Die riskanten Spiele der Großbanken

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Die riskanten Spiele der Großbanken

 
05.09.04 13:53
Banken

Cash im Casino

Um die Flaute zu kompensieren, erhöhen viele große Geldinstitute den Einsatz: Das Zocken auf eigene Rechnung boomt. Die Verzahnung mit den Spekulanten mächtiger Hedgefonds wird dabei immer enger. Zugleich wächst die Anfälligkeit des ganzen Finanzsystems.

Nach seinem quälend langen Untreue-Prozess in Düsseldorf wollte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann am vergangenen Dienstag endlich - frisch erholt zurück aus dem Urlaub - in die Offensive gehen. Im Hermann Josef Abs Saal ganz in der Nähe seiner Frankfurter Zentrale erläuterte er vor Führungskräften seine Wachstumsstrategie hier zu Lande und im Rest der Welt.

Doch die Kritik an ihm und seinem Institut war wieder einmal schneller als alle großen Pläne. In diesem Fall allerdings kam sie aus einer Ecke, wo Ackermann bislang wenig Hohn zu befürchten hatte. Ausgerechnet das renommierte britische Wirtschaftsmagazin "The Economist" hatte beklagt, dass die Deutsche Bank inzwischen nichts anderes mehr sei als "ein riesiger Hedgefonds".

Solche Fonds sind für ihre aggressiven Handelsmethoden bekannt und für höchst spekulative Deals, die manchmal Milliardengewinne abwerfen, manchmal aber auch mit Totalverlusten enden. Selbst ein auf internationale Expansion zielender Schweizer wie Ackermann kann sich dabei nicht wohl fühlen, mit solch schillernden Finanzjongleuren in einen Topf geworfen zu werden.

Die Vorwürfe des "Economist" seien "unwahre und sinnentstellende Behauptungen", erklärte Ackermann schneidend vor seinen versammelten Managern. Einen bösen Leserbrief hatte er da bereits nach London geschickt.

Die Deutsche Bank - eine Zockerbude? Ackermann hält dem entgegen, dass "in den vergangenen drei Jahren konsequent Risiken abgebaut" wurden. Problemkredite seien um knapp die Hälfte, spekulative Anlagen im Bereich Private Equity um zwei Drittel zurückgefahren worden.

Das mag stimmen. Es stimmt aber auch, dass ein Teil des Kapitals, das die Bank mit Hilfe einer sehr zurückhaltenden Kreditvergabe freisetzte, als Spielgeld auf den internationalen Kapitalmärkten landete. Vorbei scheinen die Zeiten, in der die vornehmste Aufgabe des Kreditinstituts darin bestand, im Auftrag von Kunden zu handeln. Heute dürfen so genannte Eigenhändler direkt mit dem Geld der Bank Aktien oder Zinspapiere kaufen.

Rund 30 Prozent der gigantischen Handelspositionen der Deutschen Bank werden inzwischen auf eigenes Risiko gehalten. Das hübscht zurzeit die Bilanzen auf, kann aber höchst gefährlich werden, gerade weil der Frankfurter Branchenprimus mit seiner Strategie nicht allein ist.

Die zehn größten Investmentbanken waren nach einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens Boston Consulting Group (BCG) bereit, im zweiten Quartal mit einem maximalen Tagesverlust von 872 Millionen Dollar zu kalkulieren (siehe Grafik). Immerhin drei internationale Finanzriesen - Goldman Sachs, UBS und J. P. Morgan - riskierten dabei sogar noch mehr als die Deutsche Bank.

"Wir haben noch nie eine solche Risikofreude gemessen", sagt der Frankfurter BCG-Geschäftsführer Ludger Kübel-Sorger. Da seit dem Frühjahr Aktienkurse und Zinssätze kaum vom Fleck kamen, erhöhten die Investmentbanker einfach ihre Einsätze. Insbesondere der Handel mit Anleihen, den der Inder Anshu Jain für die Deutsche Bank von London aus zu einem der Weltmarktführer ausgebaut hat, verlangt dabei nach immer mehr Geld. Doch trotz deutlich höheren Kapitaleinsatzes sanken zuletzt die Gewinne im Investmentbanking.

"Je flacher die Zinskurve, desto höher das eingesetzte Kapital", beschreibt Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller das Prinzip. Um die Risiken einzugrenzen, schaut er sich in seinem Frankfurter Büro ganz oben im mit 258 Metern höchsten Hochhaus der Republik kurz nach 18 Uhr ein paar Zahlen an. Auf dem Bildschirm seines PC erscheinen tagesaktuell die so genannten Value-at-Risk-Ziffern (VAR), die mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent für jeden einzelnen Bankbereich den maximal möglichen Verlust angeben.

