Ausgabe Nr. 51/52, 21.12.2002
Allgemeiner Marktüberblick
das schwerste Börsenjahr seit 1990 ist zu Ende. Vor 12 Jahren standen die Märkte vor einer ganz ähnlichen Situation, nämlich 14 Tage bevor "Desert-Storm" begann, der Golf-Krieg. Wiederholt sich das Ganze Anfang 2003? Dazu in einem Umfeld, in dem die Wirtschaftslage nicht ganz unähnlich derjenigen vor ebenfalls 12 Jahren steht. Doch ist das aktuelle Szenarium wirklich so kritisch? Die Frage lautet:
Was kann und darf die Börse ab jetzt vorwegnehmen, also diskontieren? Daran entscheidet sich die Frage einer Bear-Market-Rally oder, in welcher Form und mit welcher Laufzeit der künftige große Trend beginnt oder bereits begonnen hat. Meine Antwort:
Die Konjunkturlage zur Jahreswende 2002/2003 ähnelt stark der Wendekonstellation 1981/82 in den USA bzw. Deutschland. Insofern beschränke ich mich auf diese zwei Länder als die zwei wichtigsten für Ihre Börsendispositionen der nächsten Monate. Zuvor gilt: Jede Konjunkturwende von Bedeutung beginnt mit einem beschränkten Tempo, dessen Beschleunigung sich erst im Verlauf des Zyklus erhöhen kann.
1982 begann der Zyklus vor dem Hintergrund der extremen Folgen von 2 Ölkrisen (1974 und 1979). Diesmal beginnt der Zyklus vor dem Hintergrund der größten Kapitalvernichtung aller Zeiten an den Börsen, nämlich im Umfang von rd. 10 Bill $ für alle Märkte zusammen. Daraus erwachsen zwei Kernsätze:
Jede Markterholung stößt relativ schnell an Grenzen. Das erklärt, warum zwar schnelle Kursgewinne in den Technologie-Aktien möglich sind, aber die entsprechenden technischen Korrekturen ebenfalls rasante Konturen zeigen. Das Ergebnis ist eine vorerst bleibend hohe Volatilität.
Der Konjunkturzyklus zeigt ein flaches Erscheinungsbild, was auch für das kommende Jahr gilt. Er zeigt aber keine Einbrüche mehr, weder in den Makro-, noch in den Mikro-Daten. Wer jedoch Glanzzahlen a la 1998/99 erwartet, liegt falsch. Dafür entsteht ein sehr langer Trend.
Der Rhythmus der Börsen wird also nicht geradlinig verlaufen, sondern mit einer größeren Schwankung. Das zeigte bereits der Verlauf der letzten Wochen: 30 % Index-Gewinn in 5 Wochen sind viel. Da diese aber technisch verkraftet werden müssen, liegt die Rückschlagsgefahr auch bei 10 % und mehr. Das hat es in den vergangenen 30 Jahren wiederum nicht gegeben. Insofern ist der Marktverlauf der kommenden Monate geprägt von der Einzeleinschätzung vieler Unternehmen, worin die größeren Chancen liegen als die Indizes jeweils vermuten lassen.
Das Fazit für Sie: Stellen Sie sich auf einen durchaus positiven Trend ein, aber vergleichen Sie ihn nicht mit den Jahresergebnissen von 1995 - 1999. In diesem Trend gelten zudem die Kriterien nicht, die auch Ursache der Blase waren, sondern jene, die langfristig Bestand haben. Die Börse orientiert sich wieder an seriösen Fakten und Daten, aber nicht an Visionen ohne hinreichenden Grund. Das ist eine äußerst wichtige Grundregel für jede ihrer Börsenentscheidungen.
Der Konjunkturverlauf wird schon in 2003 einen deutlichen Schritt nach vorne machen.
Die Weltwirtschaft wächst in 2003 um durchschnittlich 4,5 %. Für die Industrie-Staaten erwächst daraus ein Plus von deutlich über 3 %, wahrscheinlich auch 3,5 %, und für die Schwellenländer ein Wachstum um 5 - 6 %. Die OECD-Schätzungen kommen diesem Verlauf schon recht nahe.
Wichtig ist der Vergleich von 2001 über 2002 bis 2003. Darin spiegelt sich der eingangs erwähnte Beginn eines langen Zyklus mit späterer Beschleunigung wider. Wer sind die Träger?
Der hohe Konsum ist das Fahrgestell, aber nicht der Motor. Alle großen Industrie-Staaten haben einen hohen Konsum-Level, der sich nur bedingt dynamisieren läßt. Das ergäbe sich nur aus einem sehr dynamischen Verlauf der Einkommen, was vorerst unmöglich ist. Der private Konsum wird also keine wesentliche Abweichung vom allgemeinen Wirtschaftswachstum erkennen lassen. Er ist stabil.
Die Investitionen sind der Motor der Konjunktur. Die massiven Restrukturierungsmaßnahmen in allen Ländern, vor allem aber in den USA, lassen dies bereits erahnen. Indes:
Nicht die Investitionen in Equipment, sondern diejenigen in Dienstleistungen sind die entscheidendere Größe. Bei einem Anteil des Service-Sektors zwischen 50 und 60 % für die Industrie-Staaten auf der sog. Entstehungsseite sind mithin die Investitionen in der "new economy" die absolut wichtigste Größe der kommenden Jahre.
Vereinfacht ausgedrückt: Es entsteht kein neues Autowerk, kein neues Stahlwerk, keine neue Petro-Chemie-Anlage und auch kein neues Chemie-Werk. Es entsteht überhaupt kein neues Kraftwerk, aber es entstehen Millionen kleine Investitionen in der Technologie. Mithin ändert sich die gesamte Struktur der Investitionen.
Die Analyse der statistischen Zahlen folgt also einem anderen Kriterium. Man darf annehmen: Gut 70 % der Investitionen in den USA, aber auch in den Industrie-Staaten des Kontinents, werden sich darauf konzentrieren, die Rentabilität der Firmen zu verbessern, Arbeitsabläufe zu vereinfachen, um die Wertschöpfung zu steigern. Alle diese Investments erreichen keine einzelnen Milliarden-Beträge, aber tausende von Millionenbeträgen und zig tausende von Beträgen um 100 000 E. und mehr.
Die Amerikaner haben in diesem Umfeld die besseren Karten. Sie reagierten auf die Nachfrageschwäche in vielen Sektoren der Technologie ebenso spektakulär wie durchgreifend:
2,4 Mio Beschäftigte wurden in 24 Monaten freigesetzt. Neu eingestellt wurden inzwischen über 1 Million. Die Differenz ergibt sich als Zuwachs der Arbeitslosenzahlen. Dieser Umbau verbesserte die Produktivität der Amerikaner in der gleichen Zeit um rd. 12 % (Gesamtzahl), also jährlich um etwa 4,8 %. Ferner:
Per 31.12.2002 werden wohl 85 - 90 % aller Bilanzen bereinigt sein. Und zwar dreifach: a) Vom Goodwill, also den Luftblasen in der Bilanz, b) von den Lagerbeständen an Produkten, die schwer verkäuflich sind und deshalb c) mit einer deutlich verbesserten Liquidität.
Die Ausgangslage für neue Investitionen ist komplett. Die Europäer können diesem Tempo weniger folgen, hatten aber auch nicht die überzogenen Probleme, wie sich dies für die Amerikaner aus den Jahren bis 2000 ergab. Damit ist die Ausgangslage der Europäer keineswegs schlechter.
Die Entwicklung der Technologie-Investitionen in den USA ersehen Sie aus dem nebenstehenden Trend, der seit 42 Jahren (!) gilt. Auch hier wird sichtbar: Die rasante Beschleunigung ab 1994/95 ist wieder in die Normalität des langfristigen Trends zurückgekehrt. Es ist keine Trendwende, sondern die Korrektur einer vorgelaufenen Übertreibung. Das Jahr 2003 wird also das Übergangsjahr werden, was sich jedoch erst im späteren Verlauf konkretisieren läßt. Man darf davon ausgehen, daß dies auch die Leitlinie für die anderen Industrie-Staaten sein dürfte.
