BASEL II - Freibrief für Banken zur Abzocke

Beiträge: 21
Zugriffe: 978 / Heute: 1
lucy:

BASEL II - Freibrief für Banken zur Abzocke

 
27.11.02 09:06
"Im Dienste des Vertrauens"- lautet der heutige Leitartikel der Salzburger Nachrichten.
Gemeint ist die gestrige Veranstaltung in der Residenz Salzburg.
Mit dabei: Oberbank, österr.Nationalbank, Steuerberater, Kreditversicherer KSV, aber kein Vertreter der Betroffenen - die Mittelständische - und Kleinwirtschaft.
Kurzum: BASEL II schreibt die Erhöhung des Eigenkapitals von Banken auf mind. 8% vor.
Viele Banken liegen sowohl in Österreich  als auch in der BRD einiges hinter diesem Wert. Man möchte einem drohenden Imageverlust durch Bankenkonkurse vorbeugen. Um diese Eigenmittelanteile ganz flott auf die 8% zu bringen, durfen kapitalschschwache und notleidende Betriebe mithelfen. Denen werden ganz legal die Zinsen erhöht. Vorher wünschen sich die Banken natürlich eine ehrliche Offenlegung aller Vermögensverhältnisse. Ob Aktiendepot im Ausland, kleines Grundstück in München oder Mallorca, geheimes Sparbuch in Österreich ?
Bitte, Bitte liebe Kleinbetriebler, wollt ihr weiter billiges Geld ? Dann offenlegen !
Nicht erwähnt wurden die Goldburgen der Banken, in welchen ja schon das Geld der Betroffen drinnensteckt.
Teilweise bis zu 18 Monats-Spitzengehälter für die armen Banker, Sonderzahlungen, Bilanzgelder, tolle Betiebspensionen, Frühpensionen, Weltspartagprämien, billigste Eigenkredite, usw, usw....
Jetzt werden wieder richtig die Zinsen erhöht-
BASEL 2 ist schuld, Basel 2, Basel 2, Basel 2, Basel 2 . . . . .
nicht wir - die Banken  !!!  
loge:

Geschwätz!

 
27.11.02 10:13
MIt Fehlinformationen unterlegtes Gejammere.

Banken sind Wirtschaftsunternehmen und ihren Aktionären verpflichtet und keine karitativen Einrichtungen zur Unterstützung schlechter Geschäftsideen. Das versteht jedes Kind.

Und nochmal für Opa Kasulke: Banken verleihen das Geld ihrer Kunden an andere Kunden - sie drucken kein Geld. Da ist es ja wohl klar, dass sie vorher einschätzen wollen, ob sie das Geld vielleicht auch zurückbekommen. Und wohl einigermaßen einleuchtend, daß Kunden mit weniger Bonität (=Rückzahlwahrscheinlichkeit) höhere Zinsen zahlen.
lucy:

Nur das Banken jahrelang über ihre Verhältnisse

 
27.11.02 14:25
gewirtschaftet haben - wieso steht davon nichts in den BASEL II Papieren. Wurden  die Glaspaläste nicht hauptsächlich von Krediterträgen finaziert.
Jetzt dürfte den Expansionsgelüsten der banken zumindest einmal Einhalt geboten werden.
Man kann die 8% Eigenkapital auch über Sparen erreichen- nicht über Erhöhungen von Zinsen und Gebühren.
Dixie:

Basel II

 
27.11.02 14:59
ist keine Erfindung der Banken, liebe Lucy.
Im Gegenteil, auf den Stress und Ärger, der da auf die zukommt, würden sie gerne verzichten. Wenn da nicht das BaFin wäre, das in solchen Dingen keinen Spaß versteht....
loge:

Absurd.

 
27.11.02 14:59
Welches Unternehmen spart, um den Gewinn an die Kunden auszuschütten?

Die bösen Automobilhersteller: sollen mal lieber sparen, dann kann der Carrera für 20.000 Euro angeboten werden. Wurden die Glaspaläste nicht von den Verkaufserlösen bezahlt?!

Was für ein Kaese. Marktwirtschaft mit Kommunismus verwechselt.
sir charles:

@luzy du lebst scheinbar auf den Mond o. T.

 
27.11.02 15:04
Kritiker:

Die Paläste der Banken ...