"Das ist der Flash, der mir den Tag abbildet", sagt der Commerzbank-Chef. Wenn seine Händler die Risikolimits überschreiten, klingeln bei Müller "die Schellen". Im Durchschnitt würden diese Grenzen nur zu 40 Prozent ausgenutzt.

Die Sicherheit der VAR-Werte ist trügerisch. Ihre Ergebnisse "sagen nichts über Restrisiken und die Folgen von Extremsituationen aus", warnt Professor Thomas Heidorn von der Hochschule für Bankwirtschaft in Frankfurt am Main.

Wenn die Märkte einbrechen, sind plötzlich alle Limits nichts mehr wert. Die Händler sind ebenso wie die bei allen Banken installierten Risikokontrollsysteme bei einem Crash darauf geeicht, möglichst schnell zu verkaufen.

"Der Trend der Lemminge ist da", warnt Müller. Auch wegen vieler ähnlich ausgerichteter Risikokontrollsysteme bei den Marktteilnehmern wächst nach seiner Ansicht die Gefahr für das gesamte Finanzsystem.

Die Erfahrung, dass selbst ein vermeintlich überschaubares Risiko sich plötzlich zu einer ernsten Gefahr entwickeln kann, machten Deutsche Bank und Commerzbank gerade bei Wandelanleihen. Die Deutsche Bank verlor viel Geld im Handel mit diesen Unternehmensanleihen, die später in Aktien umgewandelt werden können. Das Investmentbanking der Commerzbank machte zwischen April und Juni ein Minus von 47 Millionen Euro, nachdem im ersten Quartal noch ein Gewinn von 120 Millionen Euro gemeldet wurde.

Offenbar hatten die Händler beider Banken mit steigenden Aktienkursen und einem größeren Hin und Her bei den Kursen gerechnet und entsprechend spekuliert. Insider berichten, dass die Banker damit die Strategien ihrer wichtigsten Kunden, der Hedgefonds, imitiert haben, die in den vergangenen Jahren mit Wandelanleihen sehr erfolgreich waren.

Wenn die Spekulation aufgeht, winkt den Händlern ein dicker Bonus. Für die Pleite bei den Wandelanleihen dagegen kassierte Philip Wale, kurzzeitig verantwortlich für den Eigenhandel bei der Commerzbank, die Maximalstrafe: Er musste gehen. Seit Ende August arbeitet er für einen Hedgefonds.

Spekuliert wird mit allem, was der Markt zu bieten hat. Besonders beliebt sind die hoch komplexen Finanzderivate, von denen allein der US-Ableger der Deutschen Bank Kontrakte im Wert von rund 48 Milliarden Dollar in den Büchern stehen hat.

Der Trend zu mehr Risiko zeigt sich auch bei eigenen Investitionen der Banken in hochriskante Hedgefonds. Solche Anlagen gelten als längerfristige Investitionen und tauchen meist nicht in der Risikokennziffer VAR auf. Häufig werden sie in den Bilanzen ganz unauffällig wie Unternehmensbeteiligungen behandelt.

Doch ausgerechnet die eigenen Geschäfte mit den Börsenhasardeuren boomen. Über 800 Milliarden Dollar sind bislang insgesamt in die undurchsichtige Hedgefonds-Industrie geflossen. Davon stammt ein immer größer werdender Anteil aus den Schatullen der Bankiers.

Und fast jeden Tag entstehen neue Fonds, die mit Hilfe von hohen Krediten, hochgezüchteten Computermodellen und vermeintlich ausgefeilter Finanzinstrumente relativ unkontrolliert Unsummen verschieben. Die Manager stammen nicht selten aus den Handelsabteilungen internationaler Großbanken.

Dieses Jahr verließen insgesamt 35 Händler die Deutsche Bank, um sich mit eigenen Hedgefonds selbständig zu machen. Sie kommen von DB Advisor, das in Zukunft nur noch den Eigenhandel der Bank, zum Beispiel mit Hedgefonds, organisiert. Die Praxis, in der Abteilung gleichzeitig Gelder für Kunden anzulegen, ist der Bank mittlerweile zu heikel. Doch die Verbindung mit ihrem alten Arbeitgeber bleibt weiterhin eng. Die Deutsche Bank wickelt unter anderem die Börsenaufträge ab und setzt die alles entscheidenden Kreditlimits.