Über die Bewertung der Aktien wird zur Zeit heftig gestritten.
Wie nach jeder Wende in einem Konjunkturzyklus oder auch einer solchen an der Börse besteht eine Vielzahl von Meinungen über den Trend der Gewinne einerseits und der Bewertung andererseits. Das läßt sich auch am langfristigen Gewinntrend festmachen. Auch hier sind die USA der Maßstab:
Die aktuelle Einschätzung zeigt eine rasante Verbesserung der Gewinne. Das kommt mir etwas zu optimistisch vor, ist aber nicht unlogisch. Durch die erwähnte Bereinigung der Bilanzen (Wertberichtigungen/Goodwill-Abschreibungen) entscheidet im kommenden Jahr der operative Gewinn. Angesichts der ebenfalls erwähnten Strukturverbesserungen ist eine radikale Gewinnverbesserung wahrscheinlich.
Selbst wenn man also gegenüber den aktuellen Schätzungen deutliche Abstriche macht, ist die positive Gewinntendenz unstreitig.
Dieses Bild deckt sich im Wesentlichen mit demjenigen in Europa, bezogen auf die Firmen, die international tätig sind. Wohl weniger für diejenigen, die unter den innerwirtschaftlichen Bedingungen ihr Geschäft betreiben.
Börsenkurse orientieren sich nicht nur am Gewinn der Firmen, sondern am Kapitalisierungs-Zinsfuß im Markt. Das ist eine rel. Bewertung, die die Qualität einer Kapitalanlage an sich definiert. Der akt. Stand:
Die Übertreibung von 1999/2000 war die eine Spitze, das Gegenteil davon erlebten Sie in den vergangenen Monaten. Daraus wurde eine ähnliche Übertreibung, die jedoch interessanterweise zu genau diesem Punkt geführt hat, der vor der großen Wende von 1981/82 gegolten hat. Sie sehen es nebenstehend. Daraus folgt:
Nicht nur die Konjunktur wendet sich aus der Baisse/Rezession in einen neuen Zyklus, sondern auch die Bewertung der Gewinne, die (S&P 500) den gleichen Sachverhalt widerspiegelt. Wohlgemerkt:
Nicht nur die Gewinne steigen, sondern auch der Bewertungsfaktor, woraus eigentlich ein Leverage-Effekt entsteht, den ich heute vermerke, aber noch nicht hoch gewichte.
Gibt es ein weiteres Kriterium, um zu testen, ob diese Einschätzung richtig ist? Diese Frage habe ich im Sept. im Brief Nr. 37 als eine Besonderheit der "historischen Forschung" dargestellt. Sie gehört hierher.
Börsenblasen platzen immer in gleicher Art und Weise. Als ich diesen Tatbestand im Sept. unter "Allgemeiner Marktüberblick" dargestellt habe, begegnete ich größter Skepsis. Doch in der Tat: Auch die Börsenblase bis zum 10. März 2000 platzte so, wie alle anderen: In rd. 136 Wochen. Man mag dies als Zufall werten oder nicht, es ist aber eine Tatsache.
Wenn es so ist, so trafen Ende Sept./Anfang Okt. sowohl die analytischen/fundamentalen als auch die börsentechnischen Überlegungen komplett zusammen. Die Wahrscheinlichkeit ist zumindest groß, daß der Baisse-Trend an den genannten Daten ausgelaufen ist. Daraus entsteht nicht zwingend eine Super-Hausse, aber eine deutliche Verbesserung der langfristigen Erholungstendenzen.
Läßt sich dies für die Deutsche Börse in gleicher oder ähnlicher Form nachweisen?
Die deutsche Lage deckt die dargestellten Konstellationen ebenfalls ab. Teilweise noch deutlicher, wie ich gleichfalls am Ende der Baisse im September begründet habe. Deshalb gehört an diese Stelle eine Analyse der aktuellen Lage.
Der deutsche Markt hat den langfristigen Wachstumspfad bisher bestätigt. Dazu gehörte in der Vergangenheit eine gelegentliche Übertreibung, aber keine langfristige. Ein Blick zurück ist dennoch wertvoll. Die erste Übertreibung gab es 1960/61 als Ergebnis des großen Wirtschaftswunders. Dem folgte die erste DM-Aufwertung um damals 5 % von 4,20 auf 4 DM je Dollar. Das Tief dieses Zyklus wurde im Oktober 1966 erreicht, als Ludwig Erhardt die erste Regierungskrise verursachte, daran scheiterte und mit der großen Koalitition eine beachtliche Erholung begann. Den unteren Rand des langfristigen Wachstumspfades erreichte Deutschland mit der ersten und zweiten Ölkrise, nämlich 1974 bzw. 1979/80. Ab 1981/82 entstand dann der bekannte langfristige Wachstumspfad bis zu der berühmten Spitze in 2000. Dem folgte wiederum der beschriebene Abstieg im Verlauf des abgelaufenen Jahres mit einer deutlichen negativen Überzeichnung, die Sie ebenfalls erkennen. Das war's!
Meine Aussage lautet: Die negative Überzeichnung dieses Jahres ist die sicherste Voraussetzung für die deutliche Erholung. Man kann sie als Gegenstück der positiven Überzeichnungen der früheren Jahre sehen. Läßt sich dies anders beweisen?
Der zyklische Indikator mißt die Differenz zwischen dem aktuellen Stand des DAX und dem langfristigen gleitenden Durchschnitt. Er erklärt also den zyklischen Zustand des DAX. Den Verlauf auf der gleichen Zeitachse wie oben erkennen Sie überdeutlich (Quelle: Financial Times Deutschland). Ergo:
Sowohl der tatsächliche Verlauf als auch der zyklische Zustand des DAX in seinem Verlauf haben für den Herbst des auslaufenden Jahres die extremen Wendemarken sehr präzise definiert. Somit reicht ein letzter Test des Wahrheitsgehaltes:
Das durchschnittliche KGV im DAX hat den tiefsten Wert seit 21 Jahren erreicht. Die nebenst. Grafik zeigt Ihnen dies deutlich. Über kleine Abweichungen mag man sich streiten, das Wesentliche ist erkennbar. Das vergleichen Sie wiederum mit den schon mehrfach erwähnten grundsätzlichen Wendemarken um die Jahre 1980/81 oder auch 1982 herum. Bezieht man den MDAX in diese Berechnung ein, ergibt sich sogar ein noch tieferer Wert, der denjenigen von 1979/80 noch unterbietet. Einzig der Zins hat gegenüber damals ein anderes Gewicht:
Die Kapitalmarktzinsen lagen damals über 9 %, jetzt bei 4,5 %. Der Dynamo fallender Renditen für das KGV ist also nicht vorhanden.
Welches sind die Schlüsselsektoren für erfolgreiches Spekulieren im neuen Jahr?
Es liegt die Vermutung nahe, mit zyklischen Aktien auch den zyklischen Konjunkturtrend voll auszuloten. Das ist insofern nicht falsch, als es im Grundsatz gilt. Eine Optimierung ist darin jedoch nicht zu finden. Andererseits: Die Technologie-Titel werden auf lange Zeit hinaus ihre früheren Spitzenkurse nicht sehen. Diese Daten der Blase sind nur ferne Zukunftsmusik oder völlig irreal. Indes:
Die End 60- und 70er Jahre wurden bestimmt vom Bürocomputer (IBM 360). Darauf beruhte damals die interessanteste Spekulation in allem, was mit Computer zu tun hat. Nur wenige Titel haben dies überlebt und IBM (IBM.NYS) blieb als einziger Weltmarktführer übrig. Das war klassischer Ausleseprozeß in einem Wachstumsmarkt.
Am 11. August 1982 "startete" der PC, erfunden von IBM, aber von COMPAQ (CPQ.NYS) letztlich in voller Konsequenz entwickelt, gebaut und damit weltumspannend benutzt. Der Ausleseprozeß war ebenso hart.
