Biotech Check - ...

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Biotech Check - ...

 
25.07.02 13:32

... den Pessimismus nicht regieren lassen

In den letzten zwölf Monaten ist der europäische Biotech-Sektor um fast 27 Prozent zurückgegangen. Die Branche war allerdings immer stark von Wellen des Optimismus und Pessimismus gekennzeichnet. Für die gegenwärtige schwache Performance gibt es verschiedene Gründe: Hochfliegende Bewertungen aus den Jahren 2000/01 werden nun korrigiert, "techno-geschädigte" Investoren sind weitaus weniger risikofreudig und verschiedene Enttäuschungen bei jüngsten Produktentwicklungen haben das Sentiment verschlechtert.

Die Analysten der Investmentbank JP Morgan gehen davon aus, dass Biotech sich erst im Zuge einer allgemeinen Tech-Erholung wieder berappeln wird. Bei kleineren Marktteilnehmern wie Actelion oder PowderJect rät JP Morgan darauf zu achten, dass diese Unternehmen gewinnbringend arbeiten, bzw. ausreichende Mittel haben, um die Profitabilität zu erreichen und dass die Gefahr für negativen Newsflow so gering wie möglich ist.


Vorsicht vor Generalangriffen!

Doch Analysten haben es derzeit schwer, Anleger davon zu überzeugen, nicht das Biotech-Handtuch zu werfen. Das Sentiment gegenüber der Branche war noch nie so schlecht. Hinzu kommt, dass verschiedene Industriebeobachter nun überkritisch geworden sind und den grundsätzlichen Wert des Sektors bei der Medikamentenentwicklung in Frage stellen.

Bei solchen Generalangriffen aber sollten Anleger höchste Vorsicht walten lassen. Denn Biotech hat sich als Branche fest etabliert und kann nicht mehr einfach verschwinden oder vom Pharmasektor geschluckt werden. Trotz verschiedener enttäuschender Produktnachrichten in der letzten Zeit, waren durchaus nicht alle News negativ. Und bei der gegenwärtigen niedrigen Bewertung könnte das Erreichen neuer Meilensteine die Branche schneller als erwartet wieder hoffähig machen.


Gute fundamentale Situation

Zugegeben, die Merger & Acquisition-Welle im vierten Quartal 2001 weckte Erholungshoffnungen, die sich dann nicht einlösten. Grund war vor allem ein negativer Newsflow bei zahlreichen Unternehmen, deren Produkte es nicht bis zur Marktreife schafften, darunter ImClone, ViroPharma oder Oxford Glycosciences.

Doch Anleger sollten auch hinter die Kulissen blicken. Die fundamentale Situation der Branche ist besser als vor drei Jahren. Während des Booms im Jahr 2000 haben viele Unternehmen ein beachtliches Kapital angehäuft, so dass ihre Chancen, die Profitabilität zu erreichen nun besser sind als 1999. Genannt seien hier nur Cambridge Antibody, das 90 Millionen Pfund aufbrachte und Oxford Glycosciences mit 150 Millionen Pfund.


FDA fährt strikten Sicherheitskurs

Ein Dorn im Auge ist der Branche die US-Zulassungsbehörde für Medikamente, die Food & Drug Administration (FDA). Neuerdings gibt sich die Organisation bei Neuzulassungen mehr als zurückhaltend. Nachdem in den letzten fünf Jahren 15 Medikamente wieder vom Markt genommen werden mussten, hat sich die FDA nun Sicherheit auf ihre Fahnen geschrieben. Bekanntester (Rein)Fall war Bayers Baycol. Die Analysten bei SG Securities weisen zudem darauf hin, dass der US-Kongress jetzt eine strikte Politik gegen unsichere Medikamente fährt und starken Druck auf die FDA ausübt. Unter dem Strich heißt dies, dass die Branche trotz einer starken Pipeline weniger Zulassungen sehen wird. Und das ist ja schließlich auch im Sinne der Verbraucher.

Niemandem dienen allerdings die organisatorischen und bürokratischen Probleme der FDA. Besonders im Center for Biologics Evaluation and Research mangelt es an qualifiziertem Führungspersonal. Dieses Problem hat nach Ansicht von SG Securities alle Entscheidungsprozesse in der Abteilung negativ beeinflusst oder aufgehalten. "Das Center verliert zuweilen die wichtigen Zulassungsprozesse aus den Augen und beschäftigt sich endlos mit trivialen Details", so die Analysten.

Der Misere will Präsident Bush nun ein Ende machen. Am 12. Juni wurde ein neues Gesetz erlassen, das die Zulassungskosten für neue Medikamente von 310 000 Dollar auf 400 000 erhöht. Mit den Mehreinnahmen sollen rund 400 zusätzliches Personal eingestellt und Zulassungen auf diese Weise schneller abgearbeitet werden.


Es bedarf nur eines Funkens...

Klingt erstmal gut. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass bei Biotechs klinische Enttäuschungen immer die Erfolge überwiegen werden. Das hat mit den langen Entwicklungszeiten und dem hohen Risiko eines Fehlschlags bis ins letzte Teststadium hinein zu tun. Im gegenwärtigen Konjunkturklima ist ein solches Risikoprofil verständlicherweise bei vielen Investoren nicht besonders beliebt.

Einen guten Grund für den negativen Produkt-Newsflow im ersten Halbjahr 2002 gibt es nicht. SG Securities geht daher auch davon aus, dass diese Entwicklung sich im zweiten Halbjahr umkehren wird. Die Geschichte des Sektors hat gezeigt, dass gute Nachrichten oft in Wellen auftreten. Hinzu kommt, dass es wegen des hohen Umsatzpotenzials, das mit einem einzigen Medikament verbunden ist, oft nur eines Erfolgs bedarf, um die Branche wieder zu beleben. So wurde ein Großteil des Booms in den späten Neunzigern durch nur drei Medikamente - Enbrel, Rituxan und Synagis - ausgelöst.

Kritiker könnten hier einwenden, dass Anleger seitdem aber so einiges dazugelernt haben. Das steht außer Frage. Auf der anderen Seite ist das Pipeline-Potenzial jedoch mittlerweile weitaus größer und damit steigen die Chancen auf neue Produkterfolge.


Mehr Risikofreude gefragt

Die Analysten von Morgan Stanley halten die Branche auf eine Sicht von 12 bis 18 Monaten denn auch für attraktiv. Ihrer Ansicht nach sollten Investoren verschiedene Faktoren im Auge behalten:
  • die Pharmaindustrie muss einen Boden erreichen (auch wenn Biotech nicht ganz von einer Rallye bei Pharma-Aktien abhängt)

  • Anleger müssen wieder risikofreudiger werden (mit einem weniger defensiven Anlageverhalten können Biotechs attraktive und hohe Wachstumschancen bieten)

  • eine Rallye bei US-Biotech-Aktien belebt die europäische Branche (mit einem positiveren Newsflow über den Sommer)

Nicht zu vergessen, dass die Unternehmen nun ihre Fähigkeit, tatsächlich erfolgreiche Medikamente entwickeln zu können, unter Beweis stellen müssen. Nur so können sie nach Ansicht von Morgan Stanley das Vertrauen der Anleger wieder zurückgewinnen. Doch wurden positive News in der ersten Hälfte 2002 "unfairerweise" von Enttäuschungen überschattet, so die Analysten.


Anleger bleiben am Ball

Für Produkterfolge ist aber ausreichende Forschung nötig und die kostet Geld. Ende 1998 hatte ein durchschnittliches Biotech-Unternehmen 43 Millionen Dollar an Cash. Ende 2001 waren es 128 Millionen. Die Investitionen für Forschung und Entwicklung steigen jährlich um 22 Prozent. Hochqualifizierte Kräfte aus der Pharmaindustrie wechseln in die Biotech-Forschung über.

All dies sind klare Wachstumstreiber für die Branche. "Anleger, die jetzt in Biotechs investieren, werden mehr belohnt als je zuvor" verkündet SG Securities. Das mag vielleicht ein bisschen hochgegriffen sein, doch die Vielzahl der Investoren, die der Branche weiterhin mit großem Interesse folgen, spricht letzten Endes für sich.
multexinvestor


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