 
27.11.02 15:18
.. dienen zur Anlage der Kundengelder und zur Sicherheit. Möchte jemand, daß seine Spargroschen in Kartenhäuschen gesteckt werden?
Viele Banken sowie Versicherungen machen wichtige Teile ihrer Gewinne durch Vermieten ihrer "Paläste"! Ständig werden Immobilien als gute Geldquelle gepriesen, doch die Banken sollen hier danebenstehen?
Würde jemand von Euch zu einer Bank gehen, die in einem Kiosk arbeitet?? - Kritiker.
J.R. Ewing:

Kreditpolitik der Banken

 
27.11.02 15:31
Auch wenn die Aussagen von Lucy an einigen Stellen sicher übertrieben sind, wenn es um die Kreditvergabepolitik der Banken in Deutschland geht, dann ist da schon viel Wahres dran. Gerade deutsche Banken sind extrem konservativ wenn es um Geld für den Mittelstand und vor allem für Existenzgründer geht. Deshalb laufen auch viele gutgemeinte Förderprogramme des Staates schlicht ins Leere, denn die Ausgabe des Geldes erfolgt eben immer über die Banken, und die geben die reichlich vorhandenen Mittel schlicht nicht weiter. Denn wer nicht umfangreiche Sicherheiten mitbringt, kann sich den Weg zu seinem Geldinstitut gleich sparen.

Und im Zusammenhang mit der Bankenbranche in Deutschland von Marktwirtschaft zu sprechen, wie es @loge tut, halte ich angesichts der enormen Konzentration in diesem Sektor denn doch für ziemlich gewagt.

Wenn es um die Förderung von Mittelstand und Existenzgründern geht, sollte der Staat die Fördergelder direkt an die Selbständigen geben. Andernfalls düfte der Aufschwung in Deutschland, der im wesentlichem am Mittelstand hängt, noch geraume Zeit auf sich warten lassen.

J.R.
Dixie:

Die Rahmenbedingungen

 
27.11.02 15:37
für die Kreditvergabe werden den Banken aufsichtsrechtlich fest vorgeschrieben. Und wehe, ein Institut verstößt dagegen. Dann wird den Verantwortlichen durch das BaFin kräftig auf die Finger geklopft. (Die schreiben übrigens in der Ich-Form. Dass der Brief-Empfänger nicht aufgefordert wird, beim Lesen gefälligst niederzuknien, fehlt da nur noch)
loge:

Marktwirtschaft

 
27.11.02 15:47
Wenn eine Bank meint ein gutes Geschäft machen zu können, macht sie auch eins. Wenn eine Bank denkt, sie bekommt ihr Geld nicht wieder, sollte sie auch keins verleihen. Reichlich vorhandene Mittel, die nicht weiter gegeben werden - was soll das sein? Eine Bank vergibt auch keine Fördergelder. Soll doch der Staat gleich Fördergelder mit der Giesskanne verteilen - mir scheint, der Staat hat ja genug Geld - gerade jetzt;-)

Übrigens gibt es in D wesentlich mehr Banken als Automobilhersteller. Also auch im Automobilbereich keine Marktwirtschaft? Aha.
J.R. Ewing:

Mittelstandsförderung und Marktwirtschaft

 
27.11.02 19:36
Fragt sich nur, wie ein einfacher Bankangestellter in der Kreditabteilung irgendeiner beliebigen Kleinstadtbank Projekte unterschiedlichster Art seriös beurteilen will. Gerade bei neuen Ideen ist es schon für den Unternehmer selbst ungemein schwierig, zuverlässige Erfolgsprognosen anzustellen. Die Banken jedenfalls wollen jeden Euro, der als Kredit beantragt wird, zu 100% abgesichert wissen und zeigen - und das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen - derzeit so gut wie keine Risikobereitschaft, was natürlich auch mit den Fehlspekulationen der Geldinstitute an den Kapitalmärkten in den letzten Jahren zu tun hat. Angesichts der massiven Verluste, die von den Banken wegen des Crashs an den Börsen eingefahren wurden, ist man in den Vorstandsetagen übervorsichtig geworden.

Viele Menschen jedenfalls, die sich selbständig machen wollen, scheitern wegen der konservativen Haltung der Banken heute bereits an der Mittelbeschaffung.Und wer das nicht glaubt, der kann sich gerne einmal bei seiner örtlichen IHK erkundigen. Die kennen das Problem nur allzu gut. In der Politik wird deshalb immer wieder einmal über eine staatliche Mittelstandsbank nachgedacht, um das Monopol der Hausbanken bei der Kreditvergabe an den Mittelstand aufzuweichen. Aber das dürfte wegen des starken Einflusses der privaten Geldinstitute schwierig werden, weshalb entsprechende Diskussionen regelmäßig im Sande verlaufen.