Neben Investmentbanken wie Goldman Sachs, Morgan Stanley oder Credit Suisse First Boston gehört die Deutsche Bank inzwischen weltweit zu den größten so genannten Prime Brokern. Allein im vergangenen Jahr holte man in Europa rund zehn Prozent aller neuen Hedgefonds-Mandate, heißt es in einer Studie der Bank of England zur Stabilität der Finanzmärkte.
In diesem Geschäft kämpfen alle Beteiligten mit harten Bandagen. Vor allem US-Fondsmanager lassen sich oft die Aufträge an die Banken teuer bezahlen. "Ohne Gegengeschäfte läuft gar nichts", sagt ein Frankfurter Händler. Die Bank erhalte nur Börsenorders, wenn sie im Gegenzug eigenes Geld in den Fonds investiert.

Damit nähern sich Banken und Hedgefonds einander gefährlich an, zumal die Banken auch aus purem Renditedenken zusätzliche Eigenmittel in Hedgefonds investieren und damit einen Teil des Eigenhandels auslagern - ohne groß darüber zu reden.

Als besonders verschwiegen gelten die Manager der HypoVereinsbank-Gruppe (HVB). Der Schlüssel zum Geheimnis um die gigantischen Investitionen in Hedgefonds findet sich nicht im Geschäftsbericht, sondern im Beteiligungsgeflecht ihrer österreichischen Tochter Bank Austria Creditanstalt (BA-CA).

Über eine Filiale in der karibischen Steueroase Cayman Islands haben die Österreicher bereits vor vier Jahren angefangen, 600 Millionen Dollar Eigenmittel in den amerikanischen Hedgefonds Ramius Capital Group zu pumpen - benannt nach jenem eigenwilligen russischen U-Boot-Kapitän, der die Hauptfigur im Roman "Jagd auf Roter Oktober" war.

Damit nicht genug: Den Wienern gehört gleichzeitig auch eine 24,9-prozentige Beteiligung an Ramius, zu dessen Spezialitäten nicht zuletzt der heikle Handel mit Wertpapieren von Pleitekandidaten gehört.

Inzwischen konnten die amerikanischen Freunde der BA-CA bei der Mutter in München vorsprechen. Nun öffnen sich auch die Geldschleusen der HVB. Mit einer halben Milliarde Euro sind die Bayern derzeit in Hedgefonds investiert.

"Diese Mittel werden nun sukzessive zu unserem neuen Partner Ramius Capital Group umgeschichtet", bestätigt ein HVB-Sprecher. Am Ende wird die Gruppe also über eine Milliarde Euro in einem einzigen Hedgefonds-Konglomerat geparkt haben.

Angesichts solcher Dimensionen werden dunkle Erinnerungen an das so genannte Long-Term Capital Management, kurz: LTCM, wach. In der Hoffnung, große und stabile Renditen zu erzielen, hatten mehrere Banken in den neunziger Jahren Milliarden in das Vehikel investiert. Dann kam die Schuldenkrise in Russland, und das kreditbelastete Kartenhaus stürzte in sich zusammen.

Es folgte eine gigantische Rettungsaktion, die 3,6 Milliarden Dollar kostete. Die involvierten Bankvorstände mussten reihenweise ihre Sessel räumen. LTCM wurde zum Symbol für die immense Gefahr, die von Hedgefonds ausgehen kann.

Solche Vergleiche lassen die Verantwortlichen der HVB-Gruppe nicht gelten. Ein existenzgefährdendes Absturzrisiko können sie bei Ramius nicht erkennen.

"Der Fonds arbeitet sehr konservativ, es dürfen zusätzlich nur 50 Prozent der eingelegten Gelder als Fremdkapital aufgenommen werden", verteidigt ein Sprecher der BA-CA das Investment, das bislang zwischen sieben und zehn Prozent Rendite abwarf.

Dass die Banken in ihrem Eigenhandel oft dieselben Strategien wie Hedgefonds verfolgen und gleichzeitig über Beteiligungen immer enger mit den milliardenschweren Spekulanten verzahnt sind, erhöht das Systemrisiko jedoch nur noch weiter.

Selbst Top-Bankern treiben die jüngsten Entwicklungen Richtung Casino-Kapitalismus Schweißperlen auf die Stirn. So sorgte Stephen Green, Chef der britischen Großbank HSBC, Anfang August weltweit für Aufsehen: "Die Risiken für Störungen an den Märkten steigen", schockte Green die Börsianer, "weil Finanzdienstleister verstärkt die gleiche Technologie nutzen, um ihre Risiken zu managen." Viele Händler würden sich auf wenige Prime Broker mit ähnlichen Methoden konzentrieren.

Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller jedenfalls will sich in Zukunft wieder mehr auf die Geschäfte mit den Kunden konzentrieren. "Dann kommen die Risikokennzahlen automatisch herunter", sagt er.

BEAT BALZLI, CHRISTOPH PAULY


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ausbilder sch.:

was sagt dir das,

 
05.09.04 14:11
oder kopierst nur gerne etwas,

was bedeutet das für mich, das die Großen soviel zocken, soll ich kaufen oder verkaufen

ich versteh das jedenfalls nicht,
Nobody II:

Für uns heißt das,

 
05.09.04 14:21
dass
um den Totalverlust zu vermeiden entsprechende Gegenschäfte machen. Und da die Großen ja unter sich spielen, ist der Kleine für die Gegengeschäfte zuständig.

Schau dir mal die Entwicklung von Discountzertifikaten an. Allein die Anzahl der Produkte, wo man Aktien hinterlegt aber den Käufer nur bis zu einer gewissen Grenze teilhaben lässt. Oder Zinsähnliche Produkte wo hohe Zinsen in Aussicht stehen, aber der Einsatz des Kapitals womöglich in "billigen" Aktien zurückgezahlt wird.


Gruß
Nobody II
ausbilder sch.:

also,

 
05.09.04 14:49
brauch ich ist mal nicht kaufen ( Auf steigende Kurse setzen ), oder ?

Gegengeschäfte - da hab ich keinen Schimmer von

also Sparbuch mit 2 %/Jahr
Nobody II:

Gegengeschäft mußt du dir eher

 
05.09.04 15:07
bildhaft vorstellen. Ist analog der Risikoabsicherung eines Aktiendepots mit entsprechenden Puts.

Damit ist man nahezu resistent gegen jegliche Form von Kursschwankung. Die Banken versuchen das dann mal mit etwas undurchsichtigen Produkten, letztendlich ist die Zielstellung analog der im Casino. Egal wie es läuft die Bank gewinnt immer.

Knockouts ist ein schönes Beispiel. Leute kaufen sowohl Turbo als auch Bear-Scheine, ist das Verhältnis in etwa ausgeglichen kann der Bank die Entwicklung egal sein. Spaß macht es dann, wenn die Scheine beide geknockt werden. Das Risiko ist aber überschaubar. Folglich kann man wenn man ordentlich Aktien hat, diese mal als Bank an ein paar shortende Hedgefonds "verleihen". Bekommt dort ne Provision, emitiert ein paar Calls bzw. Turbos auf die Aktie für die "Kleinen" und geht selbst schön short und verdient ein Heiden Geld. Achja und die Analysen der Hauseigenen Analysten sind ja nicht relevant - Chinese Walls. Ihr wisst ja.

War heute ein interessanter Artikel über Alles-Oder-Nichts-Produkte in der Welt am Sonntag.

Gruß
Nobody II
moya:

Genialer Teilungsplan

 
29.09.04 19:35
Genialer Teilungsplan

Zum Vorteil vieler lässt sich die Deutsche Bank zerlegen: in ein globales und ein heimatliches Institut.


Karl Valentin hatte einen Traum: Darin war er eine Ente und hatte gerade einen Wurm ("zwanzig Zentimeter gelb") geangelt, als Liesl Karlstadt ihn aufweckte. So ähnlich ist es mir ergangen. Ich träumte, ich sei ein Investmentbanker. Nicht einer von der schlichten Sorte, der die Emission von Bonds oder Aktien betreut oder sie gar nur handelt. Nein, ein richtig starker Typ aus der Königsdisziplin des M&A-Geschäfts, der Beratung bei Fusionen und Übernahmen.

Vermutlich habe ich Geldsorgen. Der Traum ging damit weiter, dass ich einen richtig dicken Fisch an der Angel hatte. Er sah wie Josef Ackermann selbst aus. Ich hatte als Investmentbanker meinen eigenen Chef an der Angel. Der hatte gierig nach diesem bärenstarken, aber ganz einfachen Plan geschnappt, der die Deutsche Bank durch einen typischen Investmentbanker-Trick aus ihrer strategischen Sackgasse befreien könnte.


Erstaunlich ist nur, dass meine Kollegen Investmentbanker im wirklichen Leben auf diesen genial-einfachen Trick noch nicht gekommen sind. Er besteht nämlich darin: Wir teilen die Deutsche Bank in zwei Teile. Wir machen es so, wie Gerhard Bruckermann es mit der Depfa im Kleinen gemacht hat, als er die Aareal Bank abstieß, sie in Deutschland zurückließ und sich selbst mit der staatsfinanzierenden, grenzüberschreitend tätigen Kern-Depfa ins regulierungsarme Irland absetzte.



