Chipwerte für Zocker

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vega2000:

Chipwerte für Zocker

 
17.04.02 17:08

Das Kapital: Chip-Werte haben mal wieder Zocker-Charme


Es ist das alte Spiel: Gläser, die zur Hälfte gefüllt sind, gelten mal als halb leer und mal als halb voll. Sieht so aus, als würde man die nächsten Wochen besser mit der optimistischen Variante fahren.

Mehr noch als etwa für GM gilt das für Halbleiterwerte, nachdem mit Philips, Texas Instruments und den Asiaten auch die Firmen die wirtschaftliche (Zwischen-)Erholung verifizieren, die von den Makrodaten seit Ende 2001 angedeutet worden ist. Der Aufschwung hat damit eine neue Qualität. Am Markt sollte das erst mal für ausgelassene Stimmung sorgen.

Sofern Intel nach Börsenschluss wenigstens im Rahmen der Erwartungen gelegen hat, womit zu rechnen ist, wäre daher jetzt mal wieder die Zeit für ein Spielchen. Zeithorizont: höchstens ein paar Wochen. Dass man ganz langfristig mit Halbleiteraktien auf die Nase fällt, steht angesichts eines mittleren Kurs-Umsatz-Verhältnisses von 6 ohnehin so gut wie fest. Aber auch auf Sicht von einem Jahr ist der Sektor äußerst riskant.

Die meisten Analysten glauben, die Nachfrage nach Halbleitern werde das Angebot irgendwann 2003 übertreffen. Die Preise schießen durch die Decke und mit ihnen die Gewinne. Genauso sollte es auch 2000 kommen, theoretisch. In den letzten Wochen sind die Preise jedenfalls schon wieder gebröckelt, für die Prozessoren von Intel genauso wie für DRAMs. Beruhigend ist, dass die Nachfrage nach Chips in vielen Abnehmerindustrien steigt. Doch zumindest am Kassamarkt für DRAMs sind die Preise bereits um etwa ein Viertel gefallen, auf 3,4 $ je Stück. Die individuell ausgehandelten Kontraktpreise haben nur etwa um zehn Prozent nachgegeben, auf 4 bis 4,5 $. Aber diese Diskrepanz wird nicht lange halten. Typischerweise folgen die Kontraktpreise dem Kassamarkt.

Zwar kann es sein, dass die Preise im Zuge der Lageranpassung noch mal kurz zucken. Das Dumme jedoch ist, dass alle Hersteller schon mit Angebotsengpässen rechnen. Nanya, TSMC und ProMOS wollen ihre Kapazitäten ausweiten. Unterdessen können Micron und Infineon ihre stillgelegten Werke in recht kurzer Zeit hochfahren. Zum erhofften Nachfrageüberhang wird es daher kaum kommen, selbst wenn der wirtschaftliche Zyklus wider Erwarten völlig normal verläuft.

Als einer der billigsten und ökonomisch sensitivsten Werte im Sektor könnte Infineon profitieren. Sicherer aufgehoben indes scheint man mit Ausrüstern wie ASLM oder Novellus, da sie von den Kapazitäts- und Produktionsplänen der Chiphersteller auch dann profitieren, wenn deren Rechnung schief geht. Schon im ersten Quartal hat Novellus Aufträge im Wert von 175 Mio. $ eingenommen, gegenüber 130 bis 150 Mio. $, die noch im Februar erwartet worden sind.

Nüchtern betrachtet waren die Zahlen von Pernod-Ricard gar nicht so schlecht. Im Kerngeschäft mit Wein und Spirituosen ist der operative Gewinn um 14 Prozent gestiegen. Die Marge wurde weiter ausgebaut, auf 17,9 Prozent. Dazu hat vor allem das überproportionale Wachstum der einträglichen Weine von Jacob’s Creek beigetragen.

Trotzdem hat Pernod am Dienstag um bis zu 8,6 Prozent verloren. Denn seit der Übernahme von Seagrams Getränkesparte sieht der Markt den Brenner alles andere als nüchtern. Nach Aufteilung der Beute mit Diageo hat Pernod den Marktanteil verdoppelt. Weltweit sind die Franzosen nun Nummer drei hinter Allied Domecq. Letztere gingen bei der Seagram-Versteigerung leer aus und haben den traditionellen Aufschlag zu Pernod längst eingebüßt.

Wenn alles nach Plan läuft, notieren die Franzosen mit dem 14fachen laufenden Gewinn - selbst vor Goodwill und einmaligen Integrationskosten. Das KGV von Allied Domecq liegt bei 12. Pernod musste sich für den Seagram-Kauf Schulden von 3,7 Mrd. Euro aufhalsen, die Verkäufe von Randbereichen nur langsam verringern können. Aber selbst verglichen mit dem Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Goodwill (Ebitda) ist Pernod kein Schnäppchen. Der Unternehmenswert liegt beim 9,6fachen Ebitda, etwa gleichauf mit Allied. Nur Marktführer Diageo ist noch deutlich teurer.

Da gibt es kaum Spielraum für Enttäuschungen. Und genau das waren die Verkaufszahlen der wichtigsten Marken aus dem Nachlass von Seagram. Verglichen zum Vorjahr schrumpfte der Absatz von Chivas-Scotch im ersten Quartal um 15 Prozent, der von Martell-Cognac gar um 18 Prozent. Rechtzeitig vor der Übergabe hat Alteigentümer Vivendi den Vertrieb noch kräftig mit den noblen Bränden vollgepumpt. Jetzt drückt das Überangebot Preise und Nachfrage.

Jedoch könnte die Absatzschwäche auch andeuten, dass sich Pernod bei der Integration noch kräftig verschlucken wird. Im Hoffnungsmarkt Südkorea etwa ist das alte Management-Team von Seagram geschlossen zu Diageo übergelaufen. Bis zum Beweis des Gegenteils wäre ein deutlicher Abschlag gegenüber Allied angebracht. Die Katerstimmung dürfte noch lange nicht vorbei sein.

Quelle:ftd

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