*Die Marktbereinigung wird mehrere Jahre dauern*

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*Die Marktbereinigung wird mehrere Jahre dauern* Dixie
Dixie:

*Die Marktbereinigung wird mehrere Jahre dauern*

 
06.08.01 14:09
#1
SDK (Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre e.V.)

Aufgrund der stark gefallenen Kurse, der Skandale und des erlittenen nachhaltigen Vertrauensverlustes droht der Neue Markt in die Bedeutungslosigkeit abzusinken. Privatanleger haben sich mit neuen Engagements vom Markt weitgehend zurückgezogen. Dies gilt auch für institutionelle und im besonderen ausländische Investoren. Für Institutionelle wird es schon aufgrund der geringen Bewertungen und Umsätze schwer, überhaupt noch am Neuen Markt zu agieren.

Geringe Marktwerte:
Derzeit notieren 342 Unternehmen am Neuen Markt. Weniger als 20 Prozent dieser Firmen notieren über dem Emissionskurs.

46 Unternehmen weisen eine Gesamtkapitalisierung von unter 10 Millionen Euro auf.
94 Unternehmen weisen eine Gesamtkapitalisierung von unter 20 Millionen Euro auf.
172 Unternehmen weisen eine Gesamtkapitalisierung von unter 50 Millionen Euro auf.

Gerade 40 Unternehmen können eine für Fonds wichtige Marktbewertung des Streubesitzes von mehr als 100 Mio. Euro aufweisen.

Nur zehn Unternehmen haben eine Marktkapitalisierung von über 1 Mrd. Euro (BB Biotech 2,14 Mrd. Euro / Quiagen 3,4 Mrd. Euro / BIPOP 6,3 Mrd. Euro / Comdirect 1,4 Mrd. Euro /DAB Bank 1,0 Mrd. Euro/ Thiel Logistik 1,1 Mrd. Euro / BroadVision 1,2 Mrd. Euro / T-Online 4,6 Mrd. Euro / Aixtron 1,9 Mrd. Euro / Medion 1,9 Mrd. Euro).
Allein diese zehn Unternehmen können über rund 25 Mrd. Euro Kapitalisierung, also fast 50 Prozent der Gesamtbewertung (57 Mrd. Euro), aufweisen.

Die Gesamtbewertung aller 342 Neuen-Markt-Unternehmen lag zum 3. August 2001 bei 57 Mrd. Euro. Zum Vergleich: der Dax-Wert Allianz weist 85 Mrd. Euro auf, SAP 52 Mrd. Euro.

Hohe Verluste:

Vom All Time High (10. März 2000 / Schlusskursbasis 8559 Punkte) liegt der Nemax All Share derzeit rund 85 Prozent im Minus.
Die genaue Höhe der Buch- und realer Vermögensverluste kann nur schwer beziffert werden. Legt man die Bewertung des Neuen Marktes zum All Time High am 10. März 2000 zugrunde, so konnte man bei den damals 226 notierten Unternehmen eine Marktbewertung von 234 Mrd. Euro erzielen. Heute sind diese 226 Unternehmen gerade noch mit rund 30 Mrd. Euro bewertet. Dies ergibt einen Buchverlust von über 200 Mrd. Euro allein für diese Werte.

(Vergleich Telekom: Die Telekom hatte wenige Tage vor dem Neuen Markt am 6. März 2000 ihr All Time High mit einem Kurs von 103,5 Euro und einer Marktbewertung von 314 Mrd. Euro. Derzeit notieren die Aktien bei rund 23 Euro und einer Marktbewertung von 100 Mrd. Euro. Die absoluten Buchverluste allein der Telekom entsprechen in etwa den Verlusten der Titel am Neuen Markt.)
Primärmarkt/Neuemissionen:
Die Neuemissionstätigkeit ist im zweiten Quartal 2001 praktisch völlig zum Erliegen gekommen. Während man um diese Zeit im letzten Jahr noch 100 Neuemissionen zählen konnte, sind im Jahr 2001 bis heute nur 20 Unternehmen neu an die Börse gegangen.
Aufgrund der zahlreichen Enttäuschungen kann bei Privatanlegern ein regelrechter Käuferstreik beobachtet werden.

