Egal ob der Markt steigt oder crashed, Robert Prechter versucht immer auf der richtigen Welle zu liegen. Der weltbekannte Wellenreiter zum Thema Massenpsychosen, Grand Supercycles und die Bärenwelle, die ein knappes Jahrhundert dauern wird.
von Bettina M. Gordon
Fonds exklusiv: Sie sind als der Elliott Wave-Theoretiker weltweit berühmt geworden. Was verbirgt sich hinter dem Elliott Wave-Prinzip, das Ralph Nelson Elliott schon in den 30er-Jahren entdeckt hat?
Robert Prechter: Das Wellen-Prinzip ist ein Modell, mit dem man den Aktienmarkt analysieren kann. Der Aktienmarkt bewegt sich in Wellenbewegungen und Elliott hat diese Bewegungen entdeckt, lange bevor es den Mathematikern möglich war, seine Thesen durch Computeranalyse zu bestätigen. Vereinfacht gesagt gibt es fünf Wellen in der Richtung eines Trends und drei Wellen gegen den Trend. Das ganze Wellenprinzip basiert auf Wiederholungen dieser Wellen, um es simpel auszudrücken.
Auf der einen Seite wird das Wellenprinzip (WP) als Auswirkung der Massenpsychologie der Anleger angesehen, auf der anderen Seite bezeichnen Sie WP als die reinste Form der technischen Analyse. Was ist es nun? Die Anleger-Psychose auf der Sigmund-Freud-Couch der Wall Street oder technische Analyse am Chart-Brett?
R. P.: Sowohl als auch. Wenn WP die Essenz der Marktbewegung beschreibt, dann ist das Wellenprinzip die Grundlage der technischen Analyse basierend auf Chartmustern, aber gleichzeitig auch eine Widerspiegelung der Psyche der Anleger und des Markt-Momentums, was den raschen Wechsel der Preise und den „Atem“ der Aktien miteinbezieht. Der Markt an sich ist kein lebendiges System, sondern die Manifestierung eines lebenden Systems, der menschlichen Gesellschaft. Das Wellenprinzip ist ein Resultat der Stimmung der Gesellschaft, die wiederrum geprägt ist von dem unbewussten Trieb des Einzelnen, sich der Herde anschließen zu wollen. Die menschliche Psyche ist programmiert, sich in einer Herde zusammenzutun, was so viel heißt, wie wir sind darauf programmiert, Investmentverluste zu generieren. Daher verhält sich auch der Markt impulsiv und nicht rational.
Ein Lemming kommt halt selten allein. Wenn sich alle Lemminge dann in die Fluten stürzen und Sie diese Wellenbewegung voraussehen können, dann müsste sich doch immer Profit machen lassen mit diesem Prinzip?
R. P.: Ich glaube, dass die Wellen der sozialen Psychologie niemals versagen, aber ständige Gewinne kann ich Ihnen auch keine garantieren. WP gibt dem Investor ein hilfreiches Konstrukt, in welchem er oder sie die Bewegung des Marktes analysieren kann, aber Profite zu generieren ist in jedem Fall eine analytische als auch psychologische Herausforderung. Der analytische Teil erfordert Arbeit, aber der psychologische Teil ist viel, viel schwieriger. Und selbst Anleger wie ich, die sehr hart arbeiten, liegen mitunter völlig daneben mit ihren Investments. Nur weil sich der Markt mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine Richtung bewegt, heißt das noch lange nicht, dass er sich tatsächlich dorthin bewegt. Vielen Anlegern ist es auch nicht möglich, ihre psychologischen Fehler einzugestehen und auszumerzen, daher bleibt oft nur eine kleine Gruppe an hart arbeitenden Investoren übrig, die ihr Leben dem Markt widmen und eventuell erfolgreich sind.
Die Elliott-Wellen haben teilweise coole Namen, wie Grand Supercycle-Welle. Wie viele dieser Grand Supercycles haben wir seit den 30er-Jahren gesehen und was lernen wir von diesen Riesenwellen für die Zukunft?
