Das Wall-Street-Kartell (Zusammenfassung)

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Das Wall-Street-Kartell (Zusammenfassung)

 
13.02.02 13:34
Ein Blick hinter die Kulissen der US-Finanzwirtschaft. Der mm-Report leuchtet aus, wie gut die New Yorker Investmentbanker verdrahtet sind - mit der Politik, der US-Notenbank und den Medien.


Das Spiel der Analysten


Noch 15 Minuten. Der Countdown läuft. Im amerikanischen Wirtschafts-Fernsehsender CNNfn tickt die Uhr bis zur großen Entscheidung. Um exakt 14.15 Uhr gibt die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bekannt, ob und - viel spannender ­ um wie viel sie die Zinsen senken wird.

   
Wall-Street-Regel 1:
Die Moden an der Börse ändern sich rasch -
damit Investoren ihre Depots so oft wie möglich umschichten.



Noch 13 Minuten. Der Moderator hat eine Expertenrunde ins Studio geladen. Alle sagen das Gleiche: Die Fed muss die Zinsen senken. Schon seit einer Woche machen vor allem Banker öffentlich Druck auf Fed-Chef Alan Greenspan.

Noch neun Minuten: Live-Schaltung aufs Parkett der New Yorker Börse. Die Reporterin schreit die Erwartungen der Wall-Street-Banken in ihr Mikrofon: Ein viertel Prozentpunkt bedeute Enttäuschung, ein halber sei okay, noch besser wäre ein dreiviertel Prozentpunkt.

Es ist kurz vor 14.15 Uhr. Eine Stimme im Hintergrund zählt: three, two, one. Schnell zum Kollegen nach Washington. Der teilt die Entscheidung der Fed mit: Zinssenkung um einen halben Prozentpunkt. Schwenk in den Börsensaal: frohe Stimmung. Erste Interviews mit zufriedenen Bankern. Ihr Resümee: Das haben wir erwartet.

Die Fed hört auf die Stimme der Banken

Bingo! Wieder einmal hat die Fed im Sinne der Geldhäuser funktioniert. Wieder einmal ist es den Anliegern der Wall Street, der mächtigen Finanzmeile im Herzen New Yorks, gelungen, ihre Interessen durchzusetzen. Sinkende Zinsen bedeuten steigende Aktienkurse. Und die wiederum bedeuten steigende Gewinne für die Banken. So einfach ist die Rechnung des Wall-Street-Kartells.

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Die großen Investmenthäuser dominieren...
 
Wie keine andere Branche der Welt beeinflussen die Investmentbanken die öffentliche Meinung, setzen Trends, machen Stimmung.

Alle sind den Mächtigen von Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter oder Merrill Lynch zu Diensten, und geben sie sich auch noch so unabhängig: die amerikanische Notenbank, das Washingtoner Finanzministerium, die Massenmedien, die Hochschulen.

Aus den Herren der Hochfinanz sind die "Masters of the Universe" geworden. Was sie tun oder fordern, ist fast schon Gesetz. Mit Hilfe fein gesponnener Netzwerke ist es den Finanzexperten gelungen, fast der ganzen Welt ihre Heilslehre überzustülpen: den unerschütterlichen Glauben, dass die Finanzmärkte der alleinige Schlüssel zum weltweiten Wohlstand seien.

Die Botschaft kommt fast überall gut an: Bei Anlegern, die auch falsche Tipps schnell verzeihen; bei Politikern und Notenbankern, die selbst zweifelhaften Rat meist befolgen; bei den Medien, die interessengeleitete Wertpapierverkäufer unkritisch zu Börsengurus hochjubeln.

Trotz Börsenkrise verdienen die Geldhäuser kräftig

Und die Hauptgewinner des Meinungskartells sind fast immer dieselben: die Geldhäuser.

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...und verdienen prächtig.
 
Der Wall-Street-Klub feiert, und das seit Jahren. Ob Asien-, Mexiko- oder Russland-Krise, stets brachen die Gewinne anderer Branchen ein. Große Investmentbanken wie Morgan Stanley hingegen erzielen seit Beginn der 90er Jahre regelmäßig neue Rekordergebnisse.

