20.12.2008 05:00
Auer von Welsbach: "Am 23. Dezember entscheidet sich unsere Zukunft"
Investor Wolfgang Auer-Welsbach über die Krise in seinem Unternehmen, sein reines Gewissen gegenüber Anlegern, wie Jörg Haider hätte helfen können und die Zukunft seines Lebenswerks.
Herr Auer-Welsbach, wie geht es Ihnen persönlich in der Krise Ihres Unternehmens?
WOLFGANG AUER-WELSBACH: Gesundheitlich ging es mir schon besser. Aber es geht aufwärts. Geschäftlich: Die Sanierungsschritte für die AvW laufen, aber es wird einem schwer gemacht. Nur ein Beispiel: Als bekannt wurde, dass die Grundstücke verplombt wurden, ist der Wert der Aktie um 70 Prozent gefallen.
Im Halbjahresbericht 2008 kündigen Sie einen Rekordgewinn an. Wie wird das Ergebnis 2008?
AUER-WELSBACH: Wir werden sicher einen Verlust machen. Wenn dieser Kriminalfall nicht eingetreten wäre, hätten wir sicher ein gutes Ergebnis erzielt, keine Frage. Wir haben jetzt mit 3,3 Millionen Euro die höchste Sonderdividende in der Firmengeschichte bekommen.
Was passiert mit diesem Geld?
AUER-WELSBACH: Das Geld ist in die AvW Invest geflossen. Und wenn die AvW Invest positiv da steht, wirkt sich das auch positiv auf den Kurs der Gruppe und des Genussscheins aus. Wir werden auch nächste Woche eine Beteiligung abgeben, was schon länger geplant war. Auch dieses Geld fließt in die AvW Invest.
Der Rückkauf der Genussscheine ist bis auf weiteres sistiert. Wann planen Sie wieder mit dem Rückkauf zu beginnen?
AUER-WELSBACH: Es ist unser Ziel das wieder zu erreichen und wir werden das dann bekannt geben.
2009 oder irgendwann?
AUER-WELSBACH: Das wissen wir noch nicht.
Derzeit notiert der Genussschein an der Frankfurter Börse bei 870 Euro. Zur besten Zeit waren es über 3000 Euro. War der innere Wert tatsächlich so hoch?
AUER-WELSBACH: Selbstverständlich, der war sogar höher. Jetzt ist der innere Wert bei 500 oder 600 Euro. Der Wert berechnet sich an der Summe der Beteiligungen.
Anlegerschützer haben Ihrem Haus Intransparenz vorgeworfen und argumentiert Sie hätten den Kurs festgesetzt.
AUER-WELSBACH: Wir haben uns nach dem Wert an der Börse gerichtet. Und für eine Beteiligungsgesellschaft waren wir sehr transparent. Beteiligungen in Deutschland haben wir ab drei Prozent bekannt gegeben, österreichische ab fünf Prozent. Die waren aktuell auf der Homepage.
Und die Scheine haben Sie so gut wie immer zurückgekauft?
AUER-WELSBACH: Wir haben geschaut, dass sich der innere Wert nicht zu sehr nach oben oder unten spiegelt.
Wieso waren 50 Millionen Euro, die Ihnen im September auf einmal gefehlt haben dann ein so ein Problem für eine 450 Millionen Euro Gesellschaft? Liegt das Problem nicht eher darin, dass Ihnen neue Investoren fehlen?
AUER-WELSBACH: Nein, aber durch diesen ersten Schaden hat eine Welle des Verkaufsdrucks eingesetzt. Alle unsere Beteiligungen sind runter gegangen. Alleine durch Kursverluste wurde der Wert der Gruppe um 100 Millionen Euro nach unten gedrückt. Wir waren heuer tip-top mäßig unterwegs, wollten über 15 Millionen Euro Gewinn machen, eine Dividende auszahlen. Aber hier arbeitet der ganze Markt bewusst gegen uns. Wir kriegen jeden Tag Mails: "Wir helfen Ihnen und kaufen Ihr Aktienpaket." Na, der hilft niemandem!
Zum Fall Harald K. Sein Schreibtisch war fünf Schritte von Ihrem entfernt. Wie konnte er solche Geschäfte verheimlichen?
AUER-WELSBACH: Ich habe Ende Juni erfahren, dass ich eine schwere Krankheit habe und eine Zeit lang ausfallen werde. Da begann es.
Kein Vier-Augen-Prinzip?
AUER-WELSBACH: Das gab es und die Transaktionen hätte die Bank nicht durchführen dürfen. Während meiner Abwesenheit sind im September gegen meine Order Millionen Geschäfte getätigt worden. Ich habe vorgesorgt und einen zweiten Prokuristen bestellt, dadurch bekam K. Panik. Eine Million RHI Aktien war auf einmal weg.
Gibt's diese eine Million RHI Aktien wieder?