R. P.: Aufsteigende Grand Supercycle-Wellen dauern in der Regel ein paar Jahrhunderte lang und die absteigende Grand Supercycle-Welle etwas weniger als ein Jahrhundert. Wir haben nur einen Teil einer solchen Welle gesehen seit Elliott die WP entdeckt hat. Im Jahr 1932 war laut Elliott das Tief einer Korrektur erreicht und der Markt würde daher für den Rest des 20. Jahrhunderts ansteigen. Als A. J. Frost und ich an mehr Daten gelangten, konnten wir Elliotts Analyse bestätigen und sahen in den 70er-Jahren eine weitere Korrektur vor der letzten Aufwärtswelle. In unserem 1978 erschienenen Buch „Elliott Wave Principle“ haben wir von einem riesigen Bullenmarkt geschrieben, der die Grand Supercycle, die 1784 begann, zu Ende bringen wird. Genau das ist passiert. Wir haben auch geschrieben, dass diese Welle von einem noch größeren Bärenmarkt gefolgt werden wird. Der Bullenmarkt war zwar stärker, als wir vorhergesagt haben, sowohl im Zeitausmaß, als auch im Preis, aber die Form des Anstiegs hat die Kriterien erfüllt.
Der Super-Bär ist also im Anmarsch?
R. P.: Ich denke, dass die Aktienmärkte ihren Höhepunkt im Grand Supercycle erreichen bzw. schon erreicht haben, der bedeutendste Höhepunkt in fast 300 Jahren. Das Top in den Vereinigten Staaten war im ersten Quartal 2000. Ich glaube nicht, dass die kombinierten Indizes aus Dow Jones, S&P und NASDAQ in unserem Lebensabschnitt nochmals solche Höhen erreichen werden können und keiner dieser Indizes wird effektiv neue Höhen sehen. Der Grand Supercycle-Bärenmarkt wird so wie es aussieht wahrscheinlich den Rest dieses Jahrhunderts andauern. Dieser Zyklus wird aus verschiedenen Sequenzen an Rallyes und Abstürzen bestehen, die jeweils zwischen einer und drei Dekaden dauern werden. Dann, wenn sich niemand mehr um Aktien kümmert, wird ein neuer Grand Supercycle nach oben beginnen.
Das vollständige Interview finden Sie in der Print-Ausgabe 02/2006 von FONDS exklusiv
von Bettina M. Gordon
Fonds exklusiv: Sie sind als der Elliott Wave-Theoretiker weltweit berühmt geworden. Was verbirgt sich hinter dem Elliott Wave-Prinzip, das Ralph Nelson Elliott schon in den 30er-Jahren entdeckt hat?
Robert Prechter: Das Wellen-Prinzip ist ein Modell, mit dem man den Aktienmarkt analysieren kann. Der Aktienmarkt bewegt sich in Wellenbewegungen und Elliott hat diese Bewegungen entdeckt, lange bevor es den Mathematikern möglich war, seine Thesen durch Computeranalyse zu bestätigen. Vereinfacht gesagt gibt es fünf Wellen in der Richtung eines Trends und drei Wellen gegen den Trend. Das ganze Wellenprinzip basiert auf Wiederholungen dieser Wellen, um es simpel auszudrücken.
Auf der einen Seite wird das Wellenprinzip (WP) als Auswirkung der Massenpsychologie der Anleger angesehen, auf der anderen Seite bezeichnen Sie WP als die reinste Form der technischen Analyse. Was ist es nun? Die Anleger-Psychose auf der Sigmund-Freud-Couch der Wall Street oder technische Analyse am Chart-Brett?
R. P.: Sowohl als auch. Wenn WP die Essenz der Marktbewegung beschreibt, dann ist das Wellenprinzip die Grundlage der technischen Analyse basierend auf Chartmustern, aber gleichzeitig auch eine Widerspiegelung der Psyche der Anleger und des Markt-Momentums, was den raschen Wechsel der Preise und den „Atem“ der Aktien miteinbezieht. Der Markt an sich ist kein lebendiges System, sondern die Manifestierung eines lebenden Systems, der menschlichen Gesellschaft. Das Wellenprinzip ist ein Resultat der Stimmung der Gesellschaft, die wiederrum geprägt ist von dem unbewussten Trieb des Einzelnen, sich der Herde anschließen zu wollen. Die menschliche Psyche ist programmiert, sich in einer Herde zusammenzutun, was so viel heißt, wie wir sind darauf programmiert, Investmentverluste zu generieren. Daher verhält sich auch der Markt impulsiv und nicht rational.
