Nervös sind die Börsianer an der Wall Street in den letzten Wochen geworden. Von Alan Greenspan erhoffen sie diese Woche beruhigende Worte. Vor allem aber sollten sie auf das "Orakel von Omaha" hören.
New York - Die Anleger verhalten sich derzeit wie das Kaninchen vor der Schlange: Sie starren auf Kurse, Quartalszahlen und Ökonomen-Orakel und wissen nicht, in welche Richtung sie hoppeln sollen. Ist ja auch alles so verwirrend. Da verliert der Nasdaq Composite vergangene Woche drei Prozent, während der Dow Jones ein Prozentchen zulegt. Warum, weiß keiner, hätte auch umgekehrt sein können. Im Moment ist alles so sinnlos an der Börse - inklusive die Vorhersagen.
In diesen Zeiten des sich verdichtenden Nebels soll Alan Greenspan einmal mehr den Leuchtturm spielen. Am Dienstag tagt der Offenmarktausschuss der Federal Reserve. Die Börsianer werden auf jedes Wort des Großen Vorsitzenden achten. Greenspan soll ihnen erklären, was aus dem Aufschwung geworden ist. Die April-Daten haben neue Zweifel aufkommen lassen.
Sollte Greenspan jetzt eine Zinserhöhung ankündigen, würden einige Börsianer wahrscheinlich einen Herzinfarkt erleiden. Die Märkte würden in den Keller sausen. Doch nachdem die Arbeitslosenquote im April unerwartet hoch auf sechs Prozent geschossen ist, gilt eine Zinserhöhung als ausgeschlossen. Beobachter rechnen damit jetzt frühestens im August.
Außerdem sieht Greenspan weiterhin keine Gefahr an der Inflationsfront. Die Veröffentlichung der Inflationsrate am Freitag wird ihn voraussichtlich bestätigen: Ökonomen erwarten, dass sie im April schlappe 0,4 Prozent betrug.
Eine für Anleger erfreuliche Nachricht kommt am Dienstagmorgen: Die Produktivität der amerikanischen Wirtschaft ist im ersten Quartal voraussichtlich um 6,9 Prozent gewachsen. Das wäre noch einmal eine deutliche Steigerung gegenüber den im vierten Quartal gefeierten 5,2 Prozent. Das Produktivitätswachstum erhöht die Gewinnmargen der Unternehmen.
Ebenfalls am Dienstag, aber nach Börsenschluss, meldet sich mit dem Nasdaq-Schwergewicht Cisco Systems ein potenzieller Unruhestifter mit den Quartalszahlen. Anleger werden besonders auf den Ausblick des IT-Riesen achten. Der Marktführer im Netzwerke-Bereich hat seinen Gewinn im ersten Quartal voraussichtlich verdreifacht: Analysten erwarten neun Cent pro Aktie - im gleichen Vorjahreszeitraum waren es schwache drei Cent pro Aktie.
Doch der Gewinnzuwachs wurde vor allem durch Einsparungen erreicht. Cisco kämpft, wie die gesamte Branche, mit dem Einbruch der Nachfrage: Der Umsatz stagniert, im ersten Quartal belief er sich voraussichtlich auf 4,9 Milliarden Dollar (Erstes Quartal 2001: 4,7 Milliarden Dollar). Schlimmer noch: Niemand weiß, wie viel Wachstum Cisco in Zukunft erzielen kann.
Immerhin steht Cisco besser da als die schwer angeschlagene Konkurrenz: Während Lucent, Nortel Networks und Alcatel mit hohen Schulden zu kämpfen haben, kann Cisco auf ein Microsoft-ähnliches Cash-Polster von über 20 Milliarden Dollar zurückgreifen. Im ersten Quartal kam wahrscheinlich eine weitere Milliarde hinzu. Und Analysten weisen darauf hin, dass Cisco seinen Marktanteil zumindest halten konnte.
Ob die Anleger eine weitere Woche leiden müssen, wagt niemand vorherzusagen. Für Arthur Andersen steht es hingegen bereits fest: In Houston beginnt der Prozess des US-Justizministeriums gegen die ehemaligen Enron-Wirtschaftsprüfer. Am Montag wird die Jury ausgewählt, am Dienstag geben beide Seiten ihre Eröffnungs-Statements ab.
Dann ist für 15 Tage die Regierung dran, bevor Andersen sich drei Tage lang verteidigen darf. Andersen ist der Dokumentenvernichtung und Justizbehinderung angeklagt. Ein außergerichtlicher Vergleich ist gescheitert.
Die Wirtschaftsprüfungsfirma hat die schlechteren Karten, seit der damals für Enron zuständige und inzwischen gefeuerte Andersen-Partner Richard Duncan mit der Regierung einen Kronzeugen-Deal vereinbart hat. Beobachter erwarten, dass Andersen schuldig gesprochen wird, wenn sich die Firma nicht vor dem Urteil doch noch auf einen Vergleich einlässt.
Verglichen mit Andersen erscheinen die Aussichten der US-Konjunktur blendend. Die zitternden Anleger sollten sich deshalb ein Beispiel an Warren Buffet, dem "Orakel von Omaha", nehmen. Der 71-jährige Investment-Guru erklärte am Samstag auf der Hauptversammlung seiner Holding Berkshire Hathaway in Omaha/Nebraska: "Mich macht überhaupt nichts nervös. Ich bin sehr zuversichtlich über die Zukunft der amerikanischen Wirtschaft."
