...so überschrieb Albert Edwards seinen jüngsten Marktkommentar. Der Chefstratege der Allianztochter Dresdner Kleinwort Wasserstein orakelt, dass die Aktienmärkte plötzlich und scharf fallen könnten.
NEW YORK. Warum? Nun, der US-Aktienindex Dow Jones Industrial und der japanische Nikkei-Index kletterten am Mittwoch um hundertelf Punkte. Und das gilt bei Kricketspielern als magische Unglückszahl. Kricket-Schiedsrichter David Shepherd fürchtet das Omen so sehr, dass er stets auf einem Bein hüpft, sobald der Spielstand hundertelf Punkte beträgt. Dadurch hofft Shepherd, die bösen Geister zu vertreiben, bis der Spielstand sich wieder ändert. Edwards rät Investoren daher: „Fangen Sie an zu hüpfen.“
Unterstützung erhält der Londoner Börsen- und Kricketexperte von der anderen Seite des Atlantiks. In New York enthüllte sein Kollege Tobias Levkovich sein 2004-Kursziel für den US-Aktienindex S&P 500. Mit 1 025 Punkten liegt dieses unter dem aktuellen Stand. „Wir erwarten nach dem hervorragenden Jahr 2003 demnächst einen Rückschlag an den Aktienmärkten“, sagte der US-Stratege von Citigroup.
Edwards und Levkovich beweisen Mut. Schließlich verdienen Anleger in diesem Jahr endlich wieder Geld mit Aktien. Wer mag da schon auf Nörgler hören, die mit düsteren Prognosen die gute Stimmung verderben? „Manche Kunden reagieren richtig ungehalten, wenn wir ihnen unsere skeptische Haltung präsentieren“, sagt Citi-Mann Levkovich.
Dresdner-Experte Edwards ist solchen Ärger gewohnt. Vor gut zwei Jahren veröffentlichte er schon einmal eine Crash-Warnung. Ein Pressebericht überzeichnete seine damalige Prognose noch und löste besorgte Nachfragen von Dresdner-Bank-Kunden aus, ob sie denn nun alle ihre Aktien verkaufen sollten. (Antwort: Natürlich nicht, sonst verdient die Bank ja weniger Geld.) Damals kam Edwards einige Monate zu früh. Aber das schlechte Börsenjahr 2002 rechtfertigte zeitverzögert seinen Pessimismus.
Levkovich verweist auf die hohe Erwartungshaltung der Investoren. „Anfang des Jahres rechneten unsere Kunden laut einer internen Umfrage mit fallenden Unternehmensgewinnen in den USA – tatsächlich verdienen die Firmen dieses Jahr rund 20 % mehr“, sagt der Citi-Experte. „Solche positiven Überraschungen haben den Märkten 2003 geholfen, aber sie sind in 2004 unwahrscheinlich“. Die US-Börsen könnten, meint Levkovich, daher trotz robuster Wirtschaftslage und guter Firmengewinne im nächsten Jahr unter Druck geraten.
Crash-Warner Edwards verweist zudem auf ein bislang wenig beachtetes Phänomen: Das Volumen aller Bankkredite und der Geldmenge M3 sank zuletzt in den USA. Das verheißt nichts Gutes. Wenn Unternehmen und Verbraucher weniger Kredite aufnehmen und weniger Geld durch den Wirtschaftskreislauf fließt, könnte auch die Konjunktur darunter leiden. Das gilt erst recht in den USA, wo die Konsumenten mit Käufen auf Pump bislang die Wirtschaft am Laufen halten. „Das Signal ist besonders stark, weil die Geldmenge und die Bankkredite nur äußerst selten gleichzeitig sinken“, betont Edwards.
Aber auch ein zweiter Warnhinweis darf nicht fehlen: Bislang hat die robuste US-Wirtschaft alle Zweifler eindrucksvoll widerlegt. Und selbst die verflixte Kricket-Zahl erlaubt keine eindeutigen Rückschlüsse. „Bisher sind Dow-Jones und Nikkei noch nie am gleichen Tag um hundertelf Punkte gestiegen“, erzählt Edwards. Damit lässt sich auch nicht sagen, ob das Hüpfen auf einem Bein wirklich die bösen Börsengeister vertreibt.
