Fed weckt Hoffnung auf Zinspause

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Zockerbulle:

Fed weckt Hoffnung auf Zinspause

 
01.07.06 11:02

Fed weckt Hoffnung auf Zinspause
Bernanke macht weitere Schritte abhängig vom Wirtschaftsausblick - Dollar verliert kräftig
von Anja Struve

Frankfurt/Main - 17 Mal hat die Federal Reserve die US-Leitzinsen in Folge erhöht. Und 17 Mal waren weder Zeitpunkt noch Höhe der Anhebungen eine Überraschung für die Anleger. Doch von dieser geordneten Welt müssen Investoren Abschied nehmen: Die nächsten Schritte der Fed werden weit weniger vorhersehbar sein.


Den entscheidenden Hinweis darauf lieferte Fed-Präsident Ben Bernanke in seiner Erklärung nach der jüngsten Zinsentscheidung. Zwar erhöhte die US-Notenbank erwartungsgemäß die Sätze um 25 Basispunkte auf nun 5,25 Prozent. Doch statt wie in den vergangenen Monaten darauf hinzuweisen, daß weitere Schritte nötig sein dürften, will die Fed nun das "Ausmaß und den Zeitpunkt einer solchen Straffung von der Entwicklung des wirtschaftlichen Ausblicks" abhängig machen. Im Klartext: Ob und wann die Notenbank das nächste Mal die Zinsen erhöht, bleibt vorerst offen.


Grund für die gestiegene Vorsicht sind die sich abkühlenden Konjunkturdaten aus den USA. Diese hatten zuletzt sogar Befürchtungen genährt, daß die Fed mit ihren Anhebungen womöglich zu weit gehen und der Wirtschaft erst recht einen Einbruch bescheren könnte.


Statt dessen dürfte die von Bernanke vor einigen Wochen angedeutete Zinspause nun bald Realität werden: "Was als nächstes passiert, hängt von den Daten ab", sagt Jan Hatzius, Chefökonom von Goldman Sachs in New York. "Wenn die Wirtschaftdaten in etwa Trendwachstum erreichen und die Inflationsdaten in nächster Zeit besser ausfallen als erwartet, wird die Fed die Zinsen auf ihrer nächsten Sitzung Anfang August wohl stabil halten."


Die Börsen reagierten prompt: Während das Aktienbarometer Dow Jones am Freitag zeitweise gut zwei Prozent zulegte, gaben die Renditen zweijähriger US-Staatsanleihen spürbar nach. Der Dollar erlitt den größten Quartalseinbruch seit 2004. Der Euro stieg zeitweise um zwei Cent auf 1,2765 Dollar.


"Nach den vorangegangenen Äußerungen mehrerer Währungshüter ist der Fed-Ausblick diesmal deutlich schwächer ausgefallen. Das hat die Finanzmärkte überrascht und schlägt sich in den Kursen nieder", kommentierte Holger Schmieding von der Bank of America die Börsenreaktionen.


Die Situation ist für die US-Notenbanker vor allem deshalb so kniffelig, weil sich die Wirtschaft zwar abschwächt, die Inflation aber mit 2,4 Prozent nach wie vor deutlich über den Zielen der Fed liegt. Dies schürt in den USA die Sorge vor einer Stagflation, also der Kombination aus schwachem Wachstum und hoher Inflation. Ein solches Umfeld ist Gift für Aktien und Anleihen: Eine hohe Teuerung ist schlecht für Rentenpapiere, ein niedriges Wirtschaftswachstum schlecht für die Gewinne der Unternehmen. Die meisten Ökonomen setzen allerdings bisher darauf, daß die Fed einer solchen Entwicklung rechtzeitig entgegensteuern wird und sich aus diesem Grund alle Optionen für ihre weitere Geldpolitik offen gelassen hat.


Leidtragender der größeren Unsicherheit über die weiteren Schritte der Fed ist der Dollar. Das Gros der Strategen rechnet damit, daß der Euro gegenüber dem Greenback in den kommenden drei Monaten auf bis zu 1,30 Dollar steigen wird. "Sollte die Europäische Zentralbank ihre Wortwahl verschärfen und weitere Zinserhöhungen in Europa in Aussicht stellen, könnte diese Marke sogar noch deutlich schneller erreicht sein", so Schmieding. Bislang war die Aussicht auf steigende Zinsen und höhere Renditen in den USA ein gewichtiges Argument für Investoren, ihr Kapital im Dollar-Raum anzulegen. Doch dieser Vorteil droht nun zusehends zu schwinden. "Auch die Qualität der Zinsentscheidungen spielt eine Rolle", sagt Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank. "Während die EZB die Sätze in einem Umfeld ökonomischer Stärke anheben kann, muß die Fed die Zinsen in einem sich abschwächenden Konjunkturumfeld erhöhen, um die Inflation in Schach zu halten. Das wirkt sich latent unterstützend für den Euro aus."


Ähnlich wie Schmieding rechnet auch Hellmeyer nicht damit, daß ein steigender Euro der Konjunktur im Euro-Raum einen schweren Dämpfer versetzen wird. "Da sich die meisten Exporteure längst abgesichert haben und auf Dollar-Basis im Euro-Raum mehr im- als exportiert wird, wirkt sich ein schwächerer Dollar unterm Strich sogar positiv für die Volkswirtschaft insgesamt aus."


Artikel erschienen am Sa, 1. Juli 2006
 
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