Eine Übersicht über die zahlreichen Förderprogramme, die von Bund, Ländern und der EU gleichermaßen aufgelegt werden, finden sich u.a. auf der Homepage der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Jüngstes Beispiel: "Kapital für Arbeit", ausstaffiert mit 5 Mrd. Euro. Mittelvergabe wiederum über die Hausbanken.

Im übrigen geht es nicht darum, Geld mit der Gießkanne zu verteilen. Wir brauchen in Deutschland aber endlich das, was in den USA längst selbstverständlich ist: Risikokapital, und zwar nicht nur für innovative Erfinder aus dem High-Tech-Bereich, sondern z.B. auch für angehende Selbständige, die (regionale)Dienstleistungen erbringen wollen. Man kann auf seiten der Politik nicht einerseits ständig über die "Dienstleistungslücke" in Deutschland jammern und andererseits angehende Unternehmer in diesem Bereich im Regen stehen lassen.

Marktwirtschaft funktioniert um so besser, je mehr Akteure am Markt auftreten, und zwar sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite. Daß sich die Zahl der Akteure im Bankensektor in den letzten Jahrzehnten nicht nur in Deutschland erkennbar verringert hat, dürfte wohl unstreitig sein. Gleiches gilt übrigens auch für die Automobilindustrie. Das heißt nicht, daß die Marktwirtschaft in diesen Bereichen abgeschafft ist, wohl aber, daß das freie Spiel der Kräfte hier nur eingeschränkt stattfindet.

J.R.
Nobody II:

Entscheidend an Basel II

 
27.11.02 19:47
ist, dass der AUfwand der Banken steigen wird. Jeder Kunde mit Kreditinteresse muß sich vor der Bank outen und raten lassen. Dieser Aufwand kostet Geld.
2. Wird anhand des Ratings eine Zuordnung zu einer Risikoklasse veranlasst. Diese Risikoklasse führt zu verschiedenen Zinsen (hohes Risiko - hoher Zins). Damit werden wacklige Modelle nur mit sehr hohem Zinsaufwand finanzierbar werden. Weiterhin muß die Bank ein ausgewogenes Risikoverhältnis haben. D.h. nur Kunden mit sehr hoher Risikoklasse und folglich hohen Zinsen sind nicht umsetzbar, da die Banken auf Basis des Risikoratings die vergebenen Kredite mit einem Eigenkapitalanteil hinterlegen. D.h. wer "Risikokredite" als Bank vergibt, muß dafür Eigenkapital zurücklegen. Das schmälert die Bandbreite des freien Kapitals zur weiteren Giralgeldschöpfung.

Die Folge ist ganz einfach, dass die Banken weniger Kredite ausgeben und die Kreditnehmer mehr Sicherheiten mitbringen müssen (Basel II regelt auch Wertansatz dieser). Ich schätze mal, dass das Kreditvolumen in Europa stark abnehmen wird und es vorallem im Mittelstand zu vielen Pleiten kommen wird. Langfristig werden sich Anleihen und Börsengänge für größere Unternehmen vor die Kreditfinanzierung stellen.

Auf jeden Fall zwingt Basel II die Unternehmen zu einer besseren Eigenkapitalbasis.

Gruß
Nobody II
Immobilienhai:

teilweise absoluter schwachsinn was einige hier

 
27.11.02 21:32
schreiben.

zum bespiel dixie mit den glaspalästen... weisst du überhaupt wie das ganze funktioniert???

das ganze läuft über zwei verschiedene wege.
variante 1) Das Gebäude wird über eine Tochtergesellschaft geplant und auch zu Marktüblichen Konditionen finanziert. Die Bank zahlt dann eine Alibimiete an die Tochter. aufgrund der geringen Mieteinnahmen fährt die Tochter eine Jahresfehlbetrag. Die Konzernmutter übernimmt nun aufgrund des geschlossenen Ergebnisabführungsvertrages die Verluste der Tochter und reduziert somit das zu versteuernde Jahresergebnis.

Variante2 2) Das Gebäude wird an einen Immobilienfonds verkauft und anschliessend gleich erstmal für 25 Jahre zurückgeleast. Die jährlichen Leasingraten können dann sofort als laufende Betriebskosten geltend gemacht werden und verringern ebenfalls das zu versteuernde Einkommen.