Die 90- er Jahre wurden durch die Telekommunikation bis zum Handy bestimmt. Die Öffnung der Märkte inkl. der politischen Globalisierung waren der Rahmen, der dies begünstigte. Mithin waren alle Titel, die damit zusammenhingen, die Favoriten der Märkte. Dieser Ausleseprozeß läuft gerade.
Die ersten 10 Jahre des neuen Jahrhunderts sind die des Internets. Nach dem ersten "Probelauf" und den entsprechenden Marktsäuberungen beginnt nun die Zeit der totalen Kommunikation unter letztlich 5,5 Mrd Menschen. Das Ausmaß der geschäftlichen Möglichkeiten ist noch nicht erkennbar. Wohl aber zu erraten.
Das Internet wird die interessanteste Börsenspekulation der nächsten Jahre werden. Wie sich das im einzelnen noch darstellen wird, weiß niemand. Es wird eine explosionsartige Entwicklung geben, die sich auf verschiedenen Ebenen abspielt. Die Rahmengrößen lassen sich aber schon definieren:
1. Die Informations-Ebene. Hier werden Informationen meist kostenlos zur Verfügung gestellt. Hier lag auch die in den letzten Jahren deutlich ausgeweitete Inanspruchnahme des Internets. Kennzeichnend dafür ist aber eine sehr geringe oder gar nicht vorhandene Wertschöpfung.
2. Die Kommunikationsebene hat eine höhere Wertschöpfung, weil sich auf dieser Grundlage Geschäftsverbindungen entgeltlich abwickeln. Sie bringt eine gemäßigte, aber breitere Wertschöpfung, die einen relativ sicheren Cash-Flow generieren läßt.
3. Die Transaktionsebene ist die lukrativste Form. Auf ihr finden entgeltliche und sogar hochwertige Transaktionen statt, auf der interessante Geschäftsmodelle realisiert werden können (B2B).
4. Die Technologie wird von Hard- und Software definiert. Hier entstehen die Weltmarktführer, die voraussichtlich in überschaubarer Zeit einen Standard setzen. Nicht anders als MICROSOFT (MSFT.NAS) für PC-/Software vor 24 Jahren, um dies als Beispiel zu nennen.
Die Ausgangslage dieser Internet-Welt zum Jahreswechsel 2002/2003 zeige ich Ihnen in einem Internet-Chart, der dies global wiedergibt, nämlich mit der wohl berühmtesten Aktie, YAHOO (YHOO.NAS), als Beispiel für alle anderen:
Das Ganze ist ein irrsinnig langer Trend. Voraussichtlich über 10 oder 15 Jahre und mehr. Ähnlich den Trends für die oben beschriebenen Technologien. Ich mahne also an:
Es wird jede Menge Unfälle geben, also Pleiten. Es wird aber ebenso interessante Chancen geben, die überproportional erscheinen.
Es wird jedoch ein äußerst lukratives Geschäft für diejenigen, die weit genug denken und auch problematische markttechnische Konstellationen durchstehen. Schauen Sie sich den Chart von MICROSOFT oder COMPAQ in den vergangenen 20 Jahren an. Dann können Sie ermessen, was innerhalb langer Trends auch technisch alles möglich ist. Auch diese Titel sind um 50 % abgestürzt, um anschließend wieder um 300 % zuzulegen.
Meine Empfehlung lautet daher: Die Internet-Spekulation wird nicht nur ein Börsenereignis werden, sondern auch ein zuverlässiger Indikator für die Qualität des neuen Konjunkturzyklus weltweit.
Deutschland steht 2003 an einem Scheideweg.
Dies gilt dreifach: 1. Politisch, 2. wirtschaftspolitisch und 3. strukturpolitisch. Natürlich gibt es eine enge Beziehung zwischen diesen drei Punkten, doch keineswegs automatisch und durchaus gesondert. In Kürze:
Rot/Grün ist nicht haltbar. Der riskante Wahlgewinn dürfte 4 Jahre nicht nutzbar sein. Dazu ist die Substanz von rot/grün zu gering. Wie sie umgestellt und verändert wird, läßt sich im Moment nur erahnen, aber schon einigermaßen greifen, wenn man die historischen Parallelen der deutschen Politik berücksichtigt. Der fatale Vertrauensverlust ist aus sich selbst heraus nicht aufzuholen. Wichtiger:
Die Wirtschaftspolitik ist in Deutschland Fiskalpolitik. Ich habe dies schon früher beschrieben. Über die Finanzen wird die Belastung der Deutschen getestet, wie seit Willy Brandt. Erst nach den Entscheidungen der Fiskalpolitik wird entschieden, welche wirtschaftlichen Folgen das hat. Die Amerikaner machen es genau umgekehrt: Sie entscheiden nach wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten und nehmen die fiskalen Folgen in Kauf. Ich habe dies kürzlich anhand des Laffer-Effektes in der AB beschrieben.
Strukturpolitisch nähert sich Deutschland dem japanischen Vorbild. Allerdings mit einer deutlich besseren Konstellation, als die Sanierung der Bankenwelt wohl definitiv begonnen hat. Wie auch immer das Ergebnis aussehen wird, das sich im Umriß schon zeigt: Es gibt keine gesunde Wirtschaft ohne gesunde Banken. Da die Japaner dies seit 12 Jahren politisch verweigern, haben sie "ein Problem". In Deutschland wird dieser Umbau politisch nicht behindert, scheiterte aber an verschiedenen branchentypischen Elementen.
Die Sanierung der deutschen Bankenwelt hat ähnliche Dimensionen wie vor Jahrzehnten die Sanierung des Steinkohle-Bergbaus oder der Stahlindustrie.
Welche Bedeutung diese Bankensanierung wirtschaftlich hat, läßt sich gut am Beispiel der amerikanischen Saving & Loan-Krise 1990/91 nachweisen. Über 3000 Institute dieser Art waren damals faktisch pleite. Mit einem Staatskredit von rd. 100 Mrd $ wurde innerhalb von 3 Jahren das gesamte System saniert und somit war die Grundlage für eine normale Kreditgewährung gegeben, die einen wesentlichen Bestandteil des Wirtschaftswunders der 90er Jahre reflektiert.
Die deutschen Banken sind zur Zeit "kreditunfähig". Sie verweigern dem Mittelstand die Kredite, die er benötigt. Sowohl für Investitionen, als auch für Zwischenfinanzierungen. Damit ist Sand im Getriebe der deutschen Wirtschaft, die vom Mittelstand in seiner Breite getragen wird. Wie dies strukturell überwunden wird, ist zur Zeit unbekannt. Ohne die Herstellung der Kreditfähigkeit oder Kreditwilligkeit der Banken ist eine deutliche Belebung der Konjunktur nicht machbar.
Meine Bankenspekulation hat also auch einen sehr bedeutenden volkswirtschaftlichen Aspekt. Ich bin jedoch zuversichtlich, daß dies gelingen wird. Dafür gibt es zwei Argumente:
Das Kerngeschäft der deutschen Banken ist absolut gesund. Sowohl auf der Passiv- als auch auf der Aktiv-Seite. Die "Einschläge" in den vergangenen 2 Jahren entsprechen in Prozent des Kreditvolumens oder der Bilanzsumme den früher üblichen zyklischen Einbrüchen. Nichts geht über die üblichen Maßstäbe hinaus.
Die Vermögenslage der Banken ist solide. Allerdings bedarf dies noch der Bereinigung fehlerhafter Investitionen aus den vergangenen 6 Jahren. Diese Bereinigung hat ebenfalls begonnen, wie die DT. BANK (514 000) vorexerziert, dem die anderen mehr oder minder folgen müssen.
Vor diesem Hintergrund sind Investments in Bank-Aktien ein zyklisches Geschäft mit überproportionalem Potential. Das zeigt der Verlauf aller Banken-Kurse seit 40 Jahren.