Ein Lemming kommt halt selten allein. Wenn sich alle Lemminge dann in die Fluten stürzen und Sie diese Wellenbewegung voraussehen können, dann müsste sich doch immer Profit machen lassen mit diesem Prinzip?
R. P.: Ich glaube, dass die Wellen der sozialen Psychologie niemals versagen, aber ständige Gewinne kann ich Ihnen auch keine garantieren. WP gibt dem Investor ein hilfreiches Konstrukt, in welchem er oder sie die Bewegung des Marktes analysieren kann, aber Profite zu generieren ist in jedem Fall eine analytische als auch psychologische Herausforderung. Der analytische Teil erfordert Arbeit, aber der psychologische Teil ist viel, viel schwieriger. Und selbst Anleger wie ich, die sehr hart arbeiten, liegen mitunter völlig daneben mit ihren Investments. Nur weil sich der Markt mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine Richtung bewegt, heißt das noch lange nicht, dass er sich tatsächlich dorthin bewegt. Vielen Anlegern ist es auch nicht möglich, ihre psychologischen Fehler einzugestehen und auszumerzen, daher bleibt oft nur eine kleine Gruppe an hart arbeitenden Investoren übrig, die ihr Leben dem Markt widmen und eventuell erfolgreich sind.
Die Elliott-Wellen haben teilweise coole Namen, wie Grand Supercycle-Welle. Wie viele dieser Grand Supercycles haben wir seit den 30er-Jahren gesehen und was lernen wir von diesen Riesenwellen für die Zukunft?
R. P.: Aufsteigende Grand Supercycle-Wellen dauern in der Regel ein paar Jahrhunderte lang und die absteigende Grand Supercycle-Welle etwas weniger als ein Jahrhundert. Wir haben nur einen Teil einer solchen Welle gesehen seit Elliott die WP entdeckt hat. Im Jahr 1932 war laut Elliott das Tief einer Korrektur erreicht und der Markt würde daher für den Rest des 20. Jahrhunderts ansteigen. Als A. J. Frost und ich an mehr Daten gelangten, konnten wir Elliotts Analyse bestätigen und sahen in den 70er-Jahren eine weitere Korrektur vor der letzten Aufwärtswelle. In unserem 1978 erschienenen Buch „Elliott Wave Principle“ haben wir von einem riesigen Bullenmarkt geschrieben, der die Grand Supercycle, die 1784 begann, zu Ende bringen wird. Genau das ist passiert. Wir haben auch geschrieben, dass diese Welle von einem noch größeren Bärenmarkt gefolgt werden wird. Der Bullenmarkt war zwar stärker, als wir vorhergesagt haben, sowohl im Zeitausmaß, als auch im Preis, aber die Form des Anstiegs hat die Kriterien erfüllt.
Der Super-Bär ist also im Anmarsch?
R. P.: Ich denke, dass die Aktienmärkte ihren Höhepunkt im Grand Supercycle erreichen bzw. schon erreicht haben, der bedeutendste Höhepunkt in fast 300 Jahren. Das Top in den Vereinigten Staaten war im ersten Quartal 2000. Ich glaube nicht, dass die kombinierten Indizes aus Dow Jones, S&P und NASDAQ in unserem Lebensabschnitt nochmals solche Höhen erreichen werden können und keiner dieser Indizes wird effektiv neue Höhen sehen. Der Grand Supercycle-Bärenmarkt wird so wie es aussieht wahrscheinlich den Rest dieses Jahrhunderts andauern. Dieser Zyklus wird aus verschiedenen Sequenzen an Rallyes und Abstürzen bestehen, die jeweils zwischen einer und drei Dekaden dauern werden. Dann, wenn sich niemand mehr um Aktien kümmert, wird ein neuer Grand Supercycle nach oben beginnen.
Das vollständige Interview finden Sie in der Print-Ausgabe 02/2006 von FONDS exklusiv