Eurex in USA: Vorsicht, die Deutschen kommen!

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Eurex in USA: Vorsicht, die Deutschen kommen!

 
02.02.04 21:50
Vorsicht, die Deutschen kommen!

Von Marc Pitzke, New York

Diese Woche wird's ernst: Die Deutsche Börse wagt sich mit ihrer Warentermin-Abteilung Eurex, dem größten Futures-Markt der Welt, in die USA. Bis zuletzt hatten die Amerikaner versucht, die europäische Konkurrenz noch zu verhindern -auch mit politischem Druck.

New York - Rudi Ferscha ist schon ein Tausendsassa. Er spielt Hockey und Klavier, er segelt, er läuft Ski. "Leidenschaftlich und kosmopolitisch", so beschrieb die "Financial Times" den 42-jährigen Österreicher einmal.

Ferschas kosmopolitische Leidenschaft beschränkt sich aber nicht nur auf Sport und Soulmusik. Nach mehreren Stationen bei der Investmentbank Goldman Sachs schaffte er Ende 2000 den Sprung in den Vorstand der Deutschen Börse. Die machte ihn zum Chef ihres neuen Tochterunternehmens Eurex - des größten, modernsten Warenterminmarkts der Welt, den die Frankfurter im Tandem mit der Schweizer Börse SFX auf die Beine gestellt haben.

Ferscha ist es auch zu verdanken, dass die Wall Street diese Woche ausnahmsweise einmal mit Interesse auf den zweiten US-Börsenplatz blickt: Chicago. Denn dort steht die Eurex nach langem Warten kurz davor, eine eigene, voll elektronische US-Dependance zu eröffnen, die U.S. Futures Exchange. Die Börsenaufsicht CFTC wird voraussichtlich am Mittwoch grünes Licht für das internationale Hochfinanz-Wagnis geben; als erster Handelstag ist Sonntag avisiert.

Angst der US-Wähler geschürt

Für die US-Börsianer ein zwiespältiger Moment: Hier wird ein Exempel statuiert - ein Ausländer wildert in ihrem Revier, zum ersten Mal in der Geschichte des amerikanischen Börsenwesens. Deshalb also heute ein kurzer Ausflug vom Hudson an den Chicago River.

Es war ein bitterer Kampf. Bis zuletzt haben die Amerikaner versucht, der unerwünschten Konkurrenz Steine in den Weg zu legen und die "Invasion" der Europäer ("Business Week") zu verhindern - zumal die Eurex technologisch die Nase vorn hat. Die ortsansässigen Derivatenbörsen Chicago Board of Trade (CBoT) und Chicago Mercantile Exchange (CME), die zwei größten Futures-Märkte des Landes, ließen dabei sogar ihre alten, guten Verbindungen in Washington spielen. Immerhin geht es hier um ein Geschäftsvolumen von jährlich über einer Milliarde Terminkontrakten.

Der beschwerliche Weg der Eurex in die USA ist ein Musterbeispiel dafür, dass sich die weltgrößte Finanzmacht, bei allem globalen Machtanspruch, bis heute hinter dem Schutzwall des Protektionismus zu verstecken versucht. Erst recht in Zeiten des Wahlkampfs, in denen es durchaus als legitimes Mittel gilt, die Angst der US-Wähler vor ausländischen Eindringlingen zu schüren.

Geld öffnete die Türen

Dabei hatte den die Frankfurter ihren Gang nach Chicago so gut vorbereitet. Ordentlich hatten sie bei der CFTC einen Antrag auf US-Zulassung gestellt, verbunden mit der Bitte, sich zugleich auch an TCC beteiligen zu dürfen, das, als größte Futures-Clearing-Haus des Landes, die Wertpapiergeschäfte der Eurex in den USA abwickeln soll. Die CFTC nahm Eurex anstandslos ins beschleunigte Lizenzverfahren ("Fast Track"), wonach die US-Genehmigung binnen 60 Tagen hätte erteilt werden können.

Doch die Manager der Deutschen Börse hatten nicht mit dem steifen Gegenwind aus der "Windy City" gerechnet, deren knallharte Futures-Händer sich bei alljährlichen Wohltätigkeitsturnieren auch schon mal im Boxring prügeln. Die Chefriege der Platzhirsche CBoT und CME flog sofort nach Washington, um dort dem republikanischen Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Dennis Hastert, ihre "Bedenken" vorzutragen.

Großzügige Parteispenden öffneten den Herren die Türen: Allein 2003 überwiesen CME und CBoT kombiniert über eine halbe Million Dollar in die prallen Wahlkampfkassen Dutzender Kongressabgeordneter (die meisten davon Republikaner). Darunter: Dennis Hastert (10.000 Dollar); die einflussreichen Vorsitzenden der Banken- und Finanzausschüsse im Senat, Richard Shelby (10.500 Dollar) und Chuck Grassley (5500 Dollar); sowie die Entscheidungsträger im Agrar- und Futures-Ausschuss des Repräsentantenhauses, Bob Goodlatte (5000 Dollar) und Jerry Moran (4000 Dollar).