Die Schieflage der Versicherer ist ein ganz anderes Phänomen. Sie haben sich massiv in Aktien verspekuliert. Die Folgen dieser Berichtigungen erkennen Sie in den Bilanzen zum 31.12. Die Berechnungen dazu für die ALLIANZ (840 400) und MÜNCH. RÜCK (843 002) habe ich in den letzten Wochen ausführlich dargestellt.
Banken und Versicherungen sind damit nicht vergleichbar, aber kursmäßig in der gleichen Ausgangslage. Bei den Banken strukturell, bei den Versicherern als grobe Mißgriffe. Auch hier wurde die innere Substanz nicht beschädigt, woran auch die Rating-Abstufungen der Agenturen nichts ändern.
Resümee für Sie: Die Sanierung der Finanzbranche ist ein wichtiger Baustein für die deutsche Wirtschaft einerseits und ein klassischer Begleitumstand für die Börsentendenz des ganzen Jahres andererseits. Denn keine Branche ist so sensibel gegenüber Hiobsbotschaften, wie die Finanzwelt.
Nichts führt aber daran vorbei: Die Gewinne der Unternehmen werden allseitig und deutlich zulegen. Das gilt nicht nur für die Finanztitel nach Bereinigung der Bilanzen, sondern für den gesamten DAX. Stand:
Für alle Firmen im DAX errechnet sich ein Plus von mehr als 150 % und von weiteren 30 % im Jahre 2004. Dies gilt für die bereinigten Gewinne, also nach Goodwill-Abschreibungen und sonstigen Aufräumarbeiten. Ein typisches Beispiel dafür ist DT. TELEKOM (555 750) nach Abschreibungen von voraussichtlich 27 - 28 Mrd E. per 31.12.2002, wovon die überwiegende Zahl schon per 30.09. berücksichtigt ist. Dramatisches Beispiel anderer Art: Die ALLIANZ wird 2002 im besten Fall mit einem Gewinn von einigen Cents je Aktie aufwarten. In 2003 werden aber 4 E. je Aktie als ziemlich sicher gelten. In der Technologie wird es also dreistellige Zuwachsraten im Gewinn geben, worüber Sie sich die Augen reiben müssen. Vor diesem Hintergrund sieht der DAX so aus:
Vergleichen Sie diesen Verlauf auch mit dem unter "Analyse der aktuelle Lage des deutschen Marktes". Die deutsche Börsentendenz hat die Bewertungsblase also verkraftet und liegt wieder im alten Trend der ökonomischen Realitäten.
Fazit für Sie: In 2003 gibt es einen positiven Trend, aber keine spektakulären Übertreibungen. Geschieht dies jedoch vor dem Hintergrund einer möglichen politischen Wende gemäß den drei genannten Punkten, sind deutlich höhere Erwartungen nicht auszuschließen. Das wird sich noch zeigen.
Die Amerikaner bleiben die Konjunktur-Lokomotive!
Die eingangs abgebildete OECD-Schätzung ist der Rahmen. Die sich daraus ergebende Gewinn-Entwicklung zeigte die Grafik: Vor diesem Hintergrund ist eher der Nasdaq als der Dow Jones das eigentliche Börsenbarometer. Dies sieht so aus:
Der Dow Jones oder S&P 500 repräsentieren den Trend des Gesamtmarktes als Spiegelbild der Konjunktur.
Der Nasdaq repräsentiert den dynamischen Teil, wofür ich Ihnen die Begründung schon gegeben habe. Das erfordert eine andere Betrachtung.
Dynamik heißt auch Hektik und mithin Volatilität. Dauerhafte Investments wird es vorerst kaum geben. Deshalb habe ich permanent zwischen Erholungs- und Trendpotential unterschieden. Die Bewertung vieler Technologie-Konzerne ist noch relativ "komfortabel". Sie können dann zwar sehr schnell aufgrund einer Besserstellung der Ergebnisse 30 % oder 40 % und sogar 100 % zulegen, stoßen dann aber unweigerlich an die Bewertungsgrenze. Die Einschätzung der INTEL (INTC.NAS)-Aktie vor 8 Tagen durch Merrill Lynch ist ein erster Beleg dafür.
Daraus resultiert: Investments in Technologie-Aktien haben eine begrenzte "Laufzeit". Schon nach wenigen Monaten sind die Gewinne wirklich zu realisieren. Gleichgültig, wie auch immer die steuerliche Folge für Sie aussieht. Leben Sie also mit dieser Steuer, die ich dann für vertretbar und akzeptabel halte, wenn Sie wissen, daß von jedem Kursgewinn bei Aufrechnung gegen die Verluste ein bestimmter Prozentsatz beim Finanzamt landet. Aber: Wenn Sie diesen Trends im Wesentlichen folgen, werden Sie trotz der Steuerlast sehr gut abschneiden. Spätestens nach 100 % wird Kasse gemacht. Ab 50 % denken Sie darüber nach.
Ein interessanter Nebenaspekt: Keinem Europäer wird es auch im kommenden Jahr gelingen, in den USA eine bedeutende Marktposition zu erreichen. Weder SAP (716 460) in der Software, noch die Chemie oder andere. Wer es dennoch wagt, in den USA eine Groß-Akquisition zu starten, ist ein Verkaufskandidat. Zwei Fälle mögen eine andere Betrachtung zulassen, jedoch nur bedingt:
DAIMLERCHRYSLER (710 000) ist ein Sonderfall der Fusion. Eigentlich also ein deutsch/amerikanisches Unternehmen mit zwei Marken und gesonderten Märkten. Es ist zudem das erste Experiment einer solchen Firmen-Ehe. Ich habe dieses Experiment positiv begleitet, wie Sie wissen. Mit einer deutlichen Zeitverzögerung zahlt es sich jetzt aus. Ob dies schon im kommenden Jahr an der Börse honoriert wird, ist aber noch offen.
Der DT. TELEKOM-Sprung ins amerikanische Handy-Geschäft führt in eine Fusion mit einem anderen Amerikaner. Ein Marktanteil von 6,1 - 6,3 % ist langfristig kein attraktives Investment. Eine solche Fusion würde aber das amerikanische Handy-Asset der DT. TELEKOM bedeutend aufwerten. Unternehmenspolitisch gehört es aber zu einem Experiment und wird nicht dazu führen, daß DT. TELEKOM ein amerikanischer Global Player wird.
Mein Fazit lautet: Das Schwergewicht Ihrer amerikanischen Spekulationen wird in den Technologie-Sektoren der Bereiche liegen, die ich eingangs skizziert habe.
Japan bleibt so lange blockiert, wie die Banken-Krise nicht gelöst ist.
Ich schreibe dies mit großer Enttäuschung. Auch mit Besorgnis. Der größte Kapital-Exporteur der Welt mit den größten Devisenreserven und die Nr. 3 im Weltexport schafft es seit 12 Jahren nicht, die leidige Bankenkrise zu erledigen. Das hat allein politische Gründe. Ergänzend zu dem Gesagten in diesem Brief:
Die Problemkredite stapeln sich in der Größenordnung von vermutlich um umgerechnet 1,3 Bill $. Das sind die aktuellen, aber nicht sicheren Schätzungen. Darunter leidet die gesamte Wirtschaftsdynamik des Landes. Der durchaus florierende Export kann dies nicht kompensieren. Folge:
Der Nikkei versuchte es seit 1991 (!) 5 Mal, zunächst einen Boden und sodann einen neuen Ansatz zu finden. Die beschriebenen Umstände ließen den Markt jedesmal zurückfallen. Das verzögert sich jetzt erneut um 3 Monate.
Per 31. März/01. April wird die Notenbank im Auftrag der Regierung wesentliche Aktien-Pakete übernehmen, um die Banken zu entlasten. Dies reicht nicht aus. Es ist im besten Fall eine kleine Stütze und ein Trostpflaster, aber keine echte Reparatur. So lange dies also der Fall ist, sind Investments in Japan falschgebundenes Geld.
Gruß
Allgemeiner Marktüberblick
das schwerste Börsenjahr seit 1990 ist zu Ende. Vor 12 Jahren standen die Märkte vor einer ganz ähnlichen Situation, nämlich 14 Tage bevor "Desert-Storm" begann, der Golf-Krieg. Wiederholt sich das Ganze Anfang 2003? Dazu in einem Umfeld, in dem die Wirtschaftslage nicht ganz unähnlich derjenigen vor ebenfalls 12 Jahren steht. Doch ist das aktuelle Szenarium wirklich so kritisch? Die Frage lautet:
Was kann und darf die Börse ab jetzt vorwegnehmen, also diskontieren? Daran entscheidet sich die Frage einer Bear-Market-Rally oder, in welcher Form und mit welcher Laufzeit der künftige große Trend beginnt oder bereits begonnen hat. Meine Antwort:
Die Konjunkturlage zur Jahreswende 2002/2003 ähnelt stark der Wendekonstellation 1981/82 in den USA bzw. Deutschland. Insofern beschränke ich mich auf diese zwei Länder als die zwei wichtigsten für Ihre Börsendispositionen der nächsten Monate. Zuvor gilt: Jede Konjunkturwende von Bedeutung beginnt mit einem beschränkten Tempo, dessen Beschleunigung sich erst im Verlauf des Zyklus erhöhen kann.
1982 begann der Zyklus vor dem Hintergrund der extremen Folgen von 2 Ölkrisen (1974 und 1979). Diesmal beginnt der Zyklus vor dem Hintergrund der größten Kapitalvernichtung aller Zeiten an den Börsen, nämlich im Umfang von rd. 10 Bill $ für alle Märkte zusammen. Daraus erwachsen zwei Kernsätze:
Jede Markterholung stößt relativ schnell an Grenzen. Das erklärt, warum zwar schnelle Kursgewinne in den Technologie-Aktien möglich sind, aber die entsprechenden technischen Korrekturen ebenfalls rasante Konturen zeigen. Das Ergebnis ist eine vorerst bleibend hohe Volatilität.
Der Konjunkturzyklus zeigt ein flaches Erscheinungsbild, was auch für das kommende Jahr gilt. Er zeigt aber keine Einbrüche mehr, weder in den Makro-, noch in den Mikro-Daten. Wer jedoch Glanzzahlen a la 1998/99 erwartet, liegt falsch. Dafür entsteht ein sehr langer Trend.
Der Rhythmus der Börsen wird also nicht geradlinig verlaufen, sondern mit einer größeren Schwankung. Das zeigte bereits der Verlauf der letzten Wochen: 30 % Index-Gewinn in 5 Wochen sind viel. Da diese aber technisch verkraftet werden müssen, liegt die Rückschlagsgefahr auch bei 10 % und mehr. Das hat es in den vergangenen 30 Jahren wiederum nicht gegeben. Insofern ist der Marktverlauf der kommenden Monate geprägt von der Einzeleinschätzung vieler Unternehmen, worin die größeren Chancen liegen als die Indizes jeweils vermuten lassen.
Das Fazit für Sie: Stellen Sie sich auf einen durchaus positiven Trend ein, aber vergleichen Sie ihn nicht mit den Jahresergebnissen von 1995 - 1999. In diesem Trend gelten zudem die Kriterien nicht, die auch Ursache der Blase waren, sondern jene, die langfristig Bestand haben. Die Börse orientiert sich wieder an seriösen Fakten und Daten, aber nicht an Visionen ohne hinreichenden Grund. Das ist eine äußerst wichtige Grundregel für jede ihrer Börsenentscheidungen.
Der Konjunkturverlauf wird schon in 2003 einen deutlichen Schritt nach vorne machen.
Die Weltwirtschaft wächst in 2003 um durchschnittlich 4,5 %. Für die Industrie-Staaten erwächst daraus ein Plus von deutlich über 3 %, wahrscheinlich auch 3,5 %, und für die Schwellenländer ein Wachstum um 5 - 6 %. Die OECD-Schätzungen kommen diesem Verlauf schon recht nahe.
Wichtig ist der Vergleich von 2001 über 2002 bis 2003. Darin spiegelt sich der eingangs erwähnte Beginn eines langen Zyklus mit späterer Beschleunigung wider. Wer sind die Träger?
Der hohe Konsum ist das Fahrgestell, aber nicht der Motor. Alle großen Industrie-Staaten haben einen hohen Konsum-Level, der sich nur bedingt dynamisieren läßt. Das ergäbe sich nur aus einem sehr dynamischen Verlauf der Einkommen, was vorerst unmöglich ist. Der private Konsum wird also keine wesentliche Abweichung vom allgemeinen Wirtschaftswachstum erkennen lassen. Er ist stabil.
Die Investitionen sind der Motor der Konjunktur. Die massiven Restrukturierungsmaßnahmen in allen Ländern, vor allem aber in den USA, lassen dies bereits erahnen. Indes:
Nicht die Investitionen in Equipment, sondern diejenigen in Dienstleistungen sind die entscheidendere Größe. Bei einem Anteil des Service-Sektors zwischen 50 und 60 % für die Industrie-Staaten auf der sog. Entstehungsseite sind mithin die Investitionen in der "new economy" die absolut wichtigste Größe der kommenden Jahre.
Vereinfacht ausgedrückt: Es entsteht kein neues Autowerk, kein neues Stahlwerk, keine neue Petro-Chemie-Anlage und auch kein neues Chemie-Werk. Es entsteht überhaupt kein neues Kraftwerk, aber es entstehen Millionen kleine Investitionen in der Technologie. Mithin ändert sich die gesamte Struktur der Investitionen.
Die Analyse der statistischen Zahlen folgt also einem anderen Kriterium. Man darf annehmen: Gut 70 % der Investitionen in den USA, aber auch in den Industrie-Staaten des Kontinents, werden sich darauf konzentrieren, die Rentabilität der Firmen zu verbessern, Arbeitsabläufe zu vereinfachen, um die Wertschöpfung zu steigern. Alle diese Investments erreichen keine einzelnen Milliarden-Beträge, aber tausende von Millionenbeträgen und zig tausende von Beträgen um 100 000 E. und mehr.
Die Amerikaner haben in diesem Umfeld die besseren Karten. Sie reagierten auf die Nachfrageschwäche in vielen Sektoren der Technologie ebenso spektakulär wie durchgreifend:
2,4 Mio Beschäftigte wurden in 24 Monaten freigesetzt. Neu eingestellt wurden inzwischen über 1 Million. Die Differenz ergibt sich als Zuwachs der Arbeitslosenzahlen. Dieser Umbau verbesserte die Produktivität der Amerikaner in der gleichen Zeit um rd. 12 % (Gesamtzahl), also jährlich um etwa 4,8 %. Ferner:
Per 31.12.2002 werden wohl 85 - 90 % aller Bilanzen bereinigt sein. Und zwar dreifach: a) Vom Goodwill, also den Luftblasen in der Bilanz, b) von den Lagerbeständen an Produkten, die schwer verkäuflich sind und deshalb c) mit einer deutlich verbesserten Liquidität.
Die Ausgangslage für neue Investitionen ist komplett. Die Europäer können diesem Tempo weniger folgen, hatten aber auch nicht die überzogenen Probleme, wie sich dies für die Amerikaner aus den Jahren bis 2000 ergab. Damit ist die Ausgangslage der Europäer keineswegs schlechter.
Die Entwicklung der Technologie-Investitionen in den USA ersehen Sie aus dem nebenstehenden Trend, der seit 42 Jahren (!) gilt. Auch hier wird sichtbar: Die rasante Beschleunigung ab 1994/95 ist wieder in die Normalität des langfristigen Trends zurückgekehrt. Es ist keine Trendwende, sondern die Korrektur einer vorgelaufenen Übertreibung. Das Jahr 2003 wird also das Übergangsjahr werden, was sich jedoch erst im späteren Verlauf konkretisieren läßt. Man darf davon ausgehen, daß dies auch die Leitlinie für die anderen Industrie-Staaten sein dürfte.
Über die Bewertung der Aktien wird zur Zeit heftig gestritten.
Wie nach jeder Wende in einem Konjunkturzyklus oder auch einer solchen an der Börse besteht eine Vielzahl von Meinungen über den Trend der Gewinne einerseits und der Bewertung andererseits. Das läßt sich auch am langfristigen Gewinntrend festmachen. Auch hier sind die USA der Maßstab:
Die aktuelle Einschätzung zeigt eine rasante Verbesserung der Gewinne. Das kommt mir etwas zu optimistisch vor, ist aber nicht unlogisch. Durch die erwähnte Bereinigung der Bilanzen (Wertberichtigungen/Goodwill-Abschreibungen) entscheidet im kommenden Jahr der operative Gewinn. Angesichts der ebenfalls erwähnten Strukturverbesserungen ist eine radikale Gewinnverbesserung wahrscheinlich.
Selbst wenn man also gegenüber den aktuellen Schätzungen deutliche Abstriche macht, ist die positive Gewinntendenz unstreitig.
Dieses Bild deckt sich im Wesentlichen mit demjenigen in Europa, bezogen auf die Firmen, die international tätig sind. Wohl weniger für diejenigen, die unter den innerwirtschaftlichen Bedingungen ihr Geschäft betreiben.
Börsenkurse orientieren sich nicht nur am Gewinn der Firmen, sondern am Kapitalisierungs-Zinsfuß im Markt. Das ist eine rel. Bewertung, die die Qualität einer Kapitalanlage an sich definiert. Der akt. Stand:
Die Übertreibung von 1999/2000 war die eine Spitze, das Gegenteil davon erlebten Sie in den vergangenen Monaten. Daraus wurde eine ähnliche Übertreibung, die jedoch interessanterweise zu genau diesem Punkt geführt hat, der vor der großen Wende von 1981/82 gegolten hat. Sie sehen es nebenstehend. Daraus folgt:
Nicht nur die Konjunktur wendet sich aus der Baisse/Rezession in einen neuen Zyklus, sondern auch die Bewertung der Gewinne, die (S&P 500) den gleichen Sachverhalt widerspiegelt. Wohlgemerkt:
Nicht nur die Gewinne steigen, sondern auch der Bewertungsfaktor, woraus eigentlich ein Leverage-Effekt entsteht, den ich heute vermerke, aber noch nicht hoch gewichte.
Gibt es ein weiteres Kriterium, um zu testen, ob diese Einschätzung richtig ist? Diese Frage habe ich im Sept. im Brief Nr. 37 als eine Besonderheit der "historischen Forschung" dargestellt. Sie gehört hierher.
Börsenblasen platzen immer in gleicher Art und Weise. Als ich diesen Tatbestand im Sept. unter "Allgemeiner Marktüberblick" dargestellt habe, begegnete ich größter Skepsis. Doch in der Tat: Auch die Börsenblase bis zum 10. März 2000 platzte so, wie alle anderen: In rd. 136 Wochen. Man mag dies als Zufall werten oder nicht, es ist aber eine Tatsache.
Wenn es so ist, so trafen Ende Sept./Anfang Okt. sowohl die analytischen/fundamentalen als auch die börsentechnischen Überlegungen komplett zusammen. Die Wahrscheinlichkeit ist zumindest groß, daß der Baisse-Trend an den genannten Daten ausgelaufen ist. Daraus entsteht nicht zwingend eine Super-Hausse, aber eine deutliche Verbesserung der langfristigen Erholungstendenzen.
Läßt sich dies für die Deutsche Börse in gleicher oder ähnlicher Form nachweisen?
Die deutsche Lage deckt die dargestellten Konstellationen ebenfalls ab. Teilweise noch deutlicher, wie ich gleichfalls am Ende der Baisse im September begründet habe. Deshalb gehört an diese Stelle eine Analyse der aktuellen Lage.
Der deutsche Markt hat den langfristigen Wachstumspfad bisher bestätigt. Dazu gehörte in der Vergangenheit eine gelegentliche Übertreibung, aber keine langfristige. Ein Blick zurück ist dennoch wertvoll. Die erste Übertreibung gab es 1960/61 als Ergebnis des großen Wirtschaftswunders. Dem folgte die erste DM-Aufwertung um damals 5 % von 4,20 auf 4 DM je Dollar. Das Tief dieses Zyklus wurde im Oktober 1966 erreicht, als Ludwig Erhardt die erste Regierungskrise verursachte, daran scheiterte und mit der großen Koalitition eine beachtliche Erholung begann. Den unteren Rand des langfristigen Wachstumspfades erreichte Deutschland mit der ersten und zweiten Ölkrise, nämlich 1974 bzw. 1979/80. Ab 1981/82 entstand dann der bekannte langfristige Wachstumspfad bis zu der berühmten Spitze in 2000. Dem folgte wiederum der beschriebene Abstieg im Verlauf des abgelaufenen Jahres mit einer deutlichen negativen Überzeichnung, die Sie ebenfalls erkennen. Das war's!
Meine Aussage lautet: Die negative Überzeichnung dieses Jahres ist die sicherste Voraussetzung für die deutliche Erholung. Man kann sie als Gegenstück der positiven Überzeichnungen der früheren Jahre sehen. Läßt sich dies anders beweisen?
Der zyklische Indikator mißt die Differenz zwischen dem aktuellen Stand des DAX und dem langfristigen gleitenden Durchschnitt. Er erklärt also den zyklischen Zustand des DAX. Den Verlauf auf der gleichen Zeitachse wie oben erkennen Sie überdeutlich (Quelle: Financial Times Deutschland). Ergo:
Sowohl der tatsächliche Verlauf als auch der zyklische Zustand des DAX in seinem Verlauf haben für den Herbst des auslaufenden Jahres die extremen Wendemarken sehr präzise definiert. Somit reicht ein letzter Test des Wahrheitsgehaltes:
Das durchschnittliche KGV im DAX hat den tiefsten Wert seit 21 Jahren erreicht. Die nebenst. Grafik zeigt Ihnen dies deutlich. Über kleine Abweichungen mag man sich streiten, das Wesentliche ist erkennbar. Das vergleichen Sie wiederum mit den schon mehrfach erwähnten grundsätzlichen Wendemarken um die Jahre 1980/81 oder auch 1982 herum. Bezieht man den MDAX in diese Berechnung ein, ergibt sich sogar ein noch tieferer Wert, der denjenigen von 1979/80 noch unterbietet. Einzig der Zins hat gegenüber damals ein anderes Gewicht:
Die Kapitalmarktzinsen lagen damals über 9 %, jetzt bei 4,5 %. Der Dynamo fallender Renditen für das KGV ist also nicht vorhanden.
Welches sind die Schlüsselsektoren für erfolgreiches Spekulieren im neuen Jahr?
Es liegt die Vermutung nahe, mit zyklischen Aktien auch den zyklischen Konjunkturtrend voll auszuloten. Das ist insofern nicht falsch, als es im Grundsatz gilt. Eine Optimierung ist darin jedoch nicht zu finden. Andererseits: Die Technologie-Titel werden auf lange Zeit hinaus ihre früheren Spitzenkurse nicht sehen. Diese Daten der Blase sind nur ferne Zukunftsmusik oder völlig irreal. Indes:
Die End 60- und 70er Jahre wurden bestimmt vom Bürocomputer (IBM 360). Darauf beruhte damals die interessanteste Spekulation in allem, was mit Computer zu tun hat. Nur wenige Titel haben dies überlebt und IBM (IBM.NYS) blieb als einziger Weltmarktführer übrig. Das war klassischer Ausleseprozeß in einem Wachstumsmarkt.
Am 11. August 1982 "startete" der PC, erfunden von IBM, aber von COMPAQ (CPQ.NYS) letztlich in voller Konsequenz entwickelt, gebaut und damit weltumspannend benutzt. Der Ausleseprozeß war ebenso hart.
Die 90- er Jahre wurden durch die Telekommunikation bis zum Handy bestimmt. Die Öffnung der Märkte inkl. der politischen Globalisierung waren der Rahmen, der dies begünstigte. Mithin waren alle Titel, die damit zusammenhingen, die Favoriten der Märkte. Dieser Ausleseprozeß läuft gerade.
Die ersten 10 Jahre des neuen Jahrhunderts sind die des Internets. Nach dem ersten "Probelauf" und den entsprechenden Marktsäuberungen beginnt nun die Zeit der totalen Kommunikation unter letztlich 5,5 Mrd Menschen. Das Ausmaß der geschäftlichen Möglichkeiten ist noch nicht erkennbar. Wohl aber zu erraten.
Das Internet wird die interessanteste Börsenspekulation der nächsten Jahre werden. Wie sich das im einzelnen noch darstellen wird, weiß niemand. Es wird eine explosionsartige Entwicklung geben, die sich auf verschiedenen Ebenen abspielt. Die Rahmengrößen lassen sich aber schon definieren:
1. Die Informations-Ebene. Hier werden Informationen meist kostenlos zur Verfügung gestellt. Hier lag auch die in den letzten Jahren deutlich ausgeweitete Inanspruchnahme des Internets. Kennzeichnend dafür ist aber eine sehr geringe oder gar nicht vorhandene Wertschöpfung.
2. Die Kommunikationsebene hat eine höhere Wertschöpfung, weil sich auf dieser Grundlage Geschäftsverbindungen entgeltlich abwickeln. Sie bringt eine gemäßigte, aber breitere Wertschöpfung, die einen relativ sicheren Cash-Flow generieren läßt.
3. Die Transaktionsebene ist die lukrativste Form. Auf ihr finden entgeltliche und sogar hochwertige Transaktionen statt, auf der interessante Geschäftsmodelle realisiert werden können (B2B).
4. Die Technologie wird von Hard- und Software definiert. Hier entstehen die Weltmarktführer, die voraussichtlich in überschaubarer Zeit einen Standard setzen. Nicht anders als MICROSOFT (MSFT.NAS) für PC-/Software vor 24 Jahren, um dies als Beispiel zu nennen.
Die Ausgangslage dieser Internet-Welt zum Jahreswechsel 2002/2003 zeige ich Ihnen in einem Internet-Chart, der dies global wiedergibt, nämlich mit der wohl berühmtesten Aktie, YAHOO (YHOO.NAS), als Beispiel für alle anderen:
Das Ganze ist ein irrsinnig langer Trend. Voraussichtlich über 10 oder 15 Jahre und mehr. Ähnlich den Trends für die oben beschriebenen Technologien. Ich mahne also an:
Es wird jede Menge Unfälle geben, also Pleiten. Es wird aber ebenso interessante Chancen geben, die überproportional erscheinen.
Es wird jedoch ein äußerst lukratives Geschäft für diejenigen, die weit genug denken und auch problematische markttechnische Konstellationen durchstehen. Schauen Sie sich den Chart von MICROSOFT oder COMPAQ in den vergangenen 20 Jahren an. Dann können Sie ermessen, was innerhalb langer Trends auch technisch alles möglich ist. Auch diese Titel sind um 50 % abgestürzt, um anschließend wieder um 300 % zuzulegen.
Meine Empfehlung lautet daher: Die Internet-Spekulation wird nicht nur ein Börsenereignis werden, sondern auch ein zuverlässiger Indikator für die Qualität des neuen Konjunkturzyklus weltweit.
Deutschland steht 2003 an einem Scheideweg.
Dies gilt dreifach: 1. Politisch, 2. wirtschaftspolitisch und 3. strukturpolitisch. Natürlich gibt es eine enge Beziehung zwischen diesen drei Punkten, doch keineswegs automatisch und durchaus gesondert. In Kürze:
Rot/Grün ist nicht haltbar. Der riskante Wahlgewinn dürfte 4 Jahre nicht nutzbar sein. Dazu ist die Substanz von rot/grün zu gering. Wie sie umgestellt und verändert wird, läßt sich im Moment nur erahnen, aber schon einigermaßen greifen, wenn man die historischen Parallelen der deutschen Politik berücksichtigt. Der fatale Vertrauensverlust ist aus sich selbst heraus nicht aufzuholen. Wichtiger:
Die Wirtschaftspolitik ist in Deutschland Fiskalpolitik. Ich habe dies schon früher beschrieben. Über die Finanzen wird die Belastung der Deutschen getestet, wie seit Willy Brandt. Erst nach den Entscheidungen der Fiskalpolitik wird entschieden, welche wirtschaftlichen Folgen das hat. Die Amerikaner machen es genau umgekehrt: Sie entscheiden nach wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten und nehmen die fiskalen Folgen in Kauf. Ich habe dies kürzlich anhand des Laffer-Effektes in der AB beschrieben.
Strukturpolitisch nähert sich Deutschland dem japanischen Vorbild. Allerdings mit einer deutlich besseren Konstellation, als die Sanierung der Bankenwelt wohl definitiv begonnen hat. Wie auch immer das Ergebnis aussehen wird, das sich im Umriß schon zeigt: Es gibt keine gesunde Wirtschaft ohne gesunde Banken. Da die Japaner dies seit 12 Jahren politisch verweigern, haben sie "ein Problem". In Deutschland wird dieser Umbau politisch nicht behindert, scheiterte aber an verschiedenen branchentypischen Elementen.
Die Sanierung der deutschen Bankenwelt hat ähnliche Dimensionen wie vor Jahrzehnten die Sanierung des Steinkohle-Bergbaus oder der Stahlindustrie.
Welche Bedeutung diese Bankensanierung wirtschaftlich hat, läßt sich gut am Beispiel der amerikanischen Saving & Loan-Krise 1990/91 nachweisen. Über 3000 Institute dieser Art waren damals faktisch pleite. Mit einem Staatskredit von rd. 100 Mrd $ wurde innerhalb von 3 Jahren das gesamte System saniert und somit war die Grundlage für eine normale Kreditgewährung gegeben, die einen wesentlichen Bestandteil des Wirtschaftswunders der 90er Jahre reflektiert.
Die deutschen Banken sind zur Zeit "kreditunfähig". Sie verweigern dem Mittelstand die Kredite, die er benötigt. Sowohl für Investitionen, als auch für Zwischenfinanzierungen. Damit ist Sand im Getriebe der deutschen Wirtschaft, die vom Mittelstand in seiner Breite getragen wird. Wie dies strukturell überwunden wird, ist zur Zeit unbekannt. Ohne die Herstellung der Kreditfähigkeit oder Kreditwilligkeit der Banken ist eine deutliche Belebung der Konjunktur nicht machbar.
Meine Bankenspekulation hat also auch einen sehr bedeutenden volkswirtschaftlichen Aspekt. Ich bin jedoch zuversichtlich, daß dies gelingen wird. Dafür gibt es zwei Argumente:
Das Kerngeschäft der deutschen Banken ist absolut gesund. Sowohl auf der Passiv- als auch auf der Aktiv-Seite. Die "Einschläge" in den vergangenen 2 Jahren entsprechen in Prozent des Kreditvolumens oder der Bilanzsumme den früher üblichen zyklischen Einbrüchen. Nichts geht über die üblichen Maßstäbe hinaus.
Die Vermögenslage der Banken ist solide. Allerdings bedarf dies noch der Bereinigung fehlerhafter Investitionen aus den vergangenen 6 Jahren. Diese Bereinigung hat ebenfalls begonnen, wie die DT. BANK (514 000) vorexerziert, dem die anderen mehr oder minder folgen müssen.
Vor diesem Hintergrund sind Investments in Bank-Aktien ein zyklisches Geschäft mit überproportionalem Potential. Das zeigt der Verlauf aller Banken-Kurse seit 40 Jahren.
Die Schieflage der Versicherer ist ein ganz anderes Phänomen. Sie haben sich massiv in Aktien verspekuliert. Die Folgen dieser Berichtigungen erkennen Sie in den Bilanzen zum 31.12. Die Berechnungen dazu für die ALLIANZ (840 400) und MÜNCH. RÜCK (843 002) habe ich in den letzten Wochen ausführlich dargestellt.
Banken und Versicherungen sind damit nicht vergleichbar, aber kursmäßig in der gleichen Ausgangslage. Bei den Banken strukturell, bei den Versicherern als grobe Mißgriffe. Auch hier wurde die innere Substanz nicht beschädigt, woran auch die Rating-Abstufungen der Agenturen nichts ändern.
Resümee für Sie: Die Sanierung der Finanzbranche ist ein wichtiger Baustein für die deutsche Wirtschaft einerseits und ein klassischer Begleitumstand für die Börsentendenz des ganzen Jahres andererseits. Denn keine Branche ist so sensibel gegenüber Hiobsbotschaften, wie die Finanzwelt.
Nichts führt aber daran vorbei: Die Gewinne der Unternehmen werden allseitig und deutlich zulegen. Das gilt nicht nur für die Finanztitel nach Bereinigung der Bilanzen, sondern für den gesamten DAX. Stand:
Für alle Firmen im DAX errechnet sich ein Plus von mehr als 150 % und von weiteren 30 % im Jahre 2004. Dies gilt für die bereinigten Gewinne, also nach Goodwill-Abschreibungen und sonstigen Aufräumarbeiten. Ein typisches Beispiel dafür ist DT. TELEKOM (555 750) nach Abschreibungen von voraussichtlich 27 - 28 Mrd E. per 31.12.2002, wovon die überwiegende Zahl schon per 30.09. berücksichtigt ist. Dramatisches Beispiel anderer Art: Die ALLIANZ wird 2002 im besten Fall mit einem Gewinn von einigen Cents je Aktie aufwarten. In 2003 werden aber 4 E. je Aktie als ziemlich sicher gelten. In der Technologie wird es also dreistellige Zuwachsraten im Gewinn geben, worüber Sie sich die Augen reiben müssen. Vor diesem Hintergrund sieht der DAX so aus:
Vergleichen Sie diesen Verlauf auch mit dem unter "Analyse der aktuelle Lage des deutschen Marktes". Die deutsche Börsentendenz hat die Bewertungsblase also verkraftet und liegt wieder im alten Trend der ökonomischen Realitäten.
Fazit für Sie: In 2003 gibt es einen positiven Trend, aber keine spektakulären Übertreibungen. Geschieht dies jedoch vor dem Hintergrund einer möglichen politischen Wende gemäß den drei genannten Punkten, sind deutlich höhere Erwartungen nicht auszuschließen. Das wird sich noch zeigen.
Die Amerikaner bleiben die Konjunktur-Lokomotive!
Die eingangs abgebildete OECD-Schätzung ist der Rahmen. Die sich daraus ergebende Gewinn-Entwicklung zeigte die Grafik: Vor diesem Hintergrund ist eher der Nasdaq als der Dow Jones das eigentliche Börsenbarometer. Dies sieht so aus:
Der Dow Jones oder S&P 500 repräsentieren den Trend des Gesamtmarktes als Spiegelbild der Konjunktur.
Der Nasdaq repräsentiert den dynamischen Teil, wofür ich Ihnen die Begründung schon gegeben habe. Das erfordert eine andere Betrachtung.
Dynamik heißt auch Hektik und mithin Volatilität. Dauerhafte Investments wird es vorerst kaum geben. Deshalb habe ich permanent zwischen Erholungs- und Trendpotential unterschieden. Die Bewertung vieler Technologie-Konzerne ist noch relativ "komfortabel". Sie können dann zwar sehr schnell aufgrund einer Besserstellung der Ergebnisse 30 % oder 40 % und sogar 100 % zulegen, stoßen dann aber unweigerlich an die Bewertungsgrenze. Die Einschätzung der INTEL (INTC.NAS)-Aktie vor 8 Tagen durch Merrill Lynch ist ein erster Beleg dafür.
Daraus resultiert: Investments in Technologie-Aktien haben eine begrenzte "Laufzeit". Schon nach wenigen Monaten sind die Gewinne wirklich zu realisieren. Gleichgültig, wie auch immer die steuerliche Folge für Sie aussieht. Leben Sie also mit dieser Steuer, die ich dann für vertretbar und akzeptabel halte, wenn Sie wissen, daß von jedem Kursgewinn bei Aufrechnung gegen die Verluste ein bestimmter Prozentsatz beim Finanzamt landet. Aber: Wenn Sie diesen Trends im Wesentlichen folgen, werden Sie trotz der Steuerlast sehr gut abschneiden. Spätestens nach 100 % wird Kasse gemacht. Ab 50 % denken Sie darüber nach.
Ein interessanter Nebenaspekt: Keinem Europäer wird es auch im kommenden Jahr gelingen, in den USA eine bedeutende Marktposition zu erreichen. Weder SAP (716 460) in der Software, noch die Chemie oder andere. Wer es dennoch wagt, in den USA eine Groß-Akquisition zu starten, ist ein Verkaufskandidat. Zwei Fälle mögen eine andere Betrachtung zulassen, jedoch nur bedingt:
DAIMLERCHRYSLER (710 000) ist ein Sonderfall der Fusion. Eigentlich also ein deutsch/amerikanisches Unternehmen mit zwei Marken und gesonderten Märkten. Es ist zudem das erste Experiment einer solchen Firmen-Ehe. Ich habe dieses Experiment positiv begleitet, wie Sie wissen. Mit einer deutlichen Zeitverzögerung zahlt es sich jetzt aus. Ob dies schon im kommenden Jahr an der Börse honoriert wird, ist aber noch offen.
Der DT. TELEKOM-Sprung ins amerikanische Handy-Geschäft führt in eine Fusion mit einem anderen Amerikaner. Ein Marktanteil von 6,1 - 6,3 % ist langfristig kein attraktives Investment. Eine solche Fusion würde aber das amerikanische Handy-Asset der DT. TELEKOM bedeutend aufwerten. Unternehmenspolitisch gehört es aber zu einem Experiment und wird nicht dazu führen, daß DT. TELEKOM ein amerikanischer Global Player wird.
Mein Fazit lautet: Das Schwergewicht Ihrer amerikanischen Spekulationen wird in den Technologie-Sektoren der Bereiche liegen, die ich eingangs skizziert habe.
Japan bleibt so lange blockiert, wie die Banken-Krise nicht gelöst ist.
Ich schreibe dies mit großer Enttäuschung. Auch mit Besorgnis. Der größte Kapital-Exporteur der Welt mit den größten Devisenreserven und die Nr. 3 im Weltexport schafft es seit 12 Jahren nicht, die leidige Bankenkrise zu erledigen. Das hat allein politische Gründe. Ergänzend zu dem Gesagten in diesem Brief:
Die Problemkredite stapeln sich in der Größenordnung von vermutlich um umgerechnet 1,3 Bill $. Das sind die aktuellen, aber nicht sicheren Schätzungen. Darunter leidet die gesamte Wirtschaftsdynamik des Landes. Der durchaus florierende Export kann dies nicht kompensieren. Folge:
Der Nikkei versuchte es seit 1991 (!) 5 Mal, zunächst einen Boden und sodann einen neuen Ansatz zu finden. Die beschriebenen Umstände ließen den Markt jedesmal zurückfallen. Das verzögert sich jetzt erneut um 3 Monate.
Per 31. März/01. April wird die Notenbank im Auftrag der Regierung wesentliche Aktien-Pakete übernehmen, um die Banken zu entlasten. Dies reicht nicht aus. Es ist im besten Fall eine kleine Stütze und ein Trostpflaster, aber keine echte Reparatur. So lange dies also der Fall ist, sind Investments in Japan falschgebundenes Geld.
Gruß