Auch im Jahr 2000, in dem die Börsen weltweit abstürzten und Anleger Milliarden verloren, lieferten die drei führenden Häuser ­ Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter und Merrill Lynch ­ ein historisches Spitzenergebnis ab: Zusammen verdienten sie mehr als zwölf Milliarden Dollar, gut 20 Prozent mehr als 1999.

Wenn die Wall Street jetzt die Boni an ihre Mitarbeiter ausschüttet, wird es wohl auch doppelt so viele neue Millionäre wie im Vorjahr geben. Rund 100 Topbanker, 30 Prozent mehr als 1999, dürfen sogar zehn Millionen Dollar und mehr mit nach Hause nehmen.

Die Stars der Branche sind ihr Geld wert. Wenn Topanalysten wie Abby Joseph Cohen (Goldman Sachs) oder Mary Meeker (Morgan Stanley Dean Witter) eine Prognose stellen oder gar einen neuen Trend ausrufen, bringt das ihren Arbeitgebern mehr Geschäft als jede Werbekampagne.

Analysten reden Trends herbei

Ohne Meeker etwa wäre die Hightech-Börsenblase der vergangenen Jahre womöglich nie entstanden - oder zumindest für die Banken weniger lukrativ ausgefallen.

Meeker war es, die mit ihrer Analyse der Netscape-Aktie 1995 den Boden für einen der ersten typischen New-Economy-Börsengänge bereitete. Der Hersteller von Internet-Browsern machte zum Zeitpunkt der Emission Millionenverluste. Meeker empfahl das Papier trotzdem, auf Grund der enormen Zukunftschancen, die sie im World Wide Web vermutete. Der Netscape-Kurs explodierte bereits am ersten Handelstag.

Tausende Unternehmen, denen zuvor kein Anleger auch nur einen Dollar anvertraut hätte, gingen in den darauf folgenden Jahren an die Börse. Meeker wurde zum Star, Morgan Stanley einer der Marktführer im boomenden Emissionsgeschäft an der US-Hightech-Börse Nasdaq.

Der gesamten Wall Street eröffnete sich ein ungeahnter Wachstumsmarkt ­ und der wurde ausgereizt, ohne Rücksicht auf Verluste.

Als die sich einstellten, hatten Meeker und Kollegen längst Kasse gemacht. Anders als viele Privatanleger sortierten die Banken die New-Economy-Aktien rechtzeitig aus ihren eigenen Depots aus. Große Häuser wie Goldman Sachs oder Morgan Stanley fuhren im Eigenhandel auch dann noch Gewinne ein, als die Wachstumsmärkte vergangenes Jahr in den Keller rauschten.

Jetzt, da dank Notenbankchef Alan Greenspan das Schlimmste vorüber zu sein scheint, werden viele Aktien wieder angepriesen. Goldman-Staranalystin Cohen hält den Markt für drastisch unterbewertet, einige ihrer Kollegen wittern sogar eine der größten Kaufgelegenheiten der vergangenen zehn Jahre.


Trommelfeuer der Medien


Die Rolle der Journalisten


Es ist, als würde Philip Morris zu vermehrtem Rauchen aufrufen - nur müssen die Wall-Street-Unternehmen keine teuren Werbespots schalten, um ihre Botschaft unters Volk zu bringen. Diverse Fernsehsender bieten ihnen kostenlose Foren, allen voran CNBC und CNNfn. Beide berichten von frühmorgens bis abends rund um das Treiben an der Wall Street und Nasdaq.


Wall-Street-Regel 2:
Anleger sind vergesslich.
Auch falsche Tipps der Gurus verzeihen sie schnell.  



Die Moderatoren sind bekannter als viele Wirtschaftsgrößen. Maria Bartiromo von CNBC etwa, genannt "Money Honey". Der dunkelhaarige Sophia-Loren-Typ gilt als prominenteste TV-Finanzjournalistin.

