WORLDSPACE
Börsendebütant mit Bin-Laden-Dollars
Mit seinem Nasdaq-Debüt verdiente das Satellitenradio WorldSpace an einem Tag 250 Millionen Dollar. Erst später kam heraus: An der Finanzierung beteiligt sind Saudis, die Terror-Verbindungen haben sollen - darunter Osama bin Ladens Schwager.
New York - Es war eine ziemlich erfolgreiche Premiere. Anfang des Monats debütierte der US-Satellitenradiokonzern WorldSpace an der New Yorker Tech-Börse Nasdaq. Die Aktie schloss gleich am ersten Tag, nach einem Zwischenhoch von 26 Dollar, mit 23,36 Dollar - 6,5 Prozent über dem IPO-Preis von 21 Dollar. Der Deal brachte dem Unternehmen 250 Millionen Dollar ein. Davon flossen rund 8 Millionen aufs Konto von CEO Noah Samarah, einem Unternehmer äthiopischer Herkunft.
So weit, so üblich. Das Bemerkenswerte liegt allerdings im Kleingedruckten. Und zwar im Kleingedruckten des Börsenprospekts, den WorldSpace bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht hatte. Dem fügte das Unternehmen kurz nach dem Börsengang ein paar Fußnoten hinzu: 193 Seiten mit neuen "Risikofaktoren" und "zuvor ausgelassenen Informationen". Darin findet sich, am Ende von Seite 28, eine ebenso lakonische wie explosive Warnung an alle WorldSpace-Interessenten: "Vorwürfe der Terrorismus-Verbindungen einiger unserer Anteilseigner könnten unseren Ruf und den Aktienpreis negativ beeinflussen."
WorldSpace erläutert gern. Bei diesen inkriminierten Anteilseignern, schreibt es in seinem Nachwort an die SEC, handele es sich um den saudischen Bankier Chalid bin Mahfuz - ein Schwager Osama bin Ladens - und Mitglieder seiner Familie sowie zwei seiner Geschäftspartner: die Multimilliardäre Mohammed al Amoudi und Salah Idris, beide ebenfalls Saudis. Letzterer war außerdem der Besitzer jenes Pharmawerks im Sudan, das die USA 1998 als mutmaßliche Chemiewaffenfabrik für bin Laden und seine Trupps bombardierten.
"Terroristen im Portfolio?"
Um bin Mahfuz - der in den neunziger Jahren gemeinsam mit Amoudi 1,1 Milliarden Dollar Startkapital für WorldSpace locker machte - schwirren wilde Gerüchte. Ein Bericht der Consultingfirma JBC an den Uno-Sicherheitsrat nannte ihn Ende 2002 einen der "saudischen Hauptsponsoren von al-Qaida". Auch ist er einer der Angeklagten in einem seit einiger Zeit laufenden Zivilverfahren von 9/11-Hinterbliebenen, die ihn ebenfalls als einen der "maßgeblichen finanziellen Drahtzieher" des Bin-Laden-Networks beschuldigen - Vorwürfe, die bin Mahfuz immer wieder abgestritten hat, was die Eingabe zur SEC ausdrücklich betont.
Trotzdem: Selbst WorldSpace gibt offen zu, dass so was nicht allzu gut aussieht und die "Reputation" des Hauses beeinträchtigen könnte. Anderen dürfte bin Mahfuz noch als einstiger Direktor der Bank of Credit & Commerce International (BCCI) bekannt sein, die 1991 in einem Milliardenskandal kollabierte. Bin Mahfuz zahlte später für seine Verwicklung in diese Affäre 225 Millionen Dollar an die US-Zentralbank, per außergerichtlicher Einigung.
"Terroristen im Portfolio?", schlagzeilte der alternative Börsendienst Motley Fool sofort, und das nur halb im Spaß. Wer will in so etwas investieren? Nachfrage besteht wohl: Gleich am ersten Tag stockte WorldSpace sein IPO-Angebot von 8,8 auf 11,9 Millionen Aktien auf.
