Hans Bernecker: Das Konsumentenvertrauen ist eine nicht quantifizierbare Größe
Mails/Nachrichten vom 29.08.2001, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
nun ist auch der Verbraucherindex der Amerikaner ein Grund, warum die deutsche Börse schwach wird. Zumindest zeigt das die ungewöhnliche Nervosität und auch eine gute Portion Unkenntnis. Von heute morgen 7.00 Uhr bis viertel vor acht mußte ich einigen meiner Leserfreunde das Ganze bereits erklären. Deshalb für alle:
Der Index des Konsumentenvertrauens ist ein Umfrageergebnis, also keine quantifizierbare Größe. Sie gehört auch zu den sogenannten nachlaufenden Indikatoren in folgendem Zusammenhang: Bei einer Abkühlung der Konjunktur sinken zunächst Aufträge, dann Umsätze und schließlich die Gewinne. Dem folgt mit einem Zeitverzug die Freisetzung von Arbeitskräften. Folge davon ist das abnehmende Vertrauen der Konsumenten. Ich hatte eine Arbeitslosenquote von 4,7 % schon avisiert. Bisher wurden 4,5 % erreicht. Die erste Zahl halte ich noch für wahrscheinlich, weil die Freisetzung der Arbeitskräfte in den meisten Fällen Ende des zweiten Quartals angekündigt wurde, aber jetzt erst realisiert wird. In Deutschland würde dies viel länger dauern. Steigt die Quote auf 4,7, schlägt dies aber auf das Konsumentenvertrauen durch, so daß eine deutliche Verbesserung nicht vor Weihnachten erwartet werden kann. Interessant wird dann der sogenannte Einkäuferindex. Er ist auch ein Umfrageergebnis und zeigte seit drei Monaten eine leicht steigende Tendenz. Kippt er demnächst ab, so wäre dies eine Bestätigung der Konsumentenhaltung. Ich werde darauf zurückkommen.
Der sogenannte faire Wert für die Technologieaktien spielte gestern eine indirekte Rolle. Goldman Sachs nahm die Gewinnschätzung für Sun Microsystems zurück. Daraufhin fiel die Aktie auf 13 Dollar. Aber Sie wissen: Der faire Kurs liegt zwischen 9 und 12 Dollar. Also bitte aufpassen. Wir sind nahe dran. Die Erholung meiner zwei Schieflagen Lucent und Xerox geht zwar nur in kleinen Schritten voran, aber sie geht. Motorola ist das Vorbild. Diese Fälle zeigen, wie die Kurse sich entwickeln, wenn der faire Wert erreicht ist und Fakten statt Gerüchte wirksam werden.
Meine Empfehlung heute: Zuschauen, Liquidität in Reserve halten, Verkäufe lohnen nicht mehr, aber neue Käufe sind nicht dringend. Das ist das, was ich schon ehrfach als eine Anlagepolitik der ruhigen Hand beschrieben habe.
Frankfurt schielt natürlich nach New York und denkt selbst wenig nach. Daran ist nichts zu ändern. Nehmen Sie sich heute morgen gleichwohl Zeit: Die Zahlen von Deutsche Telekom sollten Sie zwei Mal lesen. Damit ist das Problem der rund 170 Mio Aktien noch nicht gelöst, die netto zur Plazierung anstehen, aber was Ron Sommer gestern ausführte, teile ich. Alles Nähere dazu in der AB. Die Kursbasis für Käufe liegt zwischen 16 und 18 E. Allerdings nur für jene, die ein bißchen weiter denken als bis zur Nasenspitze.
Der neue Tarif für VW enthält keine neuen Aspekte. Er begünstigt aber strukturell die Tendenz in Wolfsburg, die Produktion innerhalb des Konzerns in Europa auszubauen und die Verbundeffekte besser zu nutzen. Ich würde mich nicht wundern, wenn VW in diesem Zusammenhang eine weitere Betriebsstätte in Ostdeutschland aufzieht. Mit dem neuen Modell läßt sich dies relativ optimal gestalten. Was der Thyssen-Vorstand gestern von sich gab, war typisch "old economy". Das Ganze hörte sich an wie vor 25 Jahren: Höchst solide, aber ohne jede Phantasie. Dennoch steckt in dieser Aktie mehr als die etwas gewandelte Mannschaft auf dem Podium erkennen läßt. Die gestrigen Gerüchte in Sachen Bayer/Roche sind so, wie sie dargestellt werden, natürlich falsch. Bayer wird nicht verkaufen, aber eine "Ehe" erwägen. Und zwar unter Gleichen und mit dem Namen Bayer im Firmennamen. Erwarten Sie keine kurzfristigen Entscheidungen. Dazu ist das ganze Thema in Leverkusen viel zu sensibel "angesiedelt". Die Kaufbasis für Bayer hatte ich bereits genannt: 30/32 E. haben nochmals eine Chance. Bisheriges Tief 32,51 E.
Beim Euro/Dollar bleibt es wie avisiert. Ich rechne mit einer technischen Korrektur zugunsten des Dollars, aber nur im Umfang von 3 bis 4 Cents gegenüber der bisherigen Spitze.
Welche Termine gibt es heute: Springer ist mit den Halbjahreszahlen dran. Dazu bitte die AB nochmals in die Hand nehmen. T-Online kommt mit den Zahlen für das zweite Quartal und erste Halbjahr und bei Xerox ist heute Hauptversammlung. Insgesamt ist das nicht viel, aber durchaus indikativ.
