Der Heilsbringer der Allianz

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Nassie:

Der Heilsbringer der Allianz

 
29.06.03 11:34
Mit Erfolg hat er das schwedische Bankensystem saniert. Jetzt soll Jan Kvarnström das marode Kreditportfolio der Allianz-Tochter Dresdner Bank abwickeln. Der Anfang verlief viel versprechend. Gelingt die schwierige Operation, hätte der Geldkonzern ein großes Problem weniger.
von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag 26/03

Die Erwartungen sind hoch. Behutsam versucht Jan Eric Kvarnström deshalb einen guten Draht zu den Journalisten aufzubauen, die sich im zweiten Stock der Dresdner-Bank-Zentrale in Frankfurt versammelt haben. Der Schwede ist der große Hoffnungsträger der angeschlagenen Bank. Er gilt als Experte für die erfolgreiche Abwicklung von Problemkrediten. Das sind Bankdarlehen, bei denen Kunden sowohl die Zahlung von Zinsen als auch die Tilgung eingestellt haben.

Für die Allianz-Tochter sind sie ein schwer wiegendes Problem. Abschreibungen auf Kredite zahlungsunfähiger Kunden hatten einen wesentlichen Anteil am Nettoverlust des vergangenen Jahres von 935 Millionen Euro. Zum Leidwesen der Allianz, deren Aktienkurs nicht zuletzt durch die Dresdner-Bank-Misere in die Tiefe gezogen wurde. Verständlich, dass Allianz-Chef Michael Diekmann, der am Ziel festhält, die Bank-Tochter noch in diesem Jahr in die Gewinnzone zu bringen, alles versucht, um das Kreditproblem schnell in den Griff zu bekommen.

Zwar gehen Analysten nicht davon aus, dass er das schon 2003 schafft - sie rechnen bei der Bank-Tochter im Durchschnitt mit einem dreistelligen Millionen Verlust -, doch sie bescheinigen Diekmann ein gutes Händchen bei der Auswahl seines Kredit-Sanierers: "Mit Kvarnström hat er sich den besten Mann am Markt geholt", sagt etwa Analyst Michael Huttner von JP Morgan. Dem Schweden Kvarnström ist es während der 90er-Jahre gelungen, die Krise der schwedischen Finanzbranche durch Auslagerung der Problem-Kredite in die eigenständige Abwicklungsgesellschaft Securum erfolgreich zu überwinden.

Diesen Erfolg soll der Schwede bei der Dresdner Bank wiederholen. Der Job von Kvarnströms 300-Mann-Einheit, der Institutional Restructuring Unit (IRU) ist es, das Risiko hoher Abschreibungen auf Firmenkredite zu verringern und das in den Krediten gebundene Eigenkapital freizusetzen.

Zu diesem Zweck wurde der größte Anteil der Problemkredite aus der Bilanz der Dresdner in das Portfolio der IRU übertragen. Von insgesamt knapp 184 Milliarden Euro Kredit, die Kunden der Dresdner in Anspruch nehmen können, wanderten 29,7 Milliarden in die Bücher der IRU. Acht Milliarden davon gelten als gefährdet oder werden nicht mehr bedient. Weitere kritische Kredite im Volumen von 5,6 Milliarden verblieben bei der Dresdner.

Erstmals wird damit deutlich, wie hoch die Abschreibungsrisiken sind. Positiv ist jedoch, dass die Kreditspezialisten der IRU jetzt frei entscheiden können, wie sie die Forderungen in ihrem Portfolio abwickeln. Das wird das Tempo der Kreditsanierung erhöhen. Kvarnström sieht die IRU "als Schnellboot, das den Tanker Dresdner Bank auf den richtigen Kurs zwingt".

Die Vorgabe an ihn: In fünf Jahren sollen aus dem 29,7-Milliarden-Portfolio drei Milliarden als Kapital an die Bank zurückfließen. Dazu muss es Kvarnström gelingen, vor allem Kredite deutscher Schuldner zu verkaufen. Aus dem Inland stammen schließlich Forderungen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro, mehr als die Hälfte der gefährdeten Außenstände.

Die Arbeit der IRU begann viel versprechend. Seit Jahresanfang wurden bereits Kredite im Wert von drei Milliarden Euro abgewickelt. Bis Ende 2004 sollen es zehn Milliarden Euro werden. Damit wird ein Eigenkapitalvolumen von drei Milliarden Euro freigesetzt. Im Mai ist es erstmals gelungen, in einer Auktion Kredite im Volumen von 511 Millionen Euro zu versteigern.

Der Vorteil von Versteigerungen ist, dass auch schwer verkäufliche Forderungen untergemischt werden können. Letztendlich funktioniert der Paketverkauf von Problem-Krediten, die nicht mehr bedient werden, wie die Deals in der Medienbranche: Wer einen guten Film will, muss drei schlechte dazukaufen.

Wie viele schlechte Kredite die IRU losbekommen hat, ist allerdings unbekannt. "Kvarnström hat nicht gesagt, wie viel von den drei Milliarden Euro Problemkredite waren", kritisiert Analyst Hutter. Nur daran ließe sich letztlich der Erfolg messen.

Der Ausblick für die Dresdner Bank ist bislang positiv. Der Gesamtverlust im laufenden Quartal wird nach Einschätzung von Huttner mit 50 bis 100 Millionen Euro "moderat" ausfallen. Und die Situation bei den Krediten sei besser, als in den Büchern berücksichtigt, sagt er. Es sei der Bank sogar zuletzt gelungen, den Kreditzins anzuheben.

Auch Morgan Stanley registriert Fortschritte bei der Sanierung der Bank und stufte die Allianz-Aktie auf "Neutral" hoch. Die guten Nachrichten seien im Kurs allerdings schon enthalten. Neben dem Risiko Dresdner Bank glauben sie, dass die Allianz im Kerngeschäft die profitable Schaden/Kosten-Quote aus dem ersten Quartal über das ganze Jahr nicht halten kann.

Für die Allianz spricht aber die Erholung des deutschen Aktienmarktes. Dies könnte den Münchnern helfen, ihre börsennotierten Beteiligungen Gewinn bringend zu verkaufen. Nachdem Anteile an Continental und Fuchs Petrolub versilbert wurden, könnte auch der 44-Prozent-Anteil an Beiersdorf viel Geld in die Kasse spülen. Die Allianz kann es gebrauchen.
 
red / -red-

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