Petrostaaten drehen den Erdölhahn zu. Wie reagieren die Preise?

Freitag, 07.10.2022 12:38 von GodmodeTrader - Aufrufe: 299

Die Ölstaatenallianz OPEC+ unter der faktischen Führung von Saudi-Arabien und Russland haben am Mittwoch entschieden, ihre Förderung ab November um zwei Millionen Fass pro Tag zu drosseln. Mit dem Schritt wollen die Kartellkoalitionäre den Ölpreis stabilisieren. Denn die Preise sind nach den Rekordhochs zum Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar und März dieses Jahres in den vergangenen Monaten deutlich zurückgekommen. Anfang September hatten die Ölstaaten für Oktober bereits eine Kürzung der Ölproduktion beschlossen, allerdings nur um 100.000 Barrel am Tag.

Die Referenzsorte Brent wurde noch im Juni zu über 125 Dollar je Barrel gehandelt, bevor der Preis Ende September bis unter 84 Dollar/Barrel herunterkrachte. Zuletzt hat sich wieder eine Aufwärtsbewegung etabliert, Brent kostet aktuell über 95 Dollar je Barrel. Allein seit dem Entscheid am Mittwoch ging es um vier Dollar nach oben.

Der Beschluss des erweiterten Kartells hat Gewicht: Die aus 23 Staaten bestehende Gruppe kommt auf einen weltweiten Marktanteil von etwa 40 Prozent der Ölförderung und von rund drei Viertel der weltweiten Reserven.

Freilich bleibt es ein Fakt, dass viele Ölstaaten derzeit weniger fördern, als die vereinbarten Quoten ihnen eigentlich erlauben würden. Insofern ist die Wirkung des beschlossenen Schrittes beeinträchtigt. Dem Vernehmen nach werden vor allem Saudi Arabien, die VAE und der Irak weniger fördern. UBS-Ölexperte Giovanni Staunovo ist der Einschätzung, dass die effektiven Kürzungen unter 900.000 Barrel pro Tag liegen. Die FAZ zitierte den saudi-arabischen Energieminister Abdulasis bin Salman mit den Worten, die tatsächliche Drosselung belaufe sich auf ein bis 1,1 Mio. Barrel pro Tag.

Dass die Petrostaaten mitten in der Energiekrise die Produktion senken, brachte insbesondere den US-Präsidenten auf die Palme. Wichtige Industrieländer wie die USA bewegen die Mitglieder der OPEC+ seit Monaten dazu, den Ölhahn weiter zu öffnen, um damit mitzuhelfen, den Preisdruck zu entspannen. Präsident Biden sei darüber enttäuscht, erklärten sein Sicherheitsberater Jake Sullivan am Donnerstag. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, nannte das Zurückfahren der Ölproduktion „fehlgeleitet“ und einen „Fehler“. Die Öl-Allianz habe eine Entscheidung getroffen, die nur dem eigenen Interesse diene. „Es ist klar, dass sich OPEC+ mit der heutigen Ankündigung mit Russland verbündet“, sagte Jean-Pierre.

Die beiden wichtigsten Mitglieder Saudi-Arabien und Russland hatten sich nach NZZ-Informationen offenbar schon vor der Konferenz über die substanzielle Kürzung der Fördermenge abgesprochen. Entspricht dies der Realität, ist der Vorwurf aus Washington, dass die Saudis sich auf die Seite Russlands geschlagen haben, nicht von der Hand zu weisen.

Russland ist von hohen Ölpreise abhängig. Die Öleinnahmen zählen zu den wichtigsten für den Kreml. Derzeit wird russisches Rohöl mit hohen Rabatten zum Weltmarktpreis losgeschlagen. Höhere Preise könnten die sich daraus ergebenen Einbußen zu einem guten Teil wettmachen.

Trotz der Hintergrundpläne und Scharaden könnten sich die Russen ins eigene Fleisch geschnitten haben. Den Moskau-Riad-Plänen kommt die weltwirtschaftliche Abschwächung in die Quere. Die Abkühlung sorgt für einen Nachfragerückgang und entsprechend für sinkende Preise. Der vom Kreml losgezettelte Krieg in der Ukraine trifft schließlich eine Mitverantwortung für die düsteren konjunkturellen Aussichten und die hohe Inflation.

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Brent Crude Öl
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