Bush verliert dramatisch an Glaubwürdigkeit
Von Yvonne Esterhazy, Washington
US-Präsident George W. Bush und sein Vizepräsident Dick Cheney geraten immer mehr in den Sog der amerikanischen Unternehmensskandale. Obwohl Bush bisher kein rechtlich relevantes Fehlverhalten bewiesen wurde, geben Informationen über seine Tätigkeit als Öl-Manager dem Vorwurf der Heuchelei neue Nahrung.
So hat das Weiße Haus am Donnerstag bestätigt, dass Bush vor gut 20 Jahren als Manager der Energiefirma Harken zinsgünstige Kredite von dem Unternehmen erhalten hat, um damit Aktien dieser Firma zu kaufen. Zwei Tage zuvor hatte der Präsident diese Praxis von Firmenkrediten an Manager kritisiert.
Politisch hat sich das Klima in den USA in den letzten Wochen dramatisch verändert: Sah es vor kurzem noch so aus, als würden die Pläne für die Reform der Unternehmensgesetze verwässert, herrscht jetzt ein regelrechter Regulierungswettbewerb. Angesichts der Firmenskandale und mit Blick auf die US-Kongresswahlen im November haben beide Parteien erkannt, dass harte Maßnahmen gegen betrügerische Manager populär sind. Die oppositionellen Demokraten sehen zudem die Chance, Bush selbst in Bedrängnis zu bringen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um die traditionell engen Beziehungen des Republikaners und seiner Partei zu den Großkonzernen - sondern auch um Doppelmoral und Heuchelei.
Wer im Glashaus sitzt...
Die Enthüllungen vom Donnerstag liefern Munition: In seiner Rede an der Wall Street am Dienstag hatte Bush gefordert, dass Vorstände nicht länger billige Kredite von ihren Unternehmen annehmen sollten. Er reagierte damit auf die Empörung in der Öffentlichkeit über einen zinsgünstigen Kredit in Höhe von 400 Mio. $, den der Telefonriese Worldcom seinem Ex-Chef Bernard Ebbers gegeben hatte, um damit Firmenaktien zu kaufen. Am Donnerstag nun erfuhr die Öffentlichkeit, dass Bush in den späten 80er Jahren als Board-Mitglied der texanischen Ölfirma Harken Energy selbst zinsgünstige Kredite über insgesamt 180.000 $ erhalten hatte. Im Rahmen eines Aktienoptionsplanes für Führungskräfte kaufte er mit dem Geld 105.000 Harken-Aktien. Für die Kredite zahlte er fünf Prozent Zinsen, der übliche Satz lag bei 7,5 Prozent.
Im Juni 1990 verkaufte Bush dann diese und andere Belegschaftsaktien und erhielt dafür 848.000 $. Weil der Harken-Kurs wenig später dramatisch einbrach, untersuchte die Börsenaufsicht (SEC) Bushs Verkauf wegen des Verdachts auf Insiderhandel. Allerdings wurden die Ermittlungen ergebnislos eingestellt.
Das Weiße Haus teilte mit, bei den Krediten von Harken an Bush sei alles legal zugegangen. "In den letzten Jahren gab es aber Missbrauch, und daraus ergibt sich nun die Notwendigkeit einer Reform. Genau das setzt der Präsident jetzt um", sagte eine Sprecherin. Der Mehrheitsführer im US-Senat, Tom Daschle, sieht jetzt jedoch ein Glaubwürdigkeitsproblem für Bush: "Es ist jetzt schwierig für ihn, andere zu kritisieren", sagte er.
Prüfungs- und Beratergeschäft trennen
Der republikanische Senator John McCain schlug am Donnerstag vor, leitenden Angestellten den Verkauf ihrer Belegschaftsaktien zu verbieten, so lange sie für ihre Firma tätig sind. Zwar sollten Manager Aktienoptionen realisieren, von den Kursgewinnen aber erst 90 Tage nach dem Ausscheiden aus einer Firma profitieren können.