"Erhebliche Schwächen und Mängel"
Keiner der Saudi-Kapitalgeber, so versichert WorldSpace, halte heute noch "direkte Anteile" oder "Stimmkontrollrechte" an dem Konzern, der 1990 mit arabischen Geldern gegründet wurde, um Entwicklungsländer in Afrika, Indien und im Nahen Osten mit Radio zu versorgen. Die saudische Beteiligung bestehe nur noch indirekt, über Zwischenfirmen. Über die hätten die Saudis allerdings bis 2015 Anspruch auf einen Gewinnanteil von zehn Prozent an allen WorldSpace-Umsätzen - sowie "beschränkte Beschluss- und andere Vertragsrechte".
Offenbar stieß niemandem an der Wall Street diese Nahost-Connection unangenehm auf. Die Schweizer Investmentbank UBS, die die IPO managte, schwört, den Deal auf Herz und Nieren geprüft zu haben. Der republikanische Ex-Senator Charles Mathias, ein Mitglied des WorldSpace-Boards, sagte der "Washington Post", er kenne die Verbindung zu den Saudis, sei aber beruhigt, dass diese durch die Firmenstruktur "ziemlich gut abgeschottet" sei.
Wobei WorldSpace selbst an einer anderen Stelle seiner IPO-Dokumentation ganz freimütig auf riesige Lücken in eben dieser Struktur hinweist. Rechnungsprüfer hätten "erhebliche Schwächen und signifikante Mängel in unseren internen Kontrollmechanismen identifiziert". Fürderhin operiere WorldSpace personell "mit sehr beschränkter Besetzung in Schlüsselfunktionen, etwa der Buchhaltung". Anleger seien gewarnt, sie könnten "ihre Investition teilweise oder ganz verlieren".
"Süßer Deal für die"
Und das läge nicht nur an den Saudis. Denn bei genauerem Hinsehen scheinen die das geringste Problem. Die letzte Abonnentenzahl, die WorldSpace offiziell angibt, ist 63.000 - weltweit. Das ist weit weniger als die 4,4 Millionen des US-Satellitensenders XM, dessen Gründung WorldSpace mitfinanziert hat - und liegt nach eigenem Eingeständnis beträchtlich unter dem, was nötig ist, damit das Geschäftsmodell Erfolg hat. allein im vergangenen Jahr fuhr der Konzern 577 Millionen Dollar Verluste ein. Ihre eigene Dramatik gewinnt die Zahl aber erst im Zusammenhang mit dem Umsatz: 8,5 Millionen Dollar.
Ein Jahr zuvor sah die das Verhältnis von Umsatz und Verlust nur wenig günstiger aus. 13 Millionen Dollar (Umsatz) standen 217 Millionen an Verlusten gegenüber. Insgesamt über die Jahre verteilt hat sich der Schuldenberg auf diese Weise peu à peu auf 2,1 Milliarden Dollar vergrößert.
Nochmals gefragt: Wer will in so etwas investieren? "Ich kann mir nicht vorstellen", wunderte sich der Branchenexperte Roger Rusch, "welcher ernsthafte Anleger in so ein Unternehmen einsteigen will." Ihn erinnert der "Boom" um WorldSpace, XM und dessen Hauptkonkurrenten Sirius statt dessen an die Tech- und Dotcom-Blase der neunziger Jahre. Firmen wie WorldSpace seien letztendlich nichts anderes als "Wohlfahrtsorganisationen" für deren Mehrheitsaktionäre. Das findet auch der Börsenkolumnist Seth Jayson: "Süßer Deal für die", warnt der. "Nicht so gut für Sie."
Doch inzwischen scheinen auch die Börsianer langsam Wind von der Sache bekommen zu haben. Nachdem das "Wall Street Journal" und sein Schwesterblatt "Barron's" (verspätet) über die ungewöhnliche Saudi-Verstrickung berichtet hatten, sackte der WorldSpace-Kurs Ende voriger Woche auf 19,80 Dollar.
