Der Spiegel: Daten in der Saftpresse

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Brummer:

Der Spiegel: Daten in der Saftpresse

 
28.01.02 13:00
Von Markus Becker

Killer-Application von morgen oder Aprilscherz von gestern? Ein amerikanisches Unternehmen will das datentechnische Ei des Kolumbus gefunden haben: Dank eines neuen mathematischen Verfahrens sollen Dateien auf ein Hundertstel ihrer Normalgröße schrumpfen.

Die Firma ZeoSync sieht durch ihre Entdeckung ein neues Zeitalter in der Datenspeicherung aufziehen - und rechnet mit immensen Kosteneinsparungen etwa bei der Datenübertragung im Internet. Die Technologie soll nach Angaben des Unternehmens mit Sitz in Florida im Jahr 2003 marktreif sein.
 
DPA

Demnächst noch kleiner? Moderne Festplatte und 2-MB-Scheibe von 1971.


Bis dahin allerdings, räumt ZeoSync ein, gibt es noch viel zu tun. Denn bisher seien in Laborversuchen nur Datensätze von einigen hundert Bit komprimiert und verlustfrei wiederhergestellt worden. Dessen ungeachtet hätten Chiphersteller und Hollywood-Filmproduzenten bereits Interesse an der Technologie bekundet.

Die Firma will mit nicht namentlich genannten Experten der Harvard University, des MIT, der Stanford University, der University of California in Berkeley und weiteren Forschern in Warschau, Moskau, Peking und Nanking zusammengearbeitet haben. Die Frucht dieser Kooperation, so ZeoSync in einer Stellungnahme, sei der "Zero Space Tuner" mit Binärbeschleunigung. Er basiere auf den Prinzipien der klassischen Physik, statistischer Mechanik und Quantentheorie.

Shannon-Theorem überwunden?

Mit ihm sollen die bisher von Mathematikern und Informatikern allgemein akzeptierten Obergrenzen der Datenkompression deutlich überboten werden. Das diesbezügliche Maß aller Dinge ist seit 1948 das so genannte Shannon-Theorem, wonach sich Informationen nur bis zu einem bestimmten Grad verlustfrei komprimieren lassen.

Durch eine Mehrfach-Kompression will ZeoSync bei Daten jedweder Herkunft eine bis zu Einhundertfache Verkleinerung erreichen. Bisherige Verfahren wie JPEG für Bilder und MPEG für Filme und Musik erreichen dagegen nur ein Verhältnis von eins zu zehn, wenn die Qualitätsverluste im erträglichen Rahmen bleiben sollen.

Falls die ZeoSync-Technologie tatsächlich funktioniert und kein verfrühter Aprilscherz ist, würde sie ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Große Datenpakete, wie etwa hochauflösende Filme, könnten dann auch per Modem in zumutbaren Zeitspannen übertragen werden - was wiederum ein Schlag ins Kontor mancher Unternehmen wäre, die gewaltige Summen in den Ausbau breitbandiger Datennetze gesteckt haben.

Neue Perspektive für Online-Vertrieb

Denn wer große Dateien wie etwa Spielfilme oder ganze Musik-CDs aus dem Internet laden will, braucht mit einer Modem- oder ISDN-Verbindung viel Geduld: Selbst im Video CD-Format, das bestenfalls mittelmäßige Qualität bietet, ist ein Film je nach Länge um die 600 Megabyte groß. Ein Modem braucht für einen solchen Daten-Koloss volle 24 Stunden Ladezeit - gesetzt den Fall, die Leitung ist permanent voll ausgelastet, was eher selten der Fall ist. Bei den derzeitigen Internet-Tarifen schlägt ein solcher Download mit rund 20 Euro zu Buche. Da gehen Cineasten lieber in den nächsten DVD-Laden, wo sie fürs gleiche Geld qualitativ weit bessere Ware bekommen.

