von Stock-World
In den vergangenen Jahren war am Aktienmarkt kaum Geld zu verdienen, dicke Gewinne winkten dagegen bei Rentenpapieren - dank fallender Zinsen kletterten die Anleihekurse kräftig. Viele Experten sehen wegen der schleppenden Konjunkturentwicklung und der weltpolitischen Risiken in Anleihen auch weiterhin einen sicheren Hafen. Doch inzwischen brauen sich über dem Bondmarkt dunkle Wolken zusammen.
Der REX, der die Entwicklung der deutschen Renten misst, hat innerhalb der vergangenen drei Jahre rund 25 Prozent zugelegt. Das entspricht einer jährlichen Rendite von 7,7 Prozent - Aktieninvestoren können von solchen Renditen derzeit nur träumen.
Im laufenden Jahr stehen die Chancen aber gut, dass sich das Blatt wendet, dass Aktien hinsichtlich der Rendite wieder die Nase vor Anleihen haben. Während die Aktienkurse in den vergangenen Jahren unter der wegbrechenden Konjunktur litten, profitierten Rentenpapiere von den Zinssenkungen der Notenbanken, die mit niedrigeren Leitzinsen die Wirtschaft wieder ankurbeln wollten.
Zinsen auf Rekordtiefs
Vor allem die Federal Reserve in den USA hat ihr Pulver inzwischen aber weitgehend verschossen. Aus Angst vor einer Rezession wurden die Leitzinsen inzwischen auf 1,25 Prozent gesenkt, der tiefste Stand seit über 40 Jahren. In der Eurozone liegen die Leitzinsen mit 2,75 Prozent zwar noch höher, mehrere Notenbanker haben in den vergangenen Wochen aber betont, dass es derzeit keinen Grund für weitere Senkungen gebe.
Sicherlich, für eine Entwarnung an der Konjunkturfront ist es noch zu früh. Doch gab es in den USA in jüngster Zeit einige Wirtschaftsdaten, die darauf hindeuten, dass das Schlimmste überstanden ist.
Selbst im "Krisenland" Deutschland soll die Talsohle durchschritten sein. Nach einem Wachstum beim BIP von 0,2 Prozent im Vorjahr rechnen die Wirtschaftsforscher für 2003 mit einem Anstieg zwischen 0,6 und 1,0 Prozent. Kommt es tatsächlich zu einer Belebung der Konjunktur, werden die Zinsen über kurz oder lang steigen, die Anleihekurse damit fallen.
Großes Angebot drückt auf die Kurse
Belastend für die Bondmärkte wirkt aber auch der enorme Finanzbedarf der Staatshaushalte. Dank des Konjunkturprogramms der US-Regierung erwarten Experten, dass das US-Haushaltsdefizit in den nächsten Jahren rasant steigen wird. In Deutschland und einigen weiteren großen Ländern in der EU drohen die Staatshaushalte ebenfalls aus dem Ruder zu laufen. Auch bei Firmen herrscht Kapitalhunger. Da neue Aktien kaum zu platzieren sind, zapfen derzeit vor allem die hochverschuldeten Technologieunternehmen den Bondmarkt an. Das größere Angebot an Bonds zur Deckung der Staats- und Unternehmensschulden dürfte am Kapitalmarkt nur unterzubringen sein, wenn die Anleger mit höheren Renditen angelockt werden.
Mittelfristig sieht es nach drei fetten Jahren also nicht gut für die Rentenmärkte aus. Es drohen steigende Zinsen und fallende Kurse. Kurzfristig könnten die Anleihenkurse aber noch einmal einen Schub erhalten. Sollte die Irak-Krise eskalieren, dürfte der Bondmarkt wieder einmal von seiner Funktion als sicherer Hafen profitieren - vielleicht die letzte Chance für die Anleger zum Ausstieg.
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