8. Februar 2004 10:47
Die Dividendensaison ist eröffnet. Doch auch bei Ausschüttungen gilt: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Wo sich das Fischen nach Extra-Geld lohnt, was Anleger beachten müssen.
Freude dürfte bei Familie Henkel herrschen. Am vergangenen Montag verkündete Ulrich Lehner, der Vorstands-Chef der Henkel KGaA, dass der Konzern für das Geschäftsjahr 2003 pro Stammaktie 1,14 Euro Dividende ausschüttet. Immerhin 51 Prozent der 86,6 Millionen Stammaktien des Konzerns sind noch in der Hand der Gründernachkommen. Macht summa summarum gut 50 Millionen Euro extra auf dem Konto.
Mit den Henkels können sich tausende freier Aktionäre freuen. Denn die Vorzugsaktien - knapp 60 Millionen Stück sind zu 100 Prozent in Streubesitz - werden mit einer Dividende von jeweils 1,20 Euro bedacht. Acht Cent mehr als in den letzten drei Jahren.
Zahltage wird es in den nächsten Wochen viele geben. 11,5 Milliarden Euro Dividenden überweisen allein die DAX-Konzerne an ihre Aktionäre. Doch es ist nicht die Ausschüttung allein, die glücklich macht. Anleger, die kontinuierlich auf Unternehmen mit hoher Dividende und stabiler Kursentwicklung setzen, profitieren auf Dauer doppelt. Erst beides zusammen ergibt eine hohe Rendite.
Börsenfüchse wissen: Langfristig schlagen dividendenstarke Aktien jeden Index. Ein Beispiel sind die "Dogs of the Dow". Bei dieser Strategie kaufen Anleger jedes Jahr die Titel im Dow Jones mit der höchsten Dividendenrendite. Das brachte zwischen 1973 und 1996 eine jährliche Rendite von 20,3 Prozent. Der Dow Jones schaffte im selben Zeitraum nur ein Plus von 15,8 Prozent pro Jahr. In 23 Jahren wurden aus 1000 Dollar, die in die "Dogs" gesteckt wurden, rund 70000 Dollar. Bei Anlage in den Dow Jones wurden aus dem Startkapital nur etwa 30000 Dollar.
"Eine regelmäßig hohe Dividende ist ein Zeichen von Qualität und Stärke", sagt Matthias Schrade, Geschäftsführer des Analystenhauses GSC Research. Firmen mit gleich bleibend guten Dividenden schreiben meist auch zuverlässig Gewinne. Das liegt nicht nur an einer guten Marktstellung und guten Produkten, sondern auch am Management. "Bei Firmen mit hoher Dividendenrendite wird normalerweise weniger Geld mit Fehlinvestitionen verschwendet", weiß Sonja Schemmann, Fondsmanagerin des DWS Top-Dividende.
Zuverlässig hohe Dividenden liefern im DAX beispielsweise E.ON oder VW. Vorzugsaktionäre des Wolfsburger Autokonzerns erhalten in diesem Jahr 4,9 Prozent - der Spitzenwert unter den deutschen Blue Chips. Im MDAX liegen diesmal die Vorzugsaktionäre von Hugo Boss mit einer Dividendenrendite von 4,5 Prozent ganz vorne.
Die höchsten Dividendenrenditen gibt es in den kleinen Indizes. Ein dicker Fisch ist beispielsweise MPC Münchmeyer Petersen Capital. 2003 zahlte der Hamburger Finanzdienstleister eine Dividendenrendite von rund neun Prozent. Auch dieses Jahr dürfte es wieder strahlende Gesichter bei den Aktionären des Emissionshauses geben. Denn die Geschäfte des im SDAX gelisteten Unternehmens laufen gut.
Während MPC im Jahr 2002 rund 380 Millionen Euro an Mittelzuflüssen zur Anlage in Immobilienfonds und Schiffsbeteiligungen hatte, waren es 2003 mit 738 Millionen Euro fast doppelt so viel. Bereits jetzt liegt der für 2004 gebuchte Mittelzufluss bei rund 500 Millionen. Firmenchef Axel Schröder dürfte am 27. Februar bei der Bekanntgabe der Jahreszahlen einen Gewinn je Aktie von mehr als 2,36 Euro und eine Dividende von über zwei Euro präsentieren. Aktionäre erwartet damit eine Dividendenrendite von mehr als sieben Prozent.
