Alan Greenspan ist einmal mehr der Mann der Woche an der Wall Street. Börsianer erwarten die Wende in der Zinspolitik. Für Entertainment werden die Rosenkrieger bei HP sorgen. Harte Konkurrenz machen ihnen allerdings die tragischen Andersen-Figuren, die ihre "Darth Vader"-Rolle verfluchen.
New York - Dienstag ist D-Day an der Wall Street. Alan Greenspan wird um 14:15 Uhr vor die Mikrofone treten und die Beratungsergebnisse des Federal Reserve Open Market Committees (FOMC) bekannt geben. Es könnte die lang erwartete Wende in der Zinspolitik sein. Nachdem die Federal Reserve im Rekordjahr 2001 die Zinsen elfmal gesenkt hat, scheint die Zeit gekommen, die Zügel wieder anzuziehen. Die Rezession ist in Greenspans Augen überstanden. Er wird diese Woche wahrscheinlich noch keine Zinserhöhung bekannt geben, zumindest aber den Ausblick für die US-Wirtschaft von "riskant" auf "neutral" ändern. Das wäre ein verlässliches Signal, dass Zinserhöhungen bevorstehen. Beobachter rechnen mit der ersten für Mai.
An der Börse dürfte die Entscheidung keine Überraschung auslösen. Börsianer hoffen allerdings darauf, dass Greenspan die Zügel noch ein wenig schleifen lässt. Die Hoffnung ist nicht unbegründet, denn eine der größten Sorgen der Notenbank sind die unverändert schwachen Unternehmensgewinne. Lässt sie die Zinsen niedrig, könnten sich die Preise und damit die Gewinnmargen leichter erholen.
Die erfreulichen Konjunkturdaten der letzten Zeit werden in den kommenden Wochen wieder von negativen Nachrichten überschattet: Die Zahlen fürs erste Quartal stehen an. Den Beginn machen diese Woche die Investmentbanken Goldman Sachs, Bear Sterns, Lehman Brothers und Morgan Stanley Dean Witter. Neben Gewinneinbrüchen erwarten Börsianer Details über weitere Massenentlassungen in ihrer kriselnden Branche. Auch in anderen Sektoren sieht es düster aus: 343 von 686 berichtenden Unternehmen, also die Hälfte, werden die Erwartungen nicht erfüllen, erwarten die Analysten laut Thomson Financial/First Call. Mit Gewinnwarnungen ist also zu rechnen.
An den Märkten wird es Händlern zufolge weiter unübersichtlich zugehen. Kein klarer Trend ist zu erkennen. Die Kluft, die sich vergangene Woche zwischen Dow Jones und Nasdaq aufgetan hat, könnte sich diese Woche weiter öffnen. Die enttäuschenden Ausblicke der Tech-Schwergewichte Intel und Lucent zeigen, dass es mit der vermeintlichen Erholung des Technologie-Sektors doch nicht so weit her ist.
Dienstag ist auch D-Day bei Hewlett-Packard. Nach fünf Monaten Rosenkrieg zwischen HP-Chefin Carly Fiorina und Gründersohn Walter Hewlett stimmen die Aktionäre endlich über die Fusion mit Compaq ab. Doch damit ist die teuerste und beste Unterhaltungsshow der Fusionsgeschichte noch lange nicht zu Ende: Sobald die letzte Stimmkarte bei der Aktionärsversammlung im Flint Center im kalifornischen Cupertino abgegeben ist, wird die Firma IVS alle Karten in ihr Büro an die Ostküste verfrachten. Dort werden sie per Hand ausgezählt. Je nachdem, wie viele Aktionäre mitgestimmt haben, kann sich das Tage hinziehen. HP hat 900.000 Aktionäre.
Damit wäre die nächste Folge der Seifenoper eröffnet: Beide Seiten werden behaupten, den Sieg in der Tasche zu haben. Täglich wird es neue, an den Haaren herbeigezogene Endstände geben. Nach einigen Tagen wird IVS eine vorläufige Entscheidung bekannt geben. Sollte die Abstimmung knapp ausfallen, was erwartet wird, könnte der Prozess einen ähnlichen Verlauf nehmen wie die US-Präsidentschaftswahl 2000. Zunächst würde sich eine Debatte um die Korrektheit der Stimmzettel entzünden, ein Nachzählen wäre so gut wie sicher, schließlich könnte der Verlierer vor Gericht ziehen.
Sollten beide Seiten im HP-Krieg wider Erwarten diese Woche still halten, dann gäbe es immer noch Ersatz. Das nächste Unternehmensdrama, dies allerdings eine Tragödie, hat bereits begonnen: Am vergangenen Donnerstag klagte das Justizministerium die Enron-Wirtschaftsprüfer Arthur Andersen an. Der Vorwurf: Die 85.000-Mitarbeiter-Firma habe im Enron-Fall die Justiz behindert. Andersen wird am Mittwoch vor einem Richter in Houston auf nicht schuldig plädieren und einen schnellen Prozessbeginn innerhalb von 70 Tagen beantragen. Die Andersen-Vertreter schäumen: Das Justizministerium habe die ganze Firma zum "Darth Vader", dem Inbegriff des Bösen, erklärt. Das sei schlichter Machtmissbrauch. Nur einzelne Mitarbeiter seien zur Verantwortung zu ziehen.
Doch das wirkliche Drama findet nicht vor dem Gericht statt: Bereits jetzt haben zwei Prozent der Mandanten Andersen den Rücken gekehrt, täglich werden weitere abspringen. Bei den anstehenden Hauptversammlungen werden viele Unternehmensführungen ihren Aktionären vorschlagen, den Wirtschaftsprüfer zu wechseln. Es ist eine Eigendynamik, wie es sie sonst nur an der Börse gibt. Und es sieht nicht so aus, als könnte Andersen den Crash verhindern.
New York - Dienstag ist D-Day an der Wall Street. Alan Greenspan wird um 14:15 Uhr vor die Mikrofone treten und die Beratungsergebnisse des Federal Reserve Open Market Committees (FOMC) bekannt geben. Es könnte die lang erwartete Wende in der Zinspolitik sein. Nachdem die Federal Reserve im Rekordjahr 2001 die Zinsen elfmal gesenkt hat, scheint die Zeit gekommen, die Zügel wieder anzuziehen. Die Rezession ist in Greenspans Augen überstanden. Er wird diese Woche wahrscheinlich noch keine Zinserhöhung bekannt geben, zumindest aber den Ausblick für die US-Wirtschaft von "riskant" auf "neutral" ändern. Das wäre ein verlässliches Signal, dass Zinserhöhungen bevorstehen. Beobachter rechnen mit der ersten für Mai.
An der Börse dürfte die Entscheidung keine Überraschung auslösen. Börsianer hoffen allerdings darauf, dass Greenspan die Zügel noch ein wenig schleifen lässt. Die Hoffnung ist nicht unbegründet, denn eine der größten Sorgen der Notenbank sind die unverändert schwachen Unternehmensgewinne. Lässt sie die Zinsen niedrig, könnten sich die Preise und damit die Gewinnmargen leichter erholen.
Die erfreulichen Konjunkturdaten der letzten Zeit werden in den kommenden Wochen wieder von negativen Nachrichten überschattet: Die Zahlen fürs erste Quartal stehen an. Den Beginn machen diese Woche die Investmentbanken Goldman Sachs, Bear Sterns, Lehman Brothers und Morgan Stanley Dean Witter. Neben Gewinneinbrüchen erwarten Börsianer Details über weitere Massenentlassungen in ihrer kriselnden Branche. Auch in anderen Sektoren sieht es düster aus: 343 von 686 berichtenden Unternehmen, also die Hälfte, werden die Erwartungen nicht erfüllen, erwarten die Analysten laut Thomson Financial/First Call. Mit Gewinnwarnungen ist also zu rechnen.
An den Märkten wird es Händlern zufolge weiter unübersichtlich zugehen. Kein klarer Trend ist zu erkennen. Die Kluft, die sich vergangene Woche zwischen Dow Jones und Nasdaq aufgetan hat, könnte sich diese Woche weiter öffnen. Die enttäuschenden Ausblicke der Tech-Schwergewichte Intel und Lucent zeigen, dass es mit der vermeintlichen Erholung des Technologie-Sektors doch nicht so weit her ist.
Dienstag ist auch D-Day bei Hewlett-Packard. Nach fünf Monaten Rosenkrieg zwischen HP-Chefin Carly Fiorina und Gründersohn Walter Hewlett stimmen die Aktionäre endlich über die Fusion mit Compaq ab. Doch damit ist die teuerste und beste Unterhaltungsshow der Fusionsgeschichte noch lange nicht zu Ende: Sobald die letzte Stimmkarte bei der Aktionärsversammlung im Flint Center im kalifornischen Cupertino abgegeben ist, wird die Firma IVS alle Karten in ihr Büro an die Ostküste verfrachten. Dort werden sie per Hand ausgezählt. Je nachdem, wie viele Aktionäre mitgestimmt haben, kann sich das Tage hinziehen. HP hat 900.000 Aktionäre.
Damit wäre die nächste Folge der Seifenoper eröffnet: Beide Seiten werden behaupten, den Sieg in der Tasche zu haben. Täglich wird es neue, an den Haaren herbeigezogene Endstände geben. Nach einigen Tagen wird IVS eine vorläufige Entscheidung bekannt geben. Sollte die Abstimmung knapp ausfallen, was erwartet wird, könnte der Prozess einen ähnlichen Verlauf nehmen wie die US-Präsidentschaftswahl 2000. Zunächst würde sich eine Debatte um die Korrektheit der Stimmzettel entzünden, ein Nachzählen wäre so gut wie sicher, schließlich könnte der Verlierer vor Gericht ziehen.
Sollten beide Seiten im HP-Krieg wider Erwarten diese Woche still halten, dann gäbe es immer noch Ersatz. Das nächste Unternehmensdrama, dies allerdings eine Tragödie, hat bereits begonnen: Am vergangenen Donnerstag klagte das Justizministerium die Enron-Wirtschaftsprüfer Arthur Andersen an. Der Vorwurf: Die 85.000-Mitarbeiter-Firma habe im Enron-Fall die Justiz behindert. Andersen wird am Mittwoch vor einem Richter in Houston auf nicht schuldig plädieren und einen schnellen Prozessbeginn innerhalb von 70 Tagen beantragen. Die Andersen-Vertreter schäumen: Das Justizministerium habe die ganze Firma zum "Darth Vader", dem Inbegriff des Bösen, erklärt. Das sei schlichter Machtmissbrauch. Nur einzelne Mitarbeiter seien zur Verantwortung zu ziehen.
Doch das wirkliche Drama findet nicht vor dem Gericht statt: Bereits jetzt haben zwei Prozent der Mandanten Andersen den Rücken gekehrt, täglich werden weitere abspringen. Bei den anstehenden Hauptversammlungen werden viele Unternehmensführungen ihren Aktionären vorschlagen, den Wirtschaftsprüfer zu wechseln. Es ist eine Eigendynamik, wie es sie sonst nur an der Börse gibt. Und es sieht nicht so aus, als könnte Andersen den Crash verhindern.