Deutsche und GermanBank.24


Wenn Ackermann nur nicht so ein anpassungsbereiter braver Schweizer Offizier wäre! Er könnte genau so die heutige Deutsche Bank durch einfache Realteilung in zwei Teile separieren. Der größere Brocken, schlicht "Deutsche" genannt wegen des auf internationalem Parkett gut eingeführten Namens, könnte seinen Sitz in London oder vielleicht Hamilton/Bermudas nehmen. Egal. Jedenfalls müsste es ein Offshore-Platz sein. Der kleinere Teil mutiert zurück in ein kontinentaleuropäisches Kreditinstitut (Schwerpunkt Deutschland) und wird unter Verwendung eines bereits patentierten Warenzeichens Bank 24 oder besser noch GermanBank.24 genannt.


Die Vorteile einer solchen Teilung liegen auf der Hand, sie seien dennoch kurz aufgezählt:


Erstens: Der Streit zwischen den beiden Richtungen in der Deutschen Bank, nennen wir sie nach ihren Protagonisten, dem Aufsichtsrat Ulrich Cartellieri und Group-Executive-Committee-Mitglied Anshu Jain, die C- und die J-Linie, der Streit darum, ob die Bank global oder deutsch ist, wäre produktiv gelöst.

Zweitens: Die Aktionäre hätten zwei Banken statt einer. Das viele Geld, das für den Kauf von Morgan Grenfell in London und Bankers Trust in New York ausgegeben worden ist, würde wieder als eigener Wert sichtbar.

Drittens: Der Kapitalmarkt würde jubeln, die Kurse beider Nachfolgeinstitute würden steigen. Denn die Modetorheit von der Fokussierung aufs Kerngeschäft hätte endlich auch die Deutschbanker infiziert.

Viertens: Die Banker könnten damit das zurückgewinnen, was der Chefredakteur der "Börsen-Zeitung" die verlorene "Interpretationshoheit über die Ereignisse" genannt hat. Die jetzt herrschende interpretatorische Stille ist ja dem Umstand geschuldet, dass die Führung der Bank wegen der divergierenden Interessen nie die Wahrheit sagen kann. Dass die Postbank nicht übernommen wurde, erklärte Ackermann mit der angeblichen Indiskretion des Bundeskanzlers. In Wirklichkeit passte die Postbank nicht ins Geschäftsmodell. Das durfte er allerdings mit Rücksicht auf die C-Linie laut nicht sagen.

J. Fitschen wird Banker


Fünftens: Jürgen Fitschen könnte als Chef der GermanBank.24 wirklich Banker sein und nicht nur ein Gesicht fürs deutsche Publikum.

Sechstens: Das von Josef Ackermann genial und gleichzeitig so originell formulierte strategische Ziel, eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent zu erreichen, könnten beide Folgeinstitute einfach übernehmen. Es bleibt immer gültig, weil es, wie bei guten Vorsätzen üblich, nicht erreicht werden wird.

Siebtens schließlich: Da das Renditeziel für beide Nachfolgeinstitute also dauerhaft außer Reichweite ist, kann auch Ackermanns geniale Methode, den Vorgaben nahe zu kommen - der Aktienrückkauf -, von beiden bedenkenlos weiterbetrieben werden.

Zwei Nachteile der ansonsten grandiosen Trennungslösung will ich nicht verschweigen: Zum einen müssen Kanzler Gerhard Schröder und sein Staatssekretär im Finanzministerium, Cajo Koch-Weser, ihr Lieblingsprojekt vergessen: Mit einem deutschen Champion in der globalen Finanzwelt wird es nichts. Das schmerzt sie und die Bürger dieses Landes, die immer nach einer deutschen Deutschen Bank verlangt hatten.


Schade ist auch, dass der Teilungsplan keine dankbare Rolle für J. Ackermann vorsieht. Der amtierende Vorstandssprecher der Bank hat es zu sehr verstanden, auf beiden Seiten zu stehen. Struktur- und Personalentscheidungen hat er im Sinne der J-Linie vertreten. Im spärlich vorgetragenen öffentlichen Argument war Ackermann voll auf binnendeutscher C-Linie. Diese in bisherigen gemeinsamen Zeiten vielleicht sinnvolle Taktik macht den Mann leider für künftige Führungsaufgaben wenig brauchbar.


An dieser Stelle war mein Ententraum wohl doch nicht realistisch. Schon aus Gründen der persönlichen Lebensplanung wird Ackermann meinen genialen Investmentbanker-Plan wohl nie befürworten.



© 2004 Financial Times Deutschland



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