Antrag auf der langen Bank

Im republikanischen Hinterbänkler Timothy Johnson aus Illinois (1000 Dollar Spenden) fanden die US-Börsen einen besonders engagierten Verbündeten. "Wir spielen mit der Zukunft des US-Terminmarkts", orakelte der düster, mit Blick auf die Kongresswahlen und seinen Heimatstaat, dessen größte Metropole Chicago ist. "Was heißt das für unsere Jobs? Was heißt das für unseren Staatshaushalt? Was heißt das für den Farmer in Watseka?"

Vor allem mit letzterer Frage zielte Johnson direkt ins Wählerherz - sprich: der besagten Farmer im Bauernstaat Illinois. Denn deren Großmarktpreise für Mais, Weizen und Sojabohnen sind direkt an die Agrar-Futures der CBoT gekoppelt. Ausländische Trading-Konkurrenz wird da ungern gesehen.

Also hielt der US-Kongress gleich mehrere öffentliche Ausschusssitzungen ab, auf denen geladene Vertreter von CBoT und CME gegen die Europäer wettern durften. Die Börsenaufsicht CFTC, deren vier Kommissare vom Präsidenten ernannt und vom Senat bestätigt werden, reagierte ebenso prompt wie artig: Sie stufte den Eurex-Antrag vom "Fast Track" zum regulären Genehmigungsverfahren herab und schob ihn so auf die lange Bank.

Schützenhilfe von Greenspan

Doch dann bekam die Eurex Schützenhilfe von unverhoffter Stelle: Sowohl US-Finanzminister John Snow wie auch Zentralbankchef Alan Greenspan begrüßten einen Einstieg der Europäer in den amerikanischen Futures-Markt. "Wettbewerb hat sowohl unserer gesamten Wirtschaft als auch unseren Finanzmärkten immer schon gut getan", schrieb Greenspan an den Kongress.

Und so ist es jetzt endlich soweit. "Wir erwarten eine positive Antwort", sagt Ferscha im Vorfeld der CFTC-Sitzung am Mittwoch. Alle technischen Vorarbeiten sind abgeschlossen, die Logistik ist am Platz, die Handels-Software wurde vorige Woche ausgeliefert. Freut sich der Tausendsassa: "Der Markt ist startbereit."

Vorsicht, die Deutschen kommen!

Von Marc Pitzke, New York

Diese Woche wird's ernst: Die Deutsche Börse wagt sich mit ihrer Warentermin-Abteilung Eurex, dem größten Futures-Markt der Welt, in die USA. Bis zuletzt hatten die Amerikaner versucht, die europäische Konkurrenz noch zu verhindern -auch mit politischem Druck.

New York - Rudi Ferscha ist schon ein Tausendsassa. Er spielt Hockey und Klavier, er segelt, er läuft Ski. "Leidenschaftlich und kosmopolitisch", so beschrieb die "Financial Times" den 42-jährigen Österreicher einmal.

Ferschas kosmopolitische Leidenschaft beschränkt sich aber nicht nur auf Sport und Soulmusik. Nach mehreren Stationen bei der Investmentbank Goldman Sachs schaffte er Ende 2000 den Sprung in den Vorstand der Deutschen Börse. Die machte ihn zum Chef ihres neuen Tochterunternehmens Eurex - des größten, modernsten Warenterminmarkts der Welt, den die Frankfurter im Tandem mit der Schweizer Börse SFX auf die Beine gestellt haben.

Ferscha ist es auch zu verdanken, dass die Wall Street diese Woche ausnahmsweise einmal mit Interesse auf den zweiten US-Börsenplatz blickt: Chicago. Denn dort steht die Eurex nach langem Warten kurz davor, eine eigene, voll elektronische US-Dependance zu eröffnen, die U.S. Futures Exchange. Die Börsenaufsicht CFTC wird voraussichtlich am Mittwoch grünes Licht für das internationale Hochfinanz-Wagnis geben; als erster Handelstag ist Sonntag avisiert.

Angst der US-Wähler geschürt

Für die US-Börsianer ein zwiespältiger Moment: Hier wird ein Exempel statuiert - ein Ausländer wildert in ihrem Revier, zum ersten Mal in der Geschichte des amerikanischen Börsenwesens. Deshalb also heute ein kurzer Ausflug vom Hudson an den Chicago River.

Es war ein bitterer Kampf. Bis zuletzt haben die Amerikaner versucht, der unerwünschten Konkurrenz Steine in den Weg zu legen und die "Invasion" der Europäer ("Business Week") zu verhindern - zumal die Eurex technologisch die Nase vorn hat. Die ortsansässigen Derivatenbörsen Chicago Board of Trade (CBoT) und Chicago Mercantile Exchange (CME), die zwei größten Futures-Märkte des Landes, ließen dabei sogar ihre alten, guten Verbindungen in Washington spielen. Immerhin geht es hier um ein Geschäftsvolumen von jährlich über einer Milliarde Terminkontrakten.