Quelle: spiegel.de
...be invested
Der Einsame Samariter
Börsendebütant mit Bin-Laden-Dollars
Mit seinem Nasdaq-Debüt verdiente das Satellitenradio WorldSpace an einem Tag 250 Millionen Dollar. Erst später kam heraus: An der Finanzierung beteiligt sind Saudis, die Terror-Verbindungen haben sollen - darunter Osama bin Ladens Schwager.
New York - Es war eine ziemlich erfolgreiche Premiere. Anfang des Monats debütierte der US-Satellitenradiokonzern WorldSpace an der New Yorker Tech-Börse Nasdaq. Die Aktie schloss gleich am ersten Tag, nach einem Zwischenhoch von 26 Dollar, mit 23,36 Dollar - 6,5 Prozent über dem IPO-Preis von 21 Dollar. Der Deal brachte dem Unternehmen 250 Millionen Dollar ein. Davon flossen rund 8 Millionen aufs Konto von CEO Noah Samarah, einem Unternehmer äthiopischer Herkunft.
So weit, so üblich. Das Bemerkenswerte liegt allerdings im Kleingedruckten. Und zwar im Kleingedruckten des Börsenprospekts, den WorldSpace bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht hatte. Dem fügte das Unternehmen kurz nach dem Börsengang ein paar Fußnoten hinzu: 193 Seiten mit neuen "Risikofaktoren" und "zuvor ausgelassenen Informationen". Darin findet sich, am Ende von Seite 28, eine ebenso lakonische wie explosive Warnung an alle WorldSpace-Interessenten: "Vorwürfe der Terrorismus-Verbindungen einiger unserer Anteilseigner könnten unseren Ruf und den Aktienpreis negativ beeinflussen."
WorldSpace erläutert gern. Bei diesen inkriminierten Anteilseignern, schreibt es in seinem Nachwort an die SEC, handele es sich um den saudischen Bankier Chalid bin Mahfuz - ein Schwager Osama bin Ladens - und Mitglieder seiner Familie sowie zwei seiner Geschäftspartner: die Multimilliardäre Mohammed al Amoudi und Salah Idris, beide ebenfalls Saudis. Letzterer war außerdem der Besitzer jenes Pharmawerks im Sudan, das die USA 1998 als mutmaßliche Chemiewaffenfabrik für bin Laden und seine Trupps bombardierten.
"Terroristen im Portfolio?"
Um bin Mahfuz - der in den neunziger Jahren gemeinsam mit Amoudi 1,1 Milliarden Dollar Startkapital für WorldSpace locker machte - schwirren wilde Gerüchte. Ein Bericht der Consultingfirma JBC an den Uno-Sicherheitsrat nannte ihn Ende 2002 einen der "saudischen Hauptsponsoren von al-Qaida". Auch ist er einer der Angeklagten in einem seit einiger Zeit laufenden Zivilverfahren von 9/11-Hinterbliebenen, die ihn ebenfalls als einen der "maßgeblichen finanziellen Drahtzieher" des Bin-Laden-Networks beschuldigen - Vorwürfe, die bin Mahfuz immer wieder abgestritten hat, was die Eingabe zur SEC ausdrücklich betont.
Trotzdem: Selbst WorldSpace gibt offen zu, dass so was nicht allzu gut aussieht und die "Reputation" des Hauses beeinträchtigen könnte. Anderen dürfte bin Mahfuz noch als einstiger Direktor der Bank of Credit & Commerce International (BCCI) bekannt sein, die 1991 in einem Milliardenskandal kollabierte. Bin Mahfuz zahlte später für seine Verwicklung in diese Affäre 225 Millionen Dollar an die US-Zentralbank, per außergerichtlicher Einigung.
"Terroristen im Portfolio?", schlagzeilte der alternative Börsendienst Motley Fool sofort, und das nur halb im Spaß. Wer will in so etwas investieren? Nachfrage besteht wohl: Gleich am ersten Tag stockte WorldSpace sein IPO-Angebot von 8,8 auf 11,9 Millionen Aktien auf.