Doch Film- und Musikverlage, die ihre Ware online verschicken wollen, dürfen hoffen. "Ich halte es durchaus für denkbar, dass solche Daten in Zukunft weit stärker komprimiert werden können als bisher", sagt Ernst Mayr, Professor für Informatik an der Technischen Universität München. "Das ist aber keine Revolution, sondern hängt in erster Linie von der Leistungsfähigkeit zukünftiger Computersysteme ab."

Der Grund: Bilder und Filme werden mit Verlusten komprimiert, die dem Menschen kaum oder gar nicht auffallen. Das JPEG-Verfahren etwa eliminiert lange Folgen gleicher Informationen, wie etwa große einfarbige Flächen in Bildern. Die auf Musikdateien angewandte MP3-Methode wiederum filtert bei der Komprimierung Töne heraus, die von anderen überlagert werden und deshalb auch im Original nicht hörbar sind. Zusätzlich werden die beiden Stereo-Kanäle so weit wie möglich zusammengefasst. "Geht man davon aus, dass Computer immer schneller werden, und nimmt man einige Großspurigkeiten hinzu, kann man in diesen Bereichen durchaus ein Kompressionsverhältnis von eins zu hundert erreichen", meint Mayr, bei der Gesellschaft für Informatik (GI) zuständig für die Grundlagenforschung.

"Falsche Wortwahl oder blanke Lüge"

Zeosync aber behauptet, Daten, die laut Shannon-Theorem etwa um den Faktor zehn komprimierbar sind, um ein Vielfaches stärker zusammenstauchen zu können - und das ohne die Verluste, die bei bisherigen Verfahren auftauchen. Im Labor soll das mit Zufalls-Datensätzen von jeweils einigen Hundert Bit gelungen sein.

"Das ist entweder eine falsche Wortwahl oder eine blanke Lüge", sagt Mayr. Eine Folge von 1000 Einsen stark zu komprimieren, sei kein Problem. "Anstatt sie alle zu übertragen, sagt man seinem Gegenüber: Jetzt kommen tausend Einsen", so der Mathematiker. Bei Zufallsfolgen aber, wie ZeoSync sie verwendet haben will, sei das schlicht unmöglich. "Die muss man Bit für Bit übertragen", sagt der Informatiker. Im Übrigen sei das Shannon-Theorem keineswegs, wie ZeoSync behaupte, zu umgehen. Das Fazit des Professors: "Von denen würde ich nichts kaufen."


Quelle. spiegel.de

PM:

Snakeoil :-)

 
28.01.02 13:18
Das ist schon eine etwas ältere Geschichte, ich glaube es ist fast schon einen Monat seite der "Entdeckung" vergangen.

Es gibt immer wieder Behauptungen wie die oben genannte. Leider steckt meistens viel heisse Luft dahinter. In den Pressereleases wirft ZeoSync mit lustigen Trademarks um sich, so dass sie sich fast wie eine Satire lesen.

Ausserdem sind kurz nach der Veröffentlichung der ersten "spektakulären" Pressemitteilung wohl etwa die Hälfte der angeblichen Referenz-Wissenschaftlern von den Webseiten der Firma verschwunden.

Eine verlustfreie Kompression beliebiger Daten kann es nicht geben. Abgesehen von dem offensichtlichen Paradoxon, dass sich dann jede beliebige Zeichenfolge auf 1 Zeichen komprimieren liesse (durch wiederholte Anwendung), gibt es auch einen simplen Abzähl-Beweis: Algorithmus A kann jede Bitfolge der Länge n auf n-1 Bit komprimieren. Betrachte einfach n=2. Dann muss der Algorithmus die 4 möglichen 2-Bitkombinationen 00, 01, 10, 11 mit den 2 möglichen 1-Bit-Kombinationen 0, 1 darstellen können. Er macht also eine Abbildung aus einer Menge mit 4 Elementen in eine Menge mit 2 Elementen. In die eine Richtung klappt das noch, aber mindestens zwei Elemente der Menge der unkomprimierten Bitfolgen werden auf die gleiche komprimierte Bitfolge abgebildet. Beim Dekomprimieren kann dann zwischen den beiden Elementen nicht unterschieden werden, und es kommt zu "Kompressionsverlusten". Das Argument funktioniert natürlich genausogut für jedes beliebige n.