Der beschwerliche Weg der Eurex in die USA ist ein Musterbeispiel dafür, dass sich die weltgrößte Finanzmacht, bei allem globalen Machtanspruch, bis heute hinter dem Schutzwall des Protektionismus zu verstecken versucht. Erst recht in Zeiten des Wahlkampfs, in denen es durchaus als legitimes Mittel gilt, die Angst der US-Wähler vor ausländischen Eindringlingen zu schüren.

Geld öffnete die Türen

Dabei hatte den die Frankfurter ihren Gang nach Chicago so gut vorbereitet. Ordentlich hatten sie bei der CFTC einen Antrag auf US-Zulassung gestellt, verbunden mit der Bitte, sich zugleich auch an TCC beteiligen zu dürfen, das, als größte Futures-Clearing-Haus des Landes, die Wertpapiergeschäfte der Eurex in den USA abwickeln soll. Die CFTC nahm Eurex anstandslos ins beschleunigte Lizenzverfahren ("Fast Track"), wonach die US-Genehmigung binnen 60 Tagen hätte erteilt werden können.

Doch die Manager der Deutschen Börse hatten nicht mit dem steifen Gegenwind aus der "Windy City" gerechnet, deren knallharte Futures-Händer sich bei alljährlichen Wohltätigkeitsturnieren auch schon mal im Boxring prügeln. Die Chefriege der Platzhirsche CBoT und CME flog sofort nach Washington, um dort dem republikanischen Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Dennis Hastert, ihre "Bedenken" vorzutragen.

Großzügige Parteispenden öffneten den Herren die Türen: Allein 2003 überwiesen CME und CBoT kombiniert über eine halbe Million Dollar in die prallen Wahlkampfkassen Dutzender Kongressabgeordneter (die meisten davon Republikaner). Darunter: Dennis Hastert (10.000 Dollar); die einflussreichen Vorsitzenden der Banken- und Finanzausschüsse im Senat, Richard Shelby (10.500 Dollar) und Chuck Grassley (5500 Dollar); sowie die Entscheidungsträger im Agrar- und Futures-Ausschuss des Repräsentantenhauses, Bob Goodlatte (5000 Dollar) und Jerry Moran (4000 Dollar).

Antrag auf der langen Bank

Im republikanischen Hinterbänkler Timothy Johnson aus Illinois (1000 Dollar Spenden) fanden die US-Börsen einen besonders engagierten Verbündeten. "Wir spielen mit der Zukunft des US-Terminmarkts", orakelte der düster, mit Blick auf die Kongresswahlen und seinen Heimatstaat, dessen größte Metropole Chicago ist. "Was heißt das für unsere Jobs? Was heißt das für unseren Staatshaushalt? Was heißt das für den Farmer in Watseka?"

Vor allem mit letzterer Frage zielte Johnson direkt ins Wählerherz - sprich: der besagten Farmer im Bauernstaat Illinois. Denn deren Großmarktpreise für Mais, Weizen und Sojabohnen sind direkt an die Agrar-Futures der CBoT gekoppelt. Ausländische Trading-Konkurrenz wird da ungern gesehen.

Also hielt der US-Kongress gleich mehrere öffentliche Ausschusssitzungen ab, auf denen geladene Vertreter von CBoT und CME gegen die Europäer wettern durften. Die Börsenaufsicht CFTC, deren vier Kommissare vom Präsidenten ernannt und vom Senat bestätigt werden, reagierte ebenso prompt wie artig: Sie stufte den Eurex-Antrag vom "Fast Track" zum regulären Genehmigungsverfahren herab und schob ihn so auf die lange Bank.

Schützenhilfe von Greenspan

Doch dann bekam die Eurex Schützenhilfe von unverhoffter Stelle: Sowohl US-Finanzminister John Snow wie auch Zentralbankchef Alan Greenspan begrüßten einen Einstieg der Europäer in den amerikanischen Futures-Markt. "Wettbewerb hat sowohl unserer gesamten Wirtschaft als auch unseren Finanzmärkten immer schon gut getan", schrieb Greenspan an den Kongress.

Und so ist es jetzt endlich soweit. "Wir erwarten eine positive Antwort", sagt Ferscha im Vorfeld der CFTC-Sitzung am Mittwoch. Alle technischen Vorarbeiten sind abgeschlossen, die Logistik ist am Platz, die Handels-Software wurde vorige Woche ausgeliefert. Freut sich der Tausendsassa: "Der Markt ist startbereit."

www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,284598,00.html



Aldy
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Sorry, Tastatur prellte :( o. T.

 
02.02.04 21:52
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