Durch die geringere Steuerlast kann mehr an die Aktionäre ausgeschüttet werden.

Wirtschaftlich gesunde Betriebe werden weiterhin keine Probleme haben Kredite zu bekommen.

Und zum Thema Mittelstandsförderung  durch KfW von J.R. Ewing: Zum teil absoluter Schwachsinn. Weißt du warum Privatbanken die Fördermittel in Form von Zinsgünstigen Krediten nicht weiterleiten? In erster Linie deshalb weil die KfW sich erstrangig auf den Topsicherheiten verewigt. Die kassieren erstmal Grundschulden und Barsicherheiten ein. Die Hausbank darf sich dann für Ihre Kredite mit dem Warenlager und den Forderungszessionen, die im Zweifelsfall wertlos sind begnügen.

Die liebe KfW hat dann nämlich Top-Sicherheiten, welche im InSo-fall den Saldo decken. Und die günstigen Zinssätze kann die KfW bieten, weil sie sich direkt am Markt refinanziert, aber all so einen Scheiss wie Eigenkapitalverzinsung, Risikokosten (kaum ausfälle aufgrund der sicherheiten), kalkulierte Dividende (fällt weg, da eigentümer der staat ist und keine gewinnerzielungsabsicht besteht) fällt bei denen nicht an. weiterhin liegt der gesamte arbeitsaufwand bei durchgeleiteten kfw-krediten bei der hausbank. die kfw bucht nur monatlich die kapitaldienstraten per lastschrift ab. die lauferei, wenn es deswegen zu überziehungen kommt hat die hausbank und verdient nichts dran.  
J.R. Ewing:

Ganz so einfach ist die Sache leider nicht ...

 
27.11.02 22:47
Mag sein, daß die KfW an der heutigen Situation nicht unschuldig ist. Fest steht aber auch, daß die Banken auch außerhalb von staatlichen Förderprogrammen nicht eben freigiebig bei der Kreditvergabe sind. Egal, wo die Verantwortung im einzelnen zu suchen ist - und die KfW wird die Sache sicher ganz anders sehen als der Immobilienhai -Leidtragende sind mittelständische Unternehmer und Existenzgründer.

Die Aussage, daß wirtschaftlich gesunde Unternehmen in Deutschland auch weiterhin keine Schwierigkeiten haben werden, Kredite zu bekommen, klingt in der Ohren der meisten Klein- und Mittelständer wie blanker Hohn. Klar, wenn ich in Deutschland Geld mitbringe, werde ich von den Geldinstituten immer auch welches zusätzlich bekommen. Doch das Problem in Deutschland ist eben die relativ niedrige Eigenkapitalquote des Mittelstands, die im Durchschnitt bei gerade 17% liegt. 40% der klein- und mittelständischen Unternehmen weisen sogar nur maximal 10% Eigenkapital aus. Die Kreditfinanzierung spielt deshalb für den deutschen Mittelstand die entscheidende Rolle. Doch die Kreditvergabe durch die Banken hängt auch und gerade vom Eigenkapital eines Unternehmens ab. Die Katze beißt sich also in den Schwanz. Bereits heute werden 42% aller abgelehnten Kreditanträge mit der unzureichenden Eigenkapitalquote begründet. Und Basel II wird dafür sorgen, daß es zukünftig noch mehr sein werden.

Nobody II hat also sicher Recht wenn er meint, daß Basel II die Unternehmen dazu zwingt, ihre Eigenkapitalbasis zu verbessern. Nur, wie soll der Mittelstand das ausgerechnet in Deutschland machen, angesichts der hohen Steuern und Abgabenlasten, die auf die Margen drücken und kaum Spielräume für die Bildung von Eigenkapital lassen - ganz abgesehen einmal davon, daß die Thesaurierung von Gewinnen in Deutschland steuerlich bestraft und nicht etwa gefördert wird?!

J.R.
Immobilienhai:

J.R. die mangelnde Eigenkapitalausstattung ist

 
27.11.02 23:05
hausgemacht. Eine schlechte Eigenkapitalbasis ist Zeichen eines schlechten Cash-flows im unternehmen.