Hohe Bewertungen /Analystendilemma:
Die Bewertung der Aktien am Neuen Markt ist nach wie vor extrem problematisch.
Trotz der dramatisch eingebrochenen Kurse sind die meisten Werte nicht billig, da die Wachstums- und Ertragsaussichten teilweise noch stärker rückläufig sind als die Kurse.
Die während des Hypes eingeführten und immer waghalsiger gewordenen Analysekennziffern (KUV Kurs-Umsatz-Verhältnis u.a.) haben sich in der mittel- und langfristigen Analyse als völlig unbrauchbar erwiesen.
Die klassischen Analyseansätze KGV und Dividenden-Rendite funktionieren mangels Erträgen bei den meisten Firmen nicht.
Derzeit notieren etliche Werte am Neuen Markt unter ihrem Buch- bzw. Cashwert. Trotz diesem „konservativsten“ Analysekriterium werden diese Werte von Anlegern und Analysten gemieden. Offensichtlich traut die Börse diesen Unternehmen keine Überlebenschancen zu.

Das größte Problem bei der Bewertung dieser Firmen scheint eine richtige Einschätzung der tatsächlichen Produkt- und Wachstumschancen zu sein. Vergangenheitsbetrachtungen fehlen weitgehend. Die Zukunftsbetrachtungen bergen extrem viele Unsicherheiten.

Fazit: Die Anforderungen und notwendigen Qualifikationen eines erfolgreichen Neue-Markt-Analysten werden sich ändern. Statt der mathematischen Fähigkeit, Bewertungen schön zu rechnen, wird der „investigative Analyst“ gefragt sein. Der Schwerpunkt der Analystentätigkeit darf nicht mehr im Hochrechnen von Prognosen der vom Unternehmen vorgegeben Zahlen liegen, sondern muss im Einschätzen der Produkt- und vor allem Managementqualität liegen.

Maßnahmen der Deutschen Börse AG:
Die dringend notwendigen Maßnahmen, um gegen den Vertrauensverlust anzukämpfen, bleiben von Seiten der Börse weitgehend aus. Statt der notwendigen Reform des Marktes mit strengen Zulassungs- und Listingkriterien versucht man, die Probleme durch den Rauswurf der Pennystocks zu kaschieren.
Es ist zwar eine Verschärfung in der Zulassungsarbeit zu beobachten, diese wird jedoch im Stillen durchgeführt und nicht offen kommuniziert. Bisher vertritt die Deutsche Börse AG den Standpunkt, lediglich als Handelsplattform zu dienen, keine qualitative Prüfung der Firmen vorzunehmen und somit nicht für die schlechte Unternehmensqualität verantwortlich zu sein.
Dabei hat die Börse das Dilemma, einerseits einen Qualitätsmarkt anbieten zu wollen, gleichzeitig aber nicht selbst eine qualitative Prüfung der Unternehmen vorzunehmen.
Offensichtlich hat man Probleme, die notwendige Verschärfung der Zulassungskriterien offen zu kommunizieren, da dies im Umkehrschluss als bisher nicht ausreichend und somit eine Art „Schuldeingeständnis“ der Börse am Desaster Neuer Markt interpretiert werden könnte.

Die SdK fordert:
Strengere qualitative Unternehmensauswahl, Blick auf die Bewertung, Ranking der Emissionsbanken ähnlich der Designated Sponsors, längere Lock-up-Fristen.

Hohe Verluste der Banken:
Die Banken sitzen auf hohen personellen Überkapazitäten. Gleichzeitig müssen durch die Tätigkeiten im Eigenhandel und als Designated Sponsors hohe Verluste verbucht werden. Der Vertrauensschaden und der dadurch bedingte Rückschlag der in Deutschland aufgekeimten Aktienkultur wird die Banken mehr kosten, als in den Boomjahren 99/00 abgezockt werden konnte.

Ausblick:
Das Image des Neuen Marktes hat sich vom Positiven zum extrem Negativen gewandelt. Die Skandale haben bei vielen Marktteilnehmern den Eindruck einer Schwindel- und Abzockbörse entstehen lassen. Qualitätsfirmen denken derzeit darüber nach, das Marktsegment zu verlassen. Qualitativ hochwertige IPO-Kandidaten warten ab und denken an Alternativen zum Neuen Markt.

