Hallo Instanz,
es ist immer wieder beeindruckend, was es für intelligente und lebenskluge Männer im 18. und 19. JH gab, die gesellschaftliche Gesetzmäßigkeiten formulierten, die auch noch hunderte Jahre später aktueller denn je sind. Vor solchen Leuten muß man im Grunde täglich den Hut ziehen und zwar bis zum Boden.
Interessant in diesem Zusammenhang ist übrigens ein Buch Jean Raspails aus den 70ern: "Das Heerlager der Heiligen".
Auch dort ist man beim Lesen regelmäßig sprachlos, daß dieser Mann bereits vor 50 Jahren den Duktus und die billigen Intentionen bestimmter politischer Figuren unserer heutigen Zeit nahezu wörtlich voraussagen konnte.
Hallo Kicky,
Du zitierst: " ... Auf kommunaler Ebene kann erneuerbare Wärme aus Geothermie, Abfallverwertung, industrieller Abwärme kommen. Wir brauchen ein Hochlaufen für erneuerbare Wärme und die dazugehörige Technologie – kein Hochlaufen für nur eine bestimmte Technologie, egal ob Wärmepumpen oder Kessel......"
Dieser Ansatz mag löblich sein. Aber man muß bei all dem doch endlich auch mal die Kostenfrage stellen dürfen.
Ich weiß nicht exakt, welcher Anteil der Wohneinheiten in D derzeit mit Fernwärme versorgt wird. Noch weniger weiß ich, bei wie vielen es möglich wäre, Fernwärmeanschlüsse herzustellen, bei denen die Übertragungsverluste geringer, als die im Zielobjekt abgegebene Wärmemenge sind.
Aber eines muß doch klar sein: ein Fernwärmenetz für wesentliche Teile (andernfalls ja keinerlei meßbaren Effekte einer solchen Maßnahme denkbar sind) des deutschen Gebäudebestands aufzubauen, ist eine Investition, die absurde Beträge erfordern würde und für die in den nächsten Jahrzehnten nicht annähernd das Personal zur Herstellung der Versorgungs-Infrastruktur vorhanden ist.
Weiteres Zitat: "... Die Förderung der Gebäudesanierung sollte, an der CO2-Minderung orientiert, reformiert werden. Sanierung und erneuerbare Wärmeversorgung müssen zudem zusammengedacht werden. Wir müssen Sanierungspläne entwickeln, damit die Leute idealerweise und wenn möglich zuerst ihre Häuser energetisch sanieren, den Energiebedarf also senken und dann auf erneuerbare Energien umsteigen... "
Im Grunde würde ich auch da gern zustimmen. Aber ich bin angesichts solcher vollmundigen Reden von "IngenieurInnen" immer wieder aufs Neue fasziniert.
Warum ?
Nun, ganz einfach: man frage doch mal große Hausverwalter, die ein breites Portfolio verwalten und ermittle aus deren realen (! - ich spreche von realen und nicht wie in Bedarfsausweisen rechnerisch ermittelten) Verbrauchszahlen, um wieviel kwh/qm Wohnfläche im Schnitt der Heizungs-Verbrauch sogenannter "sanierter" und damit "hocheffzienter" Gebäude unter dem Schnitt der noch unsanierten Gebäude liegt.
Ich persönlich glaube ja, daß es da ein fürchterliches Erwachen geben würde.
Ich selbst habe in den letzten 25 Jahren bei meinen Sanierungen die Innenwand-Temperaturen (die ja bei Sanierungen immer drastisch über denen des nicht "energetisch optimierten" Bestandes liegen sollen) mit geeichten Oberflächen-Kontaktthermometern verschiedener Hersteller gemessen und protokolliert. Die Messungen führte ich dabei immer an Wänden mit gleicher Himmelsrichtung, gleicher Verschattung, gleichem Windangriff und natürlich gleicher Innenraumbeheizung während der Aufbringung der Fassadendämmung und jeweils im noch ungedämmten und im bereits gedämmten Bereich durch.
Gern akzeptiere ich, daß die Baustellensituationen nicht immer ideal für solche Messungen waren und natürlich ganz allgemein nicht dem entsprachen, was "die Wissenschaft" heute fordert, aber auffällig war stets in diesen 25 Jahren, daß die meßbaren Oberflächentemperatur-Unterschiede wenn überhaupt, dann nur im minimalen Bereich von 0,2 bis 0,4 Grad C lagen.
Dies - und die im Schnitt m. E. kaum geringeren Heizkosten - bedeutet m. E., daß die Energiestromdichte in diesen gedämmten Bereichen bei weitem nicht um soviel geringer ist, wie dies von Industrie und Politik seit Jahrzehnten persistierend behauptet wird.
Ich kann zudem Eines sicher sagen: das hinsichtlich des Heizungsverbrauches in den vergangenen 20 Jahren sparsamste Gebäude in meinem gesamten Gebäude-Bestand ist ausgerechnet ein spätmittelalterliches Gebäude, das aufgrund des Denkmalschutzes keinerlei Fassadendämmung erhalten konnte, Ost-West-Ausrichtung mit nur ca. 7 Meter breiten Haupt-Fassaden und dafür aber eine über 25 Meter lange und über 4,5 Geschosse gehende reine Nord-Giebelfassade aus Bruchsteinmauerwerk hat.
Jeder Energieberater würde diese Gesamt-Konstellation als den energetischen Supergau schlechthin bezeichnen, einfach, weil die Rahmenbedingungen fast nicht schlimmer denkbar sind.
Ich erwähne das, weil Gebäude wie dieses seit nunmehr fast 20 Jahren ein nüchterner Beweis dafür sind, daß all die täglich gepriesenen Maßnahmen zur "energetischen Ertüchtigung/Sanierung" keineswegs ein universelles und zielführendes Instrument sind, zu niedrigeren Energieverbräuchen in Gebäuden der in Deutschland üblichen Bauart zu kommen.
Fassadendämmungen können (!) etwas bringen, aber nicht gesichert in den meisten Fällen.
Und wenn sie etwas bringen, liegen die Effekte m. E. regelmäßig drastisch weitab der immer beworbenen "50 bis 70 % Energie-Einsparung".
Von all den anderen verheerenden Wirkungen der "Fassadensanierungen", wie der Zerstörung historischer Fassaden (um die uns die halbe Welt beneidet und die Ziel von jährlich Multimillionen internationalen Gästen sind), unserer architektonischen Historie und Identität und diversen Nachteilen in der Lebensrealität der Gebäudenutzer (teilweise Schimmelbildung usw.) wollen wir da noch gar nicht reden.