Oft steigen die Kurse schon im Vorfeld. "Wenn ein Unternehmen gute Zahlen abliefert, spekulieren viele Anleger auf eine Erhöhung der Dividende", erklärt Schrade. Das könnte auch bei der Deutschen Grundstücksauktionen der Fall sein. Das Berliner Unternehmen steht wegen seiner hohen Ausschüttungen bei vielen Dividendenjägern auf dem Kurszettel. Das Auktionshaus versteigert Immobilien im Auftrag von Banken, Kommunen oder dem Bund und erhält dafür eine Courtage von rund sechs Prozent des Versteigerungserlöses.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr blieb der Wert der etwa 2500 versteigerten Objekte mit 86,2 Millionen Euro zwar nur auf dem Niveau des Vorjahres. Doch der Gewinn dürfte gegenüber 2002 deutlich zulegen. Damals gab es Anfangsverluste für eine neue Tochterfirma sowie kostspielige Rückabwicklungen von Kaufverträgen. "Der Gewinn je Aktie und der Dividendenvorschlag an den Aufsichtsrat werden deutlich über einem Euro je Aktie liegen", zeigt sich Hans Peter Plettner, Vorstands-Chef des Auktionshauses, gegenüber EURO zuversichtlich.
Doch auch Dividendenjäger können in die Falle tappen. Etwa wenn Unternehmen, die in der Vergangenheit als gute Zahler bekannt waren, die Dividende streichen. "Wenn ein Unternehmen seine Dividendenstrategie ändert oder gar nicht mehr zahlen kann, gibt es oft einen völligen Wechsel der Anlegerschaft", weiß GSC-Researcher Schrade. Dividendenjäger werfen dann ihre Papiere auf den Markt, der Kurs der Aktie bricht ein.
Beispiel TA Triumph Adler. Das Nürnberger Traditionsunternehmen war lange für seine hohen Ausschüttungen bekannt. Doch dann änderte Firmenchef Dietmar Scheiter die Strategie - nach einer teuren Restrukturierung und Neuausrichtung war keine Geld mehr für Dividenden übrig. Seit zwei Jahren gehen die Aktionäre leer aus. Folge: Der Kurs von TA Triumph Adler fiel um bis zu 80 Prozent.
"Anleger sollten nur auf Firmen setzen, die ihre Dividende auch sicher zahlen", erklärt Schemmann. Erfahrene Börsianer nehmen sich deshalb nicht nur die Dividendenpolitik der Vergangenheit vor. "Man muss sich die Bewertung und die Zukunftsaussichten ansehen", rät die Fondsmanagerin.
Auch hohe Sonderausschüttungen sind nichts für Dividendenjäger. Beispiel SinnerSchrader. Obwohl der Internet-Dienstleister Verluste macht, gibt es für 2003 eine Sonderdividende von 1,90 Euro je Aktie - das sind über 60 Prozent Dividendenrendite. Das Hamburger Unternehmen sitzt seit dem Börsengang auf hohen Cash-Reserven, die es weder für den laufenden Geschäftsbetrieb benötigt noch Gewinn bringend investieren kann. Doch mit der Ausschüttung geht es an die Substanz. Der Kurs fällt entsprechend. "Die Dividende sollte aus dem operativen Geschäft verdient sein. Sinkt der Gewinn, sollte die Dividende zurückgefahren werden", erläutert Börsenexperte Schrade.
Firmen mit dauerhaft hoher Dividende sind wertstabiler. "Bei hoher Dividende gibt es eine niedrigere Volatilität", weiß Schemmann. Die entsprechenden Titel finden sich meist im Bereich der Old Economy. "Während etwa Technologie-Unternehmen meist jeden Cent für die Finanzierung des weiteren Wachstums brauchen, können Firmen, die ihre Investitionen schon getätigt haben, oft hohe Dividenden ausschütten", sagt Schrade.
