahresgewinn von rund zehn Prozent erwarten läßt. Dies würde beim Dow Jones-Index zum Jahresende das Erreichen der Marke von 11 000 Punkten bedeuten. Mit einem solchen Ergebnis könnten die Anleger durchaus zufrieden sein.

Inflation ist auch weiterhin kein wichtiges Thema. Die Entwicklung bei den Erzeugerpreisen, die im Dezember zum dritten Mal in Folge rückläufig waren, läßt sogar eher Risiken einer Deflation vermuten. Auf dem Arbeitsmarkt kommt es weiterhin zum Abbau von Arbeitsplätzen. Ford, der zweitgrößte Automobilhersteller Amerikas, will 35 000 Arbeitsplätze - dies sind zehn Prozent der gesamten Belegschaft - reduzieren, um seine seit einige Zeit unter Druck geratene Profitabilität zu verbessern. Der Aktienkurs ging unmittelbar nach dieser Bekanntgabe etwas nach oben. Wall Street honoriert die verbesserten Gewinnaussichten. Nach einem einwöchigen Indexrückgang spricht allein die statistische Wahrscheinlichkeit dafür, daß es in dieser Woche einige positive Börsentage geben wird.

Ihr Heiko Thieme

erzengel:

Wenn Thieme "rauf" sagt, geht´s sicher runter,

 
16.01.02 14:03
ansonsten kann man auch Münzen schmeißen
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