Ihr blondes Gegenstück ist Sue Herera, die jeden Tag nach Börsenschluss aufs heilige Parkett der New Yorker Börse darf, um dort die Sendung "Business Center" zu präsentieren.

Die Starmoderatoren sind eng mit der Wall Street verbandelt. Sie haben ihre Büros mitten im Geschehen, und sie haben ihre Lieblingsanalysten, die sie fördern. Bartiromo zum Beispiel werden enge Beziehungen zu Merrill Lynch, Goldman Sachs und Morgan Stanley nachgesagt.

Viele Investmentbanker haben umgekehrt ihre Spezis bei den TV-Sendern sitzen, über die sie Informationen lancieren und Gerüchte streuen. Für ihre Analysten haben alle großen Wall-Street-Häuser Fernsehstudios eingerichtet, damit diese jederzeit Interviews geben können.

Kritische Berichterstattung ist zweitrangig

Die kritische Distanz zwischen Journalisten und Bankern ist an der Wall Street längst auf ein Minimum geschrumpft. Die Journalisten tun noch so, als seien sie Beobachter, doch sie sind längst Teilnehmer des Börsenspiels geworden.

Mit den Banken haben sie ein gemeinsames Ziel: die Kurse nach oben treiben. Ihre Rechnung ist simpel - hohe Kurse, hohe Einschaltquoten, hohe Gewinne. CNBC verdiente im vergangenen Jahr 200 Millionen Dollar.

Die öffentliche Meinungsführerschaft zu übernehmen, jede Woche einen neuen Trend durchs globale Dorf zu jagen - das ist für die Wall Street allerdings nur ein Weg, um Meinung zu machen. Ebenso geschickt agieren die großen Investmentbanken im Hintergrund.


Ein Freund, ein guter Freund


Die Rolle der Politik


Geradezu legendär ist der Einfluss der Banker auf das Department of the Treasury, das Washingtoner Finanzministerium. Was im Kalten Krieg die sprichwörtlich gute Beziehung zwischen Rüstungsindustrie und Militär war, spottet Wirtschaftsprofessor Jagdish Bhagwati von der renommierten Columbia-Universität, sei in Zeiten der Globalisierung der "Wall-Street-Treasury-Komplex".

   
Wall-Street-Regel 3:
Die Politik muss für freien Kapitalverkehr sorgen -
das bringt Geschäft im Ausland.  



Ronald Reagan holte seinen Finanzminister Donald Regan von Merrill Lynch; George Bush senior rekrutierte Nicholas Brady von Dillon Read; Bill Clinton machte den früheren Goldman-Sachs-Chef Robert Rubin zum obersten Finanzhüter.

Mittlerweile ist Rubin Chef der Citigroup und verfügt immer noch über einen guten Draht nach Washington. Als die internationalen Notenbanken im vergangenen Herbst zu Gunsten des Euro intervenierten, kam an den Finanzmärkten das Gerücht auf, eine Bank habe vorher Bescheid gewusst und davon profitiert: die Citigroup.

Der neue US-Präsident George Bush junior berief mit Paul O'Neill einen Industriemanager ins Finanzministerium. Das empfand das Wall-Street-Establishment als Affront, schließlich hatte es dem Republikaner mehr als 13 Millionen Dollar für den Wahlkampf gespendet. Bush reagierte, indem er zumindest mit dem Handelsbeauftragten Robert Zoellick einen ehemaligen Goldman-Sachs-Berater in sein Kabinett holte.

Washington interveniert zum "Schutz der Investoren"

Das Wall-Street-Kartell (Zusammenfassung) 575401
Präsident George W. Bush hat der Wall Street mit seiner Personalwahl
für das Finanzministerium vor den Kopf gestoßen.

 
Die Unterstützung ihrer Freunde in Washington hilft den Wall-Street-Häusern auch im Auslandsgeschäft. Freier Kapitalverkehr über alle Grenzen hinweg hat im Finanzministerium höchste Priorität und wird auch gegen Widerstände durchgesetzt.

