Der Anleger zahlt die Zeche am Neuen Markt

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Der Anleger zahlt die Zeche am Neuen Markt

 
21.05.01 10:31
Von Frank Mella

Zahlreiche Ermittlungen und Anklagen lassen ahnen, dass dem Neuen Markt noch eine Prozesslawine bevorsteht. Gut so, wo immer der Verdacht begründet ist, dass Recht und Gesetz verletzt wurden. Dies ist aber nicht der Normalfall. Anleger sollten keine falschen Hoffnungen auf die Justiz setzen. So gehört die folgende fiktive Szene eher auf die Theaterbühne denn in einen Gerichtssaal.
Anleger: Weg! Mein ganzes Vermögen ist weg. Ich habe doch keine Ahnung von der Börse. Ich habe die Aktien nur gekauft, weil mein Berater gesagt hat, dass die Fantasia AG fünf Euro je Aktie verdienen würde. Ich will mein Geld zurück!

Berater: Das stimmt so nicht. Ich habe den Kunden sogar schriftlich über die Risiken solcher Geschäfte aufgeklärt und im Gespräch eine breite Streuung der Anlagen nahe gelegt. Wohl haben wir ihm Kredit eingeräumt, aber doch nicht, um damit noch mehr Fantasia zu kaufen. Übrigens hatte ich damals nur mit vier Euro Gewinn gerechnet. Auf die Gesellschaft bin ich selber erst aufmerksam geworden durch diesen reißerischen Magazin-Artikel, in dem die Aktie in den höchsten Tönen hoch gejubelt worden ist.

Redakteur: Das stimmt so nicht. Der Beitrag war sauber recherchiert. Übrigens hatten wir den Fantasia-Gewinn nur mit drei Euro veranschlagt. Wir hatten die Aktie zwar in unser Musterdepot aufgenommen, sind aber schon kurz danach wieder ausgestoppt worden, so dass unsere Leser mit einem kleinen Verlust davon gekommen sind. Wir haben uns weitgehend auf eine Studie verlassen, in der ein Analyst die Aktie als "sofort kaufen" eingestuft hatte. Mit diesem Urteil hat er seiner Bank vermutlich einen größeren Dienst erwiesen als den Anlegern.

Analyst: Das stimmt so nicht. Ein Eigeninteresse der Bank anzugeben ist unüblich. Alle unsere Studien tragen den Vermerk, dass wir keine Haftung übernehmen können, auch wenn wir uns stets aus Quellen unterrichten, die wir für zuverlässig halten. Und die zahlreichen Prämissen und Risikohinweise scheinen die Journalisten überhaupt nicht gelesen zu haben. Übrigens hatte ich den Fantasia-Gewinn nur mit zwei Euro geschätzt. Selbstverständlich haben wir auch den Vorstand dazu befragt. Er schilderte uns die Zukunft seines Unternehmens in den rosigsten Farben.

Vorstand: Das stimmt so nicht. Ich habe immer wieder auf den scharfen Wettbewerb in unserer Branche hingewiesen. Im Übrigen hatten wir selbst in unserer ehrgeizigsten Projektion nur einen Gewinn von einem Euro je Aktie vorgesehen.

Richter: Ich habe jetzt fünf verschiedene Gewinnzahlen gehört. Darf man erfahren, welche denn nun stimmt?

Vorstand: Keine. Wir haben Verlust gemacht. Aber daran sind wir unschuldig. Wir hatten in den USA einige Großaufträge angebahnt. Die Verträge waren unterschriftsreif, aber wegen der schlechten Konjunkturaussichten sind sie in letzter Minute geplatzt. Dies haben wir der Öffentlichkeit natürlich form- und fristgerecht ad hoc mitgeteilt. Es tut mir leid, wenn Aktionäre der Fantasia Geld verloren haben. Aber der Hauptleidtragende bin ich selbst. Ich bin meinen Job los und meine Aktienoptionen sind heute wertlos. Vor ein paar Monaten waren sie noch Millionen wert.

Richter: Der Anleger hat selber Schuld. Er trägt die Kosten des Verfahrens.

Frank Mella ist der Erfinder des Deutschen Aktienindex

monique:

Zur Ergänzung: Kaum Schutz durch Gesetze

 
21.05.01 11:09
Geschädigte Klein-Aktionäre:
Kaum Schutz durch Gesetze  

Wenn Insider ihre Schäfchen ins Trockene bringen, bleiben Klein-Aktionäre im Regen stehen.  Wenn eine Aktiengesellschaft in Schwierigkeiten gerät, verlieren vor allem die Kleinaktionäre oft ihr Geld.

Insider selten vor Gericht

Insidergeschäfte sind verboten. Wer erwischt wird, muss mit empfindlichen Geld- oder sogar Freiheitsstrafen rechnen. Doch die Zahl der aufgedeckten Fälle ist dürftig. Für eine Verurteilung sind meist umfangreiche Ermittlungen erforderlich. Bevor die Strafverfolgungsbehörden aktiv werden, untersucht das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel verdächtige Kursbewegungen. Doch die Behörde hat gerade mal 140 Beschäftigte und noch eine ganze Reihe weiterer Aufgaben.

Tricks schönen die Bilanz

Auch einige Aktiengesellschaften spielten ihren Anteilseignern übel mit: Kaum waren die Aktien an der Börse verkauft, kamen die ersten Gewinnwarnungen. Mit mehr oder weniger erlaubten Bilanzierungstricks wird vor der Emmission der Unternehmenswert schöngerechnet. Selbst Börsen-Giganten wie die Telekom mussten einräumen, dass in früheren Bilanzen weit überhöhte Werte für die unternehmenseigenen Immobilien veranschlagt waren.

Kein Schadensersatz

Geschädigten Anlegern bleibt oft nicht mal der Weg zum Zivilgericht. Unternehmen sind verpflichtet, mit so genannten Ad-hoc-Mitteilungen unverzüglich über kursrelevante Daten zu informieren. Bei Versäumnissen gegen diese Pflicht droht zwar ein Bußgeld. Die Aktionäre allerdings gehen leer aus. Das Gesetz über den Wertpapierhandel schließt Schadensersatzansprüche ausdrücklich aus.

Tipps zum eigenen Nutzen

Dem Bundesamt für Wertpapierhandel sind auch weitere Kursmanipulationen ein Dorn im Auge. So haben Anlagetipps im Internet oft nur einen einzigen Zweck: Nachfrage für Aktien erzeugen, von denen der Tippgeber selbst welche hat. Wenn die Kurse steigen, werden die Papiere schnell verkauft. Otto Normal-Aktionär guckt wieder in die Röhre.
 
Zum letzten Abschnitt (Anlagetipps im Internet):
Ich glaube nicht, daß man mit einem Tipp bei ARIVA die Kurse beeinflussen kann!

Gruß Monique
 
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