Die Nasdaq ist immer noch viel zu teuer
Es macht keinen Spaß, es zu sagen. Aber die Nasdaq ist nach wie vor viel zu teuer. Im ungewichteten Mittel kosten die 20 schwersten Unternehmen immer noch das gut Achtfache des abgelaufenen Umsatzes.
Und wir reden über den Umsatz des Jahres 2000, der für eine Reihe von Firmen so bald nicht zu überflügeln sein wird. Das soll nicht heißen, dass es in diesem Jahr nicht noch einmal nach oben gehen kann. Einige Frühindikatoren lassen zumindest hoffen, dass Geld- und Fiskalpolitik wie gewohnt wirken. Und wenn der Aufschwung tatsächlich kommt, wird er die Kurse auch beflügeln. Aber ausgemachte Sache ist das noch längst nicht. Es gibt auch ein Schreckensszenario: Der US-Konsum bricht ein, obwohl die Fed einen Großteil ihrer Munition schon verschossen hat - und auch die Budgetüberschüsse verbraucht sind. Das könnte regelrechte Panik auslösen.
Vorherzusagen wie es kommt, ist so gut wie unmöglich. Dazu ist die wirtschaftliche Gemengelage in den USA einfach zu verfahren. Die wahrscheinlichste Variante ist vermutlich, dass Amerika wegen des mächtigen monetären Stimulus zwar nicht in eine tiefe Rezession rutscht - aber wegen der niedrigen Sparquote und hohen Verschuldung der Verbraucher, des Vermögensverlustes und der Massenentlassungen eine ganze Weile als globaler Wachstumsmotor ausfällt.
Wer langfristig auf die Nasdaq setzt, sollte sich das jedenfalls gut überlegen. Das Achtfache des Umsatzes mit Gewinnen zu unterlegen, ist fast utopisch. In Europa bezahlt man den Umsatz im Schnitt ein einziges Mal.
Celanese
Die zweite Gewinnwarnung in vier Wochen, das tut weh. Die Celanese-Aktie bekam das am Freitag zu spüren. Die Korrektur der Zukunftsaussichten ist zwar nicht unerklärlich, aber die Schärfe hat überrascht.
Die Gründe sind zahlreich: Rund 60 Prozent des Umsatzes erzielt Celanese in den USA, deren Wirtschaftsmotor stottert. Das Geschäft mit den technischen Kunststoffen hängt vor allem an der Auto- und Telekomindustrie, beide sehen zurzeit gar nicht gut aus. Bei den chemischen Zwischenprodukten schwächelt auch Europa; in Asien ist die Nachfrage schon länger rückläufig und die Preise purzeln: Die Produkte sind Massenware, und die US-Unternehmen werfen ihre Erzeugnisse zu Schleuderpreisen auf den Markt. Zudem ist trotz Überangebot noch Kapazität in Fernost aufgebaut worden.
Celanese setzt auf Stellenabbau und Umstrukturierung. Nur: Das Unternehmen strukturiert sich schon um, seit es 1999 von Hoechst abgespalten wurde. Von den versprochenen Margenverbesserungen ist Celanese dennoch weit entfernt. Bei einem Basis-Chemiehersteller hängen die Kosten vor allem an den Produktionsanlagen, sind also fix. Stellenabbau lindert den Kostendruck nur bedingt. Für schnelle Hilfe wäre eine höhere Auslastung nötig, also mehr Nachfrage.
Wann die aber anzieht, wagt niemand zu sagen. Die Umstellung auf profitablere Produkte dürfte dauern, zudem droht die Gefahr von Sonderabschreibungen. Die Aktie ist mit weniger als einem Fünftel des Vorjahresumsatz zwar billig. Aber die Anleger sollten vorerst die Finger von dem Papier lassen.
Senator
Das Filmgeschäft ist eine feine Sache - wenn man Straßenfeger im Programm hat. Senator zeigte im zweiten Quartal "Chocolat" und "Das Experiment". Resultat: plus 138 Prozent beim Umsatz und 268 Prozent beim operativen Gewinn, eine Marge von nun knapp 13 Prozent trotz konservativer Abschreibungen des Filmvermögens.
Die auf über 80 Mio. Euro deutlich gestiegene Nettoschuld muss nicht beunruhigen. Immerhin beträgt das Eigenkapital über 200 Mio. Euro. Senator hat im ersten Halbjahr über 130 Mio. Euro in neue Rechte investiert. Das Geld ist in Filmen mit Stars wie Julia Roberts und Nicole Kidman angelegt, die im ersten Halbjahr in den USA zu absoluten Kassenschlagern avancierten. Senator will jetzt mit ihnen die Massen in die deutschen Kinos locken. Auch scheint mit dem jüngsten Paketverkauf von Splendid an Kirch der Käuferstreik der deutschen TV-Sender beendet. Die Anstalten dürften wieder Spielfilme zeigen, nachdem sich kein Mensch mehr für die Seelenpornographie im Container interessiert. Davon könnte auch Senator profitieren. Das Sorgenkind bleibt der verlustträchtige Großkinobetreiber Cinemaxx, an dem Senator ein Viertel hält. Im schlechtesten Fall ist eine Totalabschreibung von rund 60 Mio. Euro fällig. Danach sieht es aber nicht aus.
Die Aktie ist nicht teuer. Das laufende KGV beträgt rund sieben. Das Eigenkapital ist 2,4mal so hoch wie die Marktkapitalisierung. Senator verringert die Abhängigkeit vom deutschen Markt und streut damit sein Risiko. Aber in keiner anderen Branche gilt so sehr: Heute top, morgen flopp.