(neu: mehr Details und Hintergrund)
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Der Chiphersteller Qualcomm (Qualcomm Aktie)
"Bei diesen Zahlungen handelte es sich nicht einfach um Preisnachlässe - sie wurden unter der Bedingung geleistet, dass Apple in sämtlichen iPhone- und iPad-Geräten ausschließlich Qualcomm-Chipsätze verwendet", sagte Vestager. "Durch das Verhalten von Qualcomm wurden Verbrauchern und anderen Unternehmen mehr Auswahl und Innovation vorenthalten - und das in einem Sektor mit riesiger Nachfrage und enormem Potenzial für innovative Technologien."
Die Kommunikationschips sorgen für die Verbindung von Smartphones und Tablets mit Mobilfunknetzen und sind damit unverzichtbar für den Betrieb der Geräte. Qualcomm hatte nach Angaben der Kommission während des bis 2016 durchgezogenen Exklusiv-Deals einen Marktanteil von 90 Prozent in dem Geschäft.
Nach Einschätzung der Wettbewerbshüter wollte Qualcomm durch die Zahlungen an Apple vor allem Intel (Intel Aktie)
Die nun verhängte Geldbuße entspricht 4,9 Prozent des Umsatzes von Qualcomm im Jahr 2017 - und fällt damit für solche Fälle vergleichsweise hoch aus. Das spiegele die Schwere des Wettbewerbsverstoßes aus Sicht der Kommission wider, sagte Vestager. Außerdem habe der lange Zeitraum eine Rolle gespielt. Der Apple-Deal habe die Marktposition von Qualcomm "zementiert" und sei entscheidend dafür gewesen, die Konkurrenz jahrelang zu unterdrücken.
Um das Verhalten von Apple sei es in der Untersuchung nicht gegangen, sagte Vestager auf die Fragen von Journalisten, ob der die Vereinbarung nicht auch als ein Kartell mit zwei Beteiligten ausgelegt werden könne. Die Qualcomm-Zahlungen seien auch für einem großen Player wie Apple ein sehr starker Anreiz gewesen, den Zulieferer nicht zu wechseln. Außerdem habe der Deal auch vorgesehen, dass Apple bereits erhaltenes Geld zurückzahlen müsste, wenn die Chips woanders gekauft worden wären.
Qualcomm bestreitet die Vorwürfe und will die Strafe anfechten. "Wir sind überzeugt, dass diese Vereinbarung nicht gegen die EU-Wettbewerbsregeln verstieß und keine negativen Folgen für den Wettbewerb auf dem Markt oder europäische Verbraucher hatte", erklärte Qualcomms Chefjurist Don Rosenberg. Qualcomm argumentierte auch, dass seine Funkchips besser als die von Intel gewesen seien. Apple habe die Leistung von Qualcomm-Chips abbremsen müssen, damit der Unterschied zu Intel-Versionen nicht auffalle.
Für Qualcomm ist die Entscheidung der EU-Wettbewerbshüter ein weiterer schwerer Rückschlag. Das Unternehmen sieht sich derzeit mit einem feindlichen Übernahmeversuch des US-Rivalen Broadcom
In dem Streit klagte zunächst Apple mit dem Vorwurf, der Halbleiter-Spezialist verlange zu viel für Patentlizenzen und forderte eine Milliarde Dollar (Dollarkurs) Rabatt-Zahlungen, die Qualcomm zunächst zugesagt habe, dann aber zurückgehalten habe. Der Chip-Hersteller konterte, Apple verfälsche Tatsachen und habe Regulierer zu Attacken angestachelt. Im Juli 2016 warf Qualcomm in weiteren US-Klagen Apple die Verletzung von sechs Patenten vor und will die Einfuhr von iPhones mit Intel-Funkchips in die USA verbieten lassen. Apple legte mit eigenen Vorwürfen von Patentverletzungen nach. Vestager sagte, sie glaube nicht, dass das EU-Verfahren Apple im Streit mit Qualcomm helfe, weil es hier nicht um Patente ging.
Qualcomm selbst versucht derzeit, den niederländischen Konkurrenten NXP Semiconductors zu übernehmen. Die EU-Kommission hat dem geplanten Geschäft jüngst unter Auflagen zugestimmt. Ob die Übernahme wirklich zustande kommt, gilt allerdings als fraglich. Ein Grund ist das rund 130 Milliarden Dollar schwere feindliche Übernahmeangebot von Broadcom für Qualcomm. Das rund 47 Milliarden Dollar schwere Angebot von Qualcomm für NXP musste zuletzt wegen geringen Interesses der Aktionäre bis zum 9. Februar verlängert werden./aha/so/DP/jha
Hinweis: ARIVA.DE veröffentlicht in dieser Rubrik Analysen, Kolumnen und Nachrichten aus verschiedenen Quellen. Die ARIVA.DE AG ist nicht verantwortlich für Inhalte, die erkennbar von Dritten in den „News“-Bereich dieser Webseite eingestellt worden sind, und macht sich diese nicht zu Eigen. Diese Inhalte sind insbesondere durch eine entsprechende „von“-Kennzeichnung unterhalb der Artikelüberschrift und/oder durch den Link „Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.“ erkennbar; verantwortlich für diese Inhalte ist allein der genannte Dritte.