Deutsche Börsen harren der Wiedereröffnung der US-Finanzmärkte
FRANKFURT Die deutschen Börsen harren der geplanten Wiedereröffnung der US-Finanzmärkte an diesem Montag. Diese hatten nach Attentaten in New York und Washington fast eine Woche lang geschlossen. Die Impulse, die normalerweise die Kursentwicklung nicht nur in Deutschland beeinflussen, blieben aus. Auf den Wertpapierhandel drückte stattdessen die Unsicherheit nach den Anschlägen vom vergangenen Dienstag. "Die wichtigsten Börsen, also die in den USA, fehlen," sagte der Leiter der Strategieabteilung bei der Helaba Trust Investment Consulting, Richard Zellmann. "Es ist deswegen ein Vakuum auf den Finanzmärkten weltweit entstanden." Außerdem herrschte am Wochenende die Angst, dass die USA noch vor Wochenanfang zu Vergeltungsschlägen ausholten.
DAX UND NEMAX 50 BESCHLEUNIGTEN TALFAHRT - GESTIEGENE UMSÄTZE
An den deutschen Börsen beschleunigte der Leitindex DAX seine Talfahrt nach den Anschlägen auf das World Trade Center und das Verteidigungsministerium. Gleichzeitig stiegen die Umsätze stark. Nach Angaben der Deutschen Börse AG wies der Leitindex DAX einen Tag vor der Terror-Serie noch ein Handelsvolumen von 92,92 Millionen Stück auf. Am Dienstag, dem Tag der Anschläge, waren es 129,33 Millionen, am Mittwoch 117,327 Millionen Stück. Am Donnerstag sank die Zahl der gehandelten Aktien dann auf 82,49 Millionen. Zum Wochenende schloss der DAX bei 4.115,98 Zählern und damit um mehr als 550 Punkte niedriger als am Wochenanfang. Vor allem verloren Aktien von Fluggesellschaften, Versicherern und Reiseveranstaltern. Ähnlich sah es am Neuen Markt aus. Bei hohen Kursverlusten schnellten die Umsätze in die Höhe. Am Auswahl-Index NEMAX 50 wurden am Wochenanfang noch 9,842 Millionen Aktien gehandelt, am Attentats-Tag waren es 13,359 Millionen. Danach allerdings gingen die Umsätze deutlich zurück. Auch hier gaben die Kurse massiv nach. Der Schlussstand am Montag zeigte noch 912,22 Zähler, am Freitag waren es nur noch 824,51 Punkte. "KURSENTWICKLUNG MOMENTAN NICHT RATIONAL" "Ich halte die Kursentwicklung momentan nicht für rational", sagte Zellmann. Die Situation sei "völlig unübersichtlich", es habe "Panikreaktionen" gegeben angesichts der politischen Unsicherheit nach den Anschlägen. "Niemand will sich die Finger verbrennen, man verkauft deshalb Aktien." Nach Einschätzung des Wertpapierhandel-Leiters bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers, Fidel Helmer, haben sich die institutionellen Anleger vor dem Wochenende abgesichert, da niemand wisse, was passiere. Er erklärte, warum die Kurse sanken: "Die institutionellen Anleger halten Bestände, verkaufen dagegen Futures auf den DAX oder den NEMAX oder sichern sich ab über Termingeschäfte."
USA-BÖRSEN ENTSCHEIDEND:
"WIR HÄNGEN AM TROPF VON AMERIKA" Helmer erinnerte daran, dass die Kursentwicklung seit 15 Monaten rückläufig sei. "Aber nun ist ein Kursniveau erreicht, das sich vor zwei Wochen noch niemand im schlechtesten Fall erträumt hat." Es herrsche "Ausverkaufsstimmung", sagte der Leiter des Wertpapierhandels. "Man trennt sich von allem, was man eh loswerden wollte." Hier können Anleger ein Fünkchen Hoffnung aufglimmen lassen. "Vielleicht bietet das eine neue Basis für einen Kursaufschwung." Entscheidend ist aber, wie die Finanzmärkte in den USA auf die Ereignisse reagieren. "Wir hängen am Tropf von Amerika und wir werden uns sehr genau danach richten, was uns die US-Börsen vorgeben", sagte Helmer.