Anzeige

Marktkommentar: Robert M. Almeida (MFS): Bärenmarktrallyes sind nicht ungewöhnlich

Donnerstag, 02.03.2023 14:15 von Asset Standard - Aufrufe: 261

Foto: www.assetstandard.de

Bärenmarktrallyes entstehen oft dadurch, dass Investoren mit niedrigeren Zinsen rechnen und deshalb die Bewertungen steigen.

21.02.2023 -

Im Überblick

  • Kurzfristig halten wir die Märkte für effizient. Aber längerfristig werden Fehlbewertungen wahrscheinlicher. 
  • Bärenmarktrallyes entstehen oft dadurch, dass Investoren mit niedrigeren Zinsen rechnen und deshalb die Bewertungen steigen. Meist waren sie aber nur von kurzer Dauer. Schon bald erkannte man, dass die Konjunktur nachließ und die Gewinne überraschend stark fielen. 
  • Die Märkte blicken in die Zukunft, aber oft nicht weit genug. Wenn Investoren statt der fallenden Inflation plötzlich die fallenden Gewinne registrieren, kommt diese Erkenntnis oft schneller, als man denkt.

Seit Mitte Oktober 2022 haben Aktienindizes wie der S&P 500, der NASDAQ Composite und der MSCI EAFE um etwa 15% zugelegt. Solche Rallyes sind nicht selten, und wir meinen, dass man ihnen durchaus mit einer gewissen Skepsis begegnen sollte. 2022 sind die Kurse dreimal zweistellig gestiegen. Im März legte der S&P 500 um etwa 11% zu und im Sommer, bei einem viel niedrigeren Ausgangsniveau, um 17%. Insgesamt hat der Index von Anfang Januar 2022 bis zum Tiefpunkt im Oktober aber mehr als 25% verloren. Etwa die Hälfte davon hat er jetzt wettgemacht.1

Das erinnert mich an die schlimme Baisse nach dem Platzen der Dotcom-Blase Anfang der 2000er-Jahre. Viermal sind die Kurse 2001 und 2002 um 19% bis 21% gestiegen. Und doch gaben sie in diesen beiden Jahren um insgesamt 49% nach. Auch mitten in der internationalen Finanzkrise legten amerikanische Blue Chips kräftig zu – um über 24% Ende 2008. Das ändert aber nichts daran, dass sie von ihrem Kurshoch im Oktober 2007 bis zum Tiefpunkt im März 2009 fast 57% verloren. Wir können auch noch weiter zurückgehen, bis zum Schwarzen Freitag 1929. Damals gab der Dow Jones Industrial Average in zwei Monaten um fast 48% nach. Bis 1930 hatte er zwar fast die Hälfte dieses Verlusts wieder wettgemacht, aber die schnelle Erholung war nicht nachhaltig. Bis Mitte 1932 fiel der Index erneut und verlor am Ende 85%.1

Warum passiert so etwas?

Kurzfristig halten wir die Märkte für effizient. Aber längerfristig werden Fehlbewertungen wahrscheinlicher. In vielen Bärenmarktrallyes hatten Investoren nur die aktuellen Zahlen im Blick. Oft waren das eine fallende Inflation oder fallende Zinsen infolge der schwächeren Konjunktur. Jetzt werden die Zinsen zwar nicht gesenkt, aber die Inflation geht zurück, und am Markt schließt man ein baldiges Leitzinsmaximum nicht aus. Laut Terminmarkt könnten die Zinsen schon Ende 2023 fallen. Letztlich reagieren die Märkte darauf, dass die Bewertungen bei niedrigeren Zinsen steigen können – ein klassischer Auslöser einer Bärenmarktrallye. Doch meist waren solche Rallyes nur von kurzer Dauer. Schon bald erkannte man, dass die Konjunktur nachließ und die Gewinne überraschend stark fielen.

Meist dauerte es 12 bis 24 Monate, bis die Fundamentaldaten der Unternehmen unter einer strafferen Geldpolitik litten. Viele Sektoren reagieren erst spät auf höhere Zinsen, anders als etwa der Immobilien- markt, wo man die Folgen schnell spürt. Die meisten Unternehmen haben neben festverzinslichen auch variabel verzinsliche  Kredite, sodass steigende Zinsen ihnen erst sehr viel später Schwierigkeiten machen. Der Markt reagiert aber auf den Wendepunkt von Inflation und Geldpolitik. 

Die Märkte blicken in die Zukunft, aber oft nicht weit genug

Das ist nichts Neues. Im August 2008 rechnete man nur mit einem Gewinnrückgang um etwa 15%. Aber die heftige Rezession nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers schadete den Gewinnen sehr viel stärker. Am Ende halbierten sie sich fast.1

Vergessen Sie auch nicht, dass die Zinserhöhungen in den Industrieländern erst vor knapp einem Jahr begannen und noch längst nicht abgeschlossen sind. Bis dahin muss noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen.

Jeder Konjunkturzyklus ist anders, aber laut Goldman Sachs sind die Unternehmensgewinne in den letzten fünf Rezessionen um durchschnittlich 23% gefallen. Vielleicht ist der Rückgang diesmal stärker, weil Arbeits- und Kapitalkosten nicht so stark fallen wie sonst. Vielleicht ist er aber auch kleiner, weil Konsum und Bankensystem stabiler sind. Ich habe keine Glaskugel, und im Grunde ist es auch egal. Viel wichtiger sind mir höhere risikoadjustierte Erträge für unsere Kunden. Ich glaube, dass man sie vor allem durch Qualitätsaktien erreicht. Hier rechnen wir mit niedrigeren Gewinnrisiken als beim Benchmarkindex oder schwächeren Wettbewerbern.

Wir glauben wirklich, dass der Markt kurzfristig hervorragend funktioniert. Doch im Moment sind Unternehmensgewinne einfach kein Thema. Wenn sich das aber ändert, kommt es schnell. Noch bevor die Unternehmen davon berichten, werden die Investoren mit fallenden Gewinnen rechnen. Unsere Kunden sollen nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden. Wir sind bereit.   

 

Anmerkung

Marktdaten (mit Ausnahme des Börsenkrachs 1929) von FactSet. Daten für die Jahre 1929 bis 1932 von Bloomberg. 

Der S&P 500 Stock Index bildet den US-Aktienmarkt umfassend ab.

Der Dow Jones Industrial Average® (The Dow®) ist ein gleichgewichteter Kursindex aus 30 amerikanischen Blue Chips.

„Standard & Poor’s®“ und „S&P®“ sind eingetragene Handelsmarken von Standard & Poor’s Financial Services LLC (S&P); Dow Jones ist eine eingetragene Handelsmarke von Dow Jones Trademark Holdings LLC (Dow Jones). S&P Dow Jones Indices LLC hat ihre Nutzung genehmigt, und MFS darf sie zu bestimmten Zwecken nutzen. Der S&P 500® ist ein Produkt von S&P Dow Jones Indices LLC. Das Unternehmen hat MFS die Nutzung des Index genehmigt. Die Produkte von MFS werden von S&P Dow Jones Indices LLC, Dow Jones, S&P oder ihren Tochterunternehmen nicht gefördert, angeboten, vertrieben oder beworben. Weder S&P Dow Jones Indices LLC noch Dow Jones, S&P oder ihre Tochterunternehmen treffen eine Aussage darüber, ob diese Produkte empfehlenswert sind.

Hinweis

Die hier dargestellten Meinungen sind die des Autors/der Autoren und können sich jederzeit ändern. Sie dienen ausschließlich Informationszwecken und dürfen nicht als Empfehlung, Aufforderung oder als Anlageberatung verstanden werden. Prognosen sind keine Garantien.


Werbung

Mehr Nachrichten kostenlos abonnieren

E-Mail-Adresse
Benachrichtigungen von ARIVA.DE
(Mit der Bestellung akzeptierst du die Datenschutzhinweise)

Hinweis: ARIVA.DE veröffentlicht in dieser Rubrik Analysen, Kolumnen und Nachrichten aus verschiedenen Quellen. Die ARIVA.DE AG ist nicht verantwortlich für Inhalte, die erkennbar von Dritten in den „News“-Bereich dieser Webseite eingestellt worden sind, und macht sich diese nicht zu Eigen. Diese Inhalte sind insbesondere durch eine entsprechende „von“-Kennzeichnung unterhalb der Artikelüberschrift und/oder durch den Link „Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.“ erkennbar; verantwortlich für diese Inhalte ist allein der genannte Dritte.

Disclaimer: Die hier angebotenen Beiträge dienen ausschließlich der Information und stellen keine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlungen dar. Sie sind weder explizit noch implizit als Zusicherung einer bestimmten Kursentwicklung der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren birgt Risiken, die zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können. Die Informationen ersetzen keine, auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtete, fachkundige Anlageberatung. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden wird weder ausdrücklich noch stillschweigend übernommen.

ARIVA.DE hat auf die veröffentlichten Inhalte keinerlei Einfluss und vor Veröffentlichung der Beiträge keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand dieser. Die Veröffentlichung der namentlich gekennzeichneten Beiträge erfolgt eigenverantwortlich durch Autoren wie z.B. Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen, Unternehmen. Infolgedessen können die Inhalte der Beiträge auch nicht von Anlageinteressen von ARIVA.de und / oder seinen Mitarbeitern oder Organen bestimmt sein. Die Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen, Unternehmen gehören nicht der Redaktion von ARIVA.de an. Ihre Meinungen spiegeln nicht notwendigerweise die Meinungen und Auffassungen von ARIVA.de und deren Mitarbeiter wider.