Abschied vom fairen Kurs

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das Zentrum d.:

Abschied vom fairen Kurs

 
17.05.01 08:33
Debatte Retailbörsen und Aufsicht (3):



Abschied vom fairen Kurs

Von Edgar Ahrens *)


Neben der Börse als zentralem Marktplatz haben sich in jüngster Zeit viele alternative elektronische Handelssysteme und Electronic Communication Networks (ECN), etabliert. Ihr Handelsvolumen ist im Vergleich zu ihren "Börsenkonkurrenten" überproportional gewachsen. Doch neben den positiven Eigenschaften dieser elektronischen Systeme, die sich mit Verfügbarkeit, Schnelligkeit und Transparenz beschreiben lassen, ist insbesondere die Erhöhung der Volatilität bei marktengen Papieren negativ aufgefallen. Dennoch werden weitere Systeme folgen, die den Markt segmentieren und zu einer Fragmentierung der Liquidität führen.


Wo der "beste Kurs" ist

Die Wahl des Kurses von einer Börse als fester Referenzpreis für das ECN ist sinnlos, wenn der Titel auf verschiedenen Systemen mit größeren Umsätzen als an der "Referenzbörse" parallel gehandelt wird. Das ist das Hauptproblem, das die Zersplitterung der Liquidität nach sich zieht. Deshalb steht der Compliance-Bereich einer Bank bei einer außerbörslichen Ausführung vor der Problematik der Wahl des richtigen Referenzkurses. Denn dieser muss nicht mehr in jedem Fall von traditionellen Börsen kommen. Der "beste Preis" kann auch von einem ECN stammen. Doch nur mit technischer Unterstützung und dem entsprechenden Marktzugang wird es der Bank möglich sein, im Sinne des Kunden den besten Ausführungsplatz zu bestimmen.


Ordermonitoring ist in

Liberalisierungs- und Deregulierungstendenzen mit steigendem Wettbewerb (z. B. durch Direktbanken) sowie ein sich änderndes Kundenverhalten bei gleichzeitiger Margenerosion im Wertpapiergeschäft erhöhen den Rationalisierungsdruck für die Banken. Langfristig werden die Banken zu den Gewinnern zählen, die ihren Kunden auch einen kostengünstigen Zugang zu diesen neuen Marktplätzen bieten können. Dies gelingt aber nur, wenn Märkte nicht ineffizient mit separaten Routingroutinen angesteuert werden. Die Technik, die das Problem lösen kann, ist heute schon vorhanden. Das ist die positive Nachricht. Moderne Orderleitstände mit Multi-Channel-Order-Entry und Multi-Exchange-Distribution erlauben ein aktives Ordermonitoring und damit eine flexible Ordersteuerung (vgl. Grafik).


Interne Marktplätze für Retail

Ein Trend, der sich abzeichnet, findet in den "internen Marktplätzen" seinen Ausdruck. Um den wachsenden Kundenbedürfnissen und Ordervolumina Rechnung zu tragen, wird in einer künftigen Architektur als Lösung von vielen Banken auf "interne Marktplätze" gesetzt, d. h. die Order wird intern ausgeführt, Börsen und ECNs werden umgangen. Sollte es innerhalb einer bestimmten Frist nicht zu einer Ausführung auf einem internen Marktplatz kommen, könnte die Order automatisch zu einem Standardbörsenplatz oder einem entsprechenden ECN geroutet werden, so die technischen Möglichkeiten genutzt werden. Es ist davon auszugehen, dass durch die Verkürzung der Prozesskette (traditioneller Börsenhandel und -abwicklung entfallen) Kostenvorteile zur Kundenbindung/-gewinnung weitergegeben werden können.


Orderleitstand für Wholesale

Unter der Prämisse der "Best Execution" einer Wholesale-Order kann es aber notwendig werden, auch einen Standardbörsenplatz dynamisch den geänderten Marktliquiditätsverhältnissen anzupassen. Insbesondere für die Praxis des Eigenhandels könnte das bedeuten, dass eine Order von einem Marktplatz zu einem anderen Marktplatz geroutet wird, weil sich zum Beispiel der Liquiditätsstrom geändert hat oder weil in Abhängigkeit vom Ordervolumen verschiedene Marktplätze anzusteuern sind. Der Retailorder dürfte diese Flexibilität dagegen aufgrund der gängigen Vereinbarungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zur Wahl des Börsenplatzes und aus Kostengründen auf absehbare Zeit verwehrt bleiben.


AGB sollen es richten

Die Marktmodelle zur Nutzung interner Marktplätze, verbunden mit deren Einbringung in die AGB, sind oftmals noch nicht umgesetzt, da die Verpflichtung zur "Best Execution" hohe Anforderungen an die von Compliance eingesetzten Systeme stellt. Um diese Probleme zu umgehen, wird auch künftig weiterhin die Vorgabe eines festen Börsenplatzes bei einer Retailorder gewünscht werden. Somit ist, sofern kein Börsenplatz für eine Retailorder vorgegeben ist, auch eine Ausführung gemäß künftigen möglichen AGB-Vereinbarungen auf einem internen Marktplatz möglich.


Liquidität als Maßstab

In der Praxis muss künftig davon ausgegangen werden, eine Ausführung von einem Marktplatz zu erhalten, die gegebenenfalls weit vom "fairen" Referenzpreis entfernt ist, der dort zustande kommt, wo die größte Liquidität anzutreffen ist. Elektronische Marktplätze reagieren automatisch und führen so zu größeren Spreads und höherer Volatilität. "Best Execution" einer Retailorder ist innerhalb eines Marktes und unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Liquidität weiterhin gewährleistet. Ob der festgelegte Kurs einem Vergleich mit anderen Märkten standhält, darf dann bezweifelt werden.


*) Der Autor ist Management-Berater Investmentbanking bei CSC Ploenzke.

das Zentrum d.:

weil es so aktuell ist nochmal up ! o.T.

 
17.05.01 09:08
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