AOL - Jetzt geht´s rund!!!

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calexa:

AOL - Jetzt geht´s rund!!!

 
04.12.02 17:20
Es ist ein eisiger Dienstag in New York, doch drinnen im "Imperial Ballroom" des Sheraton Hotels herrscht Stimmung wie bei einem Familienfest. Es ist "AOL Day", und alle Time-Warner-Fürsten sind gekommen, um ihre Unterstützung zu zeigen.

Die bösen Gerüchte über Spannungen zwischen AOL und Time Warner - alles Quatsch, hier sitzt AOL-Gründer Steve Case zusammen mit den Old-Media-Veteranen Don Logan und Roger Ames in der ersten Reihe. "Wir sind ein Team", beschwört Richard Parsons, das Familienoberhaupt mit dem Spitznamen "Teddybär", in seiner Begrüßungsrede.

Der Saal ist voll, die halbe Wall Street sitzt an den langen Tischen. Seit Monaten warten die Analysten und Anleger auf den Turnaround-Plan für das Sorgenkind AOL. Vieles ist in den letzten Tagen bereits durchgesickert, die Zeitungen haben sich gegenseitig darin überboten, jedes Häppchen schon vorher zu verbreiten.

Nichtsdestotrotz dauert der "AOL Day" fünf Stunden. Vizepräsident folgt auf Vizepräsident, in epischer Breite wird das angeschlagene Unternehmen durchleuchtet. Der neue AOL-Chef Jonathan Miller spricht gleich mehrmals. Er ist ein schwacher Redner, ohne jede Leidenschaft liest er vom Blatt.

AOL soll wieder cool werden

Miller redet von einer "neuen Haltung", einem "neuen Tag". Er verspricht, AOL "wieder cool zu machen". An der aktuellen Lage will er nichts beschönigen, im Gegenteil, er malt schwarz.

Der Modem-Markt sei gesättigt, die Werbeeinnahmen katastrophal eingebrochen: Dieses Jahr um 50 Prozent, nächstes Jahr um weitere 50 Prozent. Daher werde es nächstes Jahr kein Umsatzwachstum geben, und der Vorsteuergewinn (Ebitda) werde um 15 bis 25 Prozent fallen. Die AOL-Time-Warner-Aktie bricht nach diesen Hiobsbotschaften ein.

Doch Miller ist vor allem hier, um Optimismus zu verbreiten. Schließlich ist er jetzt von Amtes wegen der Haupt-Cheerleader. Er redet von einer "Übergangsphase" und dass 2003 der Boden erreicht sei. Danach gehe es wieder aufwärts. Er weiß, dass die Analysten vor allem eine Frage haben: Wo kommt das neue Wachstum her?

So long,
Calexa
www.investorweb.de
altmeister:

toller beitrag! o. T.

 
04.12.02 17:22
calexa:

Teil 2

 
04.12.02 17:22
Millers Antwort ist simpel: Breitband. AOL, der Modem-Gigant, müsse in der neuen "Multi-Zugangs-Welt" auf allen Feldern spielen, von Modem über DSL und Kabel (Breitband) bis hin zu WiFi. Deshalb werde das Unternehmen seine Breitband-Strategie ändern, kündigt Miller an.

Bisher hatte AOL erfolglos versucht, mit den Kabel- und Telefongesellschaften im Markt für den schnellen Internetzugang zu konkurrieren. Die Besitzer der Leitungen können hohe Gebühren für die Nutzung verlangen - und AOL auf diese Weise knebeln. Bei einem Deal mit dem Kabelunternehmen Comcast etwa muss AOL laut "Wall Street Journal" pro Nutzer 35 bis 40 Dollar abführen. Der AOL-Nutzer zahlt aber nur 44,95 Dollar, was nach Abzug aller Kosten ein Verlustgeschäft ist.

Konzentration auf Inhalte

Ab sofort will AOL daher in der Breitband-Welt nicht mehr primär als Internetzugangsanbieter auftreten, sondern sich auf die Inhalte konzentrieren. Man wolle die führende "Interactive Services"-Firma werden, sagt Miller. Das sei AOLs eigentliche Stärke, schließlich habe man von Anfang an großen Wert auf die Entwicklung der Community gelegt. Zusätzlich könne AOL nun endlich seinen größten Trumpf ausspielen: die ganze Macht des weltgrößten Medienkonzerns, der Marken von Madonna bis Harry Potter kontrolliert.

Diese Konvergenz, der ursprüngliche Traum der Fusion, war in den vergangenen zwei Jahren am Widerstand des Time-Warner-Lagers gescheitert. Doch nun kündigt Miller neue Allianzen mit allen Time-Warner-Divisionen an. So werde der preisgekrönte Kabelsender HBO spezielle Inhalte für AOL produzieren. CNN werde seine normalerweise fünf Dollar teuren Video-Nachrichten gratis auf AOL laufen lassen. Warner Music steuert exklusive Singles bei, die für 99 Cents heruntergeladen werden können. Die auflagenstärkste Zeitschrift des Landes, "People", und weitere Magazine werden zumindest in Teilen nur noch für AOL-Mitglieder erreichbar sein.

