Stahlproduktion bei SABIC SchwellenländerDeutliche Korrektur an den arabischen Börsen15. März 2006 Nach einer mehrjährigen Rally mit zum Teil phantastischen Kursgewinnen kam und kommt es an den arabischen Börsen nun schon seit Wochen zu deutlichen Kursverlusten. So hat der Dubai Financial Market Index seit Beginn des laufenden Jahres in Euro gerechnet knapp 41 Prozent seines Wertes verloren, andere Indizes in der arabischen Welt gaben ebenfalls nach.Das mag scheinbar viel sein, allerdings sollte man berücksichtigen, daß der Index zuvor seit Beginn des Jahres 2004 bis zu 700 Prozent zugelegt hatte. Wen werden nach so einer Kursexplosion ausgeprägte Korrekturen überraschen? Wohl nur den, der an Wunder glaubt. Davor sollte man sich als Anleger jedoch hüten. Denn es ist zwar immer wieder verwunderlich, wie stark sich Kurse ohne fundamentale Hintergründe bewegen können. Noch überraschender ist jedoch die Naivität, mit der manche an die Fortsetzung solcher Bewegungen glauben.Gier schlägt zum Teil in Panik umProduktionsanlage von SABICKommt es dann zu Gegenbewegungen, so schlägt sie schnell in Panik um. Eine Zeitung in Bahrain berichtete jüngst von mehreren Personen in Saudi Arabien, die aufgrund von Herzschwächen, die von den fallenden Kursverlusten ausgelöst worden seien, ins Krankenhaus eingeliefert werden mußten. Saudische Politiker forderten die Regierung auf, die Talfahrt des Tadawul zu stoppen. Sie wollen vom Finanzminister, der auch Chef der Börsenaufsicht ist, eine Erklärung hören, wie es dazu kommen konnte, berichteten Nachrichtenagenturen. Hunderte versammelten sich am achten März vor der Börse Kuwait und behaupteten, daß die Kurse manipuliert worden seien, hieß es weiter.Dabei gibt es für solche Ereignisse immer auch Erklärungen. So bereiten in der Region so viele Unternehmen wie nie zuvor ihr Börsendebüt vor. Und die Besorgnis wächst, daß die Gewinnaussichten der Unternehmen so hohe Kurse nicht rechtfertigen. „Aus der Gier wird langsam Angst”, sagte Ali Taqi, Vermögensverwalter bei National Bank of Kuwait der Nachrichtenagentur Bloomberg.SABIC-ZentraleNachdem Anleger im vergangenen Jahr 650 Milliarden Dollar in die Aktienmärkte der Region investiert hätten, bemühten sie sich jetzt offensichtlich, diese Aktien so schnell wie möglich wieder abzustoßen, hieß es. Noch im September hatten Anleger beim Börsengang von Dana Gas PJSC Türen aufgebrochen, die Einrichtung zumindest einer Bank zerstört und das Wachpersonal verprügelt, um an Aktien des Gasversorgers heranzukommen. Mehr als 33.000 Saudis überquerten die Grenze zu den Emiraten, um Aktien zu kaufen.Jetzt zählen die Papiere von Unternehmen wie Emaar Properties PJSC aus Dubai, des ägyptischen Baumwollverarbeiter Nile Cotton Ginning, des Zementherstellers Kuwait Cement oder des Chemie- und Stahlunternehmens Saudi Basic Industries (SABIC), mit einer Marktkapitalisierung von knapp 117 Milliarden Euro größtes arabisches Unternehmen und weltweit unter den größten 25, zu den größten Kursverlierern. Die Aktie von SABIC hat inzwischen sogar den Aufwärtstrend durchbrochen. Das ist kein gutes Zeichen, zumal die Aktie mit einem Kurs-Gewinnverhältnis von etwas mehr als 25 auf Basis des im vergangenen Jahr abgelieferten Gewinns selbst nach den jüngsten Kursverlusten noch kein ausgeprägtes Schnäppchen zu sein scheint.Verschiedenste Gründe für die längst überfällige KorrekturNeben der wohl zum Teil ambitionierten Bewertung der verschiedenen Papiere dürften auch andere Faktoren für die Korrektur eine Rolle spielen. Zum Beispiel anstehende Börsengänge. Da in diesem Jahr so viele anstehen wie nie zuvor, dürften einige Anleger in Börsenneulinge umschichten, erwartet Haissam Arabi, Leiter Vermögensverwaltung bei der Investmentgesellschaft Shuaa Capital mit Sitz in Dubai. Im Mittleren Osten wollen in diesem Jahr mindestens 100 Unternehmen den Sprung aufs Parkett wagen, zeigen Analysen.Möglicherweise spielt auch die Tatsache eine Rolle, daß die arabischen Golfstaaten die Einführung einer Einheitswährung hinauszögern. Saudi-Arabien, Kuwait und vier andere ölproduzierende Emirate am Persischen Golf dürften die verabredete Frist zur Einführung einer gemeinsamen Währung im Jahr 2010 verpassen. Schuld daran sei der Widerwille einiger Länder, Hoheitsrechte aufzugeben, erklärte der Gouverneur der saudi-arabischen Zentralbank Hamad Saud al-Sayari in einem Interview mit Bloomberg News.Dabei sollte gerade sie auch dazu führen, die bisherige Bindung der Währungen an den Dollar zu lösen, um auf diese Weise unabhängiger von der amerikanischen Geldpolitik zu werden. Nach Ansicht von Experten sind die amerikanischen Zinsen für die wirtschaftliche Dynamik im arabischen Raum zu tief.Insgesamt dürften die arabischen Börsen bei einer zunehmenden Öffnung der Märkte in Verbindung mit einer Liberalisierung nach wie vor interessant sein. Allerdings sollten die Risiken nicht übersehen werden. Sie liegen ein überschießenden Erwartungen in Verbindung mit hohen Bewertungen, in geopolitischen und auch regionalpolitischen Risiken und nicht zuletzt in einer abrupten Anpassung der internationalen Ungleichgewichte, die auch den Ölpreis nach unten bringen könnten. Dabei wurde der jüngste Boom unter anderem durch die hohen Öleinnahmen ausgelöst.