Nicht, dass ein sehr effektiver verlustbehafteter Kompressionsalgorithmus nicht auch ein Durchbruch sein könnte.

bye, Paul.
Elend:

Geht nicht, Gibts nicht ...

 
28.01.02 13:51
Ob real oder erstunken und erlogen, es existieren zu viele Bereiche, in denen das Festhalten an Theoremen und älteren Erkenntnissen Forschung und Wissenschaft behindern.

Bespiel Medizin: Was "Kräuter-Hexen" im Mittelalter bereits wußten und die asiatische Kultur seit Jahrtausenden vorlebt, daß ist in unserer Medizin nicht gefragt, weil die "Schulmedizin" als einzige Wahrheit anerkannt wird. Alles, was nicht dort gelehrt wird, hat wenig Chance, gleich gefördert und bezahlt zu werden. Klar, es muß das leisten, was es behauptet, aber den Nachweis darf man nicht führen, bzw. wird dieser auch selten nicht anerkannt, da eine "gesamtheitliche" Betrachtung des Lebewesens nicht richtig stattfindet. Meißt verhalten sich Ärzte wie Automechaniker: Das defekte Teil wird ersetzt/behandelt, jedoch werden Zusammenhänge mit anderen Teilen nicht beachtet.

Beispiel Chiptechnologie: Bei x Nanometern ist Schluß. Klar, damals gab es kein entsprechend feinauflösendes Licht, dazugehörige Feinmechanik und Kenntnisse, jedoch kann daraus kein absolutes "NEIN" abgeleitet werden sondern ein "mit dem heutigen Stand: unmöglich".

Beispiel Lichtgeschwindigkeit: Die Lichtgeschwindigkeit ist das schnellste, was es gibt. Oder auch nicht ? Zumindest gab es in den letzten Jahren Zweifel an dieser Theorie. So wurden z.B. in einem Experiment Mikrowellen getunnelt und das mit der doppelten Lichtgeschwindigkeit (so jedenfalls die Meldungen).

Klar dürfte sein, daß es immer Grenzen gibt, jedoch existieren diese eher in unserem Hirn, als in der Realität. Die Vergangenheit zeigt, daß bisher immer ein Weg gefunden wurde, um technische Grenzen zu überwinden. Irgendwo könnte vielleicht auch eine reale Grenze existieren, jedoch glaube ich zumindest, daß wir dieser Grenze zwar näher kommen, sie aber nie erreichen werden.

Hey, das schwarze Süppchen, in dem wir als Fliegenschiß existieren hat keine Grenzen, nur setzen wir uns immer Grenzen, damit wir nicht an der Masse der Möglichkeiten verzweifeln (wie soll ein endlich denkendes Wesen unendliches verstehen).

Anmerkung: Sollte dat Dinngens doch nicht unendlich sein, dann bitte ich um ein Antwortposting mit der Information, was danach kommt (Das sollte unendlich sein, ansonsten kommt da noch was ...)
Elend:

@pm: Sollte Antwort auf Initialposting sein,

 
28.01.02 14:00
was Deine Aussage betrifft: Nach den mathematischen Regeln ist es klar, daß spätestens dann, wenn nur noch ein Buchstabe oder Bit übrig ist, keinerlei Kompression mehr möglich ist und somit Milliarden möglicher Ursprünge das gleiche Ergebnis haben, also nicht durch Dekompression reproduzierbar wären.
Irgendwo muß also Schicht im Schacht sein.

Ich glaube jedoch, daß einige Kompressionsalgorithmen heutzutage noch zu statisch aufgebaut sind und daher zu viel Schrott übriglassen.

Obwohl: 1 Milliarde Bücher lesen, indem Mensch nur noch einmalig die komprimierten Daten ansieht ... DAS SPART ZEIT !!!

Hier also die Bibel in allen 729465 Fassungen (alle Sprachen der Welt) seit der ersten Niederschrift mit Anmerkungen und Grafiken auf einmal : Q

*g*
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