Eine nachhaltige Erholung des Neuen Markts wird durch den bestehenden Verkaufsdruck und die Verkaufsabsichten der Privatanleger ausbleiben. Bei vielen Anlegern herrscht die Meinung vor: „Sobald ich wieder etwas mehr für meine Aktien bekomme, schmeiße ich sie raus“. Vor allem ausländische institutionelle Investoren werden lange warten, bis sie wieder auf der Käuferseite am Markt tätig werden.

Der Markt wird durch anhaltend negative Unternehmensmeldungen belastet bleiben.
Die Anzahl der derzeit 342 Unternehmen wird sich durch Konkurse, Insolvenzen, Delisting und Übernahmen drastisch dezimieren. Hiervon sind nicht nur die Firmen betroffen, deren Geschäftsmodell nicht funktioniert, sondern auch erfolgreich wachsende Firmen, die in ihrem Businessplan eine weitere Finanzierung durch eine Kapitalerhöhung am Neuen Markt vorgesehen hatten. Da der Neue Markt auch für Kapitalerhöhungen praktisch tot ist und für die meisten dieser Firmen eine Fremdkapitalfinanzierung von Seiten der Banken scheitern wird, drohen noch etliche böse Überraschungen auch bei „gesunden“ Firmen.

Noch dramatischer als das Firmensterben am Neuen Markt ist das Sterben der vorbörslichen Unternehmen. Der VC-Markt ist völlig zusammengebrochen. Die hohen Verluste durch Abschreibungen bei vorbörslichen Beteiligungen hinterlassen tiefe Spuren in den Portfolios der VC-Gesellschaften. Gleichzeitig wird durch die sehr viel selektivere Firmenfinanzierung der VC-Gesellschaften der notwendige qualitative Reinigungsprozess angestoßen.

Trotz der derzeitigen Probleme ist der Neue Markt nicht tot. Die derzeitige Entwicklung ist jedoch nicht nur eine Marktkonsolidierung, sondern eine Marktbereinigung, die noch mehrere Jahre andauern kann.
Die sehr wichtige Aufgabe, die der Neue Markt in der deutschen Kapitalmarkt- und Wirtschaftsstruktur erfüllt, wird nach der Marktbereinigung zu einem langfristigen Erfolg führen.

Frankfurt am Main, 6. August 2001

*Die Marktbereinigung wird mehrere Jahre dauern* 1Mio.€
1Mio.€:

Interessant :-) Gruss o.T.

 
06.08.01 14:10
#2
*Die Marktbereinigung wird mehrere Jahre dauern* Linus
Linus:

danke,

 
06.08.01 14:17
#3
das festigt meine Meinung,

Mio hat Recht, das ist interessant und wird noch Beachtung finden

grüsse linus
*Die Marktbereinigung wird mehrere Jahre dauern* Dixie

Jetzt müsste man nur noch

 
#4
die wenigen Unternehmen, die die Marktbereinigung überstehen werden kennen, kaufen und sich auf eine längere Wartezeit einstellen.


"Gerade 40 Unternehmen können eine für Fonds wichtige Marktbewertung des Streubesitzes von mehr als 100 Mio. Euro aufweisen.

Nur zehn Unternehmen haben eine Marktkapitalisierung von über 1 Mrd. Euro (BB Biotech 2,14 Mrd. Euro / Quiagen 3,4 Mrd. Euro / BIPOP 6,3 Mrd. Euro / Comdirect 1,4 Mrd. Euro /DAB Bank 1,0 Mrd. Euro/ Thiel Logistik 1,1 Mrd. Euro / BroadVision 1,2 Mrd. Euro / T-Online 4,6 Mrd. Euro / Aixtron 1,9 Mrd. Euro / Medion 1,9 Mrd. Euro).
Allein diese zehn Unternehmen können über rund 25 Mrd. Euro Kapitalisierung, also fast 50 Prozent der Gesamtbewertung (57 Mrd. Euro), aufweisen."





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