Ein Beispiel ist die WMF Württembergische Metallwarenfabrik. Das Unternehmen aus Geislingen wurde 1852 gegründet und notiert seit 1887 an der Börse. Die Eigenkapitalquote von WMF liegt bei 60 Prozent. Auf Grund der guten Marktstellung trotzt der Hersteller von Produkten für Küche und Gastronomie, wie Bestecken, Gläsern oder Kaffee-Automaten, der Konjunkturkrise. Umsatz und Gewinn sollen trotz Kaufzurückhaltung der Verbraucher und Flaute im Gastgewerbe 2003 auf dem Niveau vom Vorjahr mit 578 respektive 11,4 Millionen Euro liegen. Nach der Hauptversammlung am 17. Mai dürfte wieder eine üppige Dividende von 0,77 Euro je Vorzugsaktie - mehr als sechs Prozent Rendite - auf die Konten der Aktionäre fließen.
Zuverlässige Dividendenwerte gibt es auch außerhalb der Old Economy. Interseroh beispielsweise hat sich einen Ruf als Lieferant von Extra-Geld erworben. Das Kölner Unternehmen organisiert und koordiniert flächendeckende Wertstoff-Rücknahmesysteme für den gewerblichen Bereich und den Einzelhandel. In den ersten neun Monaten des Jahres 2003 konnte Interseroh seinen Umsatz trotz Konjunkturflaute um zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigern. Der Gewinn dürfte für die Zahlung der Dividende in gewohnter Höhe von 0,86 Euro je Aktie ausreichen. Damit liegt die Dividendenrendite bei über sechs Prozent.
Wie das Beispiel Interseroh zeigt: Viele Dividendenjäger fischen nur selten in den großen Indizes. Da Nebenwerte von Anlegern und Analysten nicht regelmäßig und intensiv beobachtet werden, finden sie in der zweiten und dritten Reihe viel leichter fette Renditebrocken.
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RUND UM DIVIDENDEN Begriffe, Zertifikate
Ex Dividende: Wer nach Börsenschluss am Tag der Hauptversammlung die Aktie im Depot hält, bekommt am nächsten Tag die Dividende gutgeschrieben. Das Papier notiert an der Börse dann ohne Dividendenanspruch - ex Dividende. Da sich das Eigenkapital des Unternehmens um den Ausschüttungsbetrag reduziert, sinkt am Ausschüttungstag der Kurs normalerweise entsprechend. "Eine gute Firma sollte den Dividendenabschlag innerhalb weniger Tage wieder aufholen", erklärt Analyst Matthias Schrade von GSC Research. Grund: Durch den Dividendenabschlag und den niedrigeren Kurs verbessern sich wichtige Bewertungskennziffern wie das Kurs/Gewinn-Verhältnis oder das Kurs/Umsatz-Verhältnis entsprechend. Die Aktie wird dadurch vergleichsweise billiger.
Dividendenkontinuität: Dividendenjäger achten auf gleich bleibend hohe Dividendenzahlungen. Ideal ist es, wenn die Ausschüttung von Jahr zu Jahr erhöht wird.
Aktionärsstruktur: Großaktionäre sind meist an hohen Ausschüttungen interessiert. Beispiel Volkswagen. Niedersachsen hält 18,5 Prozent der Aktien des Wolfsburger Konzerns. Hartmut Möllring, der Finanzminister des Landes, plant jährlich eine verhältnismäßig hohe Dividendenausschüttung in seinen Haushalt ein.
Vorzugsaktien (Vz.): Im Gegensatz zu den Stammaktien haben Anleger hier kein Stimmrecht auf der Hauptversammlung. Sie bekommen dafür aber eine höhere Dividende.
Zertifikate und Fonds: Wer sich dividendenstarke Aktien nicht selbst suchen oder eine breite Streuung erreichen will, setzt auf Fonds oder Zertifikate, die auch international investieren. Zum Beispiel: BWK Dividenden-Strategie Euro (ISIN
DE0009780411), DB-DAX-Top-Ten-Zertifikat (ISIN
DE0004734850), HVB Global Dividend Runner (ISIN
DE0006211345), DWS Top-Dividende (ISIN
DE0009848119).
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