Union und DWS planen Auftritte auf Hauptversammlungen / Deka setzt auf Einzelgespräche
hbe. FRANKFURT, 23. Januar. Auch die diesjährige Hauptversammlungssaison wird für einige Unternehmen ungemütlich: Mit der Union Investment und der DWS planen zwei der großen Fondsgesellschaften öffentliche Auftritte auf den Hauptversammlungen großer Konzerne wie Allianz und Deutsche Telekom, um deren Geschäftspolitik öffentlichkeitswirksam zu kritisieren.
"Der Aktienkurs ist der zuverlässigste Indikator für die Qualität des Managements. Daran muß sich ein Unternehmen messen lassen", sagt Rolf Drees, Sprecher von Union Investment. Deswegen stelle man in einem ersten Schritt bei der Union fest, bei welchen Unternehmen sich der Kurs der Aktie langfristig - also über drei und fünf Jahre - schlechter als der Vergleichsindex abschneidet. Dann werde überprüft, ob sich in dem Unternehmen in der Zwischenzeit etwas verändert hat - eine neue Unternehmensstrategie oder ein neues Management. Ist das nicht der Fall und überzeugen die Unternehmensvertreter die Union-Experten auch nicht in Einzelgesprächen, dann wähle man den Weg in die Öffentlichkeit, erklärt Drees.
Bei insgesamt vier Unternehmen, deren Aktien allesamt eine unterdurchschnittliche Kursentwicklung aufweisen, wird die Union in diesem Jahr auf der Hauptversammlung Kritik üben: Bei MLP bemängelt die Fondsgesellschaft die "eigenwilligen Buchführungspraktiken" und die "lückenhafte Kommunikation". Bei der TUI kritisiert die Union neben den wenig profitablen Neuakquisitionen des Unternehmens ein sogenanntes "virtuelles Aktienoptionsprogramm", welches TUI noch nicht einmal im Geschäftsbericht erwähnt. Bei diesem Programm wird den Managern statt der Aktien Bargeld ausgezahlt; die Höhe der Zahlungen orientiert sich dabei an einem fiktiven Optionsprogramm. Der Clou dieses Programms: Da es den zukünftigen Gewinn, nicht aber das Kapital verwässert, bedarf es keiner Genehmigung durch die Hauptversammlung.
Unter den Euro-Stoxx-Unternehmen werden die Union-Vertreter bei Alcatel die rückständige Technik und die zu kleine Handy-Sparte bemängeln, bei Ahold werden sie vor allem die hohe Verschuldung, die ungenügende Integration einiger Akquisitionen sowie die "verspätete und selektive" Kommunikation anprangern. Nicht nur die Union, auch die DWS, die Fondsgesellschaft der Deutschen Bank, plant einige Auftritte auf Hauptversammlungen: Laut DWS-Sprecher Thomas Richter sind das derzeit Telefonica, Adecco, Suez, Ericsson, Bayer, Fresenius, die Deutsche Telekom, Volkswagen, Salzgitter und die Allianz. "Das können im Lauf des Jahres noch mehr werden", sagt Richter.
Das öffentliche Auftreten der Fondsgesellschaften ist in der Branche nicht unumstritten: "Wir setzen lieber auf Einzelgespräche, da kann man mehr erreichen", heißt es beispielsweise bei der Deka, der Fondsgesellschaft der Sparkassenorganisation. "Öffentliche Kritik erhöht den Druck auf die Unternehmen und ist ein Signal an unsere Kunden, daß wir ihre Interessen ernst nehmen - denn sie sind die wirklichen Eigentümer der Aktien", hält Richter dem entgegen. "Studien in Amerika haben gezeigt, daß ein Engagement von Vermögensverwaltern zu einer deutlichen Steigerung des Aktienkurses führt", begründet Drees das Vorgehen der Union.
Daß nicht alle Fondsgesellschaften Aktiengesellschaften öffentlich kritisieren wollen, mag seinen Grund auch in Interessenkonflikten haben: Gehört eine Fondsgesellschaft zu einer Bank, so kann die Kritik an einem Unternehmen den geschäftspolitischen Interessen der Bank im Kreditgeschäft oder im Investmentbanking im Wege stehen - Kunden oder potentielle Kunden vertragen keine Kritik. Einen ähnlichen Interessenkonflikt hat die Fondsgesellschaft, wenn sie für die zu kritisierenden Unternehmen auch Spezialfonds verwaltet. Noch problematischer ist es für die Fondsgesellschaft, ein Unternehmen zu kritisieren, in dessen Aufsichtsrat der Vorstand der eigenen Bank sitzt.