EZB - Zinssenkungsfantasien

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EZB - Zinssenkungsfantasien Nassie

EZB - Zinssenkungsfantasien

 
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EZB-Zinssenkungsfantasien auf Herbst gerichtet
Kein Zinsschritt für diese Woche erwartet  

  Frankfurt - Auch wenn die nächste Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) noch aussteht, die Gedanken professioneller Beobachter kreisen bereits um die dann folgenden Sitzungen im September und im Oktober. Denn mit seltener Einigkeit prognostizieren die von vwd befragten Ökonomen einen am Donnerstag unveränderten Mindestbietungssatz von 2,00 Prozent. Zu eindeutig waren die Äußerungen Wim Duisenbergs, der die Geldpolitik noch am Donnerstag als "angemessen" bezeichnete und zugleich Deflationssorgen auszuräumen suchte. Im Herbst erwarten Volkswirte dagegen einen weiteren Zinsschritt, das Zinstief wird bis Oktober bei bis zu 1,50 Prozent gesehen.

Das Interesse dürfte sich kommenden Donnerstag daher mehr auf das Statement des EZB-Präsidenten richten, welches Aufschluss über das weitere Vorgehen der Zentralbank geben sollte. Unter europäischen Ökonomen ist eine Mehrheit der Auffassung, dass der Zinssenkungszyklus noch nicht abgeschlossen ist und im Herbst mindestens eine weitere Zinssenkung auf der Agenda steht (siehe im Anschluss gesendete Tabelle).

Kleiner Zinsschritt im Herbst

"Wir rechnen mit einem kleinen Zinsschritt um 25 Basispunkte im Herbst, wahrscheinlich schon im September", sagt Elga Bartsch von Morgan Stanley. Mit ihr sind zehn weitere Ökonomen der Aufassung, dass schon im September ein "kleiner" Zinsschritt ansteht, während elf weitere Beobachter dann noch ein unverändertes Niveau für wahrscheinlich halten und drei Volkswirte von einer geldpolitischen Lockerung um 50 Basispunkte ausgehen. Folglich votiert eine Mehrheit von 14 zu elf Stimmen für einen Zinsschritt im September.

Das konjunkturelle Umfeld werde sich bis dahin nicht entscheidend verbessert haben, während sich die Teuerungsraten Anfang des kommenden Jahres bis auf unter ein Prozent zurückbilden könnten. Eine echte Deflationsgefahr kann Bartsch nicht erkennen, allerdings werde sich die Debatte um dieses Thema zunächst fortsetzen. Auch solle man nicht glauben, dass die Geldmenge M3 nun keine Rolle mehr spielt, die EZB beobachte das Aggregat weiterhin sehr genau, auch wenn es derzeit weniger Einfluss auf die Entscheidungsfindung nehme. Bedeutsam sei gegenwärtig besonders das Kreditwachstum, breche es zusammen, werde die EZB rasch reagieren.

Kaum Wirtschaftswachstum

Auch Julian von Landesberger (HVB Group) rechnet am 4. September mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte. Danach sei dann aber erst einmal Schluss, während im ersten Quartal 2004 noch ein weiterer Schritt zu erwarten sei. "Das Wirtschaftswachstum wird sich über den Sommer noch nicht verbessern, im Gegenteil, eher wird es erste Anzeichen geben, dass auch die wirtschaftliche Dynamik im kommenden Jahr schwächer wird, als bislang erwartet", urteilt der Ökonom, der für 2004 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone von 1,2 Prozent vorhersagt.

Im ersten und zweiten Quartal werde auch die "Atempause" des US-Dollar zu Ende gehen, der Euro wieder unter Aufwertungsdruck geraten und über 1,20 USD notieren, was das monetäre Umfeld erneut restriktiver gestalte. Die vwd-Umfrage ergibt für den Euro auf Sicht von ein bzw zwei Monaten Kurse von 1,16 bzw 1,18 USD, in einem Vierteljahr wird er dann im Konsens bei 1,19 USD erwartet.

Thorsten Polleit von Barclays Capital prognostiziert ebenfalls einen kleinen Zinsschritt im September oder Oktober, für die Juli-Sitzung habe die EZB den Erwartungsdruck längst aus dem Markt genommen. Da Duisenberg aber mit seinen Äußerungen auch nach der letzten Ratssitzung die Erwartung geweckt habe, dass die Tür für weitere Zinssenkungen weiter offen ist, befürchtet Polleit einen Attentismus, der zum Aufschub von Ausgaben bei Unternehmen wie Verbrauchern führt.

Konjunkturell werde sich über den Sommer nicht viel tun, wenn auch keine Rezession drohe. Zugleich werden sich die öffentlichen Finanzen nach Einschätzung Polleits weiter verschlechtern, wie auch die Situation an den europäischen Arbeitsmärkten. Damit wachse erneut der Druck auf die EZB.(APA/vwd)


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