So berichtete der frühere Weltbank-Ökonom Joseph Stiglitz, seine Bedenken gegen eine allzu schnelle Öffnung der asiatischen Schwellenmärkte für internationale Investoren seien vom Treasury vom Tisch gefegt worden. Begründung: "Unsere Kunden wollen Zugang zu diesen Märkten."

Als die Asien-Krise ausbrach, drängte die gleiche ungeduldige Wall-Street-Lobby Regierung und Währungsfonds, mit Steuergeldern und Krediten einzuspringen. Diesmal "zum Schutz der Investoren".

"Das ist der Hebel, den die Banken immer ansetzen", meint US-Professor John Woolley, Experte für Finanzpolitik an der Universität Santa Barbara. "Ihre Macht beruht darauf, dass sie nicht ihr eigenes, sondern das Geld anderer Leute investieren."

Banken entscheiden mit bei der Nachfolge von Alan Greenspan

Eine Konstellation, die sich auch bei der amerikanischen Notenbank als hilfreich erweist.

Die Banken haben verschiedene Kanäle zur Fed. Bei der Wahl der regionalen Notenbank-Präsidenten besitzen sie beträchtlichen Einfluss. Die Finanzbranche stellt zudem ein eigenes Notenbank-Beratergremium. Geleitet wird dieser "Federal Advisory Council" zur Zeit von J.-P.-Morgan-Chef Douglas Warner.

Der sitzt gemeinsam mit weiteren Wall-Street-Größen auch im Washingtoner "Financial Services Roundtable", einem illustren Klub, der ganz offen als Vereinsziel angibt, "wichtige Politikthemen im Sinne der Finanzbranche zu beeinflussen".

Einmal jährlich zeichnet das Gremium Personen aus, die sich um "Amerikas finanzielle Unabhängigkeit" verdient gemacht haben. Jüngster Preisträger: Alan Greenspan.

Nicht ohne Grund nennen Wall-Street-Größen wie Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Ed Yardeni den Chef der amerikanischen Notenbank "unseren Freund". Greenspan hilft der Geldbranche in allen Lebenslagen - vor allem, wenn es brenzlig wird.


Retter in der Not


Der "Greenspan-Put"


In der Wirtschaftskrise Anfang der 90er leistete der Fed-Chef den angeschlagenen US-Banken Beistand, indem er die Leitzinsen kräftig herunterschraubte. 1995, als die Mexiko-Krise die Börse nach unten zu reißen drohte, senkte er abermals die Zinsen.

 
Wall-Street-Regel 4:
Wenn die Aktienkurse zu tief fallen,
hilft die Notenbank mit Zinssenkungen.
Darauf ist Verlass.  



Am deutlichsten wurde die Rolle der Fed als Retter in der Not beim Beinahekollaps des Hedgefonds Long Term Capital Management (LTCM) im Herbst 1998. Der Fonds, in den mehrere Wall-Street-Häuser dreistellige Millionenbeträge investiert hatten, war durch die Zahlungskrise Russlands in Schwierigkeiten geraten. Topbanker wie Merrill-Lynch-Chef David Komansky hatten sogar ihr eigenes Geld in LTCM gesteckt.

Verzweifelt bettelten die Banker, die Fed müsse helfen. Andernfalls drohe der Untergang des Weltwährungssystems. Die Notenbank enttäuschte die Kumpel nicht.

Ein "Netzwerk alter Freunde" sei da am Werk gewesen, sagt der ehemalige Fed-Mitarbeiter Walker Todd. Immerhin gehörte mit David Mullins ein früherer Vizechef der Fed zum LTCM-Partnerkreis. Selbst Greenspans Vorgänger Paul Volcker wunderte sich, dass die Notenbank "ihr Gewicht" zur Rettung privater Investoren in die Waagschale werfe.

Ebenso erstaunlich: Die Banken durften ihr riskantes Spiel fortsetzen. Die Verhandlungen, wie das Derivategeschäft nach dem Fall LTCM in den Griff zu bekommen sei, führten für die Wall Street Gerald Corrigan von Goldman Sachs und Stephen Thieke von J. P. Morgan ­ die ehemaligen Chefs der New Yorker Notenbank. "Die redeten mit ihren Nachfolgern darüber, wie man die Banken besser überwachen kann ­ ein Witz", schimpft Ex-Notenbanker Todd.

Rücksichtnahme auf die Wall Street

Seltsam mutet auch das Verhalten der Fed während der Hightech-Blase des vergangenen Jahres an. Die Zentralbank erhöhte zwar die Zinsen, nicht aber die Sicherheitseinlagen für den Aktienkauf auf Kredit. Und das, obwohl die Spekulation auf Pump im März 2000 das Rekordvolumen von 280 Milliarden Dollar erreicht hatte.

Rücksichtnahme auf die Wall Street, die mit den Spekulanten gute Geschäfte machte? Manche in den USA vermuten das.

Absicherung auf fallende Kurse

Mehr noch: In den Zinssenkungen zu Beginn dieses Jahres sehen viele den Beweis dafür, dass Greenspan gar nicht anders kann, als den Finanzmärkten zu helfen. Um das riesige Loch in der Leistungsbilanz zu stopfen, muss der Notenbankchef täglich eine Milliarde Dollar an ausländischem Kapital ins Land locken. Das gelingt nur, wenn die Börsenkurse stabil und der US-Dollar stark bleiben.

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Hilfe von der Notenbank

Kritiker nennen das Phänomen den "Greenspan-Put", eine Absicherung gegen fallende Kurse. Investoren könnten sich darauf verlassen, dass die Fed eingreife, wenn die Aktien zu stark abrutschten.

Dieses Kalkül Greenspans im Hinterkopf, hat die Wall Street schon im Vorfeld der jüngsten Zinssenkung ausgiebig Stimmung gemacht. Merrill Lynch ermittelte im Herbst in einer Umfrage, die Mehrheit der Fondsmanager erwarte eine Senkung der Leitzinsen. Deutschbanker Yardeni stichelte, da sei noch eine Menge Platz zwischen 6,5 Prozent - dem US-Leitzins Ende 2000 - und null.

Zufall oder nicht, die Notenbank hat den Wunsch ihrer mächtigen Ratgeber wieder einmal erfüllt.

Für Yardeni war das keine Überraschung. Bevor "Ready Eddie", wie der Chefvolkswirt wegen seiner Medienpräsenz genannt wird, zur Deutschen Bank kam, war er unter anderem bei der Fed und beim US-Finanzministerium tätig.

Der Mann weiß, wie das Spiel läuft: "Märkte und Wirtschaft sind wie eine Soap Opera. Man muss nicht jede Episode sehen, um zu wissen, wie es ausgeht."

Gruß
Happy End
mm.de
Happy End:

Die heimlichen Herrscher...

 
13.02.02 14:01
Ein Nicken der Analysten bei ISS könnte die HP-Compaq-Fusion entscheiden, eine Abstufung von Moody's ein Unternehmen in den Bankrott drängen: Eine Hand voll kaum bekannter Firmen hat unverhältnismäßigen Einfluss auf das Schicksal von Unternehmen - und ihre Macht wächst.

New York - Die Abstimmung der Hewlett-Packard-Aktionäre über die Fusion mit Compaq ist für den 19. März angesetzt. Doch die Entscheidung fällt voraussichtlich bereits Anfang März. Denn dann gibt Ram Kumar seine Meinung zu dem Deal ab. Der 32-jährige Jurist besitzt keine HP-Aktie, auch hat er nach eigenen Angaben keine Ahnung von der Technologiebranche. Dennoch kann seine Empfehlung die 20-Milliarden-Dollar-Hochzeit in Bedrängnis bringen.
Kumar arbeitet für Institutional Shareholder Services (ISS). Die Firma wurde erst 1985 gegründet, doch sie ist schnell zu einer Institution an der Wall Street geworden. ISS prüft die Fusionspläne großer Unternehmen daraufhin, ob sie den Aktionären einen Nutzen bringen. Bleiben zu viele Zweifel, rät die Firma den Anlegern, gegen den Plan zu stimmen. Die Folgen sind weitreichend: Viele institutionelle Anleger folgen bei Abstimmungen grundsätzlich der ISS-Empfehlung. "Wer gegen die ISS-Empfehlung stimmen will, braucht verdammt gute Gründe", sagte Richard Koppes, Ex-Manager des größten US-Rentenfonds CalPERS, der "New York Times".

