Blauäugig vertrauten Millionen Anleger den Tipps der Aktienanalysten von Banken und Sparkassen. Erst der Crash entzauberte die Pusher. manager magazin hat ermittelt, welche Banken dennoch brauchbare Prognosen liefern - und welche nicht.
Ruinierter Ruf: Das Ansehen der Wertpapieranalysten hat stark gelitten. Welche Banken liefern dennoch brauchbare Prognosen?
Hamburg - Die Analysten waren die Einpeitscher des Börsenhypes. Inzwischen sind sie die Parias der Kapitalmärkte. Das Ansehen der Wertpapierprofis sank in den vergangenen zwei Jahren noch schneller als die Kurse an den Technologiebörsen.
Was ist der Rat der Banken und Sparkassen wirklich wert? Welchen Experten können private Investoren noch am ehesten vertrauen? Reinhart Schmidt, Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre an der Universität Halle, hat für manager magazin die Qualität der Researchabteilungen in den wichtigsten deutschen und ausländischen Geldhäusern untersucht.
Die Vertrauenskrise
Die Resultate sind ernüchternd. Wer den Kauftipps für die 30 Werte des Dax folgte, erzielte bis Ende März 2002 im Schnitt ein Minus von 19,3 Prozent; die Empfehlungen für die 50 Unternehmen des europäischen Börsenbarometers Stoxx bescherten einen durchschnittlichen Verlust von 24,5 Prozent; und wer sich auf die Urteile der Experten für den Neuen Markt verließ, verlor im Mittel sogar 67,3 Prozent seines Einsatzes.
In der Zwischenzeit begegnet auch die Mehrheit der Privatanleger den Urteilen der Analysten mit Skepsis. In einer exklusiv für manager magazin durchgeführten repräsentativen Umfrage des Bielefelder Emnid-Instituts unter 963 Privatanlegern sagten 56 Prozent der Befragten, sie vertrauten den Empfehlungen der Analysten nicht mehr.
Ein Hauptgrund für den Vertrauensverlust dürfte darin zu suchen sein, dass auch zwei Jahre nach dem Beginn des Börsencrashs noch immer 55 Prozent der insgesamt abgegebenen Urteile auf "Kaufen" und nur elf Prozent auf "Verkaufen" lauten.
Researchteams, die keine Rücksicht auf die Kollegen aus dem Investmentbanking nehmen müssen, fallen Verkaufsurteile offenbar leichter, was sich letztlich positiv auf die Performance des Researchs auswirkt. Mit der SEB in der Kategorie der Dax-Unternehmen sowie der Hamburger Sparkasse bei den Unternehmen des Neuen Markts kommen zwei der drei manager-magazin-Testsieger ohne eigenes Investmentbanking aus.
Die glanzlosen Sieger

Dieses Ergebnis findet sich auch in der erweiterten Spitzengruppe wieder. Bei der Analyse der europäischen Bluechips liegen auf den ersten fünf Plätzen drei Häuser, die sich auf das Privatkundengeschäft fokussiert haben. Bei den Unternehmen des Neuen Markts finden sich vier dieser Institute unter den Top 5. Und bei den Dax-Konzernen nehmen gar fünf Adressen ohne starkes Investmentbanking die vorderen Plätze ein.
Von den großen internationalen Investmentbanken können sich lediglich Schroder Salomon Smith Barney und Morgan Stanley Dean Witter als Erst- beziehungsweise Drittplatzierter in der Kategorie der europäischen Bluechips sowie Goldman Sachs als Drittplatzierter bei der Analyse der Neuen-Markt-Werte in der Spitzengruppe halten.
Tabelle 1: Die Ergebnisse zum Stoxx 50
Tabelle 2: Die Ergebnisse zum Dax 30
Tabelle 3: Die Ergebnisse zum Nemax 50
Für den Analystentest hat Reinhart Schmidt, Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre an der Universität Halle-Wittenberg, 9400 Kauf- und Verkaufsempfehlungen von 51 deutschen und ausländischen Researchhäusern untersucht.