Was nämlich in der Vergangenheit passiert ist war risikoverlagerung. die gewinne wurden aus den unternehmen abgezogen und flossen in die eigenen taschen. und andere kapitalgeber sollen ins unternehmerische risiko gehen für ebenfalls geringe margen??? denn verdienen tun die banken im corporate banking schon lange nichts mehr. die margen sind dort aufgrund des jahrelangen preiskampfes um marktanteile ausgelutscht. bei topadressen lassen sich heute kaum noch margen über 40BP durchsetzen. selbst bei normalen adressen sind kaum mehr als 60-70 BP drin. weil dies zu einer expansiven kreditvergabe geführt hat, hat das BaFin dem einen Riegel vorgeschoben, da es zu einer mit Gläubigerschutz nicht mehr zu vereinbarenden Verlagerung des Unternehmerrisikos kam.

Dixie:

@immobilienhai

 
28.11.02 07:51
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Wo habe ich irgendwas über Glaspaläste geschrieben? Das war lucy, die das System offensichtlich nicht verstanden hat.
J.R. Ewing:

Immobilienhai: Stellt sich nur die Frage ...

 
28.11.02 09:56
... warum die Gewinne aus den Unternehmen abgezogen werden: Neben der bereits erwähnten steuerlichen Schlechterstellung thesauerierter Erträge in erster Linie wegen der geringen Profitabilität unternehmerischer Investitionen in Deutschland, was eine Folge der vergleichsweise schlechten Standortbedingungen hierzulande ist (hohe Steuern, Abgaben etc.). Das eine bedingt das andere, weshalb man nicht einfach den Unternehmen die Schuld an der Misere geben kann. Leidtragende sind vor allem Existenzgründer ohne ausreichende private Mittel, die Kredite für die Umsetzung ihrer Geschäftsidee benötigen. Die bekommen erst gar nicht die Chance, überhaupt Gewinne zu erwirtschaften.

Gefordert ist also vor allem die Politik: Verbesserung der Standortbedingungen - womit allerdings bei der jetzigen Regierung kaum zu rechnen ist - oder zumindest direkte staatliche Hilfen für Existenzgründer (Stichwort Mittelstandsbank). Nur so kann es in Deutschland wieder aufwärts gehen.

J.R.

ruhrpott:

Gute Noten Günstige Kredite

 
28.11.02 11:26
UM SPARER und Anleger vor Risiken des Kreditgeschäfts der Banken zu verschonen und die Stabilität des Finanzsystems zu sichern, müssen Banken bereits seit 1988 bei jedem ausgereichten Unternehmenskredit stets acht Prozent des Kreditvolumens als Eigenkapital vorhalten. Da die Bonität des Kunden dabei bisher keine Rolle spielte, traf diese Regelung alle Betriebe gleichermaßen. Das soll sich nun ändern: Die Eigenmittelunterlegung wird künftig vom Rating des Kunden abhängig gemacht - also von der Bewertung des Betriebes durch den Kreditgeber. Und dafür gilt: Jeder besser das Rating ausfällt, desto geringer sind die künftige Eigenmittelanforderung der Bankenaufsicht und die Kosten für das geliehene Geld.

Da in die Zinsmargen die Eigenkapitalkosten der Banken einkalkuliert werden, muss am Ende der Kunde sein eventuell ungünstiges Rating also teuer bezahlen: Zwischen der besten und der schlechtesten Note liegt ein Belastungsunterschied von mindestens dem 7,5fachen, der durch Eigenkapital gedeckt sein muss.

Zwar wird bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) mit Sitz in Basel an den Modifikationen der bisherigen Eigenkapitalvereinbarungen noch gefeilt - etwa an der Höhe des Kredits, ab dem die neuen Bewertungskriterien angewendet werden. Doch so viele Einzelheiten des Abkommens auch noch ungeklärt sind, eines ist sicher: Basel II kommt. Offizieller Starttermin ist das Jahr 2006. Viele Kreditinstitute werden jedoch bereits im nächsten Jahr mit den Ratings beginnen. Sie wollen die Genauigkeit der eingesetzten Bewertungsverfahren prüfen, um ab 2006 mit zuverlässigen Systemen arbeiten zu können.

