Wild am Kämpen ist nur das Campen
Hoch auf dem gelben Wagen. Guido Westerwelle kommt. Aber woher? Und wo will er hin?
Da blinkt was - wenigstens das: Wo das Guidomobil im vollends virtuellen Raum zu finden ist, hat man praktischerweise gleich drauf geschrieben. Das Guidomobil ist ja nun nicht feuerrot, sondern knallgelb lackiert worden.
Aber ein Spielzeug ist auch das allemale. Ein Yellow-Submarine-Klon ist es wohl nur deswegen nicht geworden, weil der Symbolgehalt eines Abtauchgefährts für die Liberalen dann doch zu deutungsmächtig gewesen wäre.
Der Vorsitzende der FDP und Namenspatron seines Fahrzeugs, Guido Westerwelle, entstieg Donnerstag also einem siebeneinhalb Tonnen schweren Winnebago Elanté 37 in Mannheim, um dort nach dem Rechten zu sehen.
Denn am Wochenende ist hier Parteitag, und Westerwelle steht an, sich zum Kanzleraspiranten ausrufen zu lassen. Nein, keinen Jux will Westerwelle sich damit machen. Das meint er ernst. So ernst, wie man es eben meinen kann, wenn man zum Parteitag im Zitronenmobil anreist.
» Wohin will die FDP mit diesem Tempomat und Zentralverriegelung aufgerüsteten Wohnwagen? Und - noch denkwürdiger - woher kommt er? «
Und weil doch das von einer grenzdebilen PR-Agentur schon „Kultfahrzeug“ getaufte Guidoding demnächst auf Tournee durch alle Bundesländer der Republik geschickt wird, stellen sich dem teilnahmslosen Beobachter dieses angekündigten Tuns zwei schwere Fragen.
Ein Spiegelbild-Problem gewissermaßen, um dessen imaginären Nullpunkt das Guidomobil in einer Endlosschleife kurvt. Erstens: Wohin will die FDP mit diesem Tempomat und Zentralverriegelung aufgerüsteten Wohnwagen? Und - noch denkwürdiger - woher kommt er? Jeweils.
Man muss ja davon ausgehen, dass Westerwelle, der in alle Fernsehkameras hinein verlautbarte, dass er als Vierzigjähriger, anders als seine Konkurrenten, keiner anschließenden Hotelbequemlichkeiten bedarf, nachdem er sich dem „Volk“ genähert hat, also tatsächlich „on the road“ sein will.
» Die Guidomobil-Tour sieht also ganz nach einer Irrfahrt aus. «
Nur der Weg ist sein Ziel. Das Leben – eine ebenso ruhelose, wie richtungslose Passage. Die Heimat des Wahlkämpfers sind Nichtorte, endlose Neue-Mitte-Streifen und Leitkulturplanken.
Und ganz gewiss der ewige Superstau auf der A9. Nicht hier, nicht dort. Nirgends.
Wird man den Kandidaten Guido folglich an Autobahnraststätten Bratwurst essen sehen, nachdem er sich im Trucker-Waschraum frisch gemacht hat? Wo entleert er den 285-Liter Abwassertank des Guidomobils? Wo findet er seine 220 Liter Frischwasser? Übernachtet Westerwelle dann auf Multi-Kulti-Campingplätzen, immer ein Euro-Stück für die Dusche griffbereit, die TV-Satellitenschüssel für glasklaren Empfang stur gen Süden gerichtet? Oder sieht man einen Easy-Badeschlappen-Rider im Unterhemd bei der Morgenrasur am Rand irgendeiner deutschen Ausfallstraße? Weiß Westerwelle eigentlich die Heringe fürs Vorzelt geschickt in jeden Untergrund einzuschlagen, und sei es Asphalt? Oder, wie man eine Wäscheleine für all die 18%-T-Shirts improvisiert?
Man hört von Küchenblock, 4-Flammen-Gasherd, Backofen, Mikrowelle und großem Kühlschrank im Guidomobil. Aber hat Westerwelle auch an Kartenspiel und Taschenlampe für trübe Abende gedacht?
Die Guidomobil-Tour sieht also ganz nach einer Irrfahrt aus.
Insofern muss man sich den Eintritt des unermüdlich 18-Prozent polternden Kandidaten in das bisher dürftige Duell wie in Sergio Leones „The Good, the Bad And the Ugly“ vorstellen. Drei Revolverhelden bedrohen sich da gegenseitig. Schweigend. Die Augen zu breitwandtauglichen Schlitzen verengt.
Es passiert rein gar nichts, und niemand hat etwas zu sagen.
Aber der fragwürdige Sieger und das ganze Publikum wissen, dass einer der drei Pistoleros mit ungeladener Waffe dabeisteht.
Nur dabei.