Das KUV - Eine unterschätzte Aktienkennzahl

Beiträge: 2
Zugriffe: 720 / Heute: 2
malen:

Das KUV - Eine unterschätzte Aktienkennzahl

 
04.06.01 16:18
Das KUV - Eine unterschätzte Aktienkennzahl  
 Freitag, 01.06.2001 von Horst Fugger


Die Relation zwischen dem Kurswert einer Aktie und den anteiligen Umsätzen des Unternehmens führt nicht nur bei Privatanlegern, sondern sogar in weiten Teilen der Börsenliteratur ein unverdientes Schattendasein. Professionelle Wertpapieranalysten widmen dieser Kennzahl dagegen große Aufmerksamkeit, und das mit gutem Grund. Man könnte es sogar als ausgesprochen kurzsichtig bezeichnen, wenn Anleger immer nur auf die Gewinnentwicklung eines Unternehmens schielen. Woher sollen Gewinne kommen, wenn nicht aus Umsätzen? Diese Erkenntnis beginnt sich zumindest in Fachkreisen allmählich durchzusetzen, aber noch vor wenigen Jahren sah man das ganz anders. Damals wurde es an der Börse geradezu bejubelt, wenn ein Unternehmen trotz sinkender Umsätze steigende Gewinne meldete. Dergleichen galt nämlich als Beweis erhöhter Produktivität, und erreicht wurde es zum großen Teil dadurch, daß man Personalkosten einsparte, indem man Mitarbeiter entließ. Dabei war eigentlich damals schon abzusehen, daß diese Entwicklung irgendwann ein logisches Ende finden mußte: Man kann nun einmal nicht alle Mitarbeiter feuern und dann mit Rekordgewinnen rechnen. Produktivitätssteigerungen stoßen mit der Zeit an Grenzen, und dann gibt es nur noch eine Möglichkeit, Gewinnwachstum zu sichern: Die Umsätze müssen steigen.

Langfristig steigende Umsätze sind, aus diesem Blickwinkel betrachtet, sogar unabdingbar für alles, was sich ein Börsianer von "seiner" Aktie erhofft: Sie sind die Voraussetzung für dauerhaftes Gewinnwachstum, damit auch für attraktive Dividenden und nicht zuletzt für steigende Kurse. Dieser logische Zusammenhang sollte daher für jeden Anleger Grund genug sein, der Umsatzentwicklung mindestens ebenso große Aufmerksamkeit zu schenken wie den Unternehmensgewinnen. Das Kurs-Umsatz-Verhältnis wird nach folgender einfacher Formel berechnet:

Kurswert

Kurs-Umsatz-Verhältnis = _____________


Umsatz je Aktie

Diese Kennzahl bietet noch einen weiteren Vorteil: Unternehmensgewinne können durch "Bilanzkosmetik" frisiert werden, und da die Gewinne in die Berechnung des Cash Flow eingehen, gilt das auch für diese Kennzahl – wenn auch in abgeschwächter Form. An den Umsätzen gibt es jedoch nichts zu manipulieren. Allenfalls kann man Umsätze bilanziell in eine andere Zeitperiode verlagern, wenn man es wirklich darauf anlegt, aber auf die Daten eines ganzen Geschäftsjahrs wirkt sich das nur in Ausnahmefällen spürbar aus.

Wann ist eine Aktie nach KUV-Kriterien unterbewertet? Diese Frage läßt sich nicht eindeutig beantworten. Als Faustregel kann aber gelten: Wenn die Relation unter 1,0 liegt, die Marktkapitalisierung des Unternehmens also geringer ist als der Umsatz eines Geschäftsjahrs, dann ist die Aktie auf alle Fälle einer näheren Untersuchung wert. Immer wieder läßt sich übrigens feststellen, daß Aktien mit niedrigem Kurs-Umsatz-Verhältnis auch hinsichtlich des KGV, des KCV und/oder des KBV attraktiv bewertet sind. Wenn mehrere dieser Kennzahlen die Unterbewertung bestätigen, dann stehen die Aussichten auf langfristig überdurchschnittliche Gewinne gut. In seinem Klassiker "The Intelligent Investor" (deutsche Ausgabe: "Intelligent Investieren") nennt Benjamin Graham Kriterien, die eine Aktie erfüllen muß, um für konservative beziehungsweise für risikofreudigere Anleger attraktiv zu sein:

Die Kriterien für konservative Anleger:

Ausreichende Größe des Unternehmens. (Jahresumsatz mindestens 100 Millionen Dollar).
Starke finanzielle Position. (Umlaufvermögen mindestens doppelt so hoch wie die kurzfristigen Verbindlichkeiten; Langfristschulden nicht höher als das Netto-Umlaufvermögen).
Gewinnstabilität. (Kein Verlustjahr in den letzten zehn Jahren).
Dividendenkontinuität. (Ununterbrochene Dividendenzahlungen in den letzten 20 Jahren).
Gewinnwachstum. Eine Gewinnsteigerung um mindestens ein Drittel in den vergangenen zehn Jahren. Zur Berechnung sollte man dabei jeweils den Durchschnitt der Jahre 1-3 und 8-10 verwenden).
Moderates KGV. Der aktuelle Kurs sollte nicht über dem 15fachen des durchschnittlichen Gewinns der vergangenen drei Geschäftsjahre liegen.
Moderates KBV. Der aktuelle Kurswert sollte maximal das 1,5fache des Buchwerts betragen.
Graham fügt hinzu, daß das KBV auch höher als 1,5 liegen kann, falls das KGV entsprechend niedriger ist. Er schlägt folgende Faustregel vor: Das Produkt aus KGV und KBV sollte nicht höher sein als 22,5. Bei einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 2,5 dürfte das KGV also höchstens 9 erreichen (9 x 2,5 = 22,5).

Die Kriterien für risikofreudigere Anleger:

Finanzielle Lage. (Umlaufvermögen mindestens 1,5 Mal so hoch wie die kurzfristigen Verbindlichkeiten. Die Summe aller Verbindlichkeiten darf das 1,1fache des Netto-Umlaufvermögens nicht übersteigen).
Gewinnstabilität. (Kein Verlustjahr innerhalb der letzten fünf Geschäftsjahre).
Dividende. (Das Unternehmen sollte derzeit Dividenden bezahlen).
Gewinnwachstum. (Die Unternehmensgewinne sollten höher liegen als vor fünf Jahren).
KBV. Der aktuelle Kurswert sollte das 1,2 fache des Buchwerts nicht übersteigen, wobei immaterielle Vermögenswerte nicht mitgerechnet werden).
In Grahams Regeln spielen die vier genannten Kennzahlen also eine große Rolle. Er betrachtet allerdings nicht nur die jeweils aktuellen Daten, sondern arbeitet lieber mit Durchschnittwerten mehrerer Jahre, um kurzfristige Schwankungen auszugleichen. Zudem läßt sich feststellen, daß die meisten Kriterien für konservative wie für spekulative Anleger gleichermaßen gelten, für die erstgenannten allerdings in strengerer Form

Die meisten erfahrenen Börsianer würden Grahams Regeln auch heute noch zustimmen, denn nicht umsonst haben sich diese Bewertungskriterien jahrzehntelang bewährt. Zwei kleine Einschränkungen sind jedoch angebracht. Die erste betrifft die Gewinnstabilität. Gerade für spekulative Anleger kann es hochinteressant sein, Aktien von Unternehmen ins Depot zu nehmen, die in der Verlustzone stecken. Mit solchen Titeln sind hohe Gewinne möglich, wenn sich die Ertragslage des Unternehmens wieder verbessert. Dabei muß man sich jedoch des erhöhten Risikos bewußt sein und den Einsatz begrenzen, eventuell auch mit Stopp-Kursen arbeiten. Wenn ein Unternehmen schon rote Zahlen schreibt, sollten allerdings die anderen Daten entsprechend attraktiv sein. Falls der Cash Flow positiv ist, und die Aktie hinsichtlich des Kurs-Umsatz- und des Kurs-Buchwert-Verhältnisses gut abschneidet, spricht eigentlich nichts dagegen, den Titel ins Depot zu nehmen. Das gilt allerdings nur für spekulative Anleger. Konservative Investoren tun gut daran, Grahams diesbezüglichen Rat zu befolgen und nur Aktien von Unternehmen zu kaufen, die über viele Jahre kontinuierliches Gewinnwachstum gezeigt haben. Die zweite Einschränkung betrifft Grahams Ansichten zur Bedeutung von Dividendenzahlungen. Dazu mehr in einem späteren Beitrag.


das Zentrum d.:

Der liebe Herr Fugger scheint völlig vergessen zu

 
04.06.01 17:40
haben, das sein Rat auch dem spekulativen Anleger gegolten hat. Denn es macht aus keiner Sicht Sinn, Aktien eines Unternehmens zu kaufen das Verluste macht. Es ist schon fast zum Lachen, das ausgerechnet jetzt die Anlagestrategien von Benjamin Graham herausgeholt werden. Wollte doch noch vor einem Jahr keiner was davon wissen. Im Gegenteil, neue Bewertungsmodelle haben Einzug gehalten, unter ihnen auch das Kurs/Umsatz Verhältnis. Weiterhin scheint der Herr Fugger zu übersehen, das die 1949 veröffentlichten Anlagegrundsätze sehr erfolgreich weiterentwickelt worden sind. Denn das Wachstum läßt Graham weitestgehend unberücksichtigt. Sein Schüler und späterer Angestellte Warren Buffett, heute millardenschwerer Superinvestor, hat diese Lehren zwar angewandt aber auch sehr erfolgreich weiterentwickelt.

Mein Rat: Kauft euch lieber die Bücher und macht euch ein eigenes Bild, als Kolumnen zu lesen die auch viel Wahrheit beinhalten aber auch ebenso viel Blödsinn.
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--