Ob überhaupt und zu welchen Konditionen Unternehmen Finanzspritzen erhalten, wird mit dem Rating künftig anhand eines Katalogs von quantitativen und qualitativen Kriterien beurteilt. Höchste Priorität für die Beurteilung haben dabei laut Basel II messbare Größen wie Cashflow, Rentabilitäts- und verschuldungsorientierte Kennzahlen. Auch Standortfaktoren, die Leistungsfähigkeit von Prozessen, die Organisationsstruktur sowie die Mitarbeiterführung finden als Kriterien Eingang in das Rating. In Zukunft wird ebenfalls bewertet, ob ein Unternehmen über ein funktionierendes Controlling und Risiko- Management sowie eine finanzwirtschaftliche Steuerung verfügt. Und hier können IT-Lösungen, insbesondere Controlling-, Planungs- und Steuerungssysteme, den Betrieben helfen, transparente Zahlen vorzuhalten.

Software statt Bezeichnungen

In den meisten Volks- und Raiffeisenbanken wie auch in den Sparkassen und in manchen privaten Banken kamen bisher den internen Rating-Systemen nur unterstützende Funktionen zu. Das Bonitätsurteil wurde in einer nur wenig differenzierten Note erstellt - dagegen hatte das persönliche Urteil des Kreditsachbearbeiters oder des Geschäftsstellenleiters viel Gewicht. Da solche Systeme nicht mehr dem internationalen Standard entsprechen, werden künftig schärfere Differenzierungen vorgenommen. In der Summe ist nicht mehr das Urteil des Bankdirektors, sondern die Verknüpfung einzelner Kriterien in mathematisch- statistischen Modellen für die Kreditkosten maßgebend.

In der Sparkassenorganisation wird man es künftig also einer logistischen Regressionsfunktion überlassen, über die Existenz kleiner und mittlerer Unternehmen zu entscheiden. Das von einer amerikanischen Consulting-Firma entwickelte Modell wird einheitlich auf Firmenkunden angewandt. Dieselben Consultants waren auch bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie bei vielen privaten Banken, sodass Ähnlichkeiten der verwendeten Formeln vorprogrammiert sind. Wer als Kunde beim Rating also nicht mitmacht oder durch das Raster fällt, hat wenig Hoffnung, einen Kredit von der Nachbarbank zu bekommen. Während das künftig allein maßgebende Urteil des Computers so manchen Schicksalsschlag für kleine und mittlere Unternehmen erwarten lässt, müssen sich diese darauf einstellen, die von den Kreditinstituten gewünschten Daten zu liefern. Ratings funktionieren dabei kaum anders als die Zensuren in der Schule. Wie durch die Schulnoten über die Berufschancen eines Schülers, so wird künftig - staatlich verordnet - durch Ratings über die Lebenschancen von Unternehmen entschieden.

Wer seine Daten - wie bei der Klassenarbeit - nicht pünktlich oder nur unvollständig abliefert, muss mit einem schlechten Rating rechnen. Wenig aussichtsreich wird auch die Strategie sein, auf die Lieferung der von der Bank angemahnten Daten ganz zu verzichten: Die Bank kann dann nur ein schlechtes Rating erstellen.
Obwohl die Banken ihre Kunden nicht über die zentralen Fragen des Rating- Systems aufklären werden, rollt dennoch eine Informationskampagne auf die Betriebe zu. Immerhin muss bei Hunderttausenden von Unternehmen die Bereitschaft erzeugt werden, sich der Bank mehr noch als bisher zu öffnen und ihre Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage offen zu legen. Neben Kennzahlen aus der Jahresabschlussanalyse zählen dazu harte qualitative Faktoren wie die Dauer der Kundenbeziehung, Alter/ Erfahrung der Geschäftsleitung, Ausbildung, Familienstand, Nachfolgeregelung, Rechtsform, Kundenabhängigkeiten, Existenz von Planungs- und Kontrollsystemen und Existenz eines Leiters Finanzen/Debitorenbuchhaltung.

Blick ins Innerste

Die Sparkassen zum Beispiel werden mit dem Firmenkunden einen 49 Fragen umfassenden Katalog durchgehen, der Fragen nach der Unternehmensführung, Planung und Steuerung, Markt und Produkt sowie nach der Wertschöpfungskette umfasst. Da der Firmenkundenbetreuer darauf nicht allzu viel Zeit „verschwenden“ darf, kommt es auf eine gute Vorbereitung an. Schließlich verdient der Banker - im Gegensatz zu einer Rating-Agentur - nicht mit einem exakten Rating, sondern mit dem Verkauf von Bankprodukten sein Geld. Die Kosten des Rating-Verfahrens müssen daher durch Zins- und Provisionserträge verdient werden.

