Die Favoriten der Fondsmanager
Von A. Schweitzer und H.-J. Simons
Exklusiv für FTD nennen die besten Fondsmanager ihre Aktien-Favoriten für die nächsten zehn Jahre.
Was tun, wenn man reich werden will und keine Zeit hat? Lotto spielen, auf das finale Servus von Erbtante Erna warten oder die Einführung des Dosenpfands sehnlichst herbeiwünschen. Was tun, wenn man ordentlich Sitzfleisch hat und ebenfalls das eine oder andere Milliönchen anstrebt? Heute Aktien kaufen, fünf bis zehn Jahre warten, sich dann die Hände reiben und einen guten Tropfen aufmachen.
Geduld ist vor allem für Börsianer eine der wichtigsten Tugenden. Die dicken Renditen kommen nicht über Nacht oder gar zwischen Hans Meiser und Ulrich Wickert. Vergleichsweise wohlhabend wird nur, wer seine Investments als Marathon versteht. Ungeduld hingegen ist ein schlechter Ratgeber. Sicher an der Börse, aber erst recht im wahren Wirtschaftsleben - ob für einen Autobauer oder eine Medienfirma.
Viele Anleger haben dieser Tage die Nase, oft auch ihre Hosen gestrichen voll. Die einen ob der hohen Verluste, die seit März vergangenen Jahres angefallen sind. Die anderen, weil sie ein weiteres Absacken der Aktienmärkte befürchten, folglich das Zusammenkrachen ihrer eigenen Investment- und Vorsorgestrategien.
Zurück zur Normalität
Noch nie war es für Kurzatmige so einfach wie in diesen Tagen, Millionär zu werden. Eine Anlage von fünf Mio. DM quer über den Neuen Markt reicht völlig. Und in Windeseile ist die Million Gesamtvermögen erreicht. Seit dem Platzen der Tech-Blase hat es wohl mehr als einen Anleger gegeben, dem es so ergangen ist.
Trotz aller Schmerzen: Aus pädagogischen Gründen noch nicht einmal das Schlechteste. Über Jahre hat "Gier das Gehirn gefressen". Hundert Prozent Gewinn waren nicht genug. Es mussten gleich vier- oder fünfhundert, am besten tausend Prozent sein. Dabei liegt die Langfristrendite im Schnitt irgendwo bei zehn Prozent. Die sind schon recht hoch und berücksichtigen bereits die vergangene Boomzeit. Anleger, die diese Rendite erzielen, können sich glücklich schätzen. Deshalb: Zurück zur Normalität des gemächlichen und nervenschonenden, dennoch durchaus rentablen Investments.
Portfolio hat die Anlagestrategen der sieben größten deutschen Fondsgesellschaften nach ihren Favoriten-Aktien für die nächsten fünf bis zehn Jahre gefragt. Jeder von ihnen nennt zehn Werte, die sie langfristig orientierten Investoren ans Herz legen. Dabei ist die Empfehlung einzelner Aktien für Fondsmanager durchaus problematisch. Die institutionellen Geldverwalter lassen sich einerseits nicht gerne in die Karten schauen. Zum anderen sollen Anleger speziell Aktienfonds wegen der breiten Diversifizierung und dem ausgewogenen Chance-Risiko-Verhältnis erwerben.
DWS setzt auf Energie
Ein überzeugender Ansatz, da vor allem Privatinvestoren mit der Auswahl von Einzelwerten in der Regel überfordert sind. Dennoch hat jede Fondsgesellschaft die Portfolio-Fragen beantwortet. "Auf Sicht von fünf bis zehn Jahren halten wir Werte wie den dänischen Windkraftanlagen-Hersteller Vestas , die deutsche Preussag oder den führenden US-Energiedienstleister Enron für aussichtsreich. Das spiegelt sich auch in den Portfolios unserer internationalen Aktienfonds", betont Patrick Schwahn, Leiter Aktien Regionenfonds bei der Deka Kapitalanlage.
Der Antwort-Trend: Die Experten entscheiden sich für eine ausgewogene Mischung aus internationalen Standardwerten, die mit einer ordentlichen Prise Wachstumsfantasie gewürzt wird. Beispielhaft für diesen Langfrist-Ansatz ist das Depot von Klaus Kaldemorgen, Manager-Ikone bei der Fondsgesellschaft und Deutsche-Bank-Tochter DWS. Für ihn gehören in jedes gut bestückte Global-Depot: der US-Finanzdienstler American Express wegen seines bekannten Markennamens und der zahlungskräftigen Kundschaft, Amgen als Biotech-Mammut wegen der zukunftsweisenden Produkt-Pipeline, die weltweit größte Hypothekenbank Fannie Mae sowie der PC-Schrauber Dell und der Chip-Multi Intel .
SEB favorisiert BMW und DaimlerChrysler
Michael Oehrens von der SEB-Invest hält auch die beiden Autobauer BMW und DaimlerChrysler für aussichtsreich. Die Münchener hätten das Rover-Debakel mittlerweile verkraftet und verdienten wieder gut. Die Schrempp-Company sollte nach der Restrukturierung in den USA wieder in Fahrt kommen. Auf der Tech-Seite favorisiert SEB-Experte Oehrens die Platzhirsche SAP , Microsoft , Intel, Cisco und Nokia . Langfristig wohl keine schlechte Wahl, wenn auch momentan bei den genannten Werten die Zeichen auf Sturm stehen. Möglicherweise ein idealer Einstiegszeitpunkt für Anleger, die gekonnt gegen den Strich bürsten, also antizyklisch agieren. Denn Marktführer haben auf Dauer die besten Chancen, Durchhänger zu verkraften. Viele von ihnen gehen erfahrungsgemäß sogar gestärkt aus Krisen hervor.
Patrick Schwahn von der Deka Kapitalanlage hält große Stücke auf den schweizerischen Hörgerätehersteller Phonak . Das Unternehmen ist weltweiter Technologieführer in einem stark wachsenden Markt. Die alternde Bevölkerung und deren überproportional wachsende Kaufkraft verleihen der Aktie langfristig hohes Potenzial. Accenture aus den USA kommt gerade eben erst an die Börse. Die frühere Andersen Consulting sei, sagt der Deka-Experte Schwahn, Weltmarktführer bei den Technologie-Beratern mit einem Jahresumsatz von rund zehn Mrd. $. Das Unternehmen habe ein gutes Management und eine attraktive Bewertung an der Börse.
Mischung aus Value- und Growth-Aktien
Die Top Ten von Thomas Radinger, Fondsstratege bei der Activest, sind eine Mischung aus Value- und Growth-Aktien. Zur Abteilung "innere Werte" zählen Wal-Mart , Glaxo SmithKline , Citigroup sowie die in London ansässige Bankholding HSBC . Für "Wachstum" stehen der Speichergigant EMC , AOL Time Warner , Vodafone und Amgen.
Thomas Meier, Fondsmanager bei der genossenschaftlichen Union Investment, nimmt auch fünf Werte aus deutschen Landen in sein "Schlaf-gut"-Depot auf. Den Edelschneider Hugo Boss zum Beispiel, der einen sehr guten Ruf in der Modeszene genieße, Douglas Holding , die durch starke Markt- und Markenposition überzeuge. Die weiteren Deutschland-Favoriten: Brillenspezialist Fielmann , Fresenius Vorzüge und Linde .
Anleger sollten indes nicht damit rechnen, dass die genannten Werte zügig nach oben gehen. Auch vorübergehende Rückschläge sind möglich. Aber zehn bis 15 Werte aus dem Angebot der Fondsstrategen dürften ein solides Langfristdepot ergeben.
© 2001 Financial Times Deutschland