Fonds: Unversichert im freien Fall

Beiträge: 3
Zugriffe: 418 / Heute: 1
Dixie:

Fonds: Unversichert im freien Fall

 
19.02.03 08:14
Unversichert im freien Fall

Von Christian Schubert, London


Versicherungen sind allgegenwärtig: Sie schützen vor den Folgen von Diebstahl, Hausbrand, Krankheit, Unfällen und selbst vor dem Ausfall der Urlaubsreise. Aber sichern sie uns auch vor einem Verfall der Aktienkurse? Diese Frage drängt sich nach drei schlimmen Verlustjahren an den Börsen auf, zumal das Aktienniveau einen wachsenden Teil des Wohlstandes bestimmt: Die Renten, das Fondssparen und die Auszahlungen der Versicherer sind einige Stichworte unter vielen. Entsprechende "Versicherungsangebote" gibt es. Die Finanzmärkte haben die sogenannten Derivate hervorgebracht - vor allem Optionen und Terminkontrakte -, die einen Anleger vor dem Wertverlust schützen können. Das hat seinen Preis. Doch welche Versicherung ist schon kostenlos?

Viele Fondsmanager jedoch nutzen die vorhandenen Möglichkeiten kaum. Die Derivatebörsen in Großbritannien und Deutschland, die größten der Welt, berichten zwar von wachsendem, aber immer noch geringem Interesse. Der britische Bankenverband schätzt, daß Fondsmanager nicht einmal fünf Prozent der Nutzer ausmachen. So müssen sich viele professionelle Geldverwalter die Frage gefallen lassen, ob sie dem Kursverfall tatenlos zusehen.

Versicherer gelten beim Einsatz von Derivaten in der Regel als aktiver als Fondsmanager, denn sie müssen innerhalb ihrer vorgeschriebenen Solvenzschwellen bleiben. In Großbritannien aber fahren auch viele von ihnen eine riskante Strategie, indem sie selbst nach einem Teilrückzug in den vergangenen Jahren noch mehr als fünfzig Prozent Aktien in ihren Portfolios halten. Ein am Rande der Insolvenz stehender Versicherer wie Equitable Life soll bis vor kurzem kein einziges Derivat in seinem Portfolio gehalten haben, heißt es in London.

Die Zurückhaltung hat zahlreiche Ursachen. Eine Begründung lautet, daß sich viele Fondsmanager auf ihren Benchmarks ausruhen: Sie geben sich mit dem Ziel zufrieden, die Vergleichsmaßstäbe der großen Aktienindizes zu übertreffen. Doch den Dax mit seinem Minus von mehr als 40 Prozent im vergangenen Jahr knapp geschlagen zu haben macht keinen Anleger glücklich. Hier ist es ratsam, sich vom Fleiß und Erfindungsreichtum vieler Hedgefonds eine Scheibe abzuschneiden, denn diese orientieren sich an absoluten Leistungszielen. Bei allen berechtigten Vorbehalten gegenüber diesen oft schwer durchschaubaren Gesellschaften: Ihre überlegenen Renditen der vergangenen drei Jahre haben gezeigt, daß es weniger risikoreich war, den Abschwung so wie sie aktiv zu gestalten. Dabei helfen ihnen zwar Techniken wie die Leerverkäufe, die traditionellen Fondsmanagern nicht zur Verfügung stehen, doch auch Derivate leisten ihren Beitrag. Viele Hedgefonds setzen diese vor allem ein, um an der Volatilität der Kurse zu verdienen, doch häufig werden die erzielten Profite rasch mit Derivaten abgesichert.

Auch die Banken zeigen im Eigenhandel - also beim Einsatz ihres eigenen Geldes -, daß man im Abschwung mit Instrumenten überleben kann, die dem Privatanleger oft vorenthalten bleiben. Im nachhinein ist man immer schlauer, wenden Kritiker einer größeren Absicherungsstrategie ein. Wer habe ahnen können, daß die Märkte so weit einbrechen würden? Das stimmt, doch genau das ist das Prinzip der Versicherung: Sie baut gegen böse Überraschungen vor.

Ein weiteres Gegenargument lautet, eine Absicherungsstrategie sei teuer und belaste die Rendite von morgen. Auch das ist richtig. Die Anleger müssen sich voraussichtlich für lange Zeit auf niedrigere Gewinne einstellen. Freilich ist für den langfristig orientierten Anleger ein Leistungsvergleich der Fondsmanager nur fair, wenn er Hoch- wie Tiefphasen der Märkte einschließt. Ob der abgesicherte Fondsmanager da schlechter abschneidet, muß erst noch bewiesen werden.

Ein simples Beispiel: Heute kann ein Anleger an der Londoner Terminbörse Liffe eine sogenannte Put-Option auf den Index FTSE-100 kaufen, mit der er sich gegen eine Unterschreitung des Niveaus von 3500 Punkten sichert, 70 Punkte unter dem aktuellen Stand. Eine bis Juli laufende Option gibt ihm das Recht, den FTSE-100 in sechs Monaten zum Kurs von 3500 Punkten zu verkaufen. Die Kosten für die Absicherung eines solchen Portfolios belaufen sich derzeit auf acht bis neun Prozent seines Wertes. Wenn der FTSE fällt, steigt der Wert der Option, und sie kann vor ihrem Auslaufen verkauft werden.

Das Bewußtsein für die Existenz solcher Anlagetechniken muß sich auch bei den Kunden der Fondsmanager noch weiter herumsprechen, nicht nur bei Privatanlegern. Gerade institutionelle Investoren wie betriebliche Pensionskassen schreiben ihren Auftragnehmern zu selten den Einsatz von Derivaten vor. Doch fehlende Kenntnisse sind kein Grund, die komplizierten Produkte als Teufelszeug abzutun. Die Aufseher akzeptieren es, wenn Fondsmanager Derivate zur Kursabsicherung einsetzen. Grenzen ziehen sie erst, wenn ein Fondsmanager Derivate als Schuldenhebel in der Hoffnung auf Gewinnmaximierung benutzt.

Nach den drei Verlustjahren an den Börsen nehmen seit geraumer Zeit die Fondsangebote mit Kapitalgarantien zu, bei denen verstärkt Derivate benutzt werden. Das ist eine begrüßenswerte Entwicklung. Sie unterstreicht die These, daß nicht jeder Fonds alles bieten kann: glänzende Renditen in guten Zeiten und perfekte Absicherung in schlechten. Gutbetuchte und institutionelle Anleger dosieren durch den Einsatz verschiedener Fonds daher die Risikoneigung genau. Doch die meisten Anleger können ihr Erspartes nicht auf eine große Bandbreite von Fonds aufteilen. Ihnen wäre gedient, wenn mancher Standardfonds sich durch Derivate auf Zeit besser absichern würde. Hellt sich der Horizont auf, kann die Versicherung auch wieder aufgelöst oder verringert werden. Die meisten Anleger würden wahrscheinlich etwas weniger Gewinn in guten Tagen akzeptieren, wenn sie dafür in den schweren Zeiten besser schlafen könnten.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.02.2003, Nr. 42 / Seite 13
Dixie:

Warum machen sie es denn nicht? o. T.

 
19.02.03 09:49
Depothalbierer:

1. Weil es nicht ihr eigenes Geld ist, das sie ver

 
19.02.03 10:01
zocken.
2. Weil ja sowieso bald wieder alle Aktien steigen werden.
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--