Die ukrainische Flagge.
Samstag, 26.03.2022 10:37 von | Aufrufe: 2803

Inflationsangst wächst: Ukraine-Krise trifft deutsche Wirtschaft

Die ukrainische Flagge. pixabay.com

NÜRNBERG (dpa-AFX) - Volkswirte führender deutscher Finanz- und Wirtschaftsinstitutionen sehen wegen der Ukraine-Krise eine erhöhte Gefahr dauerhafter Inflation. "Das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale ist deutlich höher geworden", sagte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm in einer dpa-Umfrage. "Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass wir mittelfristig eine Lohn-Preis-Spirale sehen werden", sagte auch Marc Schattenberg von Deutsche Bank (Deutsche Bank Aktie) Research.

Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatlichen KfW-Gruppe, sagte: "Die Inflation kann weiter steigen und sich wenigstens vorübergehend verfestigen". In jedem Fall seien die wirtschaftlichen Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine gravierend für Deutschland. Katharina Utermöhl von der Allianz-Gruppe sieht das ähnlich: "Der deutschen Wirtschaft stehen schwere Zeiten bevor. Die abstürzenden Frühindikatoren belegen, dass der Einmarsch Russlands in der Ukraine auch eine konjunkturelle Zäsur eingeläutet hat."

Sie geht von einem Wachstum von nur noch 1,8 Prozent in diesem Jahr in Deutschland aus - dafür von einer Inflation von sechs Prozent im Jahresdurchschnitt. Das Ziel der EZB liegt bei etwa zwei Prozent. Dafür, dass es zu unmäßigen Lohnabschlüssen kommt, gebe es aber derzeit keine schlüssigen Anzeichen, betonte Utermöhl. "Angesichts der stark erhöhten konjunkturellen Unsicherheit gehe ich auch davon aus, dass die Gewerkschaften ihre Lohnforderungen teilweise etwas zurückschrauben werden", sagte die Allianz-Volkswirtin. Dies sei auch deshalb möglich, weil der Staat bei privaten Haushalten entlastet.

Schattenberg befürchtet auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. "Es könnte sein, dass die Erholung auf dem Arbeitsmarkt kurzfristig gebremst wird oder sogar zum Erliegen kommt", sagte er. Im März sei aber noch einmal ein Rückgang der Arbeitslosigkeit zu erwarten. Die Bundesagentur für Arbeit legt ihre März-Statistik am kommenden Donnerstag (31.3.) vor. Für das Wirtschaftswachstum ist Schattenberg noch vergleichsweise optimistisch. "Wir haben unsere Wachstumsprognose deutlich nach unten korrigiert", sagte er zwar. Er erwartet aber immer noch ein Wachstum um 2,7 Prozent, sollte es nicht zu einem Gaslieferstopp aus Russland kommen.

Nach Einschätzung von Veronika Grimm müssen sich die Deutschen aber dauerhaft auf höhere Preise einstellen. "Auch wenn es nicht zu einem Lieferstopp kommt: Das Gas anderer Lieferanten wird teurer sein", sagte Grimm. Es gelte nun, Erneuerbare Energien rasch auszubauen. "Da muss man tun, was geht." Jedoch sei eine Kompensierung vor Ablauf von drei bis fünf Jahren auf diesem Weg nicht realistisch.

Verschärft werde die Problematik durch höhere Preise für Dünger und Lebensmittel. "Das wird zu einer Hungerkrise führen, die vor allem Schwellen- und Entwicklungsländer trifft", sagte Grimm. Russland und die Ukraine hätten einen Anteil von 14 Prozent an der globalen Weizenproduktion und generell einen großen Anteil an globalen Agrarexporten. "Das wird die dritte große Krise des Jahrzehnts." Industrieländer seien dagegen in der Lage, höhere Preise zu zahlen. Herausfordernd werde es für die Europäische Zentralbank, das erwartbar geringe Wachstum mit den dauerhaft hohen Preisen geldpolitisch in Einklang zu bringen.

Köhler-Geib sieht im Falle eines Lieferstopps die Gefahr einer Rezession, zumindest in der Industrie. "Ohne staatliche Abstützung durch Kurzarbeit wäre dann mit einem erheblichen Beschäftigungsrückgang in energieintensiven Branchen zu rechnen", betonte sie. Für die Gesamtwirtschaft könnte der Beschäftigungsanstieg dadurch vorübergehend zum Erliegen kommen. "Bleibt der Lieferstopp aus, ist eine gedämpfte konjunkturelle Erholung ab dem Frühjahr wahrscheinlich." Zu alldem kämen die Gefahren der Corona-Pandemie. Ein erneutes Hochschnellen der Infektionen, der Hospitalisierungen und der Todesopfer durch Omikron oder neue Virusmutanten sei möglich. Köhler-Geib mahnte deshalb zur Vorsicht bei weiteren Lockerungen beim Infektionsschutz./dm/DP/men


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