400 Ökonomen verdammen Bushs Steuerplan

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400 Ökonomen verdammen Bushs Steuerplan

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11.02.03 17:00

Von Matthias Streitz

Die Initiative ist beispiellos in der jüngeren US-Geschichte: In einer Zeitungsanzeige verurteilen über 400 Ökonomen George W. Bushs Steuerpläne als schädlich und sozial ungerecht. Die Republikaner hofften, wenigstens Notenbanker Alan Greenspan würde den Nobelpreisträgern wiedersprechen - doch sie hofften vergebens.
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GroßbildansichtWirtschaftspolitiker Bush: Auf der einen Seite der Notenbank-Chef und Milton Friedman ...
Washington/New York - Die Kriegsrhetorik grassiert im politischen Amerika, inzwischen hat sie die Zunft der Ökonomen erfasst: Als Daniel McFadden am Montag zu Journalisten sprach - da nahm er Vokabeln wie "Massenvernichtungswaffen" in den Mund.

Allerdings war es kein vermeintlicher Schurkenstaat, gegen den der nobelpreisprämierte Ökonom polemisierte - sondern die eigene Bundesregierung in Washington. Sie müht sich derzeit, ein Paket mit gigantischen Steuergeschenken durch den Kongress zu lotsen. Und dieses Bündel, so McFadden, sei eben "eine Massenvernichtungswaffe, die auf die Mittelklasse zielt" und die Reichen bereichere.

Wochen der Entscheidung

McFadden hat sich - um im Bild zu bleiben - in die Front der Wirtschaftswissenschaftler eingereiht, die George W. Bushs seit Monaten wichtigste innenpolitische Initiative als verheerende Klientelpolitik verdammen. Über 400 Ökonomen, darunter neun weitere Nobelpreisträger, haben eine Protestnote unterzeichnet, die am Dienstag in der "New York Times" erschienen ist - eine ganze Anzeigenseite war nötig, um die Namen von Henry Aaron bis John Zysman zu fassen. Zu den bekanntesten Unterzeichnern zählen Paul Samuelson (MIT), George Akerlof (UCA Berkeley) und der Globalisierungskritiker Joseph Stiglitz (Columbia). Finanziert wurde die Anzeige vom regierungskritischen Economic Policy Institute.

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Großbildansicht... auf der anderen 400 weitere Ökonomen - hier Nobelpreisträger Joseph Stiglitz
Die ungewöhnliche Initiative verdeutlicht, dass Bush nicht nur außenpolitisch entscheidende Wochen bevorstehen. Die Debatte über das Steuerpaket, das einigen Amerikanern über die kommenden Jahre 695 Milliarden Dollar an Abgaben ersparen soll, tritt in die kritische Phase ein. Taktisches Problem für den Präsidenten: Nicht nur Abgeordnete der Opposition stehen unter Schock, seit die US-Regierung bekannt gab, sie rechne in diesem und im nächsten Jahr mit Budgetdefiziten von jeweils über 300 Milliarden Dollar. Warum in Zeiten finanzieller Not Abermilliarden verschenken, fragen nicht wenige.

"Das ist ein lächerliches Programm"

Bush seinerseits hat es im Wortkrieg der Ökonomen verstanden, Prominenz auf seine Seite zu ziehen. So begrüßte der Guru des Monetarismus, Milton Friedman, das Bush-Paket in einem Gastkommentar im "Wall Street Journal": Der Regierungsapparat werde mangels Finanzen zwangsläufig schrumpfen, freute sich der Emeritus. Andere Wirtschaftswissenschaftler wie Martin Feldstein priesen Bushs Vorhaben, die Besteuerung der meisten Dividenden gänzlich abzuschaffen. Diese Erleichterung, so der Harvard-Professor, werde die Lust am Investieren wiederbeleben, Aktienkurse heben.

  
400 Ökonomen verdammen Bushs Steuerplan 937390IM INTERNET
 
· Web-Präsenz des regierungskritischen Economic Policy Institute, das die Anzeige initiierte und bezahlte, mit dem Text des Aufrufes

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Die Schar der 400 indes wirft Bush ein Täuschungsmanöver vor. Der Präsident gebe zwar vor, sich der Stimulierung der Ökonomie verschrieben zu haben - der Abbau der Dividendensteuer sei indes als Mittel ungeeignet. Es herrsche "breite Übereinstimmung", dass Bush tatsächlich beabsichtige, "eine dauerhaften Änderung der Steuerstruktur" zu erwirken. "Das ist ein lächerliches Programm", fasste Franco Modigliani vom MIT die Kritik zusammen.

Der Staat lähmt sich selbst

Für Joseph Stiglitz ist der Plan schlicht "fiskalischer Wahnsinn, eine fiskalische Unverantwortlichkeit". Die Initiative komme zur Unzeit, argumentieren auch die anderen Unterzeichner - sie werde die "chronischen Defizite" verbreitern, dem Staat die Möglichkeit nehmen, allgemeinnützige Programme von Medicare bis hin zum Bau von Infrastruktur und Schulen zu finanzieren. Sinnvoller sei ein Stimulierungspaket, das gezielter mittlere Unternehmen begünstige - und den Staat weniger tief in die Verschuldung stürze.

Bis zum Dienstagmorgen amerikanischer Zeit konnte die US-Regierung noch hoffen, dass sich ein Mann der akademischen Phalanx entgegenstellen würde, der mehr Macht ausübt als 400 Universitätsprofessoren: Bei seinem halbjährlichen Auftritt vor dem Senat würde Notenbankchef Alan Greenspan dem Präsidenten-Plan applaudieren, weissagte nicht nur die "Washington Post".

Greenspans hoch diplomatische Abfuhr

Ganz unlogisch schien das nicht: Der oberste Zinspolitiker gilt schon lange als Gegner der Dividenden-Besteuerung. Und auch als Bushs erstes Steuerpaket 2001 den Kongress passierte, fand sich der Fed-Chef in den Reihen der Befürworter. Seitdem allerdings hat sich einiges geändert: Vor zwei Jahren rechnete Greenspan für die kommende Dekade noch mit einen föderalen Budget-Überschuss von 5,6 Billionen Dollar. Ihn gelte es durch Steuersenkungen zum Wohle der Wirtschaft abzuschmelzen, forderte er damals.

Das Billionen-Plus im Etat freilich hat es nie gegeben, statt dessen Arbeitslosenquoten auf historischem Niveau und den größten Börsencrash seit Jahrzehnten. Hinzu kommt: Auch Greenspan hat sich wiederholt gegen Staatsdefizite ausgesprochen. Hätte er im Senat Partei für den Steuerplan ergriffen - er hätte sich ein massives Glaubwürdigkeitsproblem eingehandelt.

Und so agierte Greenspan wie gewohnt: diplomatisch, vorsichtig, teils vieldeutig bis zur Unverständlichkeit. Bushs Steuerpläne erwähnte er mit keinen Wort. Was er von ihnen hält, das ließ er dennoch an zwei Stellen durchscheinen: Die US-Wirtschaft benötige keine weiteren Stimuli, weder durch die Notenbank noch durch den Kongress, sagte er. Und: Jetzt sei die Zeit gekommen für fiskalische Disziplin.

Happy End:

interessant...

 
11.02.03 22:50
ruhrpottzocker:

Das ist mehr als interessant !

 
11.02.03 23:03

Die Konservativen ruinieren nicht nur die Staatfinanzen und zertrümmern die Wirtschaft - sie führen auch noch gerne zur Ablenkung Krieg !
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