Es war einmal: IFA-Trends, die keine wurden

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Es war einmal: IFA-Trends, die keine wurden

 
27.08.01 11:52
Die Internationale Funkausstellung in Berlin ist seit Jahren die erste Adresse für die Unternehmen der Unterhaltungs- und Telekommunikations-Industrie, um Trends und Produktneuheiten einem breiten Publikum zu präsentieren. Nicht immer aber hatte ”der letzte Schrei” der IFA lange Bestand. Trends, die keine wurden, Preise, die niemand mehr zahlen würde - und Produkte, die in Vergessenheit gerieten.


1991

Mobilfunk verbreitet sich zaghaft in Deutschland - das neue D1-Netz der Telekom bleibt 1991 zunächst Nutzern in den Metropolen Stuttgart, Frankfurt, Köln und Dortmund vorbehalten. Flächendeckend soll D1 erst drei Jahre später angeboten werden. Doch die gute Nachricht zur IFA ’91: Endlich gibt es D1-Handys. Und die kosten nur 3000 Mark, zuzüglich Mehrwertsteuer, vermeldet die Telekom stolz. Ein echtes Schnäppchen, schließlich mussten Telefonierer noch bis zu 5000 Mark für eine Mobil-Telefon der verangegangenen C-Generation bezahlen.

Willkommen auf der IFA: Erstmals nach dem Fall der Mauer präsentieren sich Unternehmen aus Ostdeutschland auf der Funkausstellung. RTF aus Staßfurt geht mit seinem Fernseher-Modell ”Siesta” ins Rennen. Das TV-Gerät besticht durch ”modernstes farbiges Design” und sichert den ”Anschluss an das internationale Niveau”. Bevor RTF in die Serienfertigung einsteigt, soll die ”Ost-Glotze” aber auf Markt-Akzeptanz getestet werden. Eine gute Idee, bei einem anvisierten Stückpreis von 6000 Mark (West).

1993

Wie können Videorecorder einfacher programmiert werden? Philips setzt auf Spracherkennung und präsentiert zur IFA ’93 den "Voice Commander". Mit einer Fernbedienung, die einem Telefonhörer ähnelt, wird der Recorder per Sprachbefehl programmiert: Der richtige Kanal sowie Anfangs- und Endzeit der Aufnahme werden als Zahlenwerte aufgesprochen.

Ähnlich tief in der Versenkung verschwindet eine gutgemeinte Idee zum TV-Jugendschutz: Kindergefährdende Sendungen können mittels neuer Techniken am Fernseher gesperrt werden. Problem: Das notwendige Signal müssten ausgerechnet die Sender selber per Kennziffer ausstrahlen.

1995

Laser TV ist die Zukunft- sagen die Schneider Rundfunkwerke und prophezeien zur IFA ’95 nichts weniger als die ”revolutionierte Visualisierung von Informationen jeder Art”. Zur Jahrtausendwende sollen die Laser-Fernsehgeräte in die Massenfertigung gehen. Das technische Prinzip: Ein Laserstrahl zeichnet rasend schnell Bildpunkte auf die Leinwand, Ergebnis ist ein hoch auflösendes Fernsehbild. Und das hat seinen Preis: Mindestens 5000 Mark sollen die Laser-TV-Geräte kosten, die nur langsam den Weg in die Wohnzimmer finden.

Derweil zeichnet sich am Horizont die schöne, neue Fernsehwelt ab: Mittels Decoder, auf den sich ARD, ZDF, RTL und Telekom geeinigt haben, soll Digital-TV in die deutschen Wohnzimmer einziehen. Kirch und weitere Medienriesen entwickeln konkurrierende Lösungen. Sie alle eint ein Versprechen: Mehr Fernsehen, besser Fernsehen. Doch bei Decoder-Preisen von über 1000 Mark und einer üppigen Programmvielfalt im Kabel entpuppt sich der deutsche Markt für Digital-Fernsehen schnell als staubiger Acker.

Auch das Internet ist 1995 schon ein Thema. Datex-J, der Vorgänger von T-Online, bietet seinen Kunden für acht Mark im Monat zuzüglich Telefonkosten Revolutionäres: Eine eigene E-Mail-Adresse. Am Rande der IFA melden sich Internet-Kritiker wie Thomas Schlier von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände zu Wort: "Warum, verdammt noch mal, soll ich Telebanking machen?"

1997

Die IFA-Gemeinde hat ein neues Mantra: Konvergenz, das Verschmelzen von Fernsehen und PC. Was am Ende rauskommt - ein netzfähiger Fernseher oder ein TV-Computer - wird je nach Hersteller unterschiedlich beantwortet. Konzerne wie Philips führen Studien ins Feld, wonach Konsumenten eine nahtlose Verknüpfung von Audio- Video- und Computertechnik wünschen. Skeptiker bezweifeln die Marktchancen von konvergenten PC/TV-Mischlingen - und sollen Recht behalten.

UKW war gestern: Zur IFA ’97 kommen die ersten DAB-Geräte auf den Markt. Digital Audio Broadcasting soll das Radio revolutionieren und neben rauschfreier Übertragungsqualität Zusatzdienste wie Nachrichten, Verkehrsinfos oder Navigation bieten. Doch DAB ist von Anfang an ein Problemkind: Vom angeblichen Mehrwert des digitalen Radios lassen sich nur wenige Hörer überzeugen. Einige Tausend kaufen in den kommenden Jahren die teuren DAB-Empfänger - ein wirtschaftlicher Flop.

1999

Mobiles Internet mobilisiert die Handy-Branche: WAP ist bei der IFA vor zwei Jahren in aller Munde. Das "Wireless Application Protocol" soll Online-Inhalte schnell auf das Mobiltelefon übertragen. Die Praxis ist ernüchternd: Zu langsam, zu teuer, zu unergiebig finden viele Handy-Nutzer den auf Kerninhalte zusammengestutzten Internet-Zugang.

Und noch einen Trend bringt die Funkausstellung 1999: Der Trend-Terror wird zunehmend hinterfragt. Die Zuschauer wollen eigentlich nur fernsehen, sind sich Mediengrößen wie Georg Kofler sicher: "Auch in einem Multimedia-Markt wird die Masse den Gesetzen der Trägheit folgen." Und alle zwei Jahre in Scharen zur IFA pilgern.

FABIAN MOHR


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