Das wär's für heute,
herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
Mails/Nachrichten vom 29.08.2001, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
nun ist auch der Verbraucherindex der Amerikaner ein Grund, warum die deutsche Börse schwach wird. Zumindest zeigt das die ungewöhnliche Nervosität und auch eine gute Portion Unkenntnis. Von heute morgen 7.00 Uhr bis viertel vor acht mußte ich einigen meiner Leserfreunde das Ganze bereits erklären. Deshalb für alle:
Der Index des Konsumentenvertrauens ist ein Umfrageergebnis, also keine quantifizierbare Größe. Sie gehört auch zu den sogenannten nachlaufenden Indikatoren in folgendem Zusammenhang: Bei einer Abkühlung der Konjunktur sinken zunächst Aufträge, dann Umsätze und schließlich die Gewinne. Dem folgt mit einem Zeitverzug die Freisetzung von Arbeitskräften. Folge davon ist das abnehmende Vertrauen der Konsumenten. Ich hatte eine Arbeitslosenquote von 4,7 % schon avisiert. Bisher wurden 4,5 % erreicht. Die erste Zahl halte ich noch für wahrscheinlich, weil die Freisetzung der Arbeitskräfte in den meisten Fällen Ende des zweiten Quartals angekündigt wurde, aber jetzt erst realisiert wird. In Deutschland würde dies viel länger dauern. Steigt die Quote auf 4,7, schlägt dies aber auf das Konsumentenvertrauen durch, so daß eine deutliche Verbesserung nicht vor Weihnachten erwartet werden kann. Interessant wird dann der sogenannte Einkäuferindex. Er ist auch ein Umfrageergebnis und zeigte seit drei Monaten eine leicht steigende Tendenz. Kippt er demnächst ab, so wäre dies eine Bestätigung der Konsumentenhaltung. Ich werde darauf zurückkommen.
Der sogenannte faire Wert für die Technologieaktien spielte gestern eine indirekte Rolle. Goldman Sachs nahm die Gewinnschätzung für Sun Microsystems zurück. Daraufhin fiel die Aktie auf 13 Dollar. Aber Sie wissen: Der faire Kurs liegt zwischen 9 und 12 Dollar. Also bitte aufpassen. Wir sind nahe dran. Die Erholung meiner zwei Schieflagen Lucent und Xerox geht zwar nur in kleinen Schritten voran, aber sie geht. Motorola ist das Vorbild. Diese Fälle zeigen, wie die Kurse sich entwickeln, wenn der faire Wert erreicht ist und Fakten statt Gerüchte wirksam werden.
Meine Empfehlung heute: Zuschauen, Liquidität in Reserve halten, Verkäufe lohnen nicht mehr, aber neue Käufe sind nicht dringend. Das ist das, was ich schon ehrfach als eine Anlagepolitik der ruhigen Hand beschrieben habe.
Frankfurt schielt natürlich nach New York und denkt selbst wenig nach. Daran ist nichts zu ändern. Nehmen Sie sich heute morgen gleichwohl Zeit: Die Zahlen von Deutsche Telekom sollten Sie zwei Mal lesen. Damit ist das Problem der rund 170 Mio Aktien noch nicht gelöst, die netto zur Plazierung anstehen, aber was Ron Sommer gestern ausführte, teile ich. Alles Nähere dazu in der AB. Die Kursbasis für Käufe liegt zwischen 16 und 18 E. Allerdings nur für jene, die ein bißchen weiter denken als bis zur Nasenspitze.
Der neue Tarif für VW enthält keine neuen Aspekte. Er begünstigt aber strukturell die Tendenz in Wolfsburg, die Produktion innerhalb des Konzerns in Europa auszubauen und die Verbundeffekte besser zu nutzen. Ich würde mich nicht wundern, wenn VW in diesem Zusammenhang eine weitere Betriebsstätte in Ostdeutschland aufzieht. Mit dem neuen Modell läßt sich dies relativ optimal gestalten. Was der Thyssen-Vorstand gestern von sich gab, war typisch "old economy". Das Ganze hörte sich an wie vor 25 Jahren: Höchst solide, aber ohne jede Phantasie. Dennoch steckt in dieser Aktie mehr als die etwas gewandelte Mannschaft auf dem Podium erkennen läßt. Die gestrigen Gerüchte in Sachen Bayer/Roche sind so, wie sie dargestellt werden, natürlich falsch. Bayer wird nicht verkaufen, aber eine "Ehe" erwägen. Und zwar unter Gleichen und mit dem Namen Bayer im Firmennamen. Erwarten Sie keine kurzfristigen Entscheidungen. Dazu ist das ganze Thema in Leverkusen viel zu sensibel "angesiedelt". Die Kaufbasis für Bayer hatte ich bereits genannt: 30/32 E. haben nochmals eine Chance. Bisheriges Tief 32,51 E.
Beim Euro/Dollar bleibt es wie avisiert. Ich rechne mit einer technischen Korrektur zugunsten des Dollars, aber nur im Umfang von 3 bis 4 Cents gegenüber der bisherigen Spitze.
Welche Termine gibt es heute: Springer ist mit den Halbjahreszahlen dran. Dazu bitte die AB nochmals in die Hand nehmen. T-Online kommt mit den Zahlen für das zweite Quartal und erste Halbjahr und bei Xerox ist heute Hauptversammlung. Insgesamt ist das nicht viel, aber durchaus indikativ.
Das wär's für heute,
herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker