Kurz vor der Sommerpause hat sich der US-Kongress auf schärfere Kontrollen und Strafen für Bilanzfälscher geeinigt. Es ist die größte Reform des amerikanischen Kapitalismus seit 1933. Doch Skandal-Manager werden wohl auch in Zukunft dem Gefängnis entgehen.
New York - Angesichts der dramatischen Börsenlage haben es selbst die Republikaner nach langem Zögern auf einmal sehr eilig: Um das Vertrauen der Anleger in die Märkte wieder herzustellen, soll der Reformentwurf noch im Juli von Senat und Repräsentantenhaus verabschiedet und von Präsident George W. Bush unterzeichnet werden, bevor er sich auf seine Ranch in Crawford zurückzieht.
Die Börsenkrise ist das Thema Nummer eins im Land - auch nach der Mittwochs-Rallye. Sie hat das Potenzial, die US-Wirtschaft abzuwürgen und die Kongress-Wahlen im November zu entscheiden. Nach der jüngsten NBC/Wall-Street-Journal-Umfrage glauben 42 Prozent der Amerikaner, dass das Land in die falsche Richtung geht. 70 Prozent trauen weder Brokern noch Unternehmen. Und 60 Prozent glauben, dass keine Reform weitreichend genug sein wird.
Kein Wunder also, dass die Politiker von rechts bis links hart durchgreifen wollen. Details der endgültigen Fassung wurden nicht bekannt gegeben, doch Verhandlungsteilnehmern zufolge enthält der Kompromiss die jeweils schärfsten Positionen aus den beiden ursprünglichen Vorlagen. Die Demokraten feierten dies als "Kapitulation der Republikaner".
Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf fünf wichtige Änderungen vor:
New York - Angesichts der dramatischen Börsenlage haben es selbst die Republikaner nach langem Zögern auf einmal sehr eilig: Um das Vertrauen der Anleger in die Märkte wieder herzustellen, soll der Reformentwurf noch im Juli von Senat und Repräsentantenhaus verabschiedet und von Präsident George W. Bush unterzeichnet werden, bevor er sich auf seine Ranch in Crawford zurückzieht.
Die Börsenkrise ist das Thema Nummer eins im Land - auch nach der Mittwochs-Rallye. Sie hat das Potenzial, die US-Wirtschaft abzuwürgen und die Kongress-Wahlen im November zu entscheiden. Nach der jüngsten NBC/Wall-Street-Journal-Umfrage glauben 42 Prozent der Amerikaner, dass das Land in die falsche Richtung geht. 70 Prozent trauen weder Brokern noch Unternehmen. Und 60 Prozent glauben, dass keine Reform weitreichend genug sein wird.
Kein Wunder also, dass die Politiker von rechts bis links hart durchgreifen wollen. Details der endgültigen Fassung wurden nicht bekannt gegeben, doch Verhandlungsteilnehmern zufolge enthält der Kompromiss die jeweils schärfsten Positionen aus den beiden ursprünglichen Vorlagen. Die Demokraten feierten dies als "Kapitulation der Republikaner".
Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf fünf wichtige Änderungen vor:
- Der Gesetzentwurf erhöht die maximale Gefängnisstrafe für Wertpapierbetrug auf 25 Jahre. Unternehmenschefs, die die Börsenaufsicht SEC belügen, müssen mit einer Fünf-Millionen-Dollar-Strafe und bis zu zwanzig Jahren Gefängnis rechnen. Ebenso lange können Dokumente-Vernichter hinter Gitter wandern.
- Unternehmenschefs und Finanzvorstände müssen ab sofort persönlich für ihre Zahlen bürgen.
- Außerdem wird eine neue Behörde geschaffen, die die Wirtschaftsprüfer überwacht. Das Accounting Oversight Board ist zwar der SEC unterstellt, soll aber unabhängig sein.
- Wirtschaftsprüfer dürfen bestimmte Beratungsleistungen nicht mehr anbieten, auch sollen sie alle fünf Jahre rotieren.
- Der Etat der SEC wird um 66 Prozent erhöht. Gleichzeitig bekommt die Behörde neue Vollmachten bei der Strafverfolgung.
Präsident Bush, um seine Popularität besorgt, hat bereits signalisiert, jegliche Vorlage zu unterschreiben, die auf seinem Tisch landet. "Er freut sich auf ein hartes Gesetz", sagte Regierungssprecher Ari Fleischer.