HANDELSBLATT, Montag, 17. November 2003, 07:17 Uhr
NEW YORK. Warum? Nun, der US-Aktienindex Dow Jones Industrial und der japanische Nikkei-Index kletterten am Mittwoch um hundertelf Punkte. Und das gilt bei Kricketspielern als magische Unglückszahl. Kricket-Schiedsrichter David Shepherd fürchtet das Omen so sehr, dass er stets auf einem Bein hüpft, sobald der Spielstand hundertelf Punkte beträgt. Dadurch hofft Shepherd, die bösen Geister zu vertreiben, bis der Spielstand sich wieder ändert. Edwards rät Investoren daher: „Fangen Sie an zu hüpfen.“
Unterstützung erhält der Londoner Börsen- und Kricketexperte von der anderen Seite des Atlantiks. In New York enthüllte sein Kollege Tobias Levkovich sein 2004-Kursziel für den US-Aktienindex S&P 500. Mit 1 025 Punkten liegt dieses unter dem aktuellen Stand. „Wir erwarten nach dem hervorragenden Jahr 2003 demnächst einen Rückschlag an den Aktienmärkten“, sagte der US-Stratege von Citigroup.
Edwards und Levkovich beweisen Mut. Schließlich verdienen Anleger in diesem Jahr endlich wieder Geld mit Aktien. Wer mag da schon auf Nörgler hören, die mit düsteren Prognosen die gute Stimmung verderben? „Manche Kunden reagieren richtig ungehalten, wenn wir ihnen unsere skeptische Haltung präsentieren“, sagt Citi-Mann Levkovich.
Dresdner-Experte Edwards ist solchen Ärger gewohnt. Vor gut zwei Jahren veröffentlichte er schon einmal eine Crash-Warnung. Ein Pressebericht überzeichnete seine damalige Prognose noch und löste besorgte Nachfragen von Dresdner-Bank-Kunden aus, ob sie denn nun alle ihre Aktien verkaufen sollten. (Antwort: Natürlich nicht, sonst verdient die Bank ja weniger Geld.) Damals kam Edwards einige Monate zu früh. Aber das schlechte Börsenjahr 2002 rechtfertigte zeitverzögert seinen Pessimismus.
Levkovich verweist auf die hohe Erwartungshaltung der Investoren. „Anfang des Jahres rechneten unsere Kunden laut einer internen Umfrage mit fallenden Unternehmensgewinnen in den USA – tatsächlich verdienen die Firmen dieses Jahr rund 20 % mehr“, sagt der Citi-Experte. „Solche positiven Überraschungen haben den Märkten 2003 geholfen, aber sie sind in 2004 unwahrscheinlich“. Die US-Börsen könnten, meint Levkovich, daher trotz robuster Wirtschaftslage und guter Firmengewinne im nächsten Jahr unter Druck geraten.
Crash-Warner Edwards verweist zudem auf ein bislang wenig beachtetes Phänomen: Das Volumen aller Bankkredite und der Geldmenge M3 sank zuletzt in den USA. Das verheißt nichts Gutes. Wenn Unternehmen und Verbraucher weniger Kredite aufnehmen und weniger Geld durch den Wirtschaftskreislauf fließt, könnte auch die Konjunktur darunter leiden. Das gilt erst recht in den USA, wo die Konsumenten mit Käufen auf Pump bislang die Wirtschaft am Laufen halten. „Das Signal ist besonders stark, weil die Geldmenge und die Bankkredite nur äußerst selten gleichzeitig sinken“, betont Edwards.
Aber auch ein zweiter Warnhinweis darf nicht fehlen: Bislang hat die robuste US-Wirtschaft alle Zweifler eindrucksvoll widerlegt. Und selbst die verflixte Kricket-Zahl erlaubt keine eindeutigen Rückschlüsse. „Bisher sind Dow-Jones und Nikkei noch nie am gleichen Tag um hundertelf Punkte gestiegen“, erzählt Edwards. Damit lässt sich auch nicht sagen, ob das Hüpfen auf einem Bein wirklich die bösen Börsengeister vertreibt.
HANDELSBLATT, Montag, 17. November 2003, 07:17 Uhr