Sowohl HP-Chefin Carly Fiorina als auch ihr Gegner, Gründersohn und Aufsichtsratmitglied Walter Hewlett, wissen um die Macht von ISS. Beide sind sie deshalb in den vergangenen Wochen nach Rockville im Bundesstaat Maryland gepilgert, um Kumar, dem zuständigen Analysten, ihre Aufwartung zu machen. Der wird die Argumente beider Seiten mit seinem mehrköpfigen Team "intelligenter Laien" (Kumar) diskutieren und schließlich einen 20-seitigen Bericht veröffentlichen. Hewlett-Packard schätzt, dass 20 Prozent seiner Aktionäre sich von dieser Entscheidung beeinflussen lassen. Theoretisch könnten es noch weit mehr werden: 57 Prozent der HP-Aktien sind in den Händen institutioneller Anleger.

Wer hat einer privaten Firma so viel Macht übertragen? Niemand - es hat sich einfach so ergeben. ISS wurde von dem bekannten Aktionärsschützer Robert Monks gegründet und hatte daher von Beginn an den Ruf der Unabhängigkeit. Die Macht der Firma stieg mit dem wachsenden Einfluss der institutionellen Anleger auf Unternehmen. Seit der Fusion mit seinem größten Rivalen Proxy Monitor im vergangenen Jahr wurde ISS zur unbestrittenen Nummer eins der Branche. Die derzeitige Vertrauenskrise an den Aktienmärkten spielt der Firma in die Hände: Seit dem Enron-Debakel misstrauen Anleger zunehmend dem Management der Unternehmen und suchen nach unabhängigen Stimmen.

Aus demselben Grund wächst auch die Macht der Rating-Agenturen. Der Einfluss der großen Drei, Moody's, Standard and Poor's und Fitch, auf das Schicksal von Unternehmen und ganzen Staaten war schon vorher bedeutend. Doch seit dem Enron-Bankrott achten sowohl Anleger als auch Manager geradezu panisch auf die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens. Eine Herabstufung der Bonität auf den gefürchteten Junk-Bond-Status kommt einem Todesurteil gleich. Die Software-Firma Computer Associates sagte vergangene Woche eine Anleihe-Emission in Höhe von einer Milliarde Dollar in letzter Minute ab - mit der Begründung, Moody's habe mit einer Herabstufung gedroht.

Die Rating-Agenturen kontrollieren den Zugang eines Unternehmens oder eines Landes zum Anleihenmarkt. Wer sich Geld leihen will, braucht zunächst ein Rating. Das gibt potenziellen Investoren Auskunft darüber, wie riskant es ist, einem Unternehmen Kapital zur Verfügung zu stellen. Das Rating-System wurde 1909 von John Moody eingeführt und umfasst bis heute - mit geringen Variationen - eine Skala von AAA (Triple A, geringes Risiko) bis hin zu C oder D (Zahlungsverzug). BBB markiert den Übergang von Investment-Qualität zum "Junk"-Status. Herabstufungen führen dazu, dass ein Unternehmen mehr Zinsen für seine Schulden zahlen muss.

Ebenso wie ISS ist den Rating-Agenturen ihre Machtposition im Lauf der Zeit zugefallen. Gegründet wurden sie ursprünglich als Verleger von Finanz-Informationen. Der Wahlspruch von Standard and Poor's lautet bis heute: "The investor's right to know". Doch inzwischen können die Firmen mit einer bloßen Rating-Änderung Milliarden Dollar bewegen. Viele institutionelle Anleger haben sich nämlich verpflichtet, nur in Unternehmensanleihen einer gewissen Qualität zu investieren. Verschlechtert sich das Rating, müssen sie ihr Geld abziehen. Herabstufungen können ein ganzes Land vom Kapitalmarkt aussperren - Beispiel Argentinien.