Es ist ein gewaltiges proprietäres Reich, das Miller da errichten will, und er ist überzeugt, dass er mit dieser Trumpfkarte neue User aus allen Zielgruppen gewinnen kann. Die exklusiven Inhalte werden Teil des AOL-Breitband-Service, den man bereits jetzt für 15 Dollar abonnieren kann - unabhängig davon, ob der DSL-Anbieter AOL oder eine Telefongesellschaft ist.

Bisher hat AOL das Breitband-Angebot nicht vermarktet, aus Angst, die eigenen Modem-User zu verlieren. Doch das werde sich jetzt ändern, kündigt Miller an. Im nächsten Jahr startet eine landesweite Werbekampagne für den Service. Wie viele der hochprofitablen Modem-Nutzer das Unternehmen dadurch verlieren werde, will Miller nicht schätzen. Einige Analysten warnen vor einem Gewinnrückgang, doch Miller sieht keine Alternative: Es sei besser, dass die User zu AOL Breitband abwanderten als zu einer Telefongesellschaft.

Der Modem-User bleibt vorerst die Haupteinnahmequelle

Breitband ist in den USA noch nicht so verbreitet wie in Deutschland. Im Moment haben zehn Millionen Haushalte den schnellen Internetzugang. Im nächsten Jahr soll die Zahl auf 15 Millionen steigen.

Die neue Betonung auf Breitband bedeute jedoch nicht, dass man die Modem-Nutzer aufgebe, sagt Miller. "Narrowband wird noch auf Jahre hinaus existieren." Es werde auch auf absehbare Zeit die Haupteinnahmequelle von AOL bleiben.

So long,
Calexa
calexa:

Teil 3

 
04.12.02 17:24
Doch auch hier ändert sich die Strategie. Nachdem die Zahl der Nutzer stagniere, bestehe die Herausforderung nun darin, "ihnen die Dollars aus der Tasche zu ziehen", wie Vizepräsident Joe Redling es formulierte. Das Zauberwort heißt "Premium Services". Schon bisher verlangt AOL monatlich zwei Dollar mehr als die Wettbewerber - mit der Begründung, dass AOL mehr wert sei.

Die neue Softwareversion 8.0 bietet Extras wie Radio-Empfang in CD-Qualität und die Möglichkeit, während des Internet-Surfens einen Telefonanruf anzunehmen. Der "Call Alert" ist bereits ein Renner: Seit dem Launch im Oktober haben sich 400.000 User für den 3,95 Dollar teuren Service registriert. Und die AOL-Version 9.0, die für Herbst 2003 geplant ist, soll noch mehr bieten, unter anderem die Möglichkeit, Voicemails in der E-Mail-Box zu empfangen.

Das alte AOL-Mantra "Immer an den User denken" wird an diesem Tag bis zum Erbrechen wiederholt. Doch die "AOL Experience" ist bei weitem nicht die einzige Baustelle, auf der Miller arbeiten muss. Er muss einen Weg finden, den freien Fall der Werbeeinnahmen aufzuhalten. Der Einbruch ist vor allem deshalb so groß, weil mehrjährige Verträge, die zu Zeiten des Internet-Booms geschlossen wurden, jetzt auslaufen. Miller gibt keine Prognosen ab, sagt nur, dass das Internet "das ideale Medium für Anzeigenkunden" sei.

AOL-Bezahlsystem soll den Handel ermöglichen

Ein weiterer Baustein der Turnaround-Strategie ist der Einstieg in den Online-Handel. Bisher hatte AOL fremden E-Commerce-Anbietern seine Plattform zur Verfügung gestellt. Jetzt werde man selbst verkaufen, kündigt Miller an. Welche Produkte, sei allerdings noch nicht entschieden. Ein eigenes Online-Bezahlsystem, "AOL Wallet", soll nächstes Jahr fertig sein.

Anleger und Analysten schauen allerdings vor allem auf den Erfolg der Breitband-Initiative. "Sie müssen die Leute dazu kriegen, ihre Broadband-Show zu gucken", sagte Morris Mark von Mark Asset Management dem "Wall Street Journal". "Wenn sie das schaffen, dann haben sie ein Geschäftsmodell mit einer großartigen Zukunft".

Schließlich darf am Ende des "AOL Days" auch Firmengründer Steve Case noch auf die Bühne und der neuen Strategie seinen Segen geben. Der Chairman, der seit Monaten zum Rücktritt aufgefordert wird, hält sich kurz. Es beruhige ihn, dass so viele Time-Warner-Divisionen nun mit AOL zusammenarbeiteten. In seinen zwanzig Jahren bei der Firma habe er eines gelernt: "In jeder Krise waren wir ehrlich zu uns selbst und haben uns auf unsere Wurzeln besonnen".

So long,
Calexa
www.investorweb.de

PS: Danke Altmeister, das finde ich allerdings auch.
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