"Erhebliche Schwächen und Mängel"
Keiner der Saudi-Kapitalgeber, so versichert WorldSpace, halte heute noch "direkte Anteile" oder "Stimmkontrollrechte" an dem Konzern, der 1990 mit arabischen Geldern gegründet wurde, um Entwicklungsländer in Afrika, Indien und im Nahen Osten mit Radio zu versorgen. Die saudische Beteiligung bestehe nur noch indirekt, über Zwischenfirmen. Über die hätten die Saudis allerdings bis 2015 Anspruch auf einen Gewinnanteil von zehn Prozent an allen WorldSpace-Umsätzen - sowie "beschränkte Beschluss- und andere Vertragsrechte".
Offenbar stieß niemandem an der Wall Street diese Nahost-Connection unangenehm auf. Die Schweizer Investmentbank UBS, die die IPO managte, schwört, den Deal auf Herz und Nieren geprüft zu haben. Der republikanische Ex-Senator Charles Mathias, ein Mitglied des WorldSpace-Boards, sagte der "Washington Post", er kenne die Verbindung zu den Saudis, sei aber beruhigt, dass diese durch die Firmenstruktur "ziemlich gut abgeschottet" sei.
Wobei WorldSpace selbst an einer anderen Stelle seiner IPO-Dokumentation ganz freimütig auf riesige Lücken in eben dieser Struktur hinweist. Rechnungsprüfer hätten "erhebliche Schwächen und signifikante Mängel in unseren internen Kontrollmechanismen identifiziert". Fürderhin operiere WorldSpace personell "mit sehr beschränkter Besetzung in Schlüsselfunktionen, etwa der Buchhaltung". Anleger seien gewarnt, sie könnten "ihre Investition teilweise oder ganz verlieren".
"Süßer Deal für die"
Und das läge nicht nur an den Saudis. Denn bei genauerem Hinsehen scheinen die das geringste Problem. Die letzte Abonnentenzahl, die WorldSpace offiziell angibt, ist 63.000 - weltweit. Das ist weit weniger als die 4,4 Millionen des US-Satellitensenders XM, dessen Gründung WorldSpace mitfinanziert hat - und liegt nach eigenem Eingeständnis beträchtlich unter dem, was nötig ist, damit das Geschäftsmodell Erfolg hat. allein im vergangenen Jahr fuhr der Konzern 577 Millionen Dollar Verluste ein. Ihre eigene Dramatik gewinnt die Zahl aber erst im Zusammenhang mit dem Umsatz: 8,5 Millionen Dollar.
Ein Jahr zuvor sah die das Verhältnis von Umsatz und Verlust nur wenig günstiger aus. 13 Millionen Dollar (Umsatz) standen 217 Millionen an Verlusten gegenüber. Insgesamt über die Jahre verteilt hat sich der Schuldenberg auf diese Weise peu à peu auf 2,1 Milliarden Dollar vergrößert.
Nochmals gefragt: Wer will in so etwas investieren? "Ich kann mir nicht vorstellen", wunderte sich der Branchenexperte Roger Rusch, "welcher ernsthafte Anleger in so ein Unternehmen einsteigen will." Ihn erinnert der "Boom" um WorldSpace, XM und dessen Hauptkonkurrenten Sirius statt dessen an die Tech- und Dotcom-Blase der neunziger Jahre. Firmen wie WorldSpace seien letztendlich nichts anderes als "Wohlfahrtsorganisationen" für deren Mehrheitsaktionäre. Das findet auch der Börsenkolumnist Seth Jayson: "Süßer Deal für die", warnt der. "Nicht so gut für Sie."
Doch inzwischen scheinen auch die Börsianer langsam Wind von der Sache bekommen zu haben. Nachdem das "Wall Street Journal" und sein Schwesterblatt "Barron's" (verspätet) über die ungewöhnliche Saudi-Verstrickung berichtet hatten, sackte der WorldSpace-Kurs Ende voriger Woche auf 19,80 Dollar.
Quelle: spiegel.de
...be invested
Der Einsame Samariter
