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Marktkommentar: Robert M. Almeida (MFS): Was schlechte Geldpolitik anrichten kann

Donnerstag, 13.04.2023 16:00 von Asset Standard - Aufrufe: 362

Foto: www.assetstandard.de

Wenn die Fehler der Geldpolitik jetzt nach vielen Jahren korrigiert werden, führt das zu Verwerfungen, aber auch zu großen Chancen.

03.04.2023 -

Im Überblick

  • Eine schlechte Geldpolitik bringt Wirtschaft und Märkte oft aus dem Gleichgewicht.
  • Die heutige Bankenkrise ist zwar nicht mit der internationalen Finanzkrise zu vergleichen, macht eine Rezession aber wahrscheinlicher.
  • Wenn die Fehler der Geldpolitik jetzt nach vielen Jahren korrigiert werden, führt das zu Verwerfungen. Denkbar sind aber auch große Alphachancen.

Viel wurde in den letzten Jahren über die Einzigartigkeit der Modern Monetary Theory und des Quantitative Easing geschrieben. Dabei ist beides weder einzigartig noch modern. Solche Konzepte gibt es seit Jahrhunderten. In The Price of Time schreibt der Historiker Edward Chancellor, dass Kaiser Tiberius schon 33 n.Chr. den Staatsschatz verlieh, ohne dafür Zinsen zu fordern. Liquidität wurde geschaffen, und die Zinsen wurden immer weiter gedrückt. Die Geschichte lehrt uns, dass solche Nullzinsphasen stets unerwünschte Folgen haben.

Warum?

Der Kapitalismus funktioniert nur, wenn Investoren für Geldanlagen etwas bekommen. Die Zinsen müssen mindestens über null liegen, da ohne eine Entschädigung für vorübergehenden Nutzenverzicht kaum jemand sparen oder investieren würde.

Die Geschichte ist voller Beispiele für die Fehlallokation von Ressourcen, wenn die Geldpolitik die Kapitalkosten unter den natürlichen Gleichgewichtszins drückt. Bei verzerrten Marktsignalen sind Fehlinvestitionen und Ineffizienzen unvermeidbar; schlechte Finanzentscheidungen werden wahrscheinlicher. Manchmal dauert es aber Jahre, bis das zu Wirtschafts- und Marktturbulenzen führt.

Letztes Jahr erlebten wir solche Turbulenzen gleich an mehreren Märkten: bei Kryptowährungen, Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) und britischen Pensionsfonds. Zuletzt brachen dann mehrere amerikanische Regionalbanken zusammen.

Keine Neuauflage von 2008

Ich will hier nicht alle Unterschiede zwischen der derzeitigen US-Bankenkrise und der internationalen Finanzkrise von 2008 aufzählen. Nur so viel: 2008 waren die Banken liquide, aber insolvent. Sie hatten jahrelang schlecht besicherte Verbraucherkredite vergeben und waren zu hohe Risiken eingegangen. Heute sind sie solvent, aber wegen der Auflösung von Guthaben nicht liquide.

Die heutige Krise ist die Folge der künstlich niedrigen Zinsen, einer weiteren ungewollten Konsequenz der Geldpolitik. Sie hat die Sparquote und die Nachfrage nach Verbraucherkrediten jahrelang niedrig gehalten. Die Banken haben die reichlich vorhandenen Einlagen daher in Anleihen investiert und von einer hohen Zinsdifferenz profitiert. Als die Sparer dann aber von Bankguthaben in sehr viel höher verzinsliche Geldmarktfonds, Treasury Bills und Ähnliches umschichteten, forderte die Fristeninkongruenz ihren Tribut. Die Turbulenzen der letzten Wochen waren die natürliche Folge.

In Kundengesprächen werde ich oft gefragt, ob die Krise jetzt vorbei sei und welche Bank es als Nächstes träfe.

Die Frage ist aber nicht, ob noch eine Regionalbank scheitert. Auszuschließen ist das sicher nicht, da Bankguthaben in Zeiten des Onlinebanking extrem schnell abgehoben werden können. Viel wichtiger sind aber die volkswirtschaftlichen Konsequenzen.

Kleine Banken versorgen Privatpersonen, Kleinunternehmer und andere Kreditnehmer – die zusammen den Großteil der Wirtschaft ausmachen – mit viel Kapital. Großbanken können das in gewissem Umfang ausgleichen, zumal Einlagen hier besser geschützt sind. Banken, die sich über Einlagen refinanzieren, schränken ihre Kreditvergabe aber jetzt ein. Das dämpft Inflation und Konjunktur und könnte eine Rezession wahrscheinlicher machen. Die jüngsten, aber auch frühere Entwicklungen am Anleihenmarkt sprechen dafür.

Weitere Folgen

Seit vielen Jahren, vor allem aber seit 2008, entstand ein Großteil des Vermögenszuwachses nicht durch Wirtschaftswachstum, sondern durch fallende Kapitalkosten. Sie waren ein Anreiz zu stark fremdfinanzierten Investitionen. Dies zeigt sich etwa darin, dass Gewinnmargen der Unternehmen in den späten 2010er-Jahren auf neue Rekorde stiegen, obwohl der Konjunkturzyklus so schwach war wie seit über 100 Jahren nicht mehr.

Die Gewinne waren zwar hoch, aber die Gewinnqualität war dürftig. Die folgende Abbildung zeigt den Unterschied zwischen dem, was US-Unternehmen ihren Investoren als Gewinn ausweisen, und dem, was sie nach den Generally Accepted Accounting Principles (GAAP) verdient haben.


Finden Sie die Grafik auch hier.

Kleine Unterschiede zwischen diesen beiden Gewinnmaßen können viele Gründe haben, etwa einmalige, nicht cashflowwirksame Kosten, die nichts über den langfristigen Erfolg eines Unternehmens aussagen. Wenn der Konjunkturzyklus aber in die Jahre kommt, fordern die Unternehmen nach unserer Erfahrung ihre Investoren immer häufiger auf, höhere Abschreibungen infolge schlechter Investitionen zu ignorieren. Zwar sind diese Abschreibungen heute deutlich geringer als während der Finanzkrise 2008, doch befinden sie sich auf einem zyklischen Hoch. Von der Finanzkrise abgesehen, sind sie höher als je zuvor. Ich deute das als Anzeichen für eine schwache Gewinnqualität, ausgelöst durch schlechte Investitionsentscheidungen infolge künstlich niedriger Kapitalkosten.

Chancen durch die große Normalisierung

Wegen des Inflationsanstiegs der letzten 18 Monate mussten die Notenbanken die meisten Maßnahmen beenden, die die Zinsen künstlich niedrig gehalten hatten. Diese Normalisierung hat hier und da bereits zu Problemen geführt. Wir rechnen allerdings mit weiteren unerwünschten Folgen. Für die nächsten Jahre erwarten wir daher einen Führungswechsel am Markt. Aktiv gemanagte Fundamentalstrategien könnten dann wieder vor passiven Portfolios liegen. Freuen wir uns auf neue Alphachancen. 

 

 

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