Die Auswertung: Schmidt analysiert getrennt nach den Aktienindizes Stoxx 50, Dax 30 und Nemax 50. Untersucht werden alle positiven und negativen Empfehlungen, etwa "Buy", "Akkumulieren" oder "Reduzieren". Neutrale Wertungen wie "Halten" werden nicht berücksichtigt. Die Untersuchung umfasst Urteile für Aktien, die zwischen Anfang Juli 2000 und Ende Juli 2001 abgegeben wurden. Bewertet wurde die Entwicklung der Aktien bis zum 31. März 2002.
Das Erfolgsmaß: Schmidt errechnet für jedes Analysehaus zwei Kennzahlen: Erst prüft er die Kursentwicklung der zum Kauf empfohlenen Aktien über sechs, neun und zwölf Monate. Die Ergebnisse verdichtet Schmidt zu einem absoluten Performancemaß, der durchschnittlichen Jahresrendite.
Im zweiten Schritt wird berechnet, wie sich die empfohlenen Aktien innerhalb von sechs, neun und zwölf Monaten im Vergleich zu ihrem Index entwickelt haben. Bei Verkaufsempfehlungen wirkt ein vermiedener Verlust positiv, ein entgangener Gewinn negativ. Daraus ergibt sich die durchschnittliche Überrendite, nach der die Researchteams in den Ergebnistabellen sortiert sind.
A N A L Y S T E N S P R A C H E
Was das Kauderwelsch bedeutet
Viele Aktienreports sind wenig aussagekräftig. manager magazin übersetzt das Sprachgewirr der Researchabteilungen in verständliches Deutsch.
In den Studien der Bankanalysten herrscht ein babylonischer Sprachwirrwarr. Kaum ein Researcher hält sich bei seinen Aktienempfehlungen an die einfache Systematik: Kaufen, Halten, Verkaufen. Stattdessen wird eine verwirrende Vielfalt von Begriffen für positive wie negative Urteile genutzt.
Die bis zu fünfstufige Empfehlungssystematik soll - so die offizielle Lesart - den Investoren die Anlageentscheidung erleichtern. Das Potenzial und das Risiko einer Aktie sollen durch das feine Urteilsraster leichter zu erkennen sein.
Kritiker halten dagegen den Sprachwirrwarr nur für ein Marketinginstrument, mit dem sich die Banken voneinander abheben wollen. Die Untersuchungen von Professor Reinhart Schmidt erhärteten diesen Verdacht. "Die Verwendung einer Fünfer-Systematik bewirkt lediglich eine Scheingenauigkeit", sagt Schmidt.
Kleines Wörterbuch der Analystensprache
Was die Banken sagen, wenn sie Kaufen, Halten oder Verkaufen meinen
KAUFEN:
Add, Akkumulieren, Aufstocken, Buy, Strong Buy, Empfehlungsliste, Hinzufügen, Kauf, Klarer Kauf, Recommended List
Attraktiv bewertet, Long Term Buy, Outperformer, Market Outperformer, Überdurchschnittlich, Übergewichten
HALTEN
Marketperformer, Neutral
VERKAUFEN
Underperformer, Market Underperformer, Unterdurchschnittlich, Untergewichten Verkaufen
Reduzieren, Sell, Strong Sell
In einer Stichprobenuntersuchung der Einschätzungen von vier Banken aus dem Jahr 2000 brachte eine eingeschränkte Kaufeinstufung - über zwölf Monate betrachtet - eine um 8 Prozentpunkte höhere Rendite als die vorbehaltlose Kaufempfehlung. Auf der Verkaufsseite ergab sich ein ähnliches Resultat.