McCain forderte auch eine scharfe Trennung des Prüfungs- und Beratergeschäfts bei Wirtschaftsprüferunternehmen. Er unterstützt damit ein Kernelement eines Gesetzentwurfes des Demokraten Paul Sarbanes. "Anleger werden (ohne diese Trennung) kein Vertrauen in Firmenprüfungen haben, wenn sie einen offensichtlichen Interessenkonflikt feststellen", sagte McCain.
Der US-Senat hatte schon am Mittwochabend die Weichen für eine härtere Gangart gegen Wirtschaftskriminalität gestellt, als Bush sie forderte. Einstimmig beschloss die Kammer, einen vorliegenden Gesetzentwurf mit verschärfenden Zusätzen zu versehen. Dabei berücksichtigten die Senatoren zum Teil Vorschläge, die Bush bei seiner Rede an der Wall Street gemacht hatte. Zum Teil gingen sie aber auch darüber hinaus. Dem Senatsgesetz stehen noch parlamentarische Hürden bevor.
Als würden die Enthüllungen über Bush nicht reichen, gab es am Donnerstag auch neue Informationen über Vizepräsident Dick Cheney. Gegen das von ihm früher geleitete Ölunternehmen Halliburton laufen derzeit eine Zivilklage und eine SEC-Prüfung wegen Bilanzmanipulation. Nun wird Cheney mit einem alten PR-Video der angeschlagenen Wirtschaftsprüfergesellschaft Andersen konfrontiert. Darin preist der Halliburton-Chef, die wegen des Enron-Skandals in Verruf geraten und wegen Aktenvernichtung verurteilte Firma.
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Stunde des Patrioten
Kämpfer
US-Senator John McCain ist als Kreuzzügler gegen die Machenschaften großer Konzerne bekannt. Sein letztes Projekt war die Reform der Wahlkampffinanzierung.
Politiker
Zudem gilt der patriotische Senator als Gegner von Präsident George W. Bush, der ihn im Wahlkampf 2000 bezwang. Jetzt kann McCain sich wieder profilieren.
© 2002 Financial Times Deutschland
Von Yvonne Esterhazy, Washington
US-Präsident George W. Bush und sein Vizepräsident Dick Cheney geraten immer mehr in den Sog der amerikanischen Unternehmensskandale. Obwohl Bush bisher kein rechtlich relevantes Fehlverhalten bewiesen wurde, geben Informationen über seine Tätigkeit als Öl-Manager dem Vorwurf der Heuchelei neue Nahrung.
So hat das Weiße Haus am Donnerstag bestätigt, dass Bush vor gut 20 Jahren als Manager der Energiefirma Harken zinsgünstige Kredite von dem Unternehmen erhalten hat, um damit Aktien dieser Firma zu kaufen. Zwei Tage zuvor hatte der Präsident diese Praxis von Firmenkrediten an Manager kritisiert.
Politisch hat sich das Klima in den USA in den letzten Wochen dramatisch verändert: Sah es vor kurzem noch so aus, als würden die Pläne für die Reform der Unternehmensgesetze verwässert, herrscht jetzt ein regelrechter Regulierungswettbewerb. Angesichts der Firmenskandale und mit Blick auf die US-Kongresswahlen im November haben beide Parteien erkannt, dass harte Maßnahmen gegen betrügerische Manager populär sind. Die oppositionellen Demokraten sehen zudem die Chance, Bush selbst in Bedrängnis zu bringen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um die traditionell engen Beziehungen des Republikaners und seiner Partei zu den Großkonzernen - sondern auch um Doppelmoral und Heuchelei.
Wer im Glashaus sitzt...