Eine Reihe von Warnsignalen sollten Betriebe unbedingt kennen, denn sie sind K.-o.-Kriterien für die Kreditbewilligung: Lastschriftrückgaben, Verzögerungen bei der Begleichung von Darlehensraten, Kreditkündigungen anderer Kreditinstitute, Scheckrückgaben, Wechselproteste, Kontopfändungen, Betrugsfälle, Überziehungen, negative externe Auskünfte, körperliche und geistige Beeinträchtigungen. Übrigens wird es beim bankinternen Rating kaum noch auf Branchenunterschiede ankommen:
Im Rahmen der mathematisch-statischen Modelle haben sich insbesondere harte Fakten und Jahresabschlusskennzahlen als trennschärfer erwiesen.

Kreditkosten senkend wirken sich insbesondere eine hohe Eigenkapitalquote und eine nachhaltige Rendite aus. Bei fast allen bankinternen Rating-Modellen - so viel ist bekannt - werden gerade diese beiden Kennzahlen am höchsten gewichtet. Allerdings ist wie in kaum einem anderen Land der Welt die Eigenkapitalquote deutscher Unternehmen in den letzten Jahren zusammengeschmolzen.

Mehr als 40 Prozent aller Betriebe, so berichtet der Verband der Vereine Creditreform, haben nur noch eine Eigenkapitalquote von weniger als zehn Prozent. Mit mehr als 40 000 Unternehmensinsolvenzen wird die Bundesrepublik Deutschland 2002 erstmals in

Einflussfaktor Konjunktur

ihrer Geschichte Pleiten-Europameister werden. Die gestiegene Arbeitslosigkeit geht zudem mit einem Kaufkraftschwund einher, der sich in sinkenden Ratings niederschlägt. Die wirtschafts- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen erzeugen Zusatzbelastungen, die nicht durch Korrekturen des bankenaufsichtsrechtlichen Regelwerks aufgefangen werden können.

Schließlich werden an das Rating nicht nur die Eigenmittelunterlegung, sondern auch die Zinsund Konditionengestaltung, die Sicherheitenbestellung und die Kreditlimitierung geknüpft. Außerdem befindet sich eine Vielzahl von bankinternen Organisationsrichtlinien in der Umsetzung, die beispielsweise das System der Kreditkompetenzen der Bankmitarbeiter an das Rating koppeln.

Dem Unternehmenssteuerungskonzept, der Kostenrechnung, dem unterjährigen Berichtswesen, dem Liquiditäts-Management wie auch dem Risikofrüherkennungskonzept kommt künftig ein wesentlich höherer Stellenwert zu als bisher. Unternehmen sind daher gefordert, bei sich selbst und - soweit relevant - bei ihren Kunden auf die notwendigen Veränderungen hinzuwirken.

Es werden bereits zahlreiche Softwarepakete von unterschiedlichsten Anbietern vertrieben. Doch enthält definitiv keines der bisher angebotenen Programme exakt einen solchen Kriterienkatalog, wie er von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht anerkannt wird. (bs)  

* Dr. Oliver Everling ist Geschäftsinhaber der Everling Advisory Services in Frankfurt am Main.




Viele Grüße

BASEL II - Freibrief für Banken zur Abzocke 868051

aus dem Ruhrpott
Levke:

super interessant Ruhrpott - vielen Dank o. T.

 
28.11.02 11:40
Ramses II:

jr ewing, nachdem du dich aus dem ölgeschäft

 
30.11.02 11:25
zurückgezogen hast(kleiner spass) würde mich mal interessieren was du beruflich machst?

deine statements finde ich sehr interessant. darum meine frage.

grüsse
Levke:

Die Vorstufe von Basel II beginnt

 
29.01.03 10:44
Jetzt gelten für die Bilanzierung per 31.12.02 andere Maßstäbe;
da sich die gesetzlichen Vorschriften gem. der Anforderung §18 KWG
zur Offenlegung der wirschaftlichen Verhältnisse geändert haben.

Nun ergeben sich 3 Grundfälle:

1. Grundfall - Erstellung ohne Prüfungsbehandlungen
2. Grundfall - Erstellung mit Plausibilitätsbeurteilungen
3. Grundfall - Erstellung mit umfassenden Prüfungsbehandlungen

Jetzt soll die Hausbank entscheiden, welchen Grundfall sie gerne
hätte ?

Habt Ihr ähnliches Schreiben von Eurem Steuerberater bekommen
und worauf sollte man am besten einwirken ?
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--