Zu Recht ordnet Schmidt daher alle im manager-magazin-Analystentest untersuchten Empfehlungen der klassischen Dreier-Systematik aus Kaufen, Halten, Verkaufen zu

Ruinierter Ruf: Das Ansehen der Wertpapieranalysten hat stark gelitten. Welche Banken liefern dennoch brauchbare Prognosen?
Hamburg - Die Analysten waren die Einpeitscher des Börsenhypes. Inzwischen sind sie die Parias der Kapitalmärkte. Das Ansehen der Wertpapierprofis sank in den vergangenen zwei Jahren noch schneller als die Kurse an den Technologiebörsen.
Was ist der Rat der Banken und Sparkassen wirklich wert? Welchen Experten können private Investoren noch am ehesten vertrauen? Reinhart Schmidt, Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre an der Universität Halle, hat für manager magazin die Qualität der Researchabteilungen in den wichtigsten deutschen und ausländischen Geldhäusern untersucht.
Die Vertrauenskrise
Die Resultate sind ernüchternd. Wer den Kauftipps für die 30 Werte des Dax folgte, erzielte bis Ende März 2002 im Schnitt ein Minus von 19,3 Prozent; die Empfehlungen für die 50 Unternehmen des europäischen Börsenbarometers Stoxx bescherten einen durchschnittlichen Verlust von 24,5 Prozent; und wer sich auf die Urteile der Experten für den Neuen Markt verließ, verlor im Mittel sogar 67,3 Prozent seines Einsatzes.
In der Zwischenzeit begegnet auch die Mehrheit der Privatanleger den Urteilen der Analysten mit Skepsis. In einer exklusiv für manager magazin durchgeführten repräsentativen Umfrage des Bielefelder Emnid-Instituts unter 963 Privatanlegern sagten 56 Prozent der Befragten, sie vertrauten den Empfehlungen der Analysten nicht mehr.
Der Interessenkonflikt

Ein Hauptgrund für den Vertrauensverlust dürfte darin zu suchen sein, dass auch zwei Jahre nach dem Beginn des Börsencrashs noch immer 55 Prozent der insgesamt abgegebenen Urteile auf "Kaufen" und nur elf Prozent auf "Verkaufen" lauten.
Researchteams, die keine Rücksicht auf die Kollegen aus dem Investmentbanking nehmen müssen, fallen Verkaufsurteile offenbar leichter, was sich letztlich positiv auf die Performance des Researchs auswirkt. Mit der SEB in der Kategorie der Dax-Unternehmen sowie der Hamburger Sparkasse bei den Unternehmen des Neuen Markts kommen zwei der drei manager-magazin-Testsieger ohne eigenes Investmentbanking aus.
Die glanzlosen Sieger

Dieses Ergebnis findet sich auch in der erweiterten Spitzengruppe wieder. Bei der Analyse der europäischen Bluechips liegen auf den ersten fünf Plätzen drei Häuser, die sich auf das Privatkundengeschäft fokussiert haben. Bei den Unternehmen des Neuen Markts finden sich vier dieser Institute unter den Top 5. Und bei den Dax-Konzernen nehmen gar fünf Adressen ohne starkes Investmentbanking die vorderen Plätze ein.
Von den großen internationalen Investmentbanken können sich lediglich Schroder Salomon Smith Barney und Morgan Stanley Dean Witter als Erst- beziehungsweise Drittplatzierter in der Kategorie der europäischen Bluechips sowie Goldman Sachs als Drittplatzierter bei der Analyse der Neuen-Markt-Werte in der Spitzengruppe halten.
Tabelle 1: Die Ergebnisse zum Stoxx 50
Tabelle 2: Die Ergebnisse zum Dax 30
Tabelle 3: Die Ergebnisse zum Nemax 50
So wurden die Analysten getestet
Für den Analystentest hat Reinhart Schmidt, Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre an der Universität Halle-Wittenberg, 9400 Kauf- und Verkaufsempfehlungen von 51 deutschen und ausländischen Researchhäusern untersucht.