Die Enthüllungen vom Donnerstag liefern Munition: In seiner Rede an der Wall Street am Dienstag hatte Bush gefordert, dass Vorstände nicht länger billige Kredite von ihren Unternehmen annehmen sollten. Er reagierte damit auf die Empörung in der Öffentlichkeit über einen zinsgünstigen Kredit in Höhe von 400 Mio. $, den der Telefonriese Worldcom seinem Ex-Chef Bernard Ebbers gegeben hatte, um damit Firmenaktien zu kaufen. Am Donnerstag nun erfuhr die Öffentlichkeit, dass Bush in den späten 80er Jahren als Board-Mitglied der texanischen Ölfirma Harken Energy selbst zinsgünstige Kredite über insgesamt 180.000 $ erhalten hatte. Im Rahmen eines Aktienoptionsplanes für Führungskräfte kaufte er mit dem Geld 105.000 Harken-Aktien. Für die Kredite zahlte er fünf Prozent Zinsen, der übliche Satz lag bei 7,5 Prozent.
Im Juni 1990 verkaufte Bush dann diese und andere Belegschaftsaktien und erhielt dafür 848.000 $. Weil der Harken-Kurs wenig später dramatisch einbrach, untersuchte die Börsenaufsicht (SEC) Bushs Verkauf wegen des Verdachts auf Insiderhandel. Allerdings wurden die Ermittlungen ergebnislos eingestellt.
Das Weiße Haus teilte mit, bei den Krediten von Harken an Bush sei alles legal zugegangen. "In den letzten Jahren gab es aber Missbrauch, und daraus ergibt sich nun die Notwendigkeit einer Reform. Genau das setzt der Präsident jetzt um", sagte eine Sprecherin. Der Mehrheitsführer im US-Senat, Tom Daschle, sieht jetzt jedoch ein Glaubwürdigkeitsproblem für Bush: "Es ist jetzt schwierig für ihn, andere zu kritisieren", sagte er.
Prüfungs- und Beratergeschäft trennen
Der republikanische Senator John McCain schlug am Donnerstag vor, leitenden Angestellten den Verkauf ihrer Belegschaftsaktien zu verbieten, so lange sie für ihre Firma tätig sind. Zwar sollten Manager Aktienoptionen realisieren, von den Kursgewinnen aber erst 90 Tage nach dem Ausscheiden aus einer Firma profitieren können.
McCain forderte auch eine scharfe Trennung des Prüfungs- und Beratergeschäfts bei Wirtschaftsprüferunternehmen. Er unterstützt damit ein Kernelement eines Gesetzentwurfes des Demokraten Paul Sarbanes. "Anleger werden (ohne diese Trennung) kein Vertrauen in Firmenprüfungen haben, wenn sie einen offensichtlichen Interessenkonflikt feststellen", sagte McCain.
Der US-Senat hatte schon am Mittwochabend die Weichen für eine härtere Gangart gegen Wirtschaftskriminalität gestellt, als Bush sie forderte. Einstimmig beschloss die Kammer, einen vorliegenden Gesetzentwurf mit verschärfenden Zusätzen zu versehen. Dabei berücksichtigten die Senatoren zum Teil Vorschläge, die Bush bei seiner Rede an der Wall Street gemacht hatte. Zum Teil gingen sie aber auch darüber hinaus. Dem Senatsgesetz stehen noch parlamentarische Hürden bevor.
Als würden die Enthüllungen über Bush nicht reichen, gab es am Donnerstag auch neue Informationen über Vizepräsident Dick Cheney. Gegen das von ihm früher geleitete Ölunternehmen Halliburton laufen derzeit eine Zivilklage und eine SEC-Prüfung wegen Bilanzmanipulation. Nun wird Cheney mit einem alten PR-Video der angeschlagenen Wirtschaftsprüfergesellschaft Andersen konfrontiert. Darin preist der Halliburton-Chef, die wegen des Enron-Skandals in Verruf geraten und wegen Aktenvernichtung verurteilte Firma.
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Stunde des Patrioten
Kämpfer
US-Senator John McCain ist als Kreuzzügler gegen die Machenschaften großer Konzerne bekannt. Sein letztes Projekt war die Reform der Wahlkampffinanzierung.
Politiker
Zudem gilt der patriotische Senator als Gegner von Präsident George W. Bush, der ihn im Wahlkampf 2000 bezwang. Jetzt kann McCain sich wieder profilieren.
© 2002 Financial Times Deutschland