Besonders brutal wirkt eine Herabstufung, wenn Anleihen mit einer "Trigger"-Klausel versehen sind: Die Klausel zwingt ein Unternehmen, im Falle einer Herabstufung einen bestimmten Teil seiner Schulden sofort zu bezahlen oder zusätzliche Sicherheiten bereitzustellen. In diesem Fall bleibt einer Firma oft nur die Bankrotterklärung. Enron beispielsweise musste nach der Herabstufung Ende November plötzlich 690 Millionen Dollar zahlen. Das Geld war nicht da, also beantragte das Unternehmen Gläubigerschutz.

Jetzt könnte die Politik der Herabstufungen noch gnadenloser werden. Denn für ihre späte Reaktion im Enron-Fall haben die Agenturen heftige Kritik geerntet. Bis zum 29. Oktober, als die Enron-Probleme längst weithin sichtbar waren, hatten weder Moody's noch Standard and Poor's ihr Enron-Rating geändert. Seither sind sie in der Defensive. Sie haben angekündigt, ihre Ratings schneller anzupassen und insbesondere auch die Bewegungen des Anleihenmarktes zu berücksichtigen. Bereits jetzt kommen bei Standard and Poor's auf jedes Upgrade sechs Downgrades.

Dieser Trend gefällt Unternehmenschefs ganz und gar nicht. In ihren Augen drohen vorschnelle Urteile, die Unternehmen erheblich schaden können. Die Agenturen wehren sich jedoch gegen den Vorwurf des Aktionismus. Nicht die Rating-Standards hätten sich geändert, sondern die Kreditsituation der Unternehmen. "Eine Menge Unternehmen ist schlicht unter Druck", sagt Clifford Griep von Standard and Poor's.

Bei allem Jammern bleibt den Unternehmen gar nichts anderes übrig, als nachzugeben und ihre Schulden abzubauen - schließlich sitzen die Rating-Agenturen am längeren Hebel. So kündigte die Energiefirma Mirant kürzlich Einsparungen von drei Milliarden Dollar für das laufende Jahr an. "Wir müssen Cash sparen, nicht ausgeben", sagte Mirant-Finanzvorstand Ray Hill. Solche Worte hören sie gerne bei Moody's.
Schnorrer:

Sehr interessant. Irgendwie hat man es ja geahnt. o.T.

 
13.02.02 14:56
calexa:

Sorry, dieser Thread ist uralt.

 
13.02.02 15:06
Er wurde schon vor Monaten von mir hier gepostet. Das Original stammt von www.manager-magazin.de

So long,
Calexa
Schnorrer:

Entschuldigung, daß ich nicht jeden Beitrag lese. o.T.

 
13.02.02 15:08
Happy End:

Entschuldigung, daß ich nicht jeden Beitrag lese. o.T.

 
13.02.02 15:11
Happy End:

Das 2.Posting ist übrigens brandaktuell

 
13.02.02 15:45
vom heutigen Tage ;-))
calexa:

Ich verzeihe Dir....*g*

 
13.02.02 17:57
Warum postest Du eigentlich so viel?

So long,
Calexa
Happy End:

Dann sind wir ja wieder ein Herz und eine Seele

 
13.02.02 20:52
;-))

Warum ich so viel poste?
Ich lese mir einfach vieles bzgl. Wirtschaft, Politik, Sonstiges im Internet durch (bzw. Freunde schicken mir auch Texte) - und wenn ich über Sachen stolpere, von denen ich denke, das die evtl. auch andere interessieren könnten, überspiele ich sie flugs zu ariva - das ist dann sozusagen die Happy-Auslese *g*

Ach Quatsch - ich bin einfach süchtig nach ariva (und besonders auf grüne Sterne *loooool*).

Grüße aus der Pfalz
Hapey End
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