Vor 14.000 angereisten Fans räumte der zweitreichste Mann der Welt allerdings ein: "36 Milliarden Dollar (Vermögen) beruhigen die Nerven."
spiegel.de
New York - Die Anleger verhalten sich derzeit wie das Kaninchen vor der Schlange: Sie starren auf Kurse, Quartalszahlen und Ökonomen-Orakel und wissen nicht, in welche Richtung sie hoppeln sollen. Ist ja auch alles so verwirrend. Da verliert der Nasdaq Composite vergangene Woche drei Prozent, während der Dow Jones ein Prozentchen zulegt. Warum, weiß keiner, hätte auch umgekehrt sein können. Im Moment ist alles so sinnlos an der Börse - inklusive die Vorhersagen.
In diesen Zeiten des sich verdichtenden Nebels soll Alan Greenspan einmal mehr den Leuchtturm spielen. Am Dienstag tagt der Offenmarktausschuss der Federal Reserve. Die Börsianer werden auf jedes Wort des Großen Vorsitzenden achten. Greenspan soll ihnen erklären, was aus dem Aufschwung geworden ist. Die April-Daten haben neue Zweifel aufkommen lassen.
Sollte Greenspan jetzt eine Zinserhöhung ankündigen, würden einige Börsianer wahrscheinlich einen Herzinfarkt erleiden. Die Märkte würden in den Keller sausen. Doch nachdem die Arbeitslosenquote im April unerwartet hoch auf sechs Prozent geschossen ist, gilt eine Zinserhöhung als ausgeschlossen. Beobachter rechnen damit jetzt frühestens im August.
Außerdem sieht Greenspan weiterhin keine Gefahr an der Inflationsfront. Die Veröffentlichung der Inflationsrate am Freitag wird ihn voraussichtlich bestätigen: Ökonomen erwarten, dass sie im April schlappe 0,4 Prozent betrug.
Eine für Anleger erfreuliche Nachricht kommt am Dienstagmorgen: Die Produktivität der amerikanischen Wirtschaft ist im ersten Quartal voraussichtlich um 6,9 Prozent gewachsen. Das wäre noch einmal eine deutliche Steigerung gegenüber den im vierten Quartal gefeierten 5,2 Prozent. Das Produktivitätswachstum erhöht die Gewinnmargen der Unternehmen.
Ebenfalls am Dienstag, aber nach Börsenschluss, meldet sich mit dem Nasdaq-Schwergewicht Cisco Systems ein potenzieller Unruhestifter mit den Quartalszahlen. Anleger werden besonders auf den Ausblick des IT-Riesen achten. Der Marktführer im Netzwerke-Bereich hat seinen Gewinn im ersten Quartal voraussichtlich verdreifacht: Analysten erwarten neun Cent pro Aktie - im gleichen Vorjahreszeitraum waren es schwache drei Cent pro Aktie.
Doch der Gewinnzuwachs wurde vor allem durch Einsparungen erreicht. Cisco kämpft, wie die gesamte Branche, mit dem Einbruch der Nachfrage: Der Umsatz stagniert, im ersten Quartal belief er sich voraussichtlich auf 4,9 Milliarden Dollar (Erstes Quartal 2001: 4,7 Milliarden Dollar). Schlimmer noch: Niemand weiß, wie viel Wachstum Cisco in Zukunft erzielen kann.
Immerhin steht Cisco besser da als die schwer angeschlagene Konkurrenz: Während Lucent, Nortel Networks und Alcatel mit hohen Schulden zu kämpfen haben, kann Cisco auf ein Microsoft-ähnliches Cash-Polster von über 20 Milliarden Dollar zurückgreifen. Im ersten Quartal kam wahrscheinlich eine weitere Milliarde hinzu. Und Analysten weisen darauf hin, dass Cisco seinen Marktanteil zumindest halten konnte.
Ob die Anleger eine weitere Woche leiden müssen, wagt niemand vorherzusagen. Für Arthur Andersen steht es hingegen bereits fest: In Houston beginnt der Prozess des US-Justizministeriums gegen die ehemaligen Enron-Wirtschaftsprüfer. Am Montag wird die Jury ausgewählt, am Dienstag geben beide Seiten ihre Eröffnungs-Statements ab.
Dann ist für 15 Tage die Regierung dran, bevor Andersen sich drei Tage lang verteidigen darf. Andersen ist der Dokumentenvernichtung und Justizbehinderung angeklagt. Ein außergerichtlicher Vergleich ist gescheitert.
Die Wirtschaftsprüfungsfirma hat die schlechteren Karten, seit der damals für Enron zuständige und inzwischen gefeuerte Andersen-Partner Richard Duncan mit der Regierung einen Kronzeugen-Deal vereinbart hat. Beobachter erwarten, dass Andersen schuldig gesprochen wird, wenn sich die Firma nicht vor dem Urteil doch noch auf einen Vergleich einlässt.
Verglichen mit Andersen erscheinen die Aussichten der US-Konjunktur blendend. Die zitternden Anleger sollten sich deshalb ein Beispiel an Warren Buffet, dem "Orakel von Omaha", nehmen. Der 71-jährige Investment-Guru erklärte am Samstag auf der Hauptversammlung seiner Holding Berkshire Hathaway in Omaha/Nebraska: "Mich macht überhaupt nichts nervös. Ich bin sehr zuversichtlich über die Zukunft der amerikanischen Wirtschaft."
Vor 14.000 angereisten Fans räumte der zweitreichste Mann der Welt allerdings ein: "36 Milliarden Dollar (Vermögen) beruhigen die Nerven."
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