Die Auswertung: Schmidt analysiert getrennt nach den Aktienindizes Stoxx 50, Dax 30 und Nemax 50. Untersucht werden alle positiven und negativen Empfehlungen, etwa "Buy", "Akkumulieren" oder "Reduzieren". Neutrale Wertungen wie "Halten" werden nicht berücksichtigt. Die Untersuchung umfasst Urteile für Aktien, die zwischen Anfang Juli 2000 und Ende Juli 2001 abgegeben wurden. Bewertet wurde die Entwicklung der Aktien bis zum 31. März 2002.
Das Erfolgsmaß: Schmidt errechnet für jedes Analysehaus zwei Kennzahlen: Erst prüft er die Kursentwicklung der zum Kauf empfohlenen Aktien über sechs, neun und zwölf Monate. Die Ergebnisse verdichtet Schmidt zu einem absoluten Performancemaß, der durchschnittlichen Jahresrendite.
Im zweiten Schritt wird berechnet, wie sich die empfohlenen Aktien innerhalb von sechs, neun und zwölf Monaten im Vergleich zu ihrem Index entwickelt haben. Bei Verkaufsempfehlungen wirkt ein vermiedener Verlust positiv, ein entgangener Gewinn negativ. Daraus ergibt sich die durchschnittliche Überrendite, nach der die Researchteams in den Ergebnistabellen sortiert sind.
A N A L Y S T E N S P R A C H E
Was das Kauderwelsch bedeutet
Viele Aktienreports sind wenig aussagekräftig. manager magazin übersetzt das Sprachgewirr der Researchabteilungen in verständliches Deutsch.
In den Studien der Bankanalysten herrscht ein babylonischer Sprachwirrwarr. Kaum ein Researcher hält sich bei seinen Aktienempfehlungen an die einfache Systematik: Kaufen, Halten, Verkaufen. Stattdessen wird eine verwirrende Vielfalt von Begriffen für positive wie negative Urteile genutzt.
Die bis zu fünfstufige Empfehlungssystematik soll - so die offizielle Lesart - den Investoren die Anlageentscheidung erleichtern. Das Potenzial und das Risiko einer Aktie sollen durch das feine Urteilsraster leichter zu erkennen sein.
Kritiker halten dagegen den Sprachwirrwarr nur für ein Marketinginstrument, mit dem sich die Banken voneinander abheben wollen. Die Untersuchungen von Professor Reinhart Schmidt erhärteten diesen Verdacht. "Die Verwendung einer Fünfer-Systematik bewirkt lediglich eine Scheingenauigkeit", sagt Schmidt.
Kleines Wörterbuch der Analystensprache
Was die Banken sagen, wenn sie Kaufen, Halten oder Verkaufen meinen
KAUFEN:
Add, Akkumulieren, Aufstocken, Buy, Strong Buy, Empfehlungsliste, Hinzufügen, Kauf, Klarer Kauf, Recommended List
Attraktiv bewertet, Long Term Buy, Outperformer, Market Outperformer, Überdurchschnittlich, Übergewichten
HALTEN
Marketperformer, Neutral
VERKAUFEN
Underperformer, Market Underperformer, Unterdurchschnittlich, Untergewichten Verkaufen
Reduzieren, Sell, Strong Sell
In einer Stichprobenuntersuchung der Einschätzungen von vier Banken aus dem Jahr 2000 brachte eine eingeschränkte Kaufeinstufung - über zwölf Monate betrachtet - eine um 8 Prozentpunkte höhere Rendite als die vorbehaltlose Kaufempfehlung. Auf der Verkaufsseite ergab sich ein ähnliches Resultat.
Zu Recht ordnet Schmidt daher alle im manager-magazin-Analystentest untersuchten Empfehlungen der klassischen Dreier-Systematik aus Kaufen, Halten, Verkaufen zu