Mit der Reform wollen die Politiker die Flucht inländischer und ausländischer Investoren von den amerikanischen Börsen stoppen. Doch ob sich die Anleger beruhigen lassen, ist mehr als zweifelhaft.
Zumindest im ersten Jahr könnte die Reform im Gegenteil sogar für noch mehr Unruhe an den Börsen sorgen. Das sei nur logisch, sagt Robert Litan von der Brookings Institution, einem "Think Tank" in Washington. "Die verschärfte Strafverfolgung wird zunächst neue Skandale ans Licht bringen." Das Vertrauen der Anleger werde hingegen erst im Laufe der Zeit zurückkehren.
Auch ist die Reform weit weniger radikal als dargestellt. Als politisch motivierte "Augenwischerei" bezeichnet sie Christian Weller vom Economic Policy Institute. Die wichtigste Neuerung sei die Etaterhöhung für die chronisch unterfinanzierte SEC. Doch dafür brauche man kein Extra-Gesetz.
Das am häufigsten genannte Ziel wird die Reform aller Voraussicht nach verfehlen: Die Bestrafung der Skandal-Manager. Zwar erklärte SEC-Chefverfolger Stephen Cutler am Mittwoch auf CNBC pflichtgemäß, dass die neuen Regeln seine Arbeit erheblich vereinfachen würden.
Doch das Hauptproblem bleibt. Anlegerbetrug und Insidertrading lassen sich nur schwer nachweisen. Es ist kein Zufall, dass die Behörden bisher weder die Enron- noch die WorldCom-Chefs angeklagt haben. Es fehlen schlicht die Beweise. Daran ändern auch höhere Strafen nichts.
Umgekehrt gilt dasselbe. Wenn die Beweise da sind, reichen auch die aktuellen Regeln, um Manager zu verhaften. Das wurde gerade am Mittwoch eindrucksvoll vorgeführt, als fünf Manager des Skandalkonzerns Adelphia in Handschellen abgeführt wurden.
Selbst die neue Vorschrift, dass CEOs per Unterschrift für die Richtigkeit der Unternehmenszahlen persönlich bürgen müssen, wird durch den Zusatz "nach meinem besten Wissen" entwertet. Der Zusatz erlaubt jedem Manager weiterhin die "Ken-Lay-Verteidigung". Der ehemalige Enron-Chef behauptet bis heute, nicht im Bilde gewesen zu sein.
Dennoch handele es sich um ein wegweisendes Reformwerk, sagt Litan, "das größte seit 1933". Damals war die SEC gegründet worden. Die aktuelle Reform sei zusammen mit den neuen Standards der New York Stock Exchange und der SEC eine "Verfeinerung" jenes Systems, sagte Litan. Als besonders wirksam werde sich die Neuerung erweisen, dass Wirtschaftsprüfer in Zukunft nicht vom Vorstand, sondern vom Aufsichtsrat eines Unternehmens bestellt werden.
Weller räumt ein, dass die Reform einige der Interessenskonflikte beseitige. Doch das Verhalten der CEOs werde sich erst nachhaltig ändern, wenn Aktienoptionen als Kosten verbucht würden. Statt Kontrollen und Strafen müsse man die Wurzel des "Raubrittertums" beseitigen: den Anreiz, den Aktienkurs mittels Tricks nach oben zu treiben.
Auch nach der Verabschiedung der Reform wird das Thema noch auf der Tagesordnung bleiben. Nach Informationen der "Washington Post" will Bush den gesamten August dazu nutzen, sich bei den Wählern als guter Wirtschaftspolitiker zu profilieren. Er hat viel aufzuholen: Während er für den Krieg gegen den Terror gute Noten erhält, steht sein Wirtschaftsteam, vor allem Finanzminister Paul O'Neill und sein Wirtschaftsberater Lawrence Lindsey, seit Wochen unter Dauerbeschuss.
Doch es darf bezweifelt werden, dass der Präsident und sein Vize Dick Cheney, beide ehemalige CEOs mit fragwürdigen Bilanzen, jemals ihr Insider-Image los werden. Litan jedenfalls ist überzeugt: "Bush und Cheney werden dieses Thema niemals besetzen."