AUER-WELSBACH: Nicht bei uns. Aber man muss sich das mal vorstellen. Er hat mit einem Wertkartenhandy telefoniert und so Dinge. Hätte mein Sohn nicht die Chats auf dem Computer gefunden, wären wir noch dümmer als heute. Uns sagt weder die Staatsanwaltschaft noch die FMA was.
Neben Ihnen sind noch Reinhold Oblak und Ihre Gattin Vorstände. Haben die nichts gemerkt?
AUER-WELSBACH: Die sind dafür nicht zuständig.
Es gibt eine Gesamtverantwortung des Vorstandes!
AUER-WELSBACH: Ja, aber es ist auch denen nichts aufgefallen.
Wo legt die AvW Privatstiftung ihr Vermögen an?
AUER-WELSBACH: Da gibt es abgesehen von diesem Haus und AvW-Aktien kein Vermögen, bei dem es sich lohnt es anzulegen.
Auch von Ihnen wurde kommuniziert, der AvW-Genusschein ist so sicher wie ein Sparbuch. Machen Sie sich selbst Vorwürfe Kunden zu wenig aufgeklärt zu haben?
AUER-WELSBACH: Das Anleger Profil wurde vom Kunden selbst ausgefüllt. Über die Risikos wurde informiert. Bei den Vermittlern war es nicht so, dass wir alle genommen haben, die Leute mussten Fachwissen haben.
Bei einer Anlegerveranstaltung hatten wir das Gefühl, die Leute haben keine Ahnung davon, was sie da in Händen halten.
AUER-WELSBACH: Das glaube ich nicht. Jeder wusste wir sind eine Beteiligungsgesellschaft, es gibt den Substanzgenusschein und der ist KeSt frei.
Sie glauben alle 12.000 Kunden wussten, worauf sie sich einlassen?
AUER-WELSBACH: Davon bin ich 100 prozentig überzeugt. Wir haben auch über 50 Millionen ausbezahlt. Jedes Wertpapier kann steigen und fallen - dieser Satz stand immer darunter.
Nur stieg ihr Papier konstant um 13 Prozent. Da dachte keiner nach.
AUER-WELSBACH: Die Entwicklung des Wertpapiers war gut. Wir haben immer größere Beteiligungen bekommen.
Was wollten Sie eigentlich von Jörg Haider am Tag vor dessen Tod? Eine Landeshaftung?
AUER-WELSBACH: Entweder das, oder das Land wäre miteingestiegen als Beteiligter. Wir sprachen über eine Summe von 30 Millionen Euro mit denen wir die Kunden ausbezahlen hätten können.
Da haben Sie nicht mit einem landesweiten Aufschrei gerechnet?
AUER-WELSBACH: Er hätte da sicher noch positive Stimmung machen können und für sich selbst perfekt verkauft. Schließlich geht es da ja um Kleinanlegerschutz.
Rechnen Sie mit vielen Klagen von Anlegern?
AUER-WELSBACH: Derzeit haben wir zwei Aktiv-Klagen, die AWD 4000. Aber wir werden auch Klagen gegen gewisse Anwälte, Banken und Gesellschaften vorbereiten wo wir eine schwere Schädigung der Gesellschaft sehen und die Schädigung für die Kunden gegeben ist. Denn es formiert sich auch auf Anleger Seite etwas gegen diese Anwälte, die nur ein Show-Programm abliefern.
Sie werden in einem Verfahren als Beschuldigter geführt.
AUER-WELSBACH: Ich habe vor Gutachter Fritz Kleiner ausgesagt und das war es dann.
Anfang Oktober gab es auffallend viele Genussschein Rückkäufe. Wurden hier nahestehende Personen noch rechtzeitig mit ihrem Geld bedient?
AUER-WELSBACH: Das stimmt nicht, auf keinen Fall! Bis 9. Oktober haben wir Rückscheine zurück genommen. Es haben auch später noch viele Leute Genusscheine gekauft und wir hätten die 2,2 Millionen Euro, die wir so eingenommen haben, auch behalten können. Wir haben mit dem Regierungskommissär aber geklärt, dass wir dieses Geld zurück geben. Ich wollte dieses Geld nicht behalten.
Wie sind die Reaktionen, die Sie von Kunden bekommen?
AUER-WELSBACH: 50 Prozent der Kunden stehen hinter uns und sagen: "Ihr macht's das wieder. Ihr habt damals 13 Jahre gebraucht um so weit zu kommen. Jetzt warten wir wieder." In ein bis zwei Jahren sehen wir die Entwicklung wieder deutlich positiver.
Was sind die nächsten Schritte?
AUER-WELSBACH: Derzeit läuft eine Forderung gegen die Capital Bank. Wir verlangen 38 Millionen Euro. Am 23.Dezember endet die Frist, das entscheidet über unsere Zukunft.
THOMAS CIK, GEORG HOLZER
Kleine Zeitung, Kärnten, Österreich
An der Börse gibts nur Schmerzensgeld erst kommen